Die vorliegende Untersuchung strebt an, den Schätzfehler von Analystenschätzungen mit der Normenkonformität des Prognoseberichts und weiteren Kontrollvariablen zu erklären, um die Bedeutung normenkonformer Berichterstattung für den Kapitalmarkt zu erforschen.
Managementprognosen sind eine wichtige Informationsquelle für Anleger. Zukunftsorientierten Informationen wie Prognosen wird bei der Anlageentscheidung mehr Bedeutung beigemessen als vergangenheitsorientierten Daten, da der verfolgte Zweck die Erzielung künftiger Renditen ist. Mit vergangenheitsorientierten Informationen ist es dem Anleger lediglich möglich, die eigenen Erwartungen respektiv mit der Realität abzugleichen. Die Bedeutung zukunftsorientierter Informationen für die Investitionsentscheidungen ist weitestgehend unumstritten.
Da das Management einen besseren Zugang zu entscheidungsrelevanten Informationen hat, existiert zwischen dem Management und den Anlegern eine Informationsasymmetrie. Managementprognosen helfen, diese Informationsasymmetrie zwischen Management und Anlegern zu verringern. Eine geringere Informationsasymmetrie drückt sich auch beim Unternehmen in einer erhöhten Liquidität und geringeren Kapitalkosten aus.
Eine zeitliche Komponente in der Berichterstattung des Unternehmens findet sich im Konzernabschluss durch die Einbeziehung von Prognosen im Lagebericht. Nach den Regelungen der International Financial Reporting Standards ist die Erstellung eines lageberichtsähnlichen Teils der Berichterstattung nicht verpflichtend. In Deutschland sind kapitalmarktorientierte Unternehmen verpflichtet, einen Lagebericht nach den Regelungen des HGB aufzustellen unabhängig davon, ob diese ihren Bericht nach den International Financial Reporting Standards aufstellen. Die genaue Ausgestaltung des Prognoseberichts wird durch das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) im Deutschen Rechnungslegungs Standard (DRS) 20 konkretisiert. Die Ausgestaltung des DRS folgt dem Management Approach und vermittelt somit den Adressaten die Sicht des Managements, inklusive dessen Zugang zu internen Informationen über die künftige Entwicklung des Unternehmens.
Inhaltsverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Symbolverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
1.3 Uberblick uber den Stand der Forschung
2. Grundlagen der Prognoseberichterstattung borsennotierter Konzerne .
2.1 Definition und Merkmale von Prognosen
2.2 Prognoseberichterstattung nach HGB
2.3 Aktuelle Regulierung der Prognoseberichterstattung gemafi DRS
2.3.1 Prognosegegenstand
2.3.2 Prognosehorizont und Prognoseprazision
2.3.3 Prognosetransparenz
2.3.4 Prognosen bei aufiergewohnlich hoher Unsicherheit
3 Finanzanalysten
3.1 Definition und Aufgabenbereich
3.2 Managementprognosen und Analystenschatzungen
4 Grundlagen der empirischen Untersuchung
4.1 Datengrundlage
4.2 Untersuchungsmethodik
4.2.1 Gute der Prognoseberichte
4.2.2 Finanzanalystenschatzungen
4.2.3 Kontrollvariablen
4.2.4 Multivariate Analyse
5 Ergebnisse der empirischen Analyse
5.1 Deskriptive Statistik
5.1.1 Gesamtauswertung
5.1.2 Auswertung nach Indizes
5.1.3 Auswertung nach Branchen
5.2 Multivariate Analyse
6 Schlussbetrachtung
Anhang
Verzeichnis der Rechtsnormen
Literaturverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Ermittlung des Scorings fur die Prognoseannahmen, S. 19.
Abbildung 2:Bedeutung der Variablen fur die Untersuchung, S. 22.
Abbildung 3:Prognoseprazision der HDAX Unternehmen nach Jahren, S. 24.
Abbildung 4:Haufigste Prognosegegenstande der HDAX Unternehmen 20172020, S. 24.
Abbildung 5:Umfang der Prognoseberichte ausgewahlter Indizes nach Wort- anzahl, S. 28.
Abbildung 6:0 Anzahl der im Steuerungsbericht angegebenen, im Verhaltnis zu den tatsachlich prognostizierten, SteuerungsgroBen nach Indi- zes, S. 29.
Abbildung 7:Prognoseprazision der HDAX Unternehmen nach Indexzugeho- rigkeit, S.29.
