Trends, ein allgegenwärtiges Wort unserer Gesellschaft. Presse und Medien sind branchen- und milieuübergreifend voll davon. Modetrends, Einrichtungstrends, Börsentrends, Gesellschaftstrends, etc. Doch was genau bedeutet dieses Wort, das wir vielleicht gerade wegen seiner gewohnten Allgegenwärtigkeit kaum noch hinterfragen und seit wann ist es so präsent in unserem Denken, unserer Kommunikation und unserem Handeln? Folgen wir als orientierungslose Konsumenten den Illusionen von geschickter Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda (TRENDSETTER) oder sind die PR-Agenturen in Zusammenarbeit mit den Medien nur die ‚First-Mover’ (TRENDENTDECKER), die aufmerksamen Beobachter (Trend-Watcher), die Veränderungen und Entwicklungen unserer Gesellschaft zuerst entdecken, um sie uns dann als Trend zu verkaufen? Oder entsteht gerade in diesem Beobachtungsprozess zweiter Ordnung (die PR, als System der Gesellschaft oder auch als Organisation, beobachtet einen anderen Teil der Gesellschaft bzw. einen Ausschnitt der Realität in Form von anderen Systemen und wird gleichzeitig selbst von diesen beobachtet) und der darauf folgenden Kommunikation z.B. über verschiedene Medienkanäle in eine (Teil-) Öffentlichkeit, ein Prozess, der durch Thematisierung, Anschlusskommunikation, Aufnahme und Replikation einen Trend erst dadurch erschafft? Diese Arbeit versucht aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive diese Problematik zu erörtern. Dabei wird auch ein Blick auf die internen Entscheidungsprozesse in Organisationen geworfen. Als theoretische Basis dienen hierzu vornehmlich die Annahmen der Systemtheorie, die Organisationen als Systeme versteht, die sich von ihrer Umwelt differenzieren und durch diese Differenz reproduziert werden. So basiert auch der Kommunikationsbegriff, der in dieser Arbeit verwendet wird, auf dem systemtheoretischen Kommunikationsverständnis Niklas Luhmanns. Dieser Ansatz wird noch um verschiedene Ansätze verhaltenswissenschaftlicher Entscheidungstheorien und den Annahmen der Organisationsforschung nach Karl E. Weick erweitert. Der Fokus dieser Arbeit gilt dabei den PR-Agenturen als besondere Art von Organisationen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis
I. KAPITEL: DIE JAGD NACH DEM TREND
1. Einleitung
2. Problemstellung und Forschungsinteresse
3. Aufbau der Arbeit
II. KAPITEL: DAS INTERAKTIVE KOMMUNIKATIONSVERSTÄNDNIS DER PR IM 21. JAHRHUNDERT
1. Kommunikation
1.1 Kommunikationsgrundlagen
1.2 Kommunikation aus systemtheoretischer Perspektive
1.3 Kommunikation und ihr Stellenwert in einer Informations- und Mediengesellschaft
1.4 Wahrheit und Realität einer Mediengesellschaft
2. Public Relations: Die Kommunikation der Kommunikationsexperten
2.1 Kommunikation als Dienstleistung
2.1.1 Was bedeutet Öffentlichkeitsarbeit?
2.1.2 Systemtheoretische Grundlagen einer PR-Theorie
2.2 Öffentlichkeitsarbeit als Primärleistung einer Organisation: die PR- Agenturen
2.2.1 Entstehung und Entwicklung von PR-Agenturen
2.2.2 Besonderheiten und Trends der PR-Branche im 21. Jahrhundert
2.2.3 Die PR-Agentur im organisationstheoretischen Blickwinkel
III. KAPITEL: ENTSCHEIDUNGEN
1. Entscheidungen als Basiselement von Organisationen
1.1 Das theoretische Entscheidungsverständnis
1.2 Wie werden schwere Entscheidungen gefällt? – Entscheidungsalltag in PR- Agenturen
1.3 Der Zukunftscharakter von Entscheidungen: Wie ist es möglich, gegenwärtig auf Basis der Vergangenheit Entscheidungen für die Zukunft einer Organisation zu treffen?
2. Organisation und Entscheidung
2.1 Wie werden Entscheidungen in PR-Agenturen kommuniziert?
2.2 Erstes Resümee
TEIL IV. SYSTEM UND UMWELT
1. Die Coevolution von System und Umwelt
1.1 Wie entwickelt sich eine Agentur in Verbindung mit ihren Umwelten?
1.2 Der reflexive Charakter des Wandels im System-Umwelt Geflecht einer PR- Agentur mit ihren Kunden und Teilöffentlichkeiten
1.3 Ideen und Kunden: der Kreislauf von Spezialisierung und Akquise
2. Image und Eigen-PR
2.1 Imagekonstrukteure basteln am eigenen Wunschbild
2.2 Glaubt die PR sich selbst? – Kritische Kommentare aus Expertensicht
V. TRENDS
1. Der Trend als Wegweiser in der Kommunikationsbranche
1.1 Die Bedeutung von Trends
1.1.1 Trendtypen
1.1.2 Der Lebenszyklus eines Trends
1.2 Wann wird ein Trend zum Trend? – Von der Paradoxie Wandel festzuhalten und zu benennen
2. Luhmann und der Trend
2.1 Trend als Kommunikation
2.2 Der 4-fache Selektionsprozess
2.3 Selektionsbarrieren
3. Trendsetter oder Trendentdecker?
3.1 Hypothese 1: Trends werden aktiv gesetzt (Künstliche Konstruktions-These KKT)
3.2 Hypothese 2: Trends werden entdeckt, aufgegriffen und durch die PR weiterkommuniziert und verstärkt (Trend-Verstärker-These TVT)
VI. QUALITATIVE EMPIRISCHE FORSCHUNG
1. Empirische Studie
2. Forschungsdesign: qualitative Fallanalyse mittels Experteninterviews
3. Forschungsinteresse: Das Entscheidungsverhalten in PR-Agenturen und die Dynamik der Trends
3.1 Konstruktion des Leitfadens
3.2 Stichprobenauswahl
3.3 Durchführung
3.4 Auswertung
4. Zusammenfassung der Ergebnisse
VII KAPITEL: RESÜMEE
LITERATURVERZEICHNIS
A. Monographien, Aufsätze und Beiträge aus Sammelbänden
B. Internetquellen
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Arten von Entscheidungen
Abb. 2a: Entscheidungskriterien absolut
Abb. 2b: Entscheidungskriterien relativ
Abb. 3: Informationsbeschaffung
Abb. 4: Vergleich Informationsquellen
Abb. 5: Informationsquellen
Abb. 6: Der Kreislauf der Akquise
Abb. 7: Rolle von Trends im UN
Abb. 8: Trendkategorien
Abb. 9: Trendentwicklung
Abb. 10: Selektionsbarrieren
I. KAPITEL: DIE JAGD NACH DEM TREND
1. Einleitung
„Trends erzählen von der widersprüchlichen Dynamik unserer komplexen gesellschaftlichen Welt.“ (Fischer 1997: 9).
Trends, ein allgegenwärtiges Wort unserer Gesellschaft. Presse und Medien sind branchen- und milieuübergreifend voll davon. Modetrends, Einrichtungstrends, Börsentrends, Gesellschaftstrends, etc. Jeder Journalist muss zwangsweise dieses Wort schon einmal benutzt haben, in dem Versuch, eine Veränderung, eine Dynamik oder einen Wandel in Worte zu fassen. Kein Lebensbereich bleibt von diesem Wort verschont. Doch was genau bedeutet dieses Wort, das wir vielleicht gerade wegen seiner gewohnten Allgegenwärtigkeit kaum noch hinterfragen und seit wann ist es so präsent in unserem Denken, unserer Kommunikation und unserem Handeln? „Wir müssen mit dem Trend gehen“ ist eine oft gebrauchte Redensart von Managern, Unternehmensberatern und auch von PR-Experten. Dieses Postulat scheint so einleuchtend, dass es nicht mehr kritisch reflektiert wird. Warum müssen wir mit dem Trend gehen? Was genau ist ein Trend? Ein Trend ist, laut einer alltagsspezifischen Definition, eine Bewegung, eine Richtung, er soll uns etwas zeigen, eine Entwicklung greifbar machen. Eine schöne Vorstellung, dass es da etwas gibt, das in dem Chaos diesem undurchdringlichen, nicht zu erfassenden Gegenstand der Zukunft auf einmal eine Richtung, eine Form und damit einen Anhaltspunkt zu geben scheint. Doch der Charakter des Trends ist trügerisch; er versucht einen beobachteten Anfang zu dokumentieren, eine Bewegung, die dann schon wieder weiter fortgeschritten, wenn nicht schon ganz vorbei ist, wenn man sie benennen kann.
„Das Gute am Trend: Sobald man ihn ausruft, ist er schon vorbei.“ (Lessmöllmann, DIE ZEIT 22/2002).
Trends sind Zeichen von Veränderung, ein Phänomen unserer komplexen und schnelllebigen Gesellschaft im 21. Jahrhundert.
