Das Ziel meiner Forschungsarbeit wird ein Vergleich der Popmusik der spanischen Movida mit derjenigen der Neuen Deutschen Welle sein. Durch einen Vergleich dieser Phänomene der jeweiligen nationalen Musikszenen sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede erarbeitet werden. Methodisch ist die Untersuchung vierteilig aufgebaut:
Zunächst sollen begriffliche Unklarheiten dargelegt werden (Kapitel 2). In den Kapiteln 3 und 4 werden Movida und Neue Deutsche Welle bezüglich ihrer spezifischen Popmusik und Jugendkultur zunächst getrennt untersucht, bevor in Kapitel 5 Analogien und Differenzen nochmals aufgegriffen und konzentriert gegenübergestellt werden. Zuvor ist für das Verständnis des Forschungsschwerpunktes ein Überblick über die Entwicklung der Popmusik Spaniens und Deutschlands ab den 1950er Jahren aber unabdingbar.
GLIEDERUNG
1. Einleitung
2. Popmusik – Popularmusik – Populäre Musik
2.1. Bereiche der Popularmusikforschung
2.2. Bedeutungswandel des Begriffs „populär“
2.3. Pop – Popularmusik – Rock: Abgrenzung und terminologischer Überblick
3. Die Entwicklung der spanischen Popularmusik ab 1950
3.1. Das spanische Lied und die Ankunft des Rock’n’Roll
3.2. La edad de oro der spanischen Popularmusik
3.3. Nova canço catalana und progressiver Rock
3.4. Die spanische Movida
3.4.1. Transición und Entstehung der Movida
3.4.2. Zum Begriff der Movida
3.4.3. Sex, drugs and rock’n’roll
3.4.4. Musikalische Vielfalt
3.4.5. Themen und Sprache der Musik
3.4.5.1. Tabubruch und neue Freiheiten
3.4.5.2. Zukunftsängste und Mangel an Perspektiven
3.4.6. Madrid und andere Zentren der Movida
3.4.7. Kommerzialisierung und Niedergang
4. Die Entwicklung der deutschen Popularmusik ab 1950
4.1. Rock around the clock – Rock’n’Roll revolutioniert die Popularmusik
4.2. Der deutsche Schlager
4.3. Die Beatmusik der 1960er Jahre
4.4. Popularmusik in der DDR
4.5. Deutschrock – Emanzipation der deutschen Musikszene
4.6. Die Neue Deutsche Welle
4.6.1. Die Punkbewegung in England und Deutschland
4.6.2. Entstehung der Neuen Deutschen Welle
4.6.2.1. Trennung von Punk und Neuer Deutscher Welle
4.6.2.2. Das Konzept der unabhängigen Plattenfirmen
4.6.3. Musikszenen und deren spezifische Eigenschaften
4.6.3.1. Hamburg
4.6.3.2. Berlin
4.6.3.3. Düsseldorf
4.6.3.4. Hannover
4.6.3.5. Weitere Musikszenen
4.6.4. Themen und Sprache der Neuen Deutschen Welle
4.6.4.1. „Neue deutsche Ehrlichkeit“
4.6.4.2. Neue Schlagermusik
4.6.5. Kommerzialisierung und Niedergang
5. Movida und Neue Deutsche Welle – Ein Vergleich
5.1. Kontext des Entstehungsprozesses
5.2. Punktuelle Konzentration versus regionale Ausbreitung
5.3. Thematik und Sprache der Musik
5.4. Kommerzieller Ausverkauf
5.5. Abschließende Bemerkungen
Quellennachweis
Resumen español
1. EINLEITUNG
Der unaufhaltsame Vormarsch der Popmusik im 20. Jahrhundert in immer neuer Gestalt und die Dominanz dieses Musikstils auf dem weltweiten Musikmarkt wird in zunehmendem Maße Forschungsobjekt der Wissenschaft. Musik- und Medienwissenschaftler, Soziologen, Kulturwissenschaftler und Musikpädagogen interessieren sich für das Populäre in der Musik, für die Popkultur und die popular music. Keine andere Musikform hat ein größeres Maß an Aufmerksamkeit auf sich gezogen als der Bereich der Popularmusik. Die begriffliche Unschärfe, die schon in den ersten Zeilen dieser Arbeit offenbar wird, gibt dabei Anlass zur Veröffentlichung immer neuer wissenschaftlicher Klärungs- und Definitionsansätze und ist doch nur Ausdruck eines sich ständig ändernden Gattungsmodells.
Dem durchschnittlichen Popmusik-Hörer, der sich Videoclips auf MTV ansieht, müssen die historischen Ursprünge der Popularmusik sehr merkwürdig erscheinen. Sie gehen auf die 30er Jahre des 18. Jahrhunderts zurück. In Londoner Vergnügungsgärten (pleasure gardens) und music halls erfreute sich das städtische Kleinbürgertum an der leichten Musik der dort musizierenden Orchester. Die vorgetragene Musik wurde auf Flugblättern (sheets) zu einem geringen Preis verkauft, damit sie zu Hause nachgespielt werden konnte. Diese sogenannte sheet music war der erste Schritt auf einem sich immer schneller entwickelnden Markt. Im 19. Jahrhundert entstanden v.a. in Berlin, Paris und London zahlreiche Musikcafés, Tanzpaläste und Varietétheater. Schon bald wurden jedoch die Vereinigten Staaten der weltweite Motor der Popmusik. Die vielen Musikverlage, die sich in der Tin Pan Alley in New York konzentrierten, beherrschten bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts den Markt der Popularmusik. Technische Innovationen wie die Erfindung der Schallplatte, des Rundfunk und Fernsehens, führten zu einer zunehmenden Popularisierung der Musik und zu immer neuen Musikstilen. Durch die audio-visuelle Massenkommunikation in alle Winkel der Welt verbreitet, ist Popmusik heute ein milliardenschweres Geschäft. Mehr als 90% der in den Medien reproduzierten Musik gehört den Genres der Popularmusik an. Besonders in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es eine starke Ausdifferenzierung, so dass heute Stile wie Pop, Rock, Jazz, Reggae, Rap, Techno, Dance, House, Schlager, Chanson u.v.a. unter dem Sammelbegriff Popmusik vereint sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in dieser Arbeit eine zentrale Rolle spielt, ist die enge Verbindung von Popmusik und Jugendkultur. Etwa ab den 1950er Jahren entwickelten beide Bereiche so ausgeprägte Wechselbeziehungen, dass die Bezeichnungen heute nahezu synonym verwendet werden. Popmusik wird als Teil der Jugendkultur zum zentralen Medium kultureller Sozialisationsstrategien. Entweder werden an der Musik zentrale Werte festgemacht oder sie wird zum Ausdrucksmittel der Ablehnung.
Das Ziel meiner Forschungsarbeit wird ein Vergleich der Popmusik der spanischen Movida mit derjenigen der Neuen Deutschen Welle sein. Durch einen Vergleich dieser Phänomene der jeweiligen nationalen Musikszenen sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede erarbeitet werden. Methodisch ist die Untersuchung vierteilig aufgebaut:
Zunächst sollen begriffliche Unklarheiten dargelegt werden (Kapitel 2). Dabei wird es kaum möglich sein, Definitionen und klare Grenzen zwischen den zahlreichen Termini zu erarbeiten. Ziel ist es, eine einheitliche Verständnisgrundlage zu schaffen. In den Kapiteln 3 und 4 werden Movida und Neue Deutsche Welle bezüglich ihrer spezifischen Popmusik und Jugendkultur zunächst getrennt untersucht, bevor in Kapitel 5 Analogien und Differenzen nochmals aufgegriffen und konzentriert gegenübergestellt werden. Zuvor ist für das Verständnis des Forschungsschwerpunktes ein Überblick über die Entwicklung der Popmusik Spaniens und Deutschlands ab den 1950er Jahren aber unabdingbar.