Abbildung 8:0-Erfullungsgrad der Gutekriterien fur Prognoseannahmen und Prognoseaussagen, S. 30.
Abbildung 9:Umfang der Prognoseberichte ausgewahlter Branchen nach Wortanzahl, S. 32.
Abbildung 10:0 Anzahl der im Steuerungsbericht angegebenen, im Verhaltnis zu den tatsachlich prognostizierten, SteuerungsgroBen nach Branchen, S. 33.
Abbildung 11:Prognoseprazision der HDAX Unternehmen nach Branchenzu- gehorigkeit, S: 34.
Abbildung 12: 0- Erfullungsgrad der Gutekriterien fur Prognoseannahmen und Prognoseaussagen, S. 38.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:Stand der Forschung zum Thema normenkonforme Berichterstat- tung, S. 3.
Tabelle 2:0-Erfullungsgrad der Prognoseannahmen nach Themenbereich, S. 25.
Tabelle 3:Deskriptive Auswertung aller erhobenen Variablen, S. 27.
Tabelle 4:Anzahl der in den Indizes enthaltenen Unternehmen, S. 27.
Tabelle 5 :Anzahl der HDAX Unternehmen mit einer entsprechenden Bran- chenzugehorigkeit, S. 31.
Tabelle 6:0-Erfullungsgrad der Prognoseannahmen der Branche Manufacturing nach Themenbereich, S. 35.
Tabelle 7:Deskriptive Auswertung der erhobenen Variablen der Branche Manufacturing, S.37.
Tabelle 8:Ergebnisse der multivariaten Regression (Gesamt), S. 39.
Tabelle 9:Ergebnisse der multivariaten Regression (Manufacturing), S. 40.
Tabelle 10:VIF Werte der verwendeten Variablen fur Modelle A und B in der Analyse, S. 41.
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Managementprognosen sind eine wichtige Informationsquelle fur Anleger. Zu- kunftsorientierten Informationen wie Prognosen wird bei der Anlageentschei- dung mehr Bedeutung beigemessen als vergangenheitsorientierten Daten, da der verfolgte Zweck die Erzielung kunftiger Renditen ist1 2. Mit vergangenheits- orientierten Informationen ist es dem Anleger lediglich moglich, die eigenen Erwartungen respektiv mit der Realitat abzugleichen. Die Bedeutung zukunfts- orientierter Informationen fur die Investitionsentscheidungen ist weitestgehend unumstritten .
Da das Management einen besseren Zugang zu entscheidungsrelevanten Infor- mationen hat, existiert zwischen dem Management und den Anlegern eine In- formationsasymmetrie. Managementprognosen helfen, diese Informationsas- ymmetrie zwischen Management und Anlegern zu verringern. Eine geringere Informationsasymmetrie druckt sich auch beim Unternehmen in einer erhohten Liquiditat und geringeren Kapitalkosten aus3.
Eine zeitliche Komponente in der Berichterstattung des Unternehmens findet sich im Konzernabschluss durch die Einbeziehung von Prognosen im Lagebe- richt4. Nach den Regelungen der International Financial Reporting Standards ist die Erstellung eines lageberichtsahnlichen Teils der Berichterstattung nicht verpflichtend. In Deutschland sind kapitalmarktorientierte Unternehmen ver- pflichtet, einen Lagebericht nach den Regelungen des HGB aufzustellen unab- hangig davon, ob diese ihren Bericht nach den International Financial Reporting Standards aufstellen5. Die genaue Ausgestaltung des Prognoseberichts wird durch das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) im Deut- schen Rechnungslegungs Standard (DRS) 20 konkretisiert6. Die Ausgestaltung des DRS folgt dem Management Approach und vermittelt somit den
Adressaten die Sicht des Managements, inklusive dessen Zugang zu internen Informationen uber die kunftige Entwicklung des Unternehmens. 7
1.2 Zielsetzung und Gang der Untersuchung
Die vorliegende Untersuchung strebt an, den Schatzfehler von Analystenschat- zungen mit der Normenkonformitat des Prognoseberichts und weiteren Kon- trollvariablen zu erklaren, um die Bedeutung normenkonformer Berichterstat- tung fur den Kapitalmarkt zu erforschen. Untersucht wird die Normenkonfor- mitat gegenuber dem DRS 20 fur Prognoseberichte des HDAX in den Jahren 2017 bis 2020. Dafur wird nach dem Vorbild von Ruhnke / Heinrichs / Kundt (2019) ein Disclosure Index zur Messung der Prognosegute verwendet. Dieser Indexwert wird dann per multipler linearer Regression mithilfe von Kontrollva- riablen auf den Schatzfehler der Analysten regressiert.