„Das Lebensgefühl wird zum bestimmenden Element. Zielgruppen lösen sich in Trends auf, und im steten Interesse an diesen spiegelt sich die substantielle Veränderung unserer Gesellschaft.“ (Fischer 1997: 7).
Technische Entwicklungen wie das Internet beschleunigen die Kommunikation, bessere und schnellere Transportmittel und -wege, steigern den Warenfluss, Modekollektionen werden nicht mehr nur zwei Mal im Jahr, sondern mindestens vier Mal im Jahr aktualisiert, der Lebenszyklus vieler Produkte verkürzt sich. Wir leben in einer Zeit des schnellen und häufigen Wandels1 und gleichzeitiger, partieller Orientierungslosigkeit.
„Dort wo Dinge früher institutionell, hierarchisch, sauber geordnet, in Schwarz und Weiß eingeteilt werden konnten, sind sie heute „flüssig“ geworden. Dort wo früher Geschmäcker, Lebensstile, Weltanschauungen von Klassen, Schichten, Zielgruppen definiert werden konnten, lösen sich diese Zuordnungen heute auf.“ (Fischer 1997: 7).
Weder in der Wissenschaft, noch in der Mode oder anderen Bereichen gibt es nur ein vorherrschendes Paradigma. Stattdessen herrscht ein buntes Nebeneinander an Werten, Kulturen und Idealbildern, was eine Beurteilung und Orientierung erschwert. Das einzig Konstante ist die ständige Veränderung. Oder um es mit einer alten Idee des Philosophen Heraklit zu benennen: ‚panta rhei’: alles fließt, alles befindet sich in ständigem Wandel, in ständiger Bewegung und Veränderung. Der Wandel des Werdenden schafft Gegensätze und zugleich Ordnung, ein Paradoxon, dessen Blick sich in die Zukunft richtet (vgl. Ackeren 2006). Alle Entscheidungen zwingen uns dazu, die Zukunft ein Stück weit einschätzen zu müssen. Wie aber soll das gehen, wenn wir keine rationalen Informationen über das Konstrukt ‚Zukunft’ haben? Hier setzen auch die Entscheidungstheorien an. Die Entscheidung selbst scheint ein unlösbares Paradox (vgl. Andersen 2003). Wie ist es überhaupt möglich, in einer komplexen schnelllebigen Gesellschaft Entscheidungen zu treffen? Wie lösen PR-Organisationen dieses Problem? Wie treffen sie Entscheidungen, die die Zukunft von Organisationen festlegen und Erfolg bringen sollen? Trends bieten sich durch ihren zukunftsweisenden Charakter als Orientierungshilfe an. Wer aber macht die Trends und welche Rolle spielt die PR in diesem Gefüge? Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet demnach:
Folgen wir als orientierungslose Konsumenten den Illusionen von geschickter Öffentlichkeitsarbeit und Propaganda (TRENDSETTER) oder sind die PR- Agenturen in Zusammenarbeit mit den Medien nur die ‚First-Mover’ (TRENDENTDECKER), die aufmerksamen Beobachter (Trend-Watcher), die Veränderungen und Entwicklungen unserer Gesellschaft zuerst entdecken, um sie uns dann als Trend zu verkaufen? Oder entsteht gerade in diesem Beobachtungsprozess zweiter Ordnung2 (die PR, als System der Gesellschaft oder auch als Organisation, beobachtet einen anderen Teil der Gesellschaft bzw. einen Ausschnitt der Realität in Form von anderen Systemen und wird gleichzeitig selbst von diesen beobachtet) und der darauf folgenden Kommunikation z.B. über verschiedene Medienkanäle in eine (Teil-) Öffentlichkeit, ein Prozess, der durch Thematisierung, Anschlusskommunikation, Aufnahme und Replikation einen Trend erst dadurch erschafft?
2. Problemstellung und Forschungsinteresse
Diese Arbeit versucht aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive diese Problematik zu erörtern. Dabei wird auch ein Blick auf die internen Entscheidungsprozesse in Organisationen geworfen. Als theoretische Basis dienen hierzu vornehmlich die Annahmen der Systemtheorie, die Organisationen als Systeme versteht, die sich von ihrer Umwelt differenzieren und durch diese Differenz reproduziert werden. So basiert auch der Kommunikationsbegriff, der in dieser Arbeit verwendet wird, auf dem systemtheoretischen Kommunikationsverständnis Niklas Luhmanns. Dieser Ansatz wird noch um verschiedene Ansätze verhaltenswissenschaftlicher Entscheidungstheorien und den Annahmen der Organisationsforschung nach Karl E. Weick erweitert. Der Fokus dieser Arbeit gilt dabei den PR-Agenturen als besondere Art von Organisationen. Sie weisen eine spannende Ambiguität auf, da ihre primäre Aufgabe, die Öffentlichkeitsarbeit, aus Kommunikation besteht und sie zugleich selbst eine Organisation, ein System sind, das sich durch die kontinuierliche Reproduktion von Entscheidungen und somit kommunikativen Akten reproduziert und aufrecht erhält. Dies bedeutet, dass eine PR-Agentur ihre eigenen Leistungen wie z.B. eine Imagekonstruktion zunächst erfolgreich auf sich selbst anwenden und dann wieder nach außen kommunizieren muss. PR-Agenturen müssen sich, wie jedes andere ökonomische Unternehmen auch, auf dem Markt etablieren und ihre Perspektive nach außen kommunizieren. Dabei haben sie es mit einer Vielzahl von Umwelten zu tun, die sie sich zum einen erst erschaffen, die dann aber wieder ihrerseits Strukturen reproduzieren und Anforderungen stellen, die auch die Kommunikations-Strategien und Entscheidungsprozesse innerhalb der Agentur beeinflussen. Die gewählte Perspektive, das eigens kreierte Image wird zur freiwilligen Selbstverpflichtung, an dem die Umwelt die Organisation zu messen scheint. Die so entstandenen Strukturen geben der Organisation die nötige Ordnung und müssen dennoch offen sein für Veränderungen und Neupositionierungen3. Fest steht jedoch, dass in der heutigen Gesellschaft (egal ob wir sie nun Informations-, Medien-, oder Erlebnisgesellschaft nennen) erhöhte Möglichkeiten und Anforderungen gestellt werden, die neben der Bedingung von Ordnung und Struktur verstärkt Flexibilität fordern, um der ‚Dynamik der Moderne’, wie Giddens dieses Paradox nennt (vgl. Giddens 1984), gerecht werden zu können und ein erfolgreiches Überleben der Organisation zu sichern. Wie schafft es eine Organisation angesichts solcher Komplexität überhaupt, Entscheidungen zu treffen, die ihr tagtäglich mehrfach abgefordert werden? Welche Informationsbeschaffungs- und Selektionsprozesse kommen zum Einsatz und wie werden die getroffenen Entscheidungen behandelt und kommuniziert?
Im zweiten Teil dieser Arbeit wird diesen Fragen auch ein Praxisbezug gegeben. Mittels qualitativer Experteninterviews aus der PR-Branche werden durch vergleichende Auswertungsverfahren empirische Daten gewonnen, die über die real ablaufenden Prozesse in Organisationen Aufschluss geben sollen und vielleicht das Prisma der Perspektiven und Theorien bereichern können. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Trend-Thematik. Dieses Phänomen, das eine Veränderung, eine Entwicklung zu benennen versucht, ist gerade für PR-Agenturen, die sich oft als ‚innovativ’, ‚nah am Trend’, ‚am Puls der Zeit’ selbst-etikettieren, ein wichtiges Thema, um sich ihren Kunden zu verkaufen. Trends spiegeln durch ihren Verlaufscharakter eine Unsicherheit, die Unbestimmtheit der Zukunft wieder, die jede Entscheidung schwierig macht. Trends sind Prognosen, die der Zukunft einen Leitfaden geben sollen und organisationale Entscheidungen erleichtern sollen.
„Nichts ist vergänglicher als die Zukunft. Daher muß sie ständig neu gedeutet werden. Das ist das Geschäft der Trendforscher.“ (Fischer 1997: 10).
Denn wer den Trend rechtzeitig erkennt, so die Kommunikation vieler Agenturen, kann mit seinem Unternehmen schneller reagieren und sich besser positionieren und verkaufen. Dies gilt sowohl für die PR-Agenturen wie auch für ihre Kunden. Kann die PR dieses Versprechen für sich selbst lösen und glaubt sie sich ihre eigene Kommunikation?
Im weiteren Verlauf der Arbeit soll näher auf die Frage eingegangen werden, wie PR-Agenturen agieren und ob sie durch ihre Organisationstätigkeiten als Trendsetter oder Trendentdecker einzuordnen sind. Dazu wurden Hypothesen aufgestellt, die sowohl theoretisch wie auch praktisch beleuchtet werden sollen, um daraus Schlüsse auf den Umgang von Organisationen mit Trends, der Zukunft, Strategien, Positionierungen, und künftigen Umwelten ziehen zu können.