Im Einzelnen geht es bei der Entwicklung der spanischen Popularmusik zuerst um die Voraussetzungen für die Ankunft des Rock’n’Roll, sowie um seine Rezeption durch die spanische Jugend (Kapitel 3.1.). Vom „Goldenen Zeitalter“ der spanischen Musik spricht man in den 60er Jahren (Kapitel 3.2.). In den 70er Jahren erlangten die Liedermacher des „Neuen katalanischen Liedes“ ihre größte Popularität. Auf nationaler Ebene wurde der progressive Rock zum Vorläufer der Musik der Movida (Kapitel 3.3.). Im Abschnitt über die Movida werde ich auf die Entstehung dieser Kulturbewegung (Kapitel 3.4.1.), auf den Ursprung des Begriffs „Movida“ (Kapitel 3.4.2.) und auf die jugendlichen Verhaltensmuster, sowie die musikalische Vielfalt dieser Epoche eingehen (Kapitel 3.4.3. und 3.4.4.). Die Themenwahl und die Sprache der Liedtexte sind ein wichtiges Vergleichskriterium für Movida und Neue Deutsche Welle (Kapitel 3.4.5.). Die besondere Rolle, die Madrid innehatte, werde ich in Kapitel 3.4.6 thematisieren, bevor abschließend die Gründe für das Ende der Bewegung untersucht werden (Kapitel 3.4.7.).
Die Entwicklung der deutschen Popularmusik beginne ich ebenfalls mit der revolutionären Wirkung des Rock’n’Roll in den 50er Jahren (Kapitel 4.1.). Dieser verdrängt teilweise den deutschen Schlager (Kapitel 4.2.), aber erst mit der Beatmusik kommt es in den 60er Jahren zu einer jugendkulturellen Revolution (Kapitel 4.3.). Nach einem Überblick über die Popularmusik der DDR (Kapitel 4.4.), handelt Kapitel 4.5. von dem international beachteten „Deutschrock“. Im Kapitel über die Neue Deutsche Welle wird zunächst die traditionsstiftende Wirkung der Punkmusik beschrieben (Kapitel 4.6.1.) und die Prozesse, die zur Entstehung der Neuen Welle beitrugen (Kapitel 4.6.2.). Daran schließt sich die Untersuchung der verschiedenen Musikszenen in Deutschland an (Kapitel 4.6.3.). Analog zur Untersuchung der Movida, wird auch die Neue Welle - Musik auf Themenwahl und Sprache untersucht (Kapitel 4.6.4.), bevor ihre Kommerzialisierung und der dadurch ausgelöste Niedergang analysiert werden (Kapitel 4.6.5.).
Anschließend werden in Kapitel 5 alle Ergebnisse gegenübergestellt, wodurch ein Vergleich von Movida und Neue Deutsche Welle systematisch möglich wird.
2. POPMUSIK – POPULARMUSIK – POPULÄRE MUSIK
2.1. Bereiche der Popularmusikforschung
Die historische Popularmusikforschung ist aus dem Bedürfnis entstanden Hintergrundinformationen über beliebte Musiker und Gruppen zu bekommen, für die sich Schlager-, Pop- und Rockfans ab den 1950er Jahren in immer größerem Ausmaß interessierten. In den USA und England entstand in diesem Zusammenhang die Nachfrage nach Standardwerken und Lexika über die Geschichte der Popmusik, um Musikjournalisten, Kritikern, Kommentatoren und Moderatoren bei ihrer täglichen Arbeit zu helfen. Neben der historischen Popularmusikforschung ist für die vorliegende Arbeit im Besonderen die soziologische Popularmusikforschung wichtig, die von Theodor W. Adorno gegründet wurde. Seine Motivation für die Gründung dieses Forschungszweigs war, eine „kritische Aufklärung über die kommerziellen Praktiken der Kulturindustrie sowie eine Analyse ihrer ideologischen Funktionen“ (Flender / Rauhe 1989: 2) zu erarbeiten. Das Ziel dieses Forschungsgebiets ist die Untersuchung der Funktionen von Popularmusik im sozialen Kontext der Jugendlichen. Im Einzelnen werden die Zusammenhänge von jugendlicher Subkultur, industrieller Musikproduktion, massenmedialem Musikkonsum und Freizeitgestaltung untersucht.[1]
2.2. Bedeutungswandel des Begriffs „populär“
Die Begriffsgeschichte des Wortes „populär“ beginnt in Deutschland Anfang des 18. Jahrhunderts. Im Curieuses Nouvellen - Lexicon von Christian Weise aus dem Jahr 1703 ist unter dem Eintrag „popular“ zu lesen: „gemein, schlecht, pofelartig“ (S. 805; zit. nach Hügel 2001: 11). Dieses auf das Lateinische zurückgehende Wort war allerdings schon damals weniger gebräuchlich als die französische Form mit Umlaut. Im Laufe des 18. Jahrhunderts ging das modesprachliche Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch ein. Der Wortgebrauch geht auf das lateinische Adverb „popularis“ zurück, was ‚auf das Volk bezüglich, beim Volk beliebt, einheimisch, landsmännisch’ bedeutet. Die negative Bedeutung des Populären als das Pöbelhafte und Verlogene wurde allerdings schon bei Denis Diderot ersichtlich:
»POPULAIRE, (Hist. Morale, Politique.) on nomme populaires, ceux qui cherchent à s’attirer la bienveillance du peuple. Dans tous les états libres, on s’est toujours défié des hommes trop populaires; nous voyons que dans les tems de la république romaine, plusieurs citoyens illustres ont été punis pour s’être rendus trop agréables au peuple. Ce traitement paroîtra sans doute injuste, ou trop rigoureux ; mais, si l’on y fait attention […] que comme le peuple n’est point aimable, il faut supposer des vûes secretes à ceux qui le caressent.« (Encyclopédie 1966: Populaire, zit. nach Hügel 2001: 12f)
Im Zuge der Aufklärung wurden die Termini „populär“ und „popularisieren“ vermehrt positiv konnotiert. „Populär schreiben“ bedeutete im Kreis der Philosophen und Schriftsteller sich klar und deutlich auszudrücken und auf diese Weise große Verbreitung zu erlangen. Viele Schriftsteller sahen aber auch die Gefahr, dass die klare Verständlichkeit nur durch eine Reduzierung der Komplexität und der Eleganz des Geschriebenen zu verwirklichen wäre. Das Populäre wurde also mit dem Unkultivierten gleichgesetzt. Goethe unterschied z.B. „Ideale“, die nur einer kleinen elitären Gruppe zugänglich seien von „menschlichen Zuständen“, die populär werden könnten: „Es ist nie daran zu denken, dass die Vernunft popular werde. Leidenschaften und Gefühle mögen popular werden, aber die Vernunft wird immer nur im Besitz einzelner Vorzüglicher sein.“ (Eckermann 1988: 270, zit. nach Hügel 2001: 14). Diese negative Konnotation des Populären bleibt auch noch bis heute bestehen. Sobald es um die ästhetische oder moralische Bedeutung des Begriffs geht, wird er pejorativ und verächtlich gebraucht. In diesem Zusammenhang wird das Populäre mit ‚Geschäfte machen’ oder sogar mit ‚betrügen’ assoziiert: die „oppositionelle Linkspartei, die frank und frei mit populären Forderungen unter der SPD-Mitgliedschaft wildern darf.“ (Güßgen 2007).
Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts bestimmte die Massenkultur-Theorie die wissenschaftliche Szene der Populärforschung. Ihre Thesen, die in Adornos Résumé über Kulturindustrie von 1967 nachgelesen werden können, wurden allerdings schon mehrfach widerlegt[2]. In den 70er und 80er Jahren setzte sich mit der damals stark ins Bewusstsein tretenden Jugendkultur die Ansicht durch, das Populäre als Teilkultur bzw. als Subkultur zu verstehen. Dieser Ansatz geht von einer relativ homogenen Teilgesellschaft aus, in der das Populäre das allgemein Geschätzte ist. Aber auch hierbei gibt es methodologische Mängel, denn das Populäre ist keineswegs nur auf eine homogene Teilgesellschaft beschränkt, sondern erfasst die gesamte Gesellschaft. Die neuesten Ansätze ziehen ästhetische Kriterien für eine Einteilung und Untersuchung des Populären heran.[3]
2.3. Pop – Popularmusik – Rock: Abgrenzung und terminologischer Überblick
Was aber ist nun Popularmusik? Und wie unterscheiden sich die Begriffe „Popmusik“, „Popularmusik“ und „Populäre Musik“? Die Termini „Populäre Musik“ und „Popularmusik“ sind in der Fachliteratur Sammelbegriffe, und auf den ersten Blick handelt es sich um zwei Übersetzungsvarianten des englischen Begriffs „popular music“. Eine klare Definition ist in der fachwissenschaftlichen Literatur nur schwer zu finden. Die beiden Begriffe werden insbesondere im Bereich der Forschung verwendet und bezeichnen einen weiten Komplex von Musikrichtungen, die weder zur Volksmusik, noch zur Kunstmusik gerechnet werden können. Welcher der beiden Termini verwendet wird und wie weit bzw. eng die Begriffe gefasst werden, bleibt dem jeweiligen Forscher oder Autor selbst überlassen und gibt immer wieder Anlass zu einer wissenschaftlichen Polemik. So ist bis heute strittig, ob Jazz zur Popularmusik bzw. Populären Musik gerechnet werden sollte oder nicht. Das Wort „pop“, die im Angloamerikanischen übliche Abkürzung von popular, verursacht weitere Verwirrung. Denn mit „Popmusik“ ist musikwissenschaftlich auch ein spezieller Musikstil gemeint, der eng mit der Kunstrichtung Pop-art verbunden ist. Darüber hinaus begünstigt der synonyme Gebrauch von „Popmusik“ und „Rockmusik“ in der Fachliteratur das begriffliche Durcheinander. Im Folgenden soll eine sinnvolle Begriffsverwendung erarbeitet werden.
Das Wort „pop“ hat im Englischen die substantivische Bedeutung von ‚Knall, Schuss, Brause, Sprudel, Schampus’, während es als Verb ‚puffen, knallen, platzen, stoßen, sausen, fliegen’ bedeutet. Im Bereich der Lebensmittelindustrie wird es in den Wörtern „lollipop“ und „popcorn“ verwendet. Pop-art ist eine Kunstrichtung, die aus dem amerikanischen Werbe-Design entstanden ist. Seine Hauptvertreter waren Andy Warhol, Robert Rauschenberg und Roy Lichtenstein. Andy Warhol, der Star dieser Szene, machte Siebdrucke von gewöhnlichen Konsumgütern, wie z.B. Coca Cola - Flaschen oder Konservendosen, sowie von Idolen der Kulturindustrie (Marilyn Monroe, Elvis Presley). Als Massenware machte er seine Objekte für Jedermann zugänglich. In den 1960er Jahren arbeiteten Pop-art - Künstler sehr eng mit Gruppen der englischen Beatmusik zusammen.[4] Plattencover von führenden Beatgruppen wie den Beatles, The Who, The Kinks, The Pretty Things und den Rolling Stones wurden unter ästhetischen Gesichtspunkten oft von Künstlern der Pop - art gestaltet. Heute ist Pop-art eine anerkannte Kunstrichtung.
„Der Begriff ‚Rockmusik’ geht auf eine Renaissance des afroamerikanischen Rhythm & Blues zurück.“ (Flender / Rauhe 1989: 14) und wird sehr häufig äquivalent für die Rock’n’Roll - Musik der 50er Jahre verwendet. Seit etwa 1970 umspannt der Begriff „Rockmusik“ in der Alltagssprache die gesamte, hauptsächlich von Jugendlichen gemachte und gehörte Musik von den 50er bis in die 90er Jahre. Durch die immer differenzierteren Stilrichtungen wurden Begriffe wie Soft Rock, Hard Rock, Heavy Rock, Folk Rock, Latin Rock, Classic Rock usw. eingeführt.
Die terminologische Vielfalt der Begriffe „Popularmusik, Populäre Musik, Popmusik“ ist Ausdruck der großen Dynamik, die es bei der Entwicklung der Popularmusik gegeben hat und die auch noch fortdauert. Popularmusik umfasst ein sehr weites Spektrum an Musikrichtungen, die sowohl zur sogenannten Unterhaltungsmusik (U-Musik) sowie zur Ernsten Musik (E-Musik) gerechnet werden. Deshalb ist eine Beschränkung der Popularmusik auf den unterhaltenden Charakter nicht sinnvoll.
Eine sehr umfassende Definition von Popularmusik geben Flender / Rauhe 1989, die sich einerseits von der wörtlichen Interpretation von „populär“ abwenden und andererseits versuchen Jazz als Musikstil mit einzuschließen:
Popularmusik ist eine spezifisch eigenständige Musikkultur auf der Grundlage industrieller Produktion und Distribution. Ihre sozialen und psychologischen Funktionen sind bestimmt durch die emotionalen und körperlichen Bedürfnisse, die in verstärktem Maße durch die rationalisierte Lebens- und Arbeitsform in der industrialisierten Gesellschaft erzeugt werden. Ihre Ästhetik wird bestimmt durch die Bedingungen und Möglichkeiten der Massenkommunikationsmittel, ihre Semantik erwächst aus den Topoi moderner Mythologien, ihre Struktur aus der Akkulturation von ethnischen (insbesondere der afroamerikanischen) mit popularisierten oder trivialen europäischen Musiktraditionen. (ibid.: 17).
Im Folgenden möchte ich mich dieser Definition anschließen und werde folglich in wissenschaftlichem Zusammenhang den Begriff „Popularmusik“ übernehmen. Aus Gründen der sprachlichen Variation werde ich auch die Begriffe „Popmusik“ und „Rockmusik“ verwenden, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese umgangssprachlichen Ausdrücke nur Untermengen der großen Menge „Popularmusik“ sind. Die Korrelation des Begriffs „Popmusik“ mit der Kunstrichtung Pop-art ist aus musikwissenschaftlicher Perspektive durchaus relevant, in meiner kulturwissenschaftlichen Arbeit werde ich sie jedoch nicht berücksichtigen.[5]
3. DIE ENTWICKLUNG DER SPANISCHEN POPULARMUSIK AB 1950
Für ein besseres Verständnis des Schwerpunkts dieser Arbeit, den Vergleich der spanischen Movida und der Neuen Deutschen Welle, werde ich zu Beginn der Kapitel 3 und 4 einen Überblick über die Geschichte der Popularmusik in den jeweiligen Ländern geben. Dabei werden auch die sozialen und politischen Hintergründe kurz erwähnt. Um den Vergleich homogener zu gestalten und auch wegen des begrenzten Umfangs meiner Arbeit, soll hier nur die jeweilige Entwicklung ab den 50er Jahren berücksichtigt werden.[6]
3.1. Das spanische Lied und die Ankunft des Rock’n’Roll
Die bis weit in die 50er Jahre beliebtesten Musikstile Spaniens waren die Copla, der Bolero und der Flamenco von Künstlern wie Concha Piquer, Antonio Machín und Juanito Valderrama. Obwohl die Popularität und die Kreativität dieser Musikrichtungen immer weiter zurück gingen, waren sie die einzigen Musikformen, die von dem autoritären Franco - Regime akzeptiert wurden. Das spanische Lied hatte als Hauptfunktion „la exaltación y la sublimación de la organización política, económica y social del régimen“ (Tango 2006: 42). Es gab zahlreiche Gründe für die zunehmende Ablehnung der offiziellen Musik durch die Bevölkerung. Die Musik war durch einen thematischen und ästhetischen Anachronismus markiert, der allein auf den Ruhm und die Bestätigung der politischen Ideologie ausgerichtet war. Die Gesellschaft orientierte sich jedoch immer mehr an den europäischen Demokratien, die politisch und wirtschaftlich viel fortschrittlicher waren. Die Jugend verschloss sich zunehmend der traditionellen Musik, die für sie die Elterngeneration repräsentierte. Die angloamerikanische Musik, die ab Ende der 50er Jahre in großem Maße nach Spanien kam, bewirkte schließlich eine vollständige Abwendung der Jugend von der traditionellen Musik.