Nach der Definition des Prognosebegriffs werden die einschlagigen Normen zur Prognoseberichterstattung deutscher borsennotierter Konzerne vorgestellt. AnschlieBend wird eine Einordnung zu Finanzanalysten gegeben und die Inter- dependenz zu Managementprognosen erlautert.
Im Folgenden werden die Vorgehensweise der empirischen Untersuchung dar- gelegt und die entsprechenden, zu untersuchenden, Hypothesen hergeleitet. Auf Basis der theoretischen und empirischen Grundlagen wird anschlieBend die Forschungsfrage diskutiert.
1.3 Uberblick uber den Stand der Forschung
Die folgende Tabelle 1 gibt einen kompletten Uberblick zum Stand der For- schung des Themenbereichs „normenkonforme Berichterstattung“ bis 2014, da in diesem Jahr die ersten Arbeiten zum DRS 20 veroffentlicht wurden. Die Ar- beiten von Nolte (2008) und Oberdorster (2009) wurden mit aufgenommen, da diese die methodische Grundlage fur Ruhnke / Heinrichs / Kundt (2019) bil- den. Die Spalte „Zeitraum“ bezieht sich auf die von der Studie untersuchten Jahre. „Score“ gibt an, ob ein Guteindex zur Bewertung der Berichterstattung verwendet wurde und „Regression“ sagt aus, ob ein verwendeter Indexauf den Schatzfehler von Analysten regressiert wurde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Stand der Forschung zum Thema normenkonformer Berichterstattung8
In den Arbeiten zur Gute der Prognoseberichte wird oft die unzureichende Nor- menkonformitat mit dem DRS 20 bemangelt. Zudem wird die Dominanz * gesamtwirtschaftlicher Aussagen gegenuber Angaben zur unternehmensindivi- duellen Situation kritisiert. Es werden auBerdem nur unzureichend Annahmen zu den Prognosen hinterlegt. Mit der Einfuhrung des DRS 20 sei allerdings die Prognoseprazision und die Prognosegute im Allgemeinen gestiegen9.
Bezuglich der Entscheidungsnutzlichkeit der externen Rechnungslegung fur die Adressaten existieren Studien von Nolte, Oberdorster und Ruhnke / Heinrichs / Kundt in Deutschland. Nolte und Oberdorster untersuchen dabei die Entscheidungsnutzlichkeit des Geschafts- bzw. Lageberichts als Ganzes. Nolte kann fur den Geschaftsbericht insgesamt keinen signifikant negativen Einfluss der Prognosegute auf den Schatzfehler der Analysten nachweisen10. Oberdors- ter kann fur die Unternehmen, die ihre Berichterstattung nach dem HGB able- gen, speziell fur den Lagebericht und auch den Prognosebericht einen signifi- kant negativen Effekt auf den Schatzfehler von Finanzanalysten nachweisen11. Im Untersuchungszeitraum von Nolte und Oberdorster war indes noch die An- wendung des DRS 15 verpflichtend12. Ruhnke / Heinrichs / Kundt untersuchen aufbauend auf den empirischen Methoden von Nolte und Oberdorster den Ein- fluss der Prognosegute auf den Schatzfehler von Analysten mit einem eigens fur den DRS 20 entwickelten Guteindex. Ruhnke / Heinrichs / Kundt konnten einen signifikant negativen Effekt auf den Schatzfehler der Analysten fur den Guteindex der Prognosequalitat messen.
2. Grundlagen der Prognoseberichterstattung borsennotierter Konzerne
2.1 Definition und Merkmale von Prognosen
Nach dem Hempel-Oppenheim-Schema besteht eine Prognose aus „Projectans“ und „Projectandum“. Das „Projectandum“ reprasentiert dabei das Vorherzusa- gende und das „Projectans“ bedingt die Vorhersage. Das „Projectans“ setzt sich zusammen aus den Antezedenzbedingungen und nomologischen Hypothesen. Nomologische Hypothesen bestimmen allgemeine GesetzmaBig- keiten. Solche GesetzmaBigkeiten sind allerdings fur wirtschaftliche Sachver- halte kaum bestimmbar. Beispiele in der Literatur hierfur sind der Zusammen- hang zwischen Auftragseingang bzw. Wahrungskurs und den Umsatzerlosen13.