3. Aufbau der Arbeit
Zu Beginn wird das Kommunikationsverständnis dieser Arbeit, das vornehmlich auf den Annahmen der Systemtheorie basiert, diskutiert und festgelegt. Dabei wird auch auf den Stellenwert der Kommunikation für die Gesellschaft im Allgemeinen, sowie der PR-Agenturen im Besonderen eingegangen. In einem weiteren Schritt erfolgt ein kleiner Exkurs auf die Möglichkeiten und Herausforderungen, die eine Mediengesellschaft an die Kommunikation der PR-Agenturen im 21.Jahrhundert stellt. Der Fokus der ersten beiden Kapitel liegt dabei auf einer theoretischen Betrachtungsweise und dient zur wissenschaftlichen Fundierung und Einordnung des Forschungsgegenstandes. Das dritte Kapitel befasst sich mit Entscheidungen und der Frage, wie es Organisationen überhaupt schaffen, Entscheidungen zu treffen. Dabei wird versucht, auf die zeitliche Komponente von gegenwärtigen Entscheidungen, die durch das Systemgedächtnis auf Erfahrungen der Vergangenhe it beruhen und die Zukunft festlegen und bestimmen wollen, einzugehen. Beginnend mit einer theoretischen Verortung des Entscheidungsbegriffes und den Theorien von Karl E. Weick, Niklas Luhmann und James G. March, werden auch die empirischen Daten vergleichend miteinbezogen. Das vierte Kapitel handelt von der System und Umwelt Differenz, die vor allem bei der Positionierung der Agenturen und im Zusammenhang mit dem Imagebegriff der PR eine Rolle spielt. Hier wird auf die Entwicklung und Positionierung der PR-Agenturen eingegangen und das Selbstbild der PR kritisch beleuchtet. Dieses Kapitel bezieht, ausgehend von dem zuvor dargelegten theoretischen Systemverständnis, verstärkt die empirischen Daten und Statements der Experten mit ein. Das fünfte Kapitel befasst sich abschließend mit der Trendthematik und versucht die zentralen Fragestellungen und Hypothesen: ‚Ist die PR Trendsetter oder Trendentdecker?’ zu beantworten. Dieses Kapitel hat den stärksten Praxisbezug. Mit Hilfe qualitativer Auswertungsverfahren wird versucht, eine Typisierung von Trends sowie Vorschläge für neue Theorien zu entwerfen. Im sechsten Kapitel wird dann die genaue Vorgehensweise der empirischen Forschung beschrieben und abschließend zusammengefasst.
II. KAPITEL: DAS INTERAKTIVE KOMMUNIKATIONSVERSTÄNDNIS DER PR IM 21. JAHRHUNDERT
1. Kommunikation
Obwohl wir ständig kommunizieren, ist es dringend nötig, diesen Begriff im Hinblick auf Public Relations näher aufzuschlüsseln. Was verstehen wir unter Kommunikation? Das Kommunikationsverständnis schwankt stark je nach theoretischer Betrachtungsweise. Von einem technisch-mechanistisch geprägten Ansatz ist Information zunächst nicht mehr als ein Maß für Unsicherheit und Kommunikation nichts weiter als Informationsübermittlung (vgl. Theis-Berglmair 2003: 38ff.). Ein klassisches Modell der mathematisch geprägten Informationstheorie4 ist das Sender-und-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver5 (vgl. Shannon / Weaver 1976: 16), das jedoch sehr einfach gehalten ist und den Empfänger weitestgehend ausschließt. Paart man diesen Ansatz mit einer psychologischen Betrachtungsweise, schaltet sich zwischen Sender und Empfänger6 eine ‚blackbox7’, in der durch komplexe Informationsverarbeitungsvorgänge Meinungen und Einstellungen entstehen, die wiederum Informationen verändern, individuell selektieren und bewerten8. Durch den symbolischen Interaktionismus nach Mead9 erfahren diese Kommunikationsmodelle einen weiteren Bedeutungszugewinn. Kommunikation ist nicht mehr nur ein Vorgang zur Informationsübermittlung, sondern ein Symbol an sich (vgl. Theis-Berglmair 2003: 53ff.). In einer symbolisch vermittelten Realität haben Sender und Empfänger einen aktiven Part an der Kommunikation, die Mead als „Prozess der Verwendung von Gesten“ (Ebenda: 58) definiert. Vor allem die Semiotik10 befasst sich mit der Problematik von Symbolen und Signalen in Kommunikationsprozessen. Ferdinand de Saussure gilt als einer der Begründer der Semiotik. In seinem ‘model of language’ fungieren Texte oder Wörter als „a particluar organization of signation from language-like systems and codes of signs“ (Slater 1997: 137f.). Zeichen sind die sprachliche Basiseinheit, die erst in einem ‚system of meanings’, in einem System aus Sprache und Kultur Bedeutung bekommen und dadurch Sinn machen. So teilen ‚sign systems’ die Welt auf und geben Dingen, Wörtern und Sprache eine Bedeutung und Sinn (vgl. Ebenda: 137ff.). Nach Mead vollzieht sich Kommunikation durch die Verwendung von Symbolen. Symbole wiederum sind Zeichen, materielle Erscheinungen, denen eine Bedeutung zugemessen wird11. Dabei kann man zwischen natürlichen und künstlichen Zeichen differenzieren. Während letztere konventionelle Zeichen mit analoger oder digitaler Darstellungsweise sind, existieren natürliche Zeichen unabhängig vom Zweck der Kommunikation; ein See ist zum Beispiel ein natürliches Zeichen, wogegen Sprache ein erst künstlich geschaffenes Zeichen ist. Dabei können Zeichen zwei Funktionen erfüllen: zum einen als Symbol und zum anderen als Signal. Ein Signal zielt auf eine soziale Reaktion ab: eine rote Ampel bedeutet: stehen bleiben und warten. Symbole bedürfen dagegen der menschlichen Assoziation. Firmenlogos wie zum Beispiel der Apfel von dem Unternehmen ‚Apple’ fungieren als Symbol für das jeweilige Image und sind darauf angewiesen, dass der Mensch die kognitive Verknüpfung zwischen einem bunten Apfel aus Streifen und der Botschaft von Innovation, Kreativität und Technik der Firma, für welche der Apfel symbolisch stehen soll, leistet. Ohne die menschliche Assoziation, wäre es nur ein bunter Apfel und die Verbindung zu einem Hightech-Unternehmen wäre nicht existent. PR-Agenturen arbeiten stark mit Symbolen und Imagekonstruktionen. Sie zielen auf bewusste und unbewusste Verknüpfungen ab und versuchen positive Botschaften und Images ihrer Kunden zu vermitteln, um Vertrauen beim Käufer herzustellen. Auch Marken funktionieren in ähnlicher Weise durch Assoziationen. Der Wert einer Marke12 zielt auf den kreierten Zusatznutzen, das mitgekaufte Image, sei es nun cool, trendy oder ähnliches, ab. Die entsprechende Marke, die über Kommunikation, mit Hilfe von Werbung, Plakaten, Events und Aktionen, Botschaften verschickt und so ein Image schafft, macht auch den Käufer zum Träger des Images13 und verstärkt den Effekt14. Doch hier ist Feingefühl und widerspruchsfreie Kommunikation gefragt. Das falsche Image, die falsche Botschaft hinter einem bedarfsadäquaten Produkt und das Unternehmen scheitert. Ein erfolgreiches Produkt muss nicht nur einen Bedarf im Markt treffen, sondern darüber hinaus auch so kommuniziert werden, dass es Bedürfnisse erschafft und befriedigt, positive Assoziationen oder Wünsche weckt. Die richtige Kommunikation ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Organisationen kommunizieren permanent, gewollt oder ungewollt. Wie schon Watzlawick in einem metakommunikativen Axiom festlegte: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“ (Watzlawick 1969: 53). Die Organisation PR- Agentur dreht sich gleich im doppelten Sinn um Kommunikation. Sie kommuniziert nicht nur für sich, sondern übernimmt diese Aufgabe auch für andere Organisationen. Ihr Produkt ist Kommunikation als Dienstleistung. Je mehr sich unsere Gesellschaft, im Sinne einer dritten Industrialisierung zu einer Dienstleitungsgesellschaft entwickelt, desto wichtiger wird das Verständnis von und für Kommunikation und desto mehr wächst der Bedarf, diese Kommunikation durch Öffentlichkeitsarbeit zu lenken und zu beeinflussen. Weitere kommunikationsfördernde Entwicklungen sind die Globalisierung, die Mediengesellschaft und die technische Weiterentwicklung, die Unternehmen immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rücken und so den PR Bedarf erhöhen.
„In dem Maße, in dem Organisationen freiwillig oder unfreiwillig an Öffentlichkeit gewinnen, müssen sie sich den Kommunikationsanforderungen stellen, geraten sie unter Kommunikationsdruck.“ (Theis-Berglmair 2003: 80).
Auch Nikodemus Herger sieht einen erhöhten Kommunikations- bzw. Legitimationsdruck auf Organisationen, den er auf die „Globalisierung von Wettbewerb und Märkten, die Vernetzung über den technologischen Fortschritt, die Einkommenskluft zwischen den Wirtschaftsregionen der Welt und die dringliche Umweltproblematik“ (Herger 2004: 58).
zurückführt. PR-Organisationen verkaufen also Kommunikation, das Schlüsselelement der Luhmannschen Systemtheorie:
„die charakteristische, konstitutive Operationsweise sozialer Systeme ist Kommunikation“ (Berghaus 2003: 61).