Der erste Musiker, der sich von der traditionellen Musik löste, war José Luis Martínez Gordo, der unter dem Künstlernamen José Luis auftrat. Sein Gesang, den er auf seiner Akustikgitarre begleitete, war der Anfang des Rock’n’Rolls in Spanien. Seine sehr kurze Karriere gipfelte in seinem einzigen großen Erfolg, dem Stück Mariquilla. Die Mehrheit seiner Lieder waren Adaptationen von amerikanischen Hits: La del rebozo blanco, La plena de San Antón, u.v.a.
Was aber ist Rock’n’Roll und welche politischen Ereignisse ebneten den Weg für eine breite Rezeption dieser neuen Musik in Spanien? Rock’n’Roll ist eine musikalische Mischform, die aus der Vereinigung zweier verschiedener kultureller und musikalischer Ausdrucksformen entstand. Ein wichtiger Bestandteil ist der Blues der afrikanischen Sklaven, „canto triste, dolorido, de desahogo, y portador de anhelos de libertad“ (ibid.: 26). Die amerikanische Country – Musik ist das andere wichtige Element des Rock’n’Roll. Vereinfachend beschreibt Cristina Tango diesen neuen Musikstil folgendermaßen:
una música que fusiona el ritmo de los negros y la melodía de los blancos [...] [y] que ha sido capaz de romper barreras, interiorizar distintas fronteras culturales, sociales, raciales, éticas y estéticas (ibid.: 26).
Die Voraussetzung für die Ankunft des Rock’n’Rolls waren zwei politische Entscheidungen, die die spanische Gesellschaft der 50er Jahre wirtschaftlich und kulturell belebten. Dies waren die Ratifizierung der Madrider Abkommen[7] am 26. September 1953, sowie die Verabschiedung des Stabilisierungsplans[8] vom 21. Juli 1959. Diese beiden politisch-wirtschaftlichen Entscheidungen führten zur Integration Spaniens in die Verteidigungsmechanismen der westlichen Welt und beendeten somit die politische Isolation. Die wirtschaftliche Öffnung und Liberalisierung verringerte die Inflationsrate, brachte viele neue Konsumgüter ins Land und näherte Spanien an die europäische Gemeinschaft an. Den amerikanischen Soldaten, die in Folge der Pactos de Madrid Stützpunkte in Morón, Rota, Torrejón und Zaragoza bezogen, folgten die US-Radiosender, und mit ihnen kam die amerikanische Rockmusik der 50er Jahre nach Spanien.
Die neue Musik wurde allerdings vom Regime, das das rebellische Potential darin erkannte, kontrolliert und zensiert. Und tatsächlich hatte der Rock’n’Roll einen revolutionären Charakter. Seine musikalische Botschaft war voller „dinamismo y vitalidad en un idioma extranjero“ (ibid.: 40). Der Umstand, dass die Musik in einer Fremdsprache verfasst war, gefiel den Jugendlichen, wie Santiago Auserón, ehemaliges Mitglied der Band Radio Futura betont:
Asumimos, incluso con placer, el hecho de que la música que nos gustaba estuviera hecha en otra lengua; eso nos permitía alinearnos, extranjerizarnos, distanciándonos de un pasado inmediato que era un poco áspero y desagradable. (Ribas 1993: 43, zit. nach Tango 2006: 40).
3.2.La edad de oroder spanischen Popularmusik
Nachdem die Verabschiedung des Stabilisierungsplans die wirtschaftliche Transformation einleitete, verbesserten sich bald die wirtschaftliche Produktivität und die Distribution der Konsumgüter. Dies weckte in der Gesellschaft neue politische, soziale und kulturelle Erwartungen. Tatsächlich führte der wirtschaftliche Aufschwung in den 60er Jahren zu wichtigen kulturellen Veränderungen, auch im Bereich der Rockmusik. Einerseits wurden erste Plattenkonzernen gegründet, die in der Folgezeit ständig wuchsen. Das erste rein spanische Label war Zafiro und nahm 1957 den Betrieb auf. Weiterhin entstanden erste Musikprogramme in Rundfunk und Fernsehen. Die wichtigsten Radiosendungen waren Cabalgata fin de semana vom spanischen Staatssender Radio Televisión Española (RTVE), Fantasía und El Show de las 2 von Radio Barcelona, Discomanía, das ab 1959 von Radio Madrid ausgestrahlt wurde und Caravana Musical des Radiosenders La Voz de Madrid. Die zwei ersten Fernsehprogramme über Popmusik waren Escala en Hi-Fi (1961 – 67 auf TVE) und Último Grito (1968 – 70 auf TVE-2). Außerdem wurden erste Musikzeitschriften veröffentlicht: Discóbolo, die erste Fachzeitschrift für Musik, erschien von 1962 bis 1971, Fonorama wurde ab 1963 veröffentlicht. Erste Konzerte und Festivals fanden statt und schließlich gründeten sich unzählige Rockgruppen nach angloamerikanischem Vorbild.[9]
Zwei Jugendliche aus Barcelona, Manuel de la Calva und Ramón Arcusa, bildeten die erste Musikgruppe, die ein Idol für die gesamte spanische Jugend wurde. Das Dúo Dinámico begann seine Karriere 1957 mit spanischen Versionen von bekannten Hits aus Italien und Frankreich. Diese beiden Länder hatten mit Stars wie Adriano Celentano, Jimmy Fontana, Johnny Hallyday, Sylvie Vartan, Alain Barrière und Salvatore Adamo noch bis Ende der 60er Jahre eine große Vorbildfunktion für den spanischen Musikmarkt. Neben weiteren Imitationen internationaler Hits (z.B. von Los Cinco Latinos, Neil Sedaka, Paul Anka), nahm das Duo auch Versionen von Filmmusik auf, z.B. die Titelmusik des Dritten Manns. Erst 1960 erkannte die Plattenindustrie das Potential der vom Dúo Dinámico selbst komponierten Songs. Ihr erster eigener Erfolg wurde Quince años tiene mi amor, worauf noch viele weitere folgten.[10] Durch Auftritte bei kleinen Konzerten, die von Schulen oder Radiostationen organisiert wurden, erlangten sie in Barcelona einen großen Bekanntheitsgrad und wurden bald zu den ersten Stars der spanischen Popularmusik. Ab ca. 1966 zogen sie sich aufgrund der starken Konkurrenz durch die Brincos und Bravos aus dem Musikgeschäft zurück.
Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre wollten sehr viele Bands die Erfolge des Dúo Dinámico wiederholen. Sie versuchten ihre Hits nachzusingen und ihre Bühnenauftritte zu imitieren, blieben jedoch meist ohne Erfolg. Da im Laufe der 60er Jahre unzählige Bands entstanden, spricht man in diesem Zusammenhang von der edad de oro der spanischen Popmusik. Madrid, Barcelona und Valencia waren die Städte, woher die meisten Gruppen der damaligen Zeit kamen.[11] Die Mehrheit der Bands versuchte die amerikanischen Hiterfolge an die spanische Sprache anzupassen. Einige Musikgruppen konzentrierten sich hingegen auf englischsprachige Texte. Hierfür gab es zwei Gründe: den Künstlern fiel es sehr schwer, den Rhythmus der neuen Rock’n’Roll - Musik mit der Struktur der spanischen Sprache zu vereinen, weshalb der englische Originaltext immer öfter übernommen wurde. Hinzu kam, dass die Plattenindustrie gewöhnlich ein bestimmtes Repertoire an englischsprachigen Liedern forderte, da die Musiker nicht nur für den spanischen Markt, sondern für ganz Europa singen sollten. So konnten sie noch rentabler für die Plattenkonzerne sein. Cristina Tango erklärt den dominanten Einfluss der amerikanischen Rockmusik und die ebenfalls starke Ausrichtung an der italienischen und französischen Musikszene folgendermaßen:
[…] es decir, que esta década prodigiosa del rock & pop español se asienta fundamentalmente en las versiones y reproducciones al castellano de temas clásicos del rock norteamericano y de las canciones de autor italianas y francesas por falta de una producción rockera autóctona debida en parte a los intereses económicos de las compañías discográficas, hostiles a apuestas musicales arriesgadas, y en parte a la incapacidad de las primeras bandas rockeras nacionales de adaptar el idioma castellano a los nuevos sonidos y ritmos que provenían de allende el Atlántico. (Tango 2006: 46).