Die Antezedenzbedingungen beschreiben Ereignisse, die in Zukunft eintreten werden oder zum Zeitpunkt der Prognose erfullt sein mussen. Diese Ereignisse sind bei Wirtschaftsprognosen Entwicklungen der Gesamtwirtschaft oder der Branche und unternehmensspezifische Sachverhalte14. Die Prognose kann nur in Kombination aus Kenntnis der Bedingungen und der Aussage sinnvoll im Zuge einer Entscheidung beurteilt werden15.
Eine Prognose charakterisiert sich durch Prognosegegenstand, Prognosehori- zont und die Prognoseprazision16. Okonomische Prognosen erstrecken ihren Gegenstandsbereich auf wirtschaftliche Sachverhalte17. Prognosegegenstande konnen z.B. der Umsatz oder das Ergebnis eines Unternehmens sein. Der Prog- nosehorizont beschreibt die zeitliche Reichweite einer Prognose, wobei zwi- schen kurz-, mittel- und langfristigen Prognosen unterschieden werden kann. Wie genau die Prognose ist, definiert sich uber die Prognoseprazision 18. Die Prazision einer Prognose kann in aufsteigender Reihenfolge nach qualitativen Prognosen, komparativen Prognosen, Intervallprognosen und Punktprognosen differenziert werden19.
2.2 Prognoseberichterstattung nach HGB
In Deutschland ist die Pflicht zur Aufstellung eines Prognoseberichts im HGB festgeschrieben. Der Prognosebericht ist Teil des Konzernlageberichts gem. § 315 HGB20. Die Vertreter einer mittelgroBen oder groBen Kapitalgesellschaft sind gem. § 264 Abs. 1 HGB gesetzlich verpflichtet, einen Lagebericht aufzustellen21. Die Lageberichte unterliegen nach § 325 Abs. 1 Nr. 1 HGB der Offenlegungspflicht und mussen damit im elektronischen Bundesanzeiger ver- offentlicht werden. Der Lage- und damit auch Prognosebericht sind laut § 316 Abs. 1 und 2 HGB auch Teil der gesetzlichen Abschlussprufung.
Nach §315 Abs. 1 Satz 4 HGB ist im Konzernlagebericht „die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erlautern“. Der gesonderte Chancen- und Risikobericht ist dabei allerdings ein eigenstandiger Teil des Lageberichts und darf nicht als Teil der Prognosebe- richterstattung verstanden werden22. Die Formulierung des §315 HGB bleibt demnach weitestgehend unkonkret und bietet viel Raum bezuglich der unter- nehmensindividuellen Ausgestaltung des Prognoseberichts23.
2.3 Aktuelle Regulierung der Prognoseberichterstattung gemafi DRS 20
2.3.1 Prognosegegenstand
Das DRSC konkretisiert die Prognoseberichterstattung im DRS 20.116 ff. 24. Mit der Bekanntmachung durch das Bundesministerium der Justiz und fur Ver- braucherschutz ist der DRS 20 verbindlich anzuwenden und unterliegt nach §342 Abs. 2 der Vermutung, ein Grundsatz ordnungsmaBiger Buchfuhrung zu sein25. Das Ziel der Einfuhrung des DRS 20 war es Informationsasymmetrien abzubauen und die Gute der zukunftsbezogenen Informationen zu erhohen26. Prognosen sind zu allen finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikato- ren anzugeben, die der internen Steuerung der Unternehmung dienen. Die Prognoseberichterstattung nach DRS 20 folgt damit dem Management Ap- proach27. Die finanziellen und nicht finanziellen Leistungsindikatoren, die der Steuerung des Unternehmens dienen, konnen nach DRS K.45 dem Steuerungs- bericht des Unternehmens entnommen werden28. Der Management Approach vermittelt den Adressaten die Sicht des Managements, inklusive dessen Zugang zu internen Informationen uber die kunftige Entwicklung des Unternehmens29. DRS 20.B13 beschreibt den Management Approach damit, „auf die zur Unter- nehmensfuhrung verwendeten Informationen zuruckzugreifen“30. Bei dem Prognosegegenstand kann zwischen unternehmensinternen und unternehmens- externen Variablen unterschieden werden. Unternehmensexterne Variablen be- inhalten