„The fundamental idea is that society consists of social systems. The social systems are meaning-creating systems of communication that consists of and by communication – and nothing else.” (Andersen 2003: 241).
Konstruiert man Public Relations als soziales System, so ist sie ein Kommunikationssystem und besteht aus dem, was sie verkauft: Kommunikation. Wie gerade argumentativ dargestellt wurde, ist Kommunikation nicht nur die nach Luhmann kleinstmögliche Einheit und wichtigster Bestandteil von sozialen Systemen bzw. der Systemtheorie im Allgemeinen (vgl. Berghaus 2003: 61ff.), sondern auch Dreh- und Angelpunkt aller PR-Agenturen. Angesichts dieser Bedeutung von Kommunikation soll im Folgenden zunächst auf die begrifflichen Definitionen von Kommunikation, Nachricht, Mitteilung und Verstehen eingegangen werden, um im Weiteren die systemtheoretische Kommunikationsbetrachtung mit ihren Folgen darzulegen.
1.1 Kommunikationsgrundlagen
Nach Rolf Kramer beginnt Kommunikation mit einer Nachricht. Nachrichten sind für ihn Elemente, also Signale15, die
„im Leben der Gesellschaft offenbar den Zweck verfolg(en), zwischen den einzelnen menschlichen Lebewesen eine Verbindung herzustellen, indem Wahrnehmungen, Meinungen oder Willensäußerungen in irgendeiner Form fixiert oder übermittelt werden.“ (Kramer: 1965:18f.).
Dabei betrachtet er das Bilden und Erkennen einer Nachricht als Auswahlvorgang. Die Signalfolgen müssen erst einem bestimmten Inhalt zugeordnet werden, um eine Nachricht zu ergeben. Nur wenn die Zuordnung in derselben Form erfolgt, ist Verständigung möglich (vgl. Ebenda: 19ff.). Informationen sind durch die Zweckorientierung eine höhere Form von Nachrichten. Sie ermöglichen die Vermittlung von Daten, Einfluss- und Abhängigkeitsgrößen und werden von Rolf Kramer16 wie folgt definiert:
„Information ist die Vermittlung des Wissens, das ein Mitarbeiter im Betrieb haben muss, um auf die betrieblichen Prozesse bezogene richtige Entscheidungen und Willensentschlüsse zu treffen, sowie sein Verhalten auf das betriebliche Gesamtinteresse abzustimmen.“ (Kramer 1965: 22).
Informationen dienen als Entscheidungsgrundlage und sind deshalb zweckorientiert. Weaver geht in seiner Theorie noch weiter und konstruiert Informationen als Messzahl für das Ausmaß an Freiheit oder Wahl (vgl. Ebenda: 24f.). In den Kommunikationswissenschaften lässt sich eine Vielzahl von Theorien und teils widersprüchlichen, teils ergänzenden Definitionen finden. Folgt man der vergleichenden Forschung und Theoriebildung Rolf Kramers, der wesentliche Erkenntnisse der Informations-, Kommunikations- und Nachrichtentheorie zu vereinen sucht, erhält man drei Ebenen, die aufeinander aufbauen und Informationen bilden. Auf der ersten, physikalischen Ebene stehen Zeichen und Signale, die auf der zweiten Ebene mit Tatbeständen im Sinne der Semantik gefüllt werden und so eine Nachricht ergeben. In einem dritten Schritt werden durch einen Zweckbezug Nachrichten zu Informationen (vgl. Ebenda: 26ff.). Doch wie genau entsteht jetzt Kommunikation? Für Simon17 ist Kommunikation jeder Prozess, „bei dem Entscheidungsgrundlagen zwischen den Gliedern einer Organisation übertragen werden“ (Kramer 1965: 32) und Informationen sind wiederum die Voraussetzung für Entscheidungen. Demnach entsteht Kommunikation, wenn Informationen zusammengebracht und übertragen werden. Die Forschungen von Cherry, Weaver, Allbach, Kosiol, Mayer-Eppler und Rubenstein berücksichtigend kommt Rolf Kramer zu folgender Kommunikationsdefinition:
„Kommunikation (kann als die) die Gesamtheit aller auf die Glieder einer Organisation bezogenen Regelungen verstanden werden, die auf das Zusammenwirken der Funktionen Aufnahme (Empfang), Speicherung, Verarbeitung und Abgabe (Sendung) von Signalen, Nachrichten oder Informationen gerichtet sind.“ (Kramer 1965: 35).
Dabei besteht jeder Kommunikationsvorgang mindestens aus Empfangen und Senden und kann in vier Grundelemente: Empfangen, Speichern, Umwandeln (Codieren) und Senden aufgeschlüsselt werden (vgl. Ebenda: 107ff.). Trotz der erweiternden Elemente, die über das Informationsübermittlungsmodell von Sender und Empfänger nach Shannon und Weaver hinausführen, fasst auch dieser Kommunikationsbegriff für die organisatorische Betrachtung zu kurz. Systemtheoretische Denkmodelle erlauben es dagegen, Kommunikation in ihrer Komplexität als soziales System zu erfassen und beachten auch Selektivität und Reflexivität (vgl. Herger 2004: 23ff.). Für eine komplexe Betrachtungsweise eignet sich der systemtheoretisch, konstruktivistisch geprägte Kommunikationsbegriff nach Luhmann, der auch in neueren Forschungsansätzen der Kommunikationswissenschaft und PR verstärkt Anhänger findet und im folgenden Abschnitt beschrieben wird.
1.2 Kommunikation aus systemtheoretischer Perspektive
Nach Luhmann sind alle „Gesellschaften, Organisationen und Interaktionen (...) soziale Systeme, weil und nur weil sie aus Kommunikation bestehen.“ (Berghaus 2003: 62). Immer wenn Kommunikation stattfindet, handelt es sich somit um ein soziales System. Doch was genau ist dann Kommunikation und wann kommt sie zustande? Kommunikation ist aus systemtheoretischer Sicht das „Prozessieren von Kommunikation“ (Luhmann 1984: 194). Sie ist die „Einheit von Information, Mitteilung und Verstehen“ (Ebenda: 203), eine dreifache Selektion. Dabei dreht Luhmann das klassische Sender und Empfänger-Modell um und lässt den Empfänger über die dritte Selektion des Verstehens entscheiden, ob Kommunikation zustande kommt. Im ersten Schritt selektiert der Beobachter die Information; d.h. ein soziales System z.B. eine PR-Agentur selektiert bestimmte Informationen von anderen und macht diese für sich relevant. Dabei werden Informationen im konstruktivistischen Sinne Luhmanns immer erst durch das System selbst konstruiert und sind nicht von außen in der Umwelt gegeben (vgl. Berghaus 2003: 78ff.). Allgemein ausgedrückt ist Information die Auswahl aus einem Repertoire an Möglichkeiten18. Hat beispielsweise eine PR-Agentur bestimmten Informationen nach organisationsinternen Richtlinien Aufmerksamkeit zukommen lassen und andere somit ignoriert, können diese Informationen in einem zweiten Selektionsprozess, durch die Veröffentlichung in der Presse, zu einer Mitteilung werden. Ein konkretes Beispiel wäre die Mode Messe „BBB“19. Die Agentur selektiert im ersten Schritt die Information, dass eine Modemesse stattfindet, hält sie für relevant und beschließt, ihren Kunden dort zu vertreten. Im zweiten Selektionsprozess wird diese Information kommuniziert z.B. durch den Druck von Postkarten von der Messe und dem Kunden, und wird so zu einer Mitteilung.
„Eine Mitteilung ist also immer eine Selektion: eine Entscheidung für eine bestimmte Information, gegen andere mögliche; für bestimmte inhaltliche Sinnvorschläge und formale Darstellungsweisen, gegen andere mögliche.“ (Berghaus 2003: 81).
Damit jedoch von Kommunikation gesprochen werden kann, ist die dritte Selektion, das Verstehen, entscheidend. Der Rezipient sieht die Postkarte, liest und versteht die Information als Mitteilung. Erst nach diesem letzen Schritt des Verstehens kann, im Sinne Luhmanns, von Kommunikation gesprochen werden.
„Kommunikation kommt tatsächlich erst mit ihrem Abschluß im Verstehen zustande“ (Luhmann 1997: 259).
Dabei ist hier nicht das inhaltliche Verstehen, der Sinn der Mitteilung von Bedeutung, sondern die Tatsache, dass mit einem kommuniziert wird, also dass es sich bei dieser Information um eine Mitteilung handelt. Kommunikation ist das Verstehen von Differenz und kommt dadurch zustande, dass „zwischen Mitteilung und Information unterschieden und der Unterschied verstanden wird“ (Ebenda: 97). Dieser Vorgang trägt ein gewisses Irritationspotential bzw. einen Risikofaktor in sich, der einerseits für Unruhe sorgt und andererseits Anschlusskommunikation erzeugt (vgl. Berghaus 2003: 83ff.). Warum hat die Agentur diese Messe und diesen Kunden als relevant betrachtet und was bezweckt sie durch ihre Präsenz auf gerade dieser Messe? Welchen Eindruck möchte Sie ihrem Kunden und vor allem dessen Kunden damit vermitteln? Eine Mitteilung geht deshalb immer weit über die inhaltliche Komponente der Worte hinaus. In der dritten Selektion sind die erste und die zweite schon enthalten und deshalb ist sie auch die entscheidende (vgl. Ebenda: 85). Doch Luhmanns Theorie führt noch weiter. Jede Kommunikation ist Teil einer Kommunikations-Kette und erzeugt immer Anschlusskommunikation.
