Das Drama „Arthur Aronymus und seine Väter“ in 15 Bildern erschien 1932 als Bühnenmanuskript bei S. Fischer in Berlin.
Es spielt um 1840 in dem westfälischen Ort Geseke ( Hexengäsecke). Der Ausbruch des Hexenglaubens in Westfalen steht im Zentrum des Stückes. Dora, eine der Töchter des jüdischen Gutsbesitzers Schüler, die an der Nervenkrankheit Veitstanz erkrankt ist, wird von der christlichen Dorfgemeinschaft bezichtigt, eine Hexe zu sein. Gleiches Schicksal ereilt auch die Töchter anderer Juden.
Doras Bruder Arthur Aronymus ist des Vaters fünfzehntes Kind und zugleich Schützling und Augapfel des katholischen Kaplans Bernhard Michalski sowie Lieblingsenkel seines Großvaters Rabbi Uriel. Um Dora von den Beschuldigungen zu befreien und vor Schlimmerem zu bewahren, schlägt Kaplan Michalski vor, Arthur Aronymus taufen zu lassen. Doch der Vater lehnt dies entschieden ab. Dank des Einsatzes des Kaplans und eines bischöflichen Briefes, der an die Dorfgemeinde gerichtet ist, kann das Unheil, eine mögliche Ermordung Doras, abgewendet werden und es findet eine Versöhnung zwischen Juden und Christen im Hause Schülers statt.
Inhaltsverzeichnis
I. Zusammenhänge zwischen Inhalt und Biographie
I.1. Über den Inhalt
I.2. Biographische Reflexion
II. Die Schwierigkeiten der Bühnenumsetzung
III. Inszenierungsgeschichte
III. 1. gescheiterte Versuche vor 1936
III.2. Die Uraufführung am 19. Dezember 1936 in Zürich
III.3. Nach 1945
III.4. Die Aufführung 1968
III.5. Die Inszenierung 1988
Literaturangaben
I. Zusammenhänge zwischen Inhalt und Biographie
I.1. Über den Inhalt
Das Drama „Arthur Aronymus und seine Väter“ in 15 Bildern erschien 1932 als Bühnenmanuskript bei S. Fischer in Berlin.
Es spielt um 1840 in dem westfälischen Ort Geseke ( Hexengäsecke). Der Ausbruch des Hexenglaubens in Westfalen steht im Zentrum des Stückes. Dora, eine der Töchter des jüdischen Gutsbesitzers Schüler, die an der Nervenkrankheit Veitstanz erkrankt ist, wird von der christlichen Dorfgemeinschaft bezichtigt, eine Hexe zu sein. Gleiches Schicksal ereilt auch die Töchter anderer Juden.
Doras Bruder Arthur Aronymus ist des Vaters fünfzehntes Kind und zugleich Schützling und Augapfel des katholischen Kaplans Bernhard Michalski sowie Lieblingsenkel seines Großvaters Rabbi Uriel. Um Dora von den Beschuldigungen zu befreien und vor Schlimmerem zu bewahren, schlägt Kaplan Michalski vor, Arthur Aronymus taufen zu lassen. Doch der Vater lehnt dies entschieden ab. Dank des Einsatzes des Kaplans und eines bischöflichen Briefes, der an die Dorfgemeinde gerichtet ist, kann das Unheil, eine mögliche Ermordung Doras, abgewendet werden und es findet eine Versöhnung zwischen Juden und Christen im Hause Schülers statt.
I.2. Biographische Reflexion
Die Vertauschung von Werk, Figur und Schöpfung ist bekannt aus der Biographie von Else Lasker Schüler.[1] Auch in dem Drama „Arthur Aronymus und seine Väter“ fiktionalisiert sie eigene Biographie, benutzt Daten, Orte und Namen, die nicht erfunden sind.
Hinzu greift sie auf einen Stoff und eine historische Situation zurück: die Progromstimmung 1844 in Geseke, der väterlichen Heimatstadt. Auslöser war das Verhalten eines katholischen Pfarrers, das ein jüdisches Kind dazu brachte, von seiner Familie wegzulaufen. Diese historische Situation wird verwoben mit der Familiengeschichte, die in diesem Fall die Geschichte des Vaters als achtjähriger Junge ist.
Der Name des historischen Bernhard Löwenbach, des kleinen Jungen, der Ursache des Judenhasses in Geseke wird, wird dem katholischen Kaplan verliehen, der konfessionell auf der „anderen Seite“ steht. Else Lasker Schülers Urgroßvater war tatsächlich ein berühmter Oberrabbiner. Die Namen der Charaktere des Stückes sind oftmals der eigenen Biographie entnommen: Familie Schüler, Arthur Aronymus bzw. Aron, Henriette, usw.
Und schließlich ist Else Lasker Schüler als junges Mädchen wie Dora an Veitstanz erkrankt, eine nervöse Muskelerkrankung, so dass es durchaus möglich erscheint, dass sie Gewisse Züge der Figur Dora nach persönlichen Erfahrungen gestaltete.