Angaben zur kunftigen Entwicklung der Gesamtwirtschaft oder ein- zelner Branchen. Unternehmensinterne Variablen sind vornehmlich Umsatz und ErgebnisgroBen wie das EBIT oder der Jahresuberschuss31. Der DRS 20 stellt die unternehmensindividuelle Situation in den Vordergrund. Offentlich verfugbare Informationen zur gesamtwirtschaftlichen oder branchenspezifi- schen Entwicklung sind nur zu nennen, wenn sie dem Verstandnis der prognos- tizierten Entwicklung dienen32. Folgende Beispiele fur unternehmensinterne GroBen werden in DRS 20.103 genannt:33
- Eigenkapitalrendite
- Gesamtkapitalrendite
- Umsatzrendite
- Cash-Flow
- Working Capital
- Investitionen in Sachanlagevermogen und in immaterielles Anlagever- mogen
- EBIT (Earnings before interest and taxes)
- EBITDA (Earnings before interest, taxes, depreciation and amortization)
- Wertbeitrag
Abseits der finanziellen Leistungsindikatoren sind gemaB DRS 20 auch zu sol- chen nichtfinanziellen Leistungsindikatoren Prognosen abzugeben, die zur Steuerung des Konzerns verwendet werden34. Auf die nichtfinanziellen Leistungsindikatoren wird im Folgenden nicht weiter eingegangen, da diese nicht Gegenstand der empirischen Untersuchung sind.
Der Anwender ist nach DRS 20 grundsatzlich nicht verpflichtet, segmentspezi- fische Prognosen zu erstellen. Nach DRS 20.132 wird eine Prognose fur einen gesonderten Bereich (Funktionsbereiche, Geschaftsbereiche, Regionen oder an- dere Einheiten des Unternehmens) nur dann notwendig, wenn die Entwicklung dieses Bereichs von der des Konzerns als Ganzes deutlich abweicht35. Alle Aussagen im Prognosebericht sollen zu einer Gesamtaussage verdichtet wer- den. Das Fazit kann in verbaler oder tabellarischer Form zusammengefuhrt werden36.
2.3.2 Prognosehorizont und Prognoseprazision
Der Prognosehorizont beschreibt in zeitlicher Hinsicht die Geltungsdauer der Prognose37. Investoren sehen sich in einem Zielkonflikt zwischen dem Hori- zont und der Treffgenauigkeit einer Prognose - mit steigendem Horizont er- hoht sich auch die Unsicherheit uber den Eintritt der Prognose38. Nach DRS 20.127 muss der Prognosezeitraum mindestens ein Jahr betragen - Referenz- punkt ist dabei jeweils der letzte Konzernabschlussstichtag39.
Die Prognoseprazision konkretisiert die Genauigkeit der Prognose. Die Genau- igkeit unterscheidet sich nach quantitativen oder qualitativen Angaben. Quantitative Prognosen auBern sich in konkreten Zahlenwerten, wahrend qualitative Angaben die Zukunft nur wortlich umschreiben40. Bei qualitativen Prognosen besteht die Gefahr inhaltsleerer Formulierungen und die Aussagen sind nur ein- geschrankt nachprufbar. Qualitativen Prognosen wird daher der geringste In- formationsgehalt zugeschrieben. Bezuglich der Prognoseprazision besteht ein Zielkonflikt zwischen dem Informationsgehalt und der Eintrittswahrscheinlich- keit der Prognose. Quantitative Informationen haben einen hoheren Informati- onsgehalt bei geringer Eintrittswahrscheinlichkeit, qualitative Informationen vice versa41 Es muss dabei allerdings beachtet werden, dass auch die Menge der Informationen einen entscheidenden Einfluss auf die Verwertbarkeit einer Prognose fur eine Investitionsentscheidung hat. Zunachst korreliert die Menge der Informationen positiv mit der Qualitat der darauf basierten Entscheidung. Ab einem gewissen Punkt nimmt die Qualitat allerdings wieder ab und ein „In- formation Overload“ ist die Folge42.
Quantitative Prognosen sind nach DRS 20.130 in Form von Punkt- oder Inter- vallprognosen abzugeben. Qualitative Prognosen mussen qualifiziert-kompara- tiv sein. Rein komparative bzw. rein qualitative Prognosen erfullen die Anfor- derungen nicht43.