„(Nahezu) an jede Kommunikation schließen sich weitere Kommunikationen an“ (Berghaus 2003: 97).
„Es gibt kein letztes Wort“ (Luhmann 1997: 141).
„Communication is a flow of selection that constantly links itself retrospectively to prior communication.“ (Andersen 2003: 241)
Demnach ergibt sich eine vierte Selektion: das inhaltliche Verstehen, bzw.
„Annahme bzw. Ablehnung der mitgeteilten Sinnreduktion“ (Luhmann 1984: 203). Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten mit Mitteilungen umzugehen: Sie können angenommen, abgelehnt oder anders verstanden werden. Im konkreten Beispiel der Postkarte mit der Mitteilung einer Messeteilnahme der Agentur für einen Kunden kann der Rezipient den Inhalt verstehen und beispielsweise beschließen, sich auf die Messe zu begeben und einen Freund fragen, ob er ihn dorthin begleitet. Schon ist Anschlusskommunikation entstanden. Den heutigen Stand in der Kommunikationsforschung betrachtend lässt sich zusammenfassend feststellen, dass Kommunikation als trivialer Informationsübertragungsprozess im Sinne eines Senders und Empfängermodells zu kurz fasst (vgl. Theis-Berglmair 2003: 153ff.; Herger 2004: 17ff.). Systemtheoretische Modelle erlauben es besser, die Komplexität von Kommunikation zu erfassen und beziehen auch den reflexiven Charakter mit ein. Nach Herger, basierend auf Luhmann, organisiert sich Kommunikation über die Selektionsprozesse selbst (vgl. Herger 2004: 23ff.). Dabei gilt: Je mehr Komplexität vorliegt, umso stärker sind Organisationen zu Selektionen gezwungen. Herger sieht vor allem eine organisationale Herausforderung in der Steigerung der Komplexität der Kommunikation. Diese kommt durch mehrere Faktoren zustande, die der Autor an den komplexitätssteigernden Dimensionen Luhmanns (Zahl der Elemente, qualitative Verschiedenheit der Elemente und Temporalisierung) anlehnt. Durch moderne Medien steigert sich die Zahl der Akteure am Kommunikationsprozess.
Nach einer Untersuchung der BITKOM20 nutzen mehr als eine Milliarde Menschen weltweit das Internet21 (vgl. BITKOM 2007: 5). Immer mehr Teilöffentlichkeiten und Gruppierungen entstehen in Foren und Interessensgemeinschaften22. Es gibt keine massenmedialen Gatekeeper23 mehr (vgl. Herger 2004: 27ff.), die gefilterte Informationen an eine klar definierte Öffentlichkeit senden. Zudem steigern die Akteure selbst „den Selektionsdruck innerhalb von Organisationen durch die Aktualisierung von Ereignissen erheblich“ (Herger 2004: 30). Onlinemedien, wie zum Beispiel der „Newsticker“ der Tageszeitung „Die Welt“24, aktualisiert seine Website fast minütlich mit neuen Schlagzeilen und Newstickern25 in Form von Banner- Informationen am Bildrand von Nachrichtenfernsehsendern sind ebenso ein Indiz für diese Entwicklung wie die verstärkte Nutzung von Ratings26 und die Inszenierungen massenmedialer Events.
„Abschließend kann festgehalten werden, dass sich die Anzahl an Akteuren im Prozess der Organisationskommunikation mit der Ausbildung professioneller Strukturen erhöhen. Denn die Ratings, Inszenierungen massenmedialer Ereignisse und die steigende Symbolproduktion öffnen den Akteuren Anschlussmöglichkeiten, sich freiwillig und auch unfreiwillig in den Kommunikationsprozess einzubringen bzw. mit ihren Selektionsleitungen die Kommunikation fortzusetzen.“ (Herger 2004: 35).
Zudem geht in einer publizistischen Medienlandschaft, in der ein Überangebot an konkurrierenden Medien vorherrscht, die Exklusivität verloren, was die Kommunikation weiter über einen verstärkten Wettbewerb beschleunigt und die Transparenz und den Selektionsdruck auf Organisationen erhöht. Hieraus ergibt sich der verstärkte Einsatz von Public Relations, der sich schon seit einigen Jahren als klarer Trend in Wissenschaft und Praxis erkennen lässt. Die Bedeutung von Kommunikation hat sich in einer Informationsgesellschaft, wie wir sie im 21. Jahrhundert vorfinden und welche sich mit ihren Medien beständig wandelt, geändert.
„Wir leben heute in einem System medial gesteuerter Kommunikation, deren wesentliche Ausdrucksformen der Computer und das Fernsehen sind.“ (Fischer 1997: 21).
Im Folgenden werden deshalb die veränderten Rahmenbedingungen, die Entwicklungen und Kriterien, die Informationen und Medien zu den prägenden Elementen der globalen Gesellschaft des 21.ten Jahrhunderts machen, näher erläutert.
1.3 Kommunikation und ihr Stellenwert in einer Informations- und Mediengesellschaft
„Was in der Tat in der Gegenwart neu ist und sie von der Vergangenheit deutlich abhebt, ist die immer stärker werdende Bedeutung der Medien und die kaum mehr überblickbare Informationsflut, mit der die Menschen mehr und mehr selbständig fertig werden müssen.“ (Kreisel / Hoppe / Reeh 2000: 23).
Von den verschiedenen Kommunikationsarten ist für diese Arbeit vor allem die Kommunikation von Organisationen von Bedeutung. Besonders in der Public Relations ist Organisationskommunikation häufig medienbasiert. Medienkommunikation unterscheidet sich gewaltig von Alltagskommunikation. Medien kommunizieren sorgfältiger und produzieren dabei ein Spiel aus Zyklen, Geben und Nehmen, Senden und Empfangen, Anbieten und Nachfragen von Zeichen (vgl. Schulze 2004: 62f.). Dabei verändern vor allem die neuen Medien die Ausgangssituation und Umweltbedingungen von Unternehmenskommunikation gewaltig. Das Internet ist ein Medium, das alle wesentlichen Neuerungen in sich vereint. Die hier verwendete Definition neuer Medien basiert auf dem Kriterienkatalog für neue Medien nach Katja Riefler und wird auch von Schulze verwendet (vgl. Schulze 2004: 64ff.). Durch neue Medien ist es möglich geworden, riesige Datenmengen innerhalb kürzester Zeit zu verarbeiten und diese global, fast zeitgleich, verfügbar zu machen. Zudem kommen in der aktuellen Diskussion in der PR- und Kommunikations-Branche um web 2.0 und SecondLife27 zwei weitere Eigenschaften zum Ausdruck, die großes Veränderungspotential beinhalten (vgl. Hus 2007: 8ff.). Dies zeigt sich vor allem in der Interaktivität, die sich in den zahlreichen Blogs28, Foren und Chatrooms wiederspiegelt und zum anderen an der Anpassung an persönliche Nutzerbedürfnisse, wie sie sich zum Beispiel im Online-Shoppen rund um die Uhr, völlig unabhängig von Geschäftszeiten, einzig und allein abhängig vom Nutzer, zeigt. Mit Projekten wie ‚SecondLife’ entsteht sogar eine zweite parallele, virtuelle Welt, die auch von Organisationen als Absatz- und Kommunikationskanal genutzt wird (vgl. Wolf 2007). So führt beispielsweise der Sportartikelhersteller Adidas einen virtuellen Laden und auch der Axel-Springer Verlag vertreibt mit ‚AvaStar’ ein eigenes Presseprodukt, das sich nur mit dem virtuellen Leben im SecondLife auseinandersetzt (vgl. Hus 2007: 8ff.). Für Organisationen ist dieser neue Kommunikationskanal auch deshalb so interessant, weil die virtuelle Kommunikation Auswirkungen auf die Kommunikation in der realen Welt hat (vgl. Ebenda: 8ff.). Der Erfolg der neuen virtuellen Kommunikationskanäle wird derzeit noch kritisch bewertet (vgl. Wolf 2007). Durch diese rasanten Entwicklungen befinden sich Organisationen in einer völlig neuen Kommunikationssituation. Auf der einen Seite stehen viele Möglichkeiten und auch ein erhöhter Kommunikationszwang aufgrund von Transparenz und Gesellschaftsentwicklungen und auf der anderen Seite befindet sich die immer noch wachsende Informationsüberflutung der Rezipienten, das seltene Gut der Aufmerksamkeit und die immer schwieriger zu treffenden Entscheidungen für immer vielfältigere Kommunikationskanäle und Kommunikationsmittel (vgl. Förster / Kreuz 2006: 13ff.).