Die starke Orientierung an der italienischen und französischen Popmusik resultierte aus der weit größeren Dynamik und Qualität der Musikszenen der beiden Länder. Eine wesentliche Rolle spielten die zahlreichen Festivals und Musikwettbewerbe, die in Italien und Frankreich weit verbreitet waren. Die international wichtigste Großveranstaltung in diesem Zusammenhang war das Festival von San Remo, das 1951 erstmals stattfand. Es diente als Modell für die in den 60er Jahren zahlreich initiierten, oft mit staatlicher Unterstützung, spanischen Festivals, die von Radio- und Fernsehsendern landesweit übertragen wurden. Das Festival de Benidorm, das z.B. den musikalischen Durchbruch von Raphael (1962) und Julio Iglesias (1968) brachte, war die größte Musikveranstaltung. Wie San Remo wurde es im Jahr 1959 ursprünglich ins Leben gerufen, um Touristen in den Küstenort in der Nähe von Alicante zu locken. Sänger aus ganz Europa kamen ebenfalls zum Festival del Mediterráneo nach Barcelona. Die Festivals spielten eine entscheidende Rolle bei der Verbreitung des neuen katalanischen Liedes (Nova canço catalana), wie wir in Kapitel 3.3 sehen werden.
Ab den 60er Jahren komponierten die spanischen Musiker immer mehr eigene Musik und es entwickelte sich eine autonome spanische Rockmusikszene. Grund hierfür war die Begeisterung der Jugend für die Beatles, die im Jahr 1965 eine Spanientournee starteten.[12] Die Ankunft dieser Weltstars löste in Spanien, wie zuvor auch schon in anderen europäischen Ländern, eine Beatlemania aus. In dem bis vor kurzem noch isolierten Land waren die Auftritte des Liverpooler Quartetts ein großes Kulturereignis. Im Wesentlichen löste das Beatle -Fieber zwei Prozesse aus. Zum einen versuchten nun alle Musikgruppen die Beatmusik nachzuspielen und zum anderen entstand eine eigenständige Jugendkultur. Die Jugendlichen wurden von den Medien und der Industrie als Konsumenten entdeckt und angesichts der verbesserten wirtschaftlichen Lage in Spanien, konnten sich die Fans nun auch Schallplatten, Poster, Jacken und den typischen Haarschnitt ihrer Idole leisten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zwei herausragende Bands jener Zeit sollen hier hervorgehoben werden. Die erste Gruppe nannte sich die Brincos[13] und begann ihre Karriere 1965. Sie wurden schon bald als Beatles españoles bekannt, da ihre Songs dem Stil der englischen Beatmusik sehr ähnlich waren. Sie erreichten eine Popularität wie sie zuvor nur das Dúo Dinámico gekannt hatte. Die Brincos zeichneten sich dadurch aus, dass sie ihre Lieder selbst komponierten. Mit ihrem Song Lola hatten sie 1968 einen großen Erfolg und setzten sich in Spanien an die Spitze der Hitparade, noch vor den Beatles und allen anderen Gruppen.[14]
Die Bravos waren die direkten Rivalen der Brincos. Sie gründeten sich 1966 um den deutschen Sänger Michael Kogel, der Jahre später eine Solokarriere als Mike Kennedy starten sollte. Die Bravos wurden sehr schnell zur wichtigsten spanischen Band, sowohl im In- als auch im Ausland. Der große Erfolg außerhalb Spaniens lässt sich dadurch erklären, dass sie neben ihren spanischen Liedern auch englische Songs im Repertoire hatten. Ihr größter Erfolg war das Lied Black is black, das im Sommer 1966 auf Platz 2 der englischen Hitparade stand, noch vor den Kinks, den Beach Boys und selbst den Beatles. Zu bemerken bleibt, dass sie ihre Lieder weder selbst komponierten, noch die Texte dazu schrieben. So wie die Brincos sich in die Tradition der Beatles stellten, waren die Rolling Stones das Vorbild der Bravos.[15]
3.3.Nova canço catalanaund progressiver Rock
Während die erste große Euphorie der Beatmusikwelle Ende der 60er Jahre langsam zurück ging, war eine andere, regionale Musikströmung gerade auf dem Höhepunkt ihrer Popularität: das neue katalanische Lied (la Nova canço catalana).
Anfang der 1960er hatten Studenten aus Barcelona die Idee, das traditionelle Lied zu nutzen, um die Verwendung des Katalanischen im alltäglichen Sprachgebrauch auszubauen. Sie bildeten eine Arbeitsgruppe mit dem Namen Els setze jutges[16] (Los dieciseis jueces) und gingen auf die Suche nach Interpreten und Liedern. Als einer der ersten Vertreter dieser neuen, regionalen Musikszene gilt Raimón.[17] Durch Lieder wie Al vent oder Diguem no erlangte er schnell eine große Popularität. Durch seine Auftritte und Liedtexte übte er immer wieder Kritik an der Zentralregierung Francos. Zu dieser neuen Art von Sängern, den sogenannten cantautores[18], gehörten auch Francesc Pi de la Serra, Guillermina Motta und Joan Manuel Serrat.
Serrat, der Ende der 60er Jahre zum bedeutendsten Solokünstler der iberischen Halbinsel werden sollte, begann seine Karriere im Jahr 1965. 1968 war er in den Skandal um den Eurovision - Gesangswettbewerb verwickelt. Sein Wettbewerbsbeitrag war der Song La, la, la[19], den er auf Katalanisch vortragen wollte. Dies wurde ihm allerdings vom Informationsministerium offiziell verboten. Um seine Popularität bei der Bevölkerung einzudämmen und der katalanischen Regionalismusbewegung zu schaden, wurde in der Folgezeit eine staatliche Kampagne gegen Serrat gestartet, die es jedem staatlichen und privaten Radiosender untersagte, seine Lieder zu senden. Die Krise, in die das Nova canço catalana geriet, wurde aber nicht nur durch den Skandal um die Eurovision ausgelöst, sondern auch dadurch, dass immer mehr Künstler nicht mehr Katalanisch singen wollten. Sie bevorzugten wieder das castellano, womit sie ein größeres Publikum erreichen konnten. Sänger wie Maria del Mar Bonet, Lluís Lach und Rafael Subirachs waren jedoch dafür verantwortlich, dass der ursprüngliche Gedanke dieser Bewegung, nämlich das Singen in der Regionalsprache, wieder aufgegriffen wurde. 1971 veröffentlichte Joan Manuel Serrat sein Album Mediterráneo, wodurch sich ihm auch der lateinamerikanische Musikmarkt öffnete. 1975 musste er aufgrund einiger kritischer Aussagen gegen das Franco - Regime für ein Jahr ins mexikanische Exil. Nach dem Tod Francos kehrte er 1976 nach Spanien zurück.[20]
1968, das Jahr, das in vielen Ländern durch Studentenrevolten geprägt war, verlief in Spanien sehr ruhig. Es gab zwar durchaus Studentendemonstrationen gegen den Vietnam-Krieg, die Franco-Herrschaft und den Kapitalismus, aber das Regime konnte dieses Aufbegehren der Bevölkerung stark eindämmen. In den USA waren die kulturellen und musikalischen Folgen der 68er-Proteste die Hippie-Bewegung und das Aufkommen der psychedelischen Rockmusik an der US-Westküste, und des progressiven Rocks bzw. des underground in den Städten der Ostküste. Diese Musik, die z.B. durch Jimy Hendrix und Led Zepplin geprägt wurde, kam sehr bald nach Spanien und wurde von Künstlern und Publikum begeistert aufgenommen. Dennoch gab es noch immer viele Gruppen, die Beatmusik und kommerzielle Popmusik machten. Hierzu zählten die sogenannten Sommerhits, die durch harmlose Themen und hohe Profitorientierung gekennzeichnet waren.[21] Als weiterer Vertreter der kommerziellen Musik ist Julio Iglesias zu nennen, der seinen ersten großen Erfolg 1968 mit dem Lied La vida sigue igual hatte und ab 1970 in ganz Europa sehr populär wurde.[22] Andererseits gab es im Spanien der frühen 70er Jahre einige Bands die psychedelischen und progressiven Rock spielten. Hierzu gehörten Smash aus Sevilla, Cerebrum aus Madrid und Maquina! aus Barcelona. Ihnen allen war gemeinsam, dass sie revolutionäre Songtexte verwendeten, in denen sie gegen die vom Regime aufoktroyierte Kultur protestierten.