Dem DRS 20.11 sind folgende Beispiele und Definitionen fur alle zulassigen und nicht zulassigen Prognosearten zu entnehmen44:
Zulassig sind:
- Punktprognosen - Prognose mit Angabe eines Zahlenwertes: „Wir er- warten fur das Geschaftsjahr 2021 einen Umsatz von 100 Mio. Euro.“
- Intervallprognosen - Prognose mit Angabe einer Bandbreite zwischen zwei Zahlenwerten: „Wir rechnen fur das Geschaftsjahr 2021 mit einem Umsatz zwischen 90 und 100 Mio. Euro.“
- Qualifiziert komparative Prognosen - Prognosen mit Angabe einer Ver- anderung im Vergleich zum Istwert der Berichtsperiode unter Angabe der Richtung und Intensitat der Veranderung: „Wir rechnen fur das Ge- schaftsjahr 2021 mit einem leicht steigenden Umsatz.“ Nicht zulassig sind:
- Komparative Prognosen - Prognosen mit Angabe einer Veranderung im Vergleich zum Istwert der Berichtsperiode unter Angabe der Richtung dieser Veranderung: „Wir erwarten fur das Geschaftsjahr 2021 einen steigenden Umsatz.“
- Qualitative Prognosen - Prognosen, die allein verbalargumentativ vor- genommen wird: „Wir erwarten fur das Geschaftsjahr 2021 einen zu- friedenstellenden Umsatz.“
Die Minimalanforderung des DRS 20 sind hinsichtlich der Prognoseprazision mindestens qualifiziert-komparative Prognosen. Dabei sind die Richtung und die Intensitat der voraussichtlichen Entwicklung anzugeben. Im DRS 20 wer- den beispielhaft einige Adjektive zur Beschreibung der Intensitat und der Rich- tung der voraussichtlichen Entwicklung genannt. Fur die Richtung werden die Adjektive „stark, erheblich, geringfugig, leicht“ genannt, fur die Intensitat wer- den es „steigen“ und „fallen“ genannt. Die Interpretation der genannten Adjek- tive ist dem Adressaten uberlassen, einheitliche Schwellenwerte fur diese For- mulierungen existieren indes nicht45. Ausgangspunkt der Aussage uber die er- wartete Veranderung der prognostizierten Leistungsindikatoren ist der Istwert des Berichtsjahres. Im Falle abweichender Bezugspunkte ist dies nach DRS 20.128 anzugeben46. Der Vergleichswert der erwarteten Veranderung muss im Prognosebericht oder an anderer Stelle im Lagebericht angegeben werden47.
2.3.3 Prognosetransparenz
Nach DRS 20.120 sind die fur die Prognose wesentlichen Annahmen anzuge- ben und mussen mit den dem Konzernabschluss zugrundeliegenden Pramissen ubereinstimmen48. Als Beispiel fur mit dem Konzernabschluss konsistente Pra- missen nennt der DRS 20.121 beispielhaft die Ubereinstimmung der Annah- men zur kunftigen Entwicklung der Umsatze bei der Ergebnisprognose und der Planungsrechnung fur den Werthaltigkeitstest des Geschafts- und Firmenwerts49. Die Wesentlichkeit der Annahmen ist nicht allgemeingultig zu bestimmen - die Wesentlichkeit hangt vom unternehmensindividuellen Ge- schaftsmodell ab. Werden den eigenen Prognosen externe Informationen ande- rer Organisationen zugrunde gelegt, ist dies im Bericht anzugeben50.
DRS 20.122 nennt folgende Beispiele fur der Prognose zugrundeliegende An- nahmen51:
- Wirtschafts- und Branchenentwicklungen
- Wechselkurse
- Inflation
- regulatorische MaBnahmen
- technischer Fortschritt
- erwartete Sondereinflusse fur den Konzern
- Realisierung von Synergiepotenzialen
- Abschluss von Entwicklungsprojekten
- Inbetriebnahme neuer Anlagen
Die Offenlegung der zugrundeliegenden Annahmen soll die Aussagen des Managements uber die kunftige Entwicklung des Unternehmens fur den Adressa- ten nachvollziehbar machen. Die Annahmen konnen hierbei nicht richtig oder falsch sein, da sie die subjektive Erwartung der Unternehmensleitung uber die kunftige Entwicklung des Unternehmens widerspiegeln. Erst nach Ende des Prognosehorizonts lasst sich der Eintritt der Prognose uberprufen52.