„Die Gunst um die Aufmerksamkeit ist knapp, insbesondere für die Themen der Marktkommunikation“ (Herger 2004: 114).
Herger sieht vor allem in der Differenzierungsschwäche von Angeboten, der Informationsüberlastung der Rezipienten, dem Einsatz von immensen Geldmitteln und in der Themenkonkurrenz die größten Herausforderungen für die Kommunikation von Organisationen (vgl. Ebenda: 114ff.). Wie schaffen es Organisationen täglich, diesen Spagat zu bewerkstelligen und wie genau sieht diese neue Medien- und Informationsgesellschaft aus, die Organisationen vor solche Probleme stellt? Unsere Gesellschaft ist komplex geworden und mit ihr ihre Probleme. Dies gilt nicht nur für Organisationen und ihre Kommunikation, sondern für nahezu jeden Lebensbereich. Möglichkeiten und Entscheidungen stehen in einem fast banal linearen Zusammenhang. Jede neue Möglichkeit erzwingt Selektion, also eine Entscheidung für etwas und somit gleichzeitig gegen etwas anderes. Komplexität zwingt zu mehr Selektivität, welche nur dann zustande kommt, wenn mehr Entscheidungen getroffen werden, die aber immer schwerer zu treffen sind. Herger spricht von einer Dualität, die er „Ausweitung und Limitierung des Möglichen“ (Herger 2004: 54) nennt. Er sieht die Lösung diese Problems einer modernen Informationsgesellschaft in der Steuerung, der Professionalisierung und Spezialisierung, die dazu dient, die Erwartungsunsicherheit mittels Entscheidungsprämissen zu reduzieren und somit Entscheidungen möglich zu machen (vgl. Herger 2004: 50ff). Die jüngsten gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen stellen vor allem die Kommunikationsbranche und Organisationen vor völlig neue Möglichkeiten und Probleme. Diese Dynamik kommt zustande durch eine Vielfalt an Informationen und Märkten, die parallel mit finanziellen Anreizen zur Produktion bedürfnisadäquater Information entstanden sind (vgl. Braun 1990: 103).
„In neuerer Zeit entwickeln sich Informationsmärkte in großer Zahl mit immenser Vielschichtigkeit. Das Informations- und Informationsverarbeitungsangebot in Form von Datenbanken, Value Added Services für Datenkommunikation, Teleshopping und Telebanking u.v.a.m. ist breit. Informationsmärkte auf der Basis elektronischer Medien wachsen mit zweistelligen Jahresraten. Der Weg in die „Informationsgesellschaft“ scheint vorgezeichnet“ (Ebenda: 103f.).
Aktuelle Daten der BITKOM bestätigen die von Braun genannte Entwicklung in ihrem Bericht zur Informationsgesellschaft. Die Nutzung weltweiter Informationsinfrastrukturen wie Breitband-, DSL- und Kabelanschlüsse stieg in Deutschland 2007 im Vergleich zu den beiden Vorjahren weiter an und auch die Nutzung von Internet, PC und Mobiltelefonen schließt sich diesem Trend an (vgl. BITKOM 2007: 5). In einer Gesellschaft, die Wissen und Information zu ihrem neuen Paradigma macht, steigt auch die Bedeutung von Kommunikation. Die technische Entwicklung von Internet, Datennetzen und der mobilen Telekommunikation und die damit verbundenen Transaktionskostensenkungen ermöglichen die globale Wirtschaft und den schnellen Daten- und Informationsaustausch erst. Die Welt der Organisationen ist gezwungen, sich mit diesen Entwicklungen zu wandeln. Information und Kommunikation sind zum zentralen Steuerungsinstrument für Organisationen geworden und die Entwicklung vieler kleiner Teilöffentlichkeiten, die sich ohne hohe Kosten und gefördert durch den Verlust der Gatekeeper-Funktion der Medien, Gehör verschaffen können, zwingen die Organisationen zur Kommunikation und verursachen einen erhöhten Bedarf an Public Relations Aktivitäten und Issues-Management29 (vgl. Herger 2004: 40). Man könnte an dieser Stelle auch von einer Mediengesellschaft sprechen, denn „Massenmedien sind Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, Informationen zu vermitteln und dafür ein Entgelt zu bekommen“ (Braun 1996: 102).
Medien werden zum Hauptinformationsträger für die Öffentlichkeit und schaffen durch diese Selektivität, durch ihr Agenda-Setting30 eine eigene Medienrealität. Schneider spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer Scheinrealität, die nach der radikalen Filterung von Journalisten und ihren Aktivitäten übrigbleibt (vgl. Schneider 1984). Folgendes Zitat beschreibt diese Situation:
„Das meiste, was auf der Welt passiert, berichten die Agenturen nicht. Das meiste, was die Agenturen berichten, wird nicht gedruckt und nicht gesendet. Das meiste, was gedruckt oder gesendet wird, wird nicht gehört und nicht gelesen. Und das meiste, was gehört oder gelesen wird, wird nicht verstanden.“ (Schneider 1984: 11f.).
Wenn sich Organisationen in unserer Medien- und Informationsgesellschaft Gehör verschaffen wollen, müssen sie sich etwas einfallen lassen. Besonders deutlich wird dies am wachsenden Arsenal an Marketing-Instrumenten, die meistens an Öffentlichkeitsarbeit gekoppelt sind. Zu nennen wäre hier beispielsweise Permission Marketing, Virus-Marketing, Ambient Media, Guerilla Marketing, Lovemarks, Event- und Erlebnismarketing, Customer-Relationship-Management, One-to-one Marketing, Mass Customizing, Szenemarketing, Co-Branding, Multi-Channel- Management, E-mail-Marketing oder Corporate Citizenship, wie sie auch von Anja Förster und Peter Kreuz in dem Buch ‚Marketing Trends’ beschrieben werden (vgl. Förster/ Kreuz 2006). Doch wohin gehen alle diese Versuche, Aufmerksamkeit zu erhaschen? An eine Öffentlichkeit, an gezielte Teilöffentlichkeiten, Käufer bzw. Kunden? Und wie erfasst man die Begriffe der öffentlichen Meinung und Öffentlichkeit in einer komplexen, differenzierten Medien- und Informationsgesellschaft? Nach der Definition des Kommunikationsbegriffes und einer Beschreibung der Umwelten und Gesellschaften, in der Organisationen handeln und kommunizieren, bleibt die Frage, an wen sich diese Kommunikation richten soll. Im Folgenden wird deshalb ein kleiner Exkurs auf das Phänomen der Öffentlichkeit in einer Mediengesellschaft eingeschoben, um eine vage Vorstellung der Hauptzielgruppe der Kommunikation von PR-Agenturen geben zu können.
1.4 Wahrheit und Realität einer Mediengesellschaft
Wo landen alle Kommunikationsversuche von Organisationen? An wen richten sie sich? Im Allgemeinen an eine Öffentlichkeit, um deren Meinung zu beeinflussen. Aber gibt es überhaupt die eine Öffentlichkeit und eine öffentliche Meinung zu einem Thema, einem Trend, einem Produkt oder einem Unternehmen? In der postindustriellen Gesellschaft kann Öffentlichkeit nicht mehr durch die Anwesenheit einander bekannter Personen hergestellt werden31. Öffentlichkeit und öffentliche Meinung sind Fiktionen, die operativ angenommen werden (vgl. Merten / Westerbarkey 1994: 191f.). Die Systemtheorie liefert auch hier die ersten Ansätze für eine kommunikationswissenschaftliche Definition von virtueller Öffentlichkeit (vgl. Ebenda: 198f.).
„Mithin ist Öffentlichkeit die jeweils unterstellbare Verbreitung und Akzeptanz von Kommunikationsangeboten, und genau genommen besteht sie bereits dann, wenn wenigstens zwei Menschen ähnlich informiert sind und dieses aufgrund von Kommunikation auch voneinander erwarten können.“ (Ebenda: 198).