3.4. Die spanischeMovida
Die spanische Transición, die politische Entwicklung nach dem Tod des Diktators Franco hin zur Demokratie, wurde schon sehr häufig von Wissenschaftlern untersucht. Ein Vergleich der musikalischen Strömung der Movida und der Neuen Deutschen Welle, wie er im Zentrum dieser Arbeit steht, ist hingegen noch wissenschaftliches Neuland.
Zunächst soll in diesem Kapitel ausschließlich die spanische Movida analysiert werden. Im Kapitel 4.6. werde ich die Neue Deutsche Welle untersuchen, bevor in Kapitel 5 beide Phänomene direkt verglichen werden. Aus der Vielzahl der Ausprägungsformen der Movida (Kinoproduktionen, Schriftstellerei, Schauspiel, Bildhauerei, Comics etc.) werde ich nur den Bereich der Musik herausgreifen und analysieren.
3.4.1.Transición und Entstehung der Movida
«Hablar de movida es dar entidad a algo que tiene mil cabezas y mil formas…»[23], es hablar de un momento de euforia, de explosión cultural y de marasmo artístico que coincide con una la tardía conquista española de la «Bastilla democrática» después de la larga y oscura noche del Franquismo.[24]
Durch den Tod Francos am 20. November 1975 verlor Spanien einen totalitären Führer, der über einen Zeitraum von 40 Jahren alle ideologischen und politischen Diskurse und Leitideen in seiner Person vereint hatte. Es entstand ein Machtvakuum, das erst gefüllt werden musste.[25] Die Reaktion der Bevölkerung auf den Tod des Diktators waren Freude und Euphorie, denn 40 Jahre der Isolierung und des Stillstandes waren zu Ende. Die Menschen spürten, in einer historisch wichtigen Epoche zu leben und wollten diese aktiv mitgestalten: „satisfacer un deseo de historia que se manifiesta a través de una «necesidad vital de participar, de influir en los acontecimientos en la calle [y desde la calle]»”[26] (Tango 2006: 60). Die Transición wurde zu einer historischen Epoche, die Spanien durch drei Ereignisse politisch, wirtschaftlich und soziokulturell näher an Europa rückte, wie uns Cristina Tango erklärt: zum Einen wurde im Dezember 1978 die Verfassung durch Volksabstimmung gebilligt. Des Weiteren sicherten die Pactos de la Moncloa aus dem Jahr 1977 die Liberalisierung und Demokratisierung der Wirtschaft. Der dritte Aspekt war Artikel 2 der Verfassung, der die territoriale Neustrukturierung beschloss, wodurch 17 comunidades autónomas festlegt und mit Autonomierechten ausgestattet wurden (vgl. ibid.: 60). Gleichzeitig war die Transición auch eine Periode des kollektiven Vergessens, denn keiner der Mitglieder des totalitären Regimes wurde wegen seiner Taten zur Rechenschaft gezogen.
Dem Zusammenbruch des politisch-ideologischen Systems stand eine kulturelle und soziale Befreiung bzw. Blütezeit gegenüber. Das Phänomen der Movida kann dabei wie ein verspäteter Ausbruch der Jugendrevolution von 1968 angesehen werden. Die Movida war, wie der Begriff[27] selbst schon verrät, eine Bewegung der kollektiven Befreiung, eine kontrakulturelle Strömung, die sich vor allem auf der Straße abspielte, und bei der die Bevölkerung den Eindruck hatte, alles sei möglich. Madrid war das Zentrum, in dem sich die kulturellen Folgen der Transición am deutlichsten bemerkbar machten. Das Madrid der Franco - Zeit und der politischen Immobilität verwandelte sich nach und nach in eine Metropole mit aktivem Kulturleben, die von allen Tabus befreit schien. Schnell eröffneten viele Bars, Diskotheken, Nachtclubs und Kunstgalerien, die sich verwandelten in
espacios de ocio y de diversión, en focos para la creación cultural en los que las divisiones culturales, sociales e históricas, al quedar relegadas, desaparecen, y en los que se forja un nuevo sistema mental y cultural de funcionamiento que marca el paso de una España cerrada y austera a una España postmoderna donde las calles, los bares y las salas de concierto se transforman en vehículos de experimentación y de intercambio, de exteriorización de las pasiones, de espontaneidad, de energía, de liberalidad y de tolerancia (ibid.: 62).
Außerdem konnte ein Prozess der Individualisierung und der Entpolitisierung in der Gesellschaft festgestellt werden, der im Kontrast zur Ideologie des Kollektivs und der großen Politisierung des Alltags unter Franco stand. Für die spanische Gesellschaft war die Suche nach Spaß und Vergnügen ein großes Bedürfnis in dieser Übergangszeit zur Demokratie. Politik interessierte die normale Bevölkerung kaum noch. Besonders die Jugendlichen bildeten eine hedonistische und konsumorientierte Gesellschaftsschicht, die an den Wochenenden an öffentlichen Orten, auf Konzerten und in den zahlreichen Bars, Abwechslung vom Arbeitsalltag suchte und die neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen ausleben wollte.
Die Movida wurde dabei anfangs noch nicht als Bewegung bzw. kultureller Prozess wahrgenommen. Es gab keine theoretischen oder programmatischen Grundmodelle, sondern sie entstand aus dem Drang der Spanier nach Freiheit und Spaß.[28]
3.4.2.Zum Begriff der Movida
Das Wort „movida“[29] ist begrifflich nur schwer zu definieren. Es entstand im Laufe der Transición und seine semantische Bedeutung wurde im Laufe der Jahre immer weiter gefasst. 1976 wurde in León das Rockfestival Enrollamiento Internacional gefeiert[30] und der Terminus „rollo“ entwickelte sich zum Vorläufer des später populäreren Begriffs „movida“. Mit „rollo“ wurde anfangs das Geschäft mit Drogen bezeichnet. Später bedeutete das Wort ‚Angelegenheit, Lebensart’ und ‚Geschäft’ im Allgemeinen. Es kommt auch noch heute in Ausdrücken wie „estar en el rollo“ (‚zur Partygemeinde gehören, „in“ sein’) vor. Der Begriff „movida“, der ursprünglich nur die feminine Form des Partizips Perfekt von „mover“ war, wurde allmählich zu einem Synonym von „rollo“. Im Laufe der Jahre veränderte sich seine Bedeutung allerdings. Er wurde immer mehr im Sinne von „juerga“ (‚Feier, Gaudi, ausschweifendes Leben’) und „diversión“ (‚Vergnügen, Unterhaltung’) verwendet. Diese Bedeutungserweiterung wurde hauptsächlich von Jugendlichen initiiert und verlief folgendermaßen:
Während der Movida gab es in der Bevölkerung, insbesondere bei den Jugendlichen, ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Dies drückte sich u.a. durch eine gemeinsame Sprache aus, die die spanische Jugend erfand, um sich von der Elterngeneration auch sprachlich abzugrenzen. So entstand ein geheimer Code der Jugendlichen, den nur Eingeweihte verstehen konnten. Der größte Teil der Wörter dieser Geheimsprache wurde aus dem Jargon des Drogenmilieus entliehen und war für die Elterngeneration weitgehend unbekannt. Eine andere Methode, um die Sprache für Erwachsene unverständlich zu machen, war alltäglichen Worten neue Bedeutungen zuzuweisen. Dies traf auch auf „movida“ zu, wie wir gesehen haben.