2.3.4 Prognosen bei aufiergewohnlich hoher Unsicherheit
Unterliegt die kunftige Entwicklung des Unternehmens aufgrund gesamtwirt- schaftlicher Rahmenbedingungen auBergewohnlich hoher Unsicherheit, sind rein komparative Prognosen uber die kunftige Entwicklung ausreichend. Alter- nativ ist die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens auch unter Angabe verschiedener Zukunftsszenarien und den zugrundeliegenden Annahmen moglich. Es ist hinreichend die Richtung der er- warteten Veranderung der entsprechenden Leistungsindikatoren gegenuber dem Istwert des Vorjahres zu veranschaulichen. Wird eine der eben genannten Moglichkeiten fur die Prognose bei auBergewohnlich hoher Unsicherheit ge- wahlt, sind die Auswirkungen der Unsicherheitsfaktoren auf die Prognosefa- higkeit, den Geschaftsverlauf und die Lage des Konzerns zu erortern53.
Besondere Umstande sind exogene Schocks wie z.B. die Coronapandemie oder in der Vergangenheit die globale Wirtschafts- und Finanzkrise 2007-2009. Die Merck KGaA sah sich aufgrund der besonderen Umstande zur damaligen Zeit dazu veranlasst, ganz auf den Prognosebericht zu verzichten. Das Oberlandes- gericht Frankfurt bestatigte allerdings die Sicht der Deutschen Prufstelle fur Rechnungslegung, die darin einen wesentlichen Fehler in der Rechnungslegung sah54. Das DRSC halt mit der oben dargestellten Ausgestaltung des DRS 20 an dieser Rechtsprechung fest55.
3 Finanzanalysten
3.1 Definition und Aufgabenbereich
Eine einheitliche Begriffsdefinition fur den Begriff „Analyst“ existiert in der Literatur nicht. Es existiert auch keine rechtlich geschutzte Berufsbezeichnung fur „Analysten“56. Nolte (2008) und Oberdorster (2009) verwenden in ihren Arbeiten die Definition der Deutschen Vereinigung fur Finanzanalyse und Asset Management57. In den Grundsatzen fur effektive Finanzkommunikation des DVFA werden Finanzanalysten wie folgt beschrieben:
„ Finanzanalysten sind Kapitalmarktteilnehmer, die professionell Wertpapiere analysieren und auf Basis ihrer Analyse (Kauf-)Empfehlungen aussprechen.
Dazu zahlen Berufsangehorige der Sell-Side, d.h. Finanzanalysten, die fur Broker und Wertpapierhandelsunternehmen sowohl in der Asset-Klasse Aktien als auch Anleihen tatig sind sowie Finanzanalysten auf der Buy-Side, die Anleihen oder Aktien analysieren und als Angestellte oder im direkten Auftrag des Kapi- talanlegers tatigsind“58
Die Rolle der Finanzanalysten ist eine angemessene Preisbildung am Kapital- markt zu gewahrleisten. Sie verarbeiten Rohinformationen zu leichter verstandlichen Analysen. Von Anlegern werden diese Analysen als Grundlage fur ihre Anlageentscheidungen genutzt. Andere Intermediare nutzen die Analysen, um weiterfuhrende Analysen oder Beratungen vorzunehmen59. Finanzanalysten vermitteln also Informationen zwischen Kapitalgebern und -nehmern und tre- ten so als Informationsintermediare am Kapitalmarkt auf60. Grundsatzlich kon- nen Analysten in Buy-Side-Analysten und Sell-Side-Analysten unterscheiden werden. Buy-Side Analysten arbeiten in der Regel fur institutionelle Anleger wie z.B. Kreditinstitute oder Versicherungen. Die Empfehlungen flieBen direkt in die Anlageentscheidungen der Gesellschaften ein. Die von Sell-Side-Analys- ten erstellten Berichte und Empfehlungen richten sich direkt an Anleger oder Journalisten61. Die in der vorliegenden Untersuchung betrachteten Schatzungen beziehen sich auf Schatzungen von Sell-Side-Analysten.