Mit den modernen technischen Entwicklungen und der Globalisierung in einer, wie eben beschriebenen Medien- und Informationsgesellschaft geht eine Differenzierung und eine Beschleunigung einher, die es immer schwieriger macht, Begriffe wie Öffentlichkeit und öffentliche Meinung zu definieren und für den Moment zu benennen. Der Kollektivsingular einer öffentlichen Meinung kann unter diesen Bedingungen nicht aufrecht erhalten werden (vgl. Theis-Berglmair 2005a: 338). Unternehmen haben internationale Kunden aus den verschiedensten Kultur- und Gesellschaftskreisen und jeder kann sich im Internet zusammenfinden und eine neue Teilöffentlichkeit, aufbauend auf einem Meinungs- oder Aktionskonsens, bilden, deren Aufmerksamkeitspotential, Macht und Beeinflussung nicht vorhergesagt werden können. Wer kann diese riesige öffentliche Sphäre noch überschauen? Die komplexen Prozesse, die ein Thema und die damit verbundenen Interessensgruppen in die Medienagenda und damit in eine breitere Öffentlichkeit bringen, sind kaum noch zu durchschauen und münden in einem Berg an Theorien, wie z. B. dem Agenda-Setting32, deren empirische Überprüfung problematisch bleiben. Die Marketing- und Medienwirkungsforscher stehen immer wieder vor der Dualität, dass sie weder eine eindeutige Wirkung von Massenmedien, Werbung und Public Relations noch Wirkungslosigkeit letztendlich beweisen können: „das ist ja die große generelle Herausforderung: PR Erfolgskontrolle, Nachhaltigkeit von PR ist schwierig, weil wir nicht alleine dastehen.“ (Interview 3 / 148). Die Branche lebt von vagen Vermutungen und Beschwichtigungen, dass genügend Werbung33 oder Kommunikation schon irgendeinen Rezipienten erreichen wird. Die Zahlen der Werbewirkungsforschung über durchschnittliche Betrachtungszeiten von Anzeigen oder Fernsehwerbespots sind dabei nur wenig aussagekräftig (vgl. Kroeber-Riel 1989: 133). Dennoch ist Werbung ein fest etabliertes Medium, um die Öffentlichkeit anzusprechen und Meinungen zu beeinflussen. Auch bei einer Definition von öffentlicher Meinung in den Kommunikationswissenschaften ist man inzwischen von den politischen Diskursmodellen eines Habermasschen Idealmodells34 von Öffentlichkeit abgewichen, hin zu einem allgemeineren systemtheoretischen Definitionsversuch, der auf Luhmann zurückgreift (vgl. Theis-Berglmair 2005a: 335ff.). In diesen Spiegel- bzw. Beobachtungsmodellen ist öffentliche Meinung eine thematische Struktur, „Sinnkomplexe, über die man reden und gleiche, aber auch verschiedene Meinung sein kann“ (Luhmann 1975: 9f.). Übereinstimmung gibt es nicht mehr über Meinungen, sondern nur über die Akzeptanz von Themen in der öffentlichen Kommunikation (vgl. Theis-Berglmair 2005a: 341). Die Beschreibung von Theis-Berglmair geht über Luhmann hinaus, der Öffentlichkeit als Umwelt einzelner Funktionssysteme verortet, und Öffentlichkeit als eigenes Funktionssystem definiert. Öffentlichkeit ist demnach ein Beobachtungsvorgang zweiter Ordnung: Im Spiegel der öffentlichen Meinung erkennt man nicht, was die Menschen wirklich denken, sondern man beobachtet die Beobachtungen der anderen und kann so auch das System erkennen, nach welchem diese Beobachtungen erster Ordnung ablaufen (vgl. Ebenda: 342ff.). Für Unternehmen ergibt sich daraus eine gelungene Öffentlichkeitsarbeit in der Manipulation der Beobachtung (vgl. Ebenda: 342f.). Durch neue Kommunikationstechniken, wie zum Beispiel das Internet mit Beschwerdeforen oder den neuen Blogs35 werden zum einen weitere Möglichkeiten von Beobachtungen zweiter Ordnung geschaffen und andererseits wächst der Kommunikationsdruck auf Unternehmen, da jede Reaktion auf Kommunikation oder Kritik von außen ebenfalls beobachtet wird. Auf der anderen Seite ergeben sich verstärkte Einfluss- und Kommunikationsmöglichkeiten von seiten des Unternehmens. Diese Möglichkeiten nutzte kürzlich eine PR-Agentur zur Vermarktung eines Kundenproduktes. Es wurden fünf fiktive Persönlichkeiten erschaffen ohne ersichtliche Verbindung zum Unternehmen, die sich auf ihren Blogs und Videos36 präsentierten und dabei auch das neue Parfüm des Kunden verstärkt positiv zur Sprache brachten (vgl. Eck 2007). Diese Entwicklungen berücksichtigend kann man also nicht nur von einer Mediengesellschaft, sondern auch von einer Medienöffentlichkeit sprechen, die sich durch immer neuere Techniken ständig erweitert (vgl. Theis-Berglmair 2005a: 343f.). Auf der anderen Seite bleibt die Frage, was genau uns die Massenmedien verkaufen. Objektive Nachrichten, den Spiegel der Realität in der wir leben oder eine eigens konstruierte Realität, gesteuerte und gezielt selektierte Informationen, hinter denen ein Konglomerat aus den verschiedensten Interessengruppen und Machtverhältnissen steht? Die Fragen nach der Wahrheit, nach der Objektivität von Journalisten und Medien sind keine neuen und beschäftigen auch die PR-Branche immer wieder. Alfred Marquart befasst sich in seinem Buch ‚Wahrheit mit beschränkter Haftung - Vom Umgang mit den Massenmedien’ schon 1976 mit dieser journalistisch ethischen Grundproblematik und kommt zu dem Schluss, dass es gerade im Journalismus nur eingeschränkte Wahrheit geben kann, denn schon der Vorgang des Beobachtens eines Ereignisses birgt Verzerrungen in sich (vgl. Marquart 1976: 7ff.). In seinen Thesen bestreitet er eine journalistische Objektivität und sieht jede Form journalistischer Darbietung als Manipulation an. Marquart geht sogar noch weiter und behauptet:
„Alles, was man im Fernsehen sieht, im Hörfunk hört, in Zeitungen liest, ist so nicht passiert, ist falsch. Die Welt, wie wir sie anhand unserer Massenmedien begreifen, ist eine Erfindung der Journalisten.“ (Marquart 1976: 13).
Die massenmediale Welt als Erfindung, als reine Fiktion37? Es fällt schwer zu glauben, dass selbst die scheinbar seriösen Nachrichtenmagazine uns keine realen Informationen über unsere Welt liefern können. Auch Wolf Schneider sieht diese Problematik und spricht von einer ‚Desinformation’ oder genauer von Fehlinformationen in den Medien, die akzeptiert werden (vgl. Schneider 1984: 7ff.). Die Sachzwänge des Journalismus und die notwendige Selektivität macht die Presse zum Zerrspiegel der Wirklichkeit:
„Die Meinung ist frei, doch worüber die Bürger überhaupt Meinungen haben können, das haben zuvor zu einem erheblichen Teil die Journalisten per agenda-setting38 entschieden.“ (Ebenda: 16).
Schneider sieht in der Selektions- und Entscheidungsleistung auch die Macht der Journalisten. Diese Leistung macht die Gruppe der Journalisten so wichtig für Public Relations. Informationen können perfekt abgestimmt und journalistisch gerecht auf die jeweiligen Medien und deren Leser aufbereitet sein und andere Beeinflussungsmöglichkeiten wie z.B. enge persönliche Beziehungen können benutzt werden. Letztendlich entscheidet der Journalist oder seine Vorgesetzen darüber, ob und wie er die Informationen öffentlich machen möchte. Der Erfolg von Kommunikation in der PR bleibt deshalb noch über die Selektionsleistung hinaus spannend. Eine Veröffentlichung garantiert noch keine Aufmerksamkeit, geschweige denn die Aufnahme der erwünschten vermittelten Botschaft im Idealfall gefolgt von einer Handlungsumsetzung beim Rezipienten. Die Selektionsmacht der Journalisten, gepaart mit der stilistischen und visuellen Aufbereitung und Platzierung, schafft eine neue Realität: die Medienwirklichkeit (vgl. Schneider 1984: 7ff.). Der subjektive Standpunkt beeinflusst die Beobachtung, die Wahl der Platzierung, Größe und Medium beeinflussen den Aufmerksamkeitsgrad, den man einer Nachricht widmet und die ökonomischen Bedingungen, die Journalisten und Kommunikationsabteilungen zu Anbietern und Medien zu Nachfragern machen, entscheiden über Wichtigkeit und Schreibstil und orientieren sich an verschiedenen Selektionskriterien der Medienmacher (vgl. Marquart 1976: 28ff.; vgl. Neuber 1993: 13ff.). Die Realität der Medien entsteht dadurch, dass Journalisten aus der biologischen, der subjektiven und der vorgetäuschten Wirklichkeit39 eine mediengerechte Auswahl treffen. Dabei sind sie vielen Zwängen, wie z.B. dem Arbeitsverhältnis, Machtstrukturen, den Anforderungen der Rezipienten, Versuchungen wie Bestechung und Erpressung und unlösbaren Problemen, wie der Angewiesenheit auf andere Quellen, Nachrichtenagenturen, Zeugen - kurz auf viele verschiedene Mitschöpfer an der Medienrealität - angewiesen (vgl. Schneider 1984: 21ff.). Dieses komplexe Gefüge aus Interessengruppen, Macht und Finanzen führt zur Veränderung von Nachrichten und Manipulation. Trotz des kritischen Blickes auf die Medien, ist die Welt so komplex geworden, dass unsere Gesellschaft diese Selektionsleistungen, Wertungen, Beurteilungen und Meinungen, die uns die Massenmedien liefern, braucht. Deshalb beziehen wir viele Informationen über die Welt aus den beiden großen Gruppen der modernen Massenmedien: den Print- und den elektronischen Medien (vgl. Neuber 1993: 14). Wir neigen dazu, diese Welt als zumindest bedingt real anzusehen. Ohne eine gewisse Glaubwürdigkeit, die Rezipienten den Medien und ihren vermittelten Botschaften schenken, wären die Medien wirkungslos und zumindest das kann empirisch widerlegt werden. In zahlreichen Studien von der Werbe- und Kommunikationsbranche lassen sich zwar die unterschiedlichsten Wirkungen messen, aber nie eine völlige Wirkungslosigkeit der Werbung oder der Massenmedien im Allgemeinen beweisen (vgl. Kalt 1989). Ein scheinbar einfacher Vorgang: Menschen reagieren auf ihre Umwelt und beeinflussen diese wiederum. In einer vernetzten, globalen, Medien- Wissens- und Informationsgesellschaft nimmt diese einfache Gleichung allerdings kompliziertere Züge an als noch in regional begrenzten Gesellschaften des letzten Jahrhunderts. Massenmedien sind heute ein zentraler Bestandteil unserer Welt und so stellt sich auch verstärkt die Frage nach der Relation zwischen Massenmedien und Realität (vgl. Krämer 1986: 22ff.). Schon Reinhold Krämer bemerkte treffend:
„Massenmedien und Wirklichkeit – das Problem ist so alt wie die Medien selbst.“ (Krämer 1986: 5)
Den meisten Theorien, die sich dieser Problematik widmen, ist jedoch zumindest die elementare Unterscheidung dieser beiden Wirklichkeiten bewusst. Und doch ist selbst diese Aussage problematisch und führt zurück auf soziologische Wissenschaftsprämissen.