Lechado 2005 gibt uns einen kurzen Überblick über den Jargon der Movida (ibid.: 40f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Allmählich wurde das Wort „movida“ von Journalisten und Musikern, und später auch von Wissenschaftlern für die gesamte kulturelle Bewegung dieser Zeit übernommen.[31] Ein Begriff der ebenfalls lange Zeit neben dem der „Movida“ bestand, war „Nueva Ola“. Diese Bezeichnung, die eine direkte Übersetzung des Englischen „New Wave“ ist, war allerdings ausschließlich auf die Beschreibung der neuen Musikrichtungen beschränkt, die zu dieser Zeit entstanden.[32]
Besonders interessant an dem Wort „movida“ ist, dass es den Begriff der „movimiento“ ersetzte, der die offizielle Bezeichnung der Ideologie der Faschisten während der Diktatur gewesen war. Es sind zwei Wörter, die den gleichen Wortstamm in sich tragen, aber zwei völlig verschiedene Tatsachen bezeichnen.
Santiago Auserón fasst die verschiedenen Bedeutungen des Wortes „movida“ wie folgt zusammen:
La palabra movida se usaba en la calle como un sobreentendido entre gente cómplice, comprometida en una situación. Quizá se refería inicialmente, en los ambientes de la delincuencia, a un atraco. También se usaba la expresión hacerse una movida para ir a comprar droga. Luego se empezó a usar en medios artísticos, donde una movida era, por ejemplo, montar una fiesta, un concierto, una exposición, conseguir equipo o transporte para ir a tocar a algún sitio, etc. Creo que en ese deslizamiento de sentido hay algo interesante, que habla por sí solo. (Interview durch Cristina Tango in: Tango 2006: 160f.).
3.4.3.Sex, drugs and rock’n’roll
Schon ab etwa 1970 merkte die spanische Bevölkerung, dass es mit dem totalitären System langsam zu Ende ging. Immer offener konnten die Menschen über ihre politischen Ansichten diskutieren. Als am 20. November 1975 der Diktator Francisco Franco starb und mit ihm das totalitäre System zu Ende ging, wurde dies besonders von der Jugend als Befreiung angesehen. Sie wollte die neu gewonnenen Freiheiten ausleben, sie wollte Grenzen überschreiten und sich amüsieren:
La Movida fue un reflejo en la juventud urbana del deseo generalizado de libertad, de poder respirar sin corsés después de la triste y aburridísima dictadura de un general insubordinado [...] (Lechado 2005: 15).
Zu Beginn der Movida war das neue Verhältnis zum Geschlechtsverkehr das dominierende Thema. Es kam zu einer sexuellen Befreiung der Gesellschaft, in der die traditionelle Ehe immer mehr an Bedeutung verlor. Viele Partnerwechsel und freier, oft ungeschützter Sex – viele ungewollte Schwangerschaften waren die Folge – waren der Ausdruck dieser neu empfundenen sexuellen Freiheit. Sie konnte verstanden werden als „la mayor revolución social que ha conocido nuestro país en toda su historia: la ruptura de la familia tradicional y la liberación de la mujer.“ (ibid.: 16). Auch der voreheliche Geschlechtsverkehr wurde nicht mehr als Sünde angesehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vor allem die Homosexuellen waren die kreativen Vorreiter der Movida. Zu Zeiten der Diktatur wurde die Homosexualität als Sünde und als pervers betrachtet. Die Ley de Peligrosidad Social war noch bis 1979 in Kraft und erlaubte der Polizei, Homosexuelle festzunehmen, die mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen mussten. Deshalb war es zu Beginn der 80er Jahre ein umso größeres Ereignis, als Pedro Almodóvar und Fabio McNamara als Transvestiten verkleidet auf die Bühne gingen. Bei ihren Auftritten stand weniger die Musik im Vordergrund, sondern ihre Verkleidung (Minirock, bunte Farben, viel Make-up) und Bühneninszenierung, die mit Klischees aus der Homosexuellen- und Transvestitenszene spielte.
Eine weitere Form gesellschaftliche Grenzen zu überschreiten, war der Drogenkonsum. Dies war allerdings keine Erfindung der Movida, denn die Jugendlichen nahmen schon ab Ende der 60er Jahre Drogen. Durch den relativen Wohlstand der damaligen Zeit hatten sie genügend Geld, um sich Marihuana-Produkte zu kaufen. Im Zuge der Hippie-Bewegung und der psychedelischen Musik der 70er Jahre kam der Drogenkonsum immer mehr in Mode. Die schlechte Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Ölkrise und die Stagnation der Franco-Diktatur waren Gründe, weshalb sich die Jugendlichen immer öfter in den Rauschzustand von Drogen flüchteten. Folglich war der Konsum von Rauschmitteln zu Beginn der Movida schon sehr ausgeprägt. In den Medien wurden Drogen unterschiedlich bewertet. Die politische Zeitschrift El Viejo Topo „trataba las drogas como una cuestión más en el proceso de libertades públicas durante la Transición.” (ibid.: 22), wohingegen die Zeitschrift Star y Sal Común in einer Extrarubrik die Folgen, aber auch Anwendungen aller möglichen Drogenarten beschrieb. Zeitschriften und Jugendliche unterstützten bald die Legalisierung der Drogen. Ihr Hauptargument war, dass das Verbot die Ursache aller Probleme sei. Es führe zu Vergiftungen durch schlechte Qualität der gekauften Produkte, zu Beschaffungskriminalität, zu mafiösen Händlerstrukturen und vor allem sei die Anziehungskraft des Verbotenen sehr groß. Obwohl es nie zu einer Legalisierung kam, konnten sich speziell die Madrider Jugendlichen über eine große polizeiliche Toleranz gegenüber dem Konsum leichter Drogen erfreuen, was sie dem Bürgermeister Enrique Tierno Galván zu verdanken hatten.[33] Der Drogenkonsum, genauso wie die sexuelle Befreiung kennzeichnete die neue Experimentierfreude der Jugendlichen.[34]
Die Musik war allerdings das Hauptelement und die populärste Ausdrucksform der Movida. Einerseits kann sie als Gegenbewegung zur Politisierung des katalanischen Protestlieds (Nova canço catalana) betrachtet werden, denn die Liedtexte der frühen Gruppen der Movida waren völlig unpolitisch. Andererseits wurde sie sehr stark durch die angloamerikanische Musik beeinflusst. Die in London und New York entstandenen Stile Punk und New Wave waren die wichtigsten musikalischen Innovationen, die in Spanien Ende der 70er Jahre ankamen. Hieran hatten u.a. auch die Auslandsreisen der Jugendlichen einen gewissen Anteil. In den letzten Jahren der Diktatur wurden die Ausreisebestimmungen erleichtert. Jugendliche und auch Musiker, die von ihren Auslandsaufenthalten in Europa oder den USA nach Spanien zurück kamen, brachten die neue Musik in ihrem Gepäck mit. Internationale Stars der Musikbranche machten bei ihren Tourneen durch Europa immer häufiger Station in Spanien und begeisterten das dortige Publikum. Radiomoderatoren und Musikkritiker wie Jesús Ordovás, Carlos Tena, Mariscal Romero, Diego Manrique und Moncho Alpuente trugen, genauso wie die ersten unabhängigen Radiostationen dazu bei, dass die neuen Musikstile schnell populär wurden.