3.2 Managementprognosen und Analystenschatzungen
Informationen sind fur Kapitalmarktentscheidungen interessant, wenn sie einen „Predictive Value“ haben, also die Anleger in ihrer Vorhersage uber die kunf- tige Entwicklung unterstutzen konnen. Der Predictive Value ist umso groBer, desto besser die Informationen die zeitliche Struktur, die Hohe und die Wahr- scheinlichkeit des Eintretens kunftiger Zahlungsstrome beschreiben konnen62. So ist der Geschaftsbericht eine der wichtigsten Informationsquellen fur Ana- lysten63. Krumbholz kommt in seiner Befragung zu dem Ergebnis, dass der Prognosebericht von Analysten als besonders relevant angesehen wird64.
[...]
1 Vgl. Beyer et al. (2010), S. 11 f.
2 Vgl. Helpenstein (2014), S. 20.
3 Vgl. Hirst / Koonce / Shankar (2008), S. 315.
4 Vgl. Baetge / Kirsch / Thiele (2021), S. 760.
5 Vgl. Fink (2009), S. 608.
6 Vgl. Ruhnke / Simons (2018), S. 129 ff. und 627 ff.
7 Vgl. GroBkopf/Hitz (2015), S. 1231.
8 In Anlehnung an: Quick / Gauch / Niekrawietz (2021), S. 105.
9 Vgl. Tabelle1 Eisenschmidt / Wennekamp (2014); Kumpel / Luksch /Oriolo (2015); Ruhnke / Heinrichs / Adomeit (2018); Quick / Gauch / Niekrawietz (2021).
10 Vgl. Nolte (2008), S. 178 f.
11 Vgl. Oberdorster (2009), S. 206 und 208.
12 Vgl. DRSC (2022).
13 Vgl. Drobeck (2001), S. 1125 f.; Barth (2009), S. 18.
14 Vgl. Drobeck (2001), S. 1125.
15 Vgl. Eisenschmidt/Schmidt (2011), S. 348.
16 Vgl. Ewelt-Knauer / Flottmeyer / Knauer (2013), S. 2715.
17 Vgl. Brockhoff (1977), S. 39.
18 Vgl. Bretzke (1975), S. 119.
19 Vgl. Busse von Colbe (1968), S. 105.
20 Vgl. §§ 289 Abs. 1 Satz 4 und 315 Abs. 1 Satz 4 HGB.
21 Vgl. Ewelt / Knauer / Sieweke (2009), S.707.
22 Vgl. Kaya (2010), S. 488.
23 Vgl. Muhlbauer (2014), S. 405.
24 Vgl. Ruhnke/Simons (2018), S. 129 ff. und 627 ff.
25 Vgl. Philipps (2014), S. 137.
26 Vgl. Quick / Gauch / Niekrawietz (2021), S. 106.
27 Vgl. Ergun / Muller / Juchler (2012), S. 898.
28 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohan (2021), S.143.
29 Vgl. GroBkopf/Hitz (2015), S. 1231.
30 DRSC (2019), DRS 20.B13.
31 Vgl. Pellens/Lehmann (2012), S. 877.
32 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohan (2021), S. 254.
33 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.103.
34 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.106 und 20.126.
35 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohan (2021), S. 246.
36 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohan (2021), S. 254.
37 Vgl. Drobeck (2001), S. 1224 f.
38 Vgl. Helpenstein (2014), S. 34.
39 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.B33.
40 Vgl. Barth (2009), S. 21.
41 Vgl. Barth (20099, S. 21 f.
42 Vgl. Eppler/ Mengis (2004), S. 326.
43 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.130.
44 DRSC (2019), DRS 20.11.
45 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohann (2021), S. 248 f.
46 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.128.
47 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.131.
48 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.120.
49 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.19.
50 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohann (2021), S. 252.
51 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.122.
52 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohann (2021), S. 251.
53 Vgl. DRSC (2019), DRS 20.133 und 20.B37.
54 Vgl. Fink / Kajuter / Winkeljohann (2021), S. 242.
55 Vgl. Helpenstein (2014), S. 58 f.
56 Vgl. Nolte (2008), S. 92.
57 Vgl. Nolte (2008), S. 92; Oberdorster (2009), S: 58.
58 DVFA (2000), S. 48.
59 Vgl. Kommission der europaischen Gemeinschaften (2006), S.2; Achleitner et al. (2002), S. 29.
60 Vgl. Achleitner / Bassen / Pietzsch (2001), S. 47.
61 Vgl. Rosen/Gerke (2001), S. 11.
62 Vgl. Scheele (2007), S. 26.
63 Vgl. Lehmann (2014), S. 112.
64 Vgl. Krumbholz (1994), S. 32.
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