Zusammenfassend wird aus den aufgezeigten Punkten deutlich, dass sich viele dichterische Motive auf die Autorin Else Lasker Schüler selbst beziehen.
II. Die Schwierigkeiten der Bühnenumsetzung
Im Folgenden sollen die Schwierigkeiten aufgezeigt werden, mit denen sich Regisseure bei der Inszenierung des Dramas auseinandersetzen müssen.
Zunächst einmal scheint schon die große Personenzahl, 62 Rollen ohne Mägde, Knechte und Dorfbewohner, ein großes Hindernis für eine Bühne. Zumal sind von ihnen fünfundzwanzig mit Kindern zu besetzen, was die Arbeit zusätzlich erschwert. Leopold Lindtberg, der Regisseur der Uraufführung 1936 in Zürich, bei seiner Inszenierung mit diesem Problem zu tun: „Die Anordnung der vielen Menschen auf der kleinen Bühne des Züricher Schauspielhauses bereitete mir einigermaßen Sorgen.“[2] Auch Sigrid Bauschinger, Biographin Else lasker Schülers, kommt zu dem Schluß: „ Arthur Aronymus und seine Väter ist kein leicht zu inszenierendes Stück. Allein die vielen Personen machen es schon technisch äußerst schwierig, was auch sicher dazu beigetragen hat, dass es erst 1968 in Wuppertal anlässlich des 100. Geburtstages der Dichterin wieder aufgeführt wurde.“[3]
Eine weitere Hürde stellt die Vielzahl der Bilder dar: Gutsgarten Schülers (1., 5., 14. Bild), Synagogengarten (2. Bild), Sitzungsraum des Rabbis (3. Bild), Marktplatz (4., 8., 13. Bild), Kaplanhaus (6. Bild), Schlafstube (7. Bild),Essraum (8., 15. Bild), Judenfriedhof (9. Bild), Wohnstube (10. Bild), Vor dem Kaplanhaus (11. Bild).
Jedes Bild ist detailgenau beschrieben, um die Atmosphäre exakt darzustellen. Damit die Umbauphasen möglichst kurz gehalten und ein so umfangreiches Bühnenbild überhaupt realisiert werden kann, muß stark reduziert oder vereinfacht werden.
Und schließlich enthält dieses Schauspiel noch eine Schwierigkeit für die Umsetzung auf der Bühne: die unzähligen Nebenhandlungen, Nebensächlichkeiten und Nebentexte. Die Fern- und Nahsichten wie z. B. die „blitzenden Augen Arthurs“ oder „die Tränen des Kaplans“ können auf dem Theater kaum materialisiert werden und nur als Anleitung für den Regisseur und die Schauspieler fungieren.[4]
Auch die zahlreichen minutiösen Schilderungen der Bewegungen der Kinder liegen an der Grenze des Darstellbaren. Insbesondere dort, wo plötzlich im Nebentext eine epische Innenansicht auf die äußeren Abläufe fällt.
Die Blicke und Mienen, die im Nebentext ausgetauscht werden wie „ Fanny bemerkt die Opposition in den Mienen der Mutter. Ihre Blicke treffen sich problematisch.“ bilden einen Prozeß ab, der nur durch die schauspielerische Fähigkeit der Darsteller zum Ausdruck gebracht werden kann. Mit den Nebentexten wird Stimmung beschrieben, die auf der Bühne unter Umständen mit anderen Mitteln realisiert werden muß. Die schwierige Aufgabe des Autors ist es folglich, die Stimmungen des Textes zu erkennen und in seinem Stil bühnenwirksam umzusetzen.
Um die Grenze des Repräsentierbaren auszuweiten, greift Else Lasker Schüler auf den Einsatz des Films zurück: die Traumszene des schlafenden Arthur Aronymus. Der Film schafft gleichzeitig einen Nah-, Fern- und Innenblick, den die das Theater nicht gestattet. Im Film lassen sich Abläufe sichtbar machen, die die Bühne verschluckt.
Abschließend lässt sich also mit den Worten des Regisseurs Leopold Lindtberg sagen: „ Arthur Aronymus und seine Väter ist ein Mikrokosmos mit unzähligen Facetten, ein Gedicht, überschäumend tollköpfig, unendlich zart und innig, voll süßer Musik und närrischen Übermuts, und so unbekümmert, dass es dem, der es auf eine Bühne zu bringen wagt, so viel Freude wie Kummer und Kopfzerbrechen bereitet.“[5]
[...]
[1] Silvia Henke „Fehl am Platz“, Seite 43
[2] Michael Schmid: „Else Lasker-Schüler. Ein Buch zum 100. Geb. der Dichterin“ Seite 73 ff.
[3] Sigrid Bauschinger: „
[4] Für ein lesendes Publikum trifft dies nicht zu. Die Anweisungen unterstützen für Leser die genaue Charakterisation der Figuren
[5] Michael Schmid: „Else Lasker- Schüler. Ein Buch zum 100. Geb. der Dichterin“, Seite 79
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