[...]
[1] Ein weiterer Forschungsbereich ist die pädagogische Popularmusikforschung, die Funktionen und Strukturen der Popmusik in den Unterricht mit einbeziehen möchte. Die ethnographische Popularmusikforschung, die in den USA eine lange Tradition hat, lehnt die starre Trennung von Kunstmusik, Volksmusik und Popularmusik ab. Sie beschäftigt sich vor allem mit den Akkulturationsprozessen, die durch Volksmusik und deren Verbreitung durch die Massenmedien ausgelöst werden. Weitere Einzeluntersuchungen zur Popularmusik gibt es in den Bereichen der Literaturwissenschaft, der Anthropologie, der Physiologie, sowie der Kommunikationswissenschaft.
[2] Vgl. Fiske, John (1995): Reading The Popular. London / New York: Routhledge.
[3] Vgl. Wicke, Peter (1986): Rockmusik. Zur Ästhetik und Soziologie eines Massenmediums. Leipzig: Reclam. Vgl. Frith, Simon (1996): Performing Rites. On the Value of Popular Music. Cambrigde: Havard University Press. Vgl. zu diesem Kapitel auch Hügel 2001.
[4] Die Beatbewegung in Deutschland wird in Kapitel 4.3. genauer thematisiert.
[5] Weitere Informationen zu definitorischen Ansätzen gibt Rösing, Helmut (2001): „›Populäre Musik‹ – was meint das?“ In: Bullerjahn, C. / Erwe, H. (Hrsg.) (2001): Das Populäre in der Musik des 20. Jahrhunderts. Hildesheim etc.: Georg Olms, S. 39-60.
[6] Eine ausführliche Beschreibung der Entwicklung der Popularmusik im Allgemeinen, sowie der deutschen Popularmusik in der Weimarer Republik und während der nationalsozialistischen Zeit gibt Wicke 1998
[7] Los Pactos de Madrid war ein dreiteiliges Abkommen mit den USA, das folgende Vereinbarungen festlegte. Militär: Spanien wurde militärisches Material geliefert und im Gegenzug stellte es dem US-Militär Luft- und Marinestützpunkte zur Verfügung. Wirtschaft: die USA gewährten Spanien einen Sofortkredit über 2,2 Milliarden Dollar und verpflichteten sich zu Lebensmittellieferungen. Gegenseitige Verteidigung: Einerseits nahm die USA Spanien in das System SAC (Strategic Air Command) auf, wodurch Spanien im Falle eines sowjetischen Angriffs Unterstützung durch die US-Armee bekommen hätte. Andererseits erlaubte Spanien eine Stationierung der US-Armee auf spanischem Territorium über einen Zeitraum von 20 Jahren.
[8] Der Plan de Estabilización sah eine politische und ökonomische Reform vor. Seine Ziele waren der Verzicht der politischen Einflussnahme in Wirtschaftsangelegenheiten und die Liberalisierung des Wirtschaftssystems durch Aufgabe der Autarkie-Politik, durch die Öffnung der Grenzen, durch den Handel mit ausländischen Märkten und die Annäherung an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).
[9] Vgl. Tango 2006: 41.
[10] Weitere Erfolge des Dúo Dinámico waren z.B. Perdóname, Mari Carmen, Lolita twist, Yo busco una muchacha como tú, Amor amargo, Esos ojitos negros, Balada gitana.
[11] Los Estudiantes (1957 gegründet), Los Pekenikes, Los Relámpagos (ab 1962) und Los Sonors (sie traten ab 1961 auf und wurden im Nachhinein als die Vorläufer der Beatles betrachtet) waren die bekanntesten Gruppen aus Madrid. Aus Barcelona kamen das bereits erwähnte Dúo Dinámico, Los Pájaros Rojos (ab 1959) und Los Mustang (ab 1960). Aus Valencia stammten die Gruppen Los Milos (1960), Los Huracanes (1965) und Los Protones (1964).
[12] Am 2. Juli 1965 traten sie in der Stierkampfarena von Madrid auf und einen Tag darauf, am 3. Juli, gaben sie ein Konzert in der Plaza de toros von Barcelona.
[13] Die Brincos setzten sich aus Antonio Morales „Junior“, Juan Pardo, Fernando Arbex und Manolo González zusammen, die alle – bis auf Letzteren – schon Erfahrung in anderen Musikgruppen gesammelt hatten.
[14] Das große Repertoire der Brincos setzte sich aus spanischen, aber auch englischen Liedern zusammen. Eine Auswahl ihrer Songs: Shag it; Cry; I can’t make it; Flamenco; Bye, bye, chiquilla; Es como un sueño.
[15] Andere Gruppen dieses goldenen Zeitalters der spanischen Popmusik waren Los Sirex, Los Salvajes, Lone Star, Gatos Negros (alle aus Barcelona), Miguel Ríos, Los Canarios, Los Ángeles (Granada), Los Mitos (Bilbao), Z-66 (Mallorca).
[16] Dies ist der Anfang eines katalanischen Zungenbrechers.
[17] Sein eigentlicher Name ist Ramón Pelegero Sanchis, er kommt aus der Region Valencia.
[18] Cantautores schreiben ihre Liedtexte und Melodien selbst und sind am besten mit dem deutschen Begriff des „Liedermachers“ zu übersetzen.
[19] Komponiert wurde das Stück vom Dúo Dinámico. Gewinnerin des Wettbewerbs wurde schließlich Maribel, die den Song anstelle von Serrat interpretierte.
[20] Vgl. Navarro 1990: 180.
[21] Als Beispiel soll hier der Sommerhit Un rayo de sol von Los Diablos aus dem Jahr 1970 angeführt werden.
[22] Julio Iglesias de la Cueva, so sein voller Name, ist bis heute einer der erfolgreichsten spanischen Künstler. Spätestens seit den 80er Jahren, als er in den USA sehr bekannt wurde und Platten mit den Beach Boys, Diana Ross, und Steve Wonder aufnahm, ist er der Superstar der spanischen Popmusik.
[23] Interview von Pedro Almodóvar in Gallero 1991: 212.
[24] Tango 2006: 59.
[25] Demokratische Parlamentswahlen fanden erst 1977, also zwei Jahre nach dem Ende der Diktatur statt. Zuvor wurde das Parteienverbot aufgehoben und im November 1976 kam es zur Selbstauflösung des Parlaments, wodurch Neuwahlen erst möglich wurden.
[26] Interview von Santiago Auserón (Radio Futura) durch Cristina Tango am 26.02.2005.
[27] Zur Begriffsentstehung siehe Kapitel 3.4.2.
[28] Vgl. Tango 2006: 59ff.
[29] Zur Vermeidung von Unklarheiten, werde ich „movida“ (in Kleinschreibung) verwenden, um den Begriff als solchen zu bezeichnen. Das Wort „Movida“ (in Großschreibung) steht hingegen für die kulturelle Bewegung.
[30] „Enrollamiento“ ist eine Substantivierung von „enrollar“, das sich wiederum auf „rollo“ bezieht.
[31] Lechado 2005 versucht einen Überblick über das erstmalige Auftreten des Begriffs zu geben, geht dabei aber nur von Spekulationen aus, denn bis heute kann man weder einen eindeutigen Zeitpunkt, noch eine gewisse Person festlegen, zu dem das Wort „movida“ erstmalig zugeordnet werden kann.
[32] Die englische New Wave - Musik hatte großen Einfluss auf die spanische Popmusik zur Zeit der Movida (siehe Kapitel 3.4.3. und 3.4.4.).
[33] Siehe Kapitel 3.4.7.
[34] Vgl. Lechado 2005: 15ff.
- Quote paper
- Master David Münch (Author), 2008, Movida und Neue Deutsche Welle im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122641
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