„Die Wirklichkeit zu beschreiben, wenn es sie gäbe, wäre schwer genug; aber die Wirklichkeit gibt es nicht.“ (Schneider 1984: 21).
Nach Schneider gibt es nie eine objektive Wirklichkeit, sondern nur Versuche, die Wirklichkeit zu beschreiben. Ohne hier näher auf die elementaren Prämissen des Realismus40 und des Konstruktivismus41 eingehen zu wollen, spielt die Unterscheidung zwischen massenmedialer und realer Wirklichkeit eine wichtige Rolle für die Organisationskommunikation. Public Relations ist der Versuch, Werbung bzw. Kundeninformationen als objektiven, journalistischen Beitrag zu tarnen und so von den vorurteilsbehafteten Blick auf die massenmediale Werbungsrealität beim Rezipienten zu vermeiden sowie Authentizität zu erlangen. Auch die zahlreichen Reality-TV-Formate von ‚Big-Brother’ (RTL2), über Kochsendungen im eigenen Zuhause (‚Das perfekte Dinner’; VOX) bis zu Familienselbstdarstellungen (‚we-are-family’; PRO7) tragen zu einer Vermischung der Realitäten bei. Die massenmediale Wirklichkeit mag eine eigene sein, aber ihre Bedeutung und ihr Einfluss auf die Menschen im 21. Jahrhundert wird nach Reinhold Krämer mit der kommunikationstechnischen Weiterentwicklung wohl eher noch zunehmen (vgl. Krämer 1986: 6f.). Die immer noch anwachsende Zahl an Fernsehkanälen, die Möglichkeiten eines immer schnelleren und größeren Internetangebotes und interaktives Fernsehen sind nur einige Entwicklungen, die eine Vermischung der Realitäten aufzeigen. Die Auswirkungen dieser Veränderungen auf unsere Gesellschaft werden widersprüchlich beschrieben. Auch Krämer erwähnt schon früh die Angst, „bald zwischen realer und medialer oder „künstlicher“ Wirklichkeit überhaupt nicht mehr unterscheiden zu können“ (Krämer 1986: 6). Wie treffend diese Befürchtungen sein können, zeigt sich plastisch an der neuen Entwicklung des Second-Life-Projektes42. Jedes neue Medium, das in unsere Gesellschaft integriert wird, muss sich erst etablieren und bringt immer neue Chancen wie auch Risiken. Reinhold Krämer beschreibt diesen Dualismus schon 1986:
„Massenmedien sind heute integrierte Bestandteile der alltäglichen Umwelt der Menschen, mit vielfältigen Funktionen. Sie können dazu beitragen, sich im Gestrüpp gesellschaftlichen Lebens zu orientieren, aber auch dazu führen, Ängste zu verstärken und womöglich den Einzelnen von der sozialen Realität entfremden; abgesehen davon, dass Massenmedien auch als Manipulationsinstrumente eingesetzt werden können.“ (Krämer 1986: 5).
Medien sind ein fester Betsandteil unserer Umwelt geworden und gehören zum Standard und zur Orientierung des modernen Lebens. Die fortschreitende Anzahl an DSL-Anschlüssen, Handyverträgen und die neueren mobilen Funktionen43, verbunden mit anschreitender Geschwindigkeit und Kapazitäten dieser Techniken44, zeigt noch keinen Rückgang dieser Steigerungslogik. Medien verändern unsere Gesellschaft vor allem durch neue private und organisatorische Möglichkeiten der Kommunikation und Interaktion. Neuere Marketingmethoden wie z.B. Permission- Marketing versuchen mit personalisierten E-mails potenzielle Kunden zu erreichen und diese aktiv als Freunde zu gewinnen und selbst in die Informationsbeschaffung miteinzubinden (vgl. Förster / Kreuz: 2003: 15ff.). Es gibt zahlreiche Beispiele, wie Organisationen mit Werbung und PR die neuen Medien zu nutzen versuchen, der Erfolg bleibt jedoch oft fragwürdig und schwer zu messen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Medien und Technik unsere heutige Gesellschaft stark prägen und mit ihr so verwoben sind, wie das die Schlagwörter einer ‚Informations-, Wissens-, und Mediengesellschaft’ vermuten lassen. Die Kommunikation aller Organisationen erfolgt primär über Medien an bestimmte Teilöffentlichkeiten. Wie aber gehen Organisationen als selbst komplexe, meist globale Unternehmen mit diesen neuen Anforderungen um? Was bedeutet das für die Organisationskommunikation und im Speziellen für die Organisation PR-Agentur an sich? Wie sichert sie ihr Überleben und nimmt einen konkurrenzfähigen Platz im Wirtschaftsleben ein, wenn ihre einzige Leistung aus Kommunikation besteht? Wie konstruiert sie sich ihre Umwelten und trifft Entscheidungen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, erscheint es sinnvoll, die Organisation PR-Agentur mit ihren speziellen Merkmalen genauer zu untersuchen.
2. Public Relations: Die Kommunikation der Kommunikationsexperten
Public Relations als kommunizierendes und kommunikationproduzierendes System steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. Nachdem im ersten Abschnitt das Verständnis von Kommunikation in reflexiver Abhängigkeit von ihren Umwelten45, das dieser Arbeit zu Grunde liegt und sich durch jedes Kapitel zieht, beschrieben wurde, soll im zweiten Abschnitt der Fokus spezifischer auf Public Relations, Definition und theoretische Verortung gelegt werden. Im Anschluss wird aus einer organisationstheoretischen Perspektive der Schwerpunkt auf die PR-Agenturen gelenkt, die durch eine Verbindung von dem zuvor erörterten Kommunikationsverständnis, der Systemtheorie, sowie einer PR-Theorie konstruiert werden sollen.
2.1 Kommunikation als Dienstleistung
Wie verkauft man Kommunikation? Wie verkauft man erfolgreich einen interaktiven Prozess, dessen Erfolg und Wirkung schwer einschätzbar sind? Public Relations steht täglich vor dieser Aufgabe. Ihr Bestandteil, beschreibt man sie als soziales System, und ihr Produkt ist Kommunikation. Was genau ist PR und wie kann eine Kommunikationsagentur beschrieben werden? Im Folgenden soll mittels kurzer Reflektion eine geeignete PR-Definition und PR-Theorie für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit diskutiert werden.
2.1.1 Was bedeutet Öffentlichkeitsarbeit?
Obwohl sich schon viele Theoretiker und Praktiker mit dieser Frage beschäftigt haben und ebenso viele Antworten und Definitionen gefunden wurden, ist es nötig, den Terminus der Public Relations im Folgenden kurz zu umreissen und für diese Arbeit festzulegen. Was genau beinhaltet der Terminus Public Relations? Folgt man Günter Benteles46 Systematisierungsversuch, ergeben sich drei übergeordnete Bereiche, die PR unterschiedlich definieren. Er unterscheidet die Alltagsperspektive, die Berufsperspektive und die wissenschaftliche Perspektive (vgl. Fröhlich 2005: 97f.). Auf das bunte Durcheinander eines Alltagsbegriffes PR soll hier nicht weiter eingegangen werden. Betrachtet man die PR-Praxis (Berufsperspektive), steht man vor einem ähnlich heterogenem Verständnis, das auch auf den Variantenreichtum einer bunten PR Landschaft in Deutschland, die von einzelnen Pressesprechern und Ein-Mann-Agenturen über kleinere und mittlere Inhaberagenturen bis hin zu multinationalen, global agierenden Full-Service Kommunikations-, Marktforschungs-, und PR-Unternehmen mit einem weiten Leistungsangebot, zurückzuführen ist (vgl. Jarren / Röttger 2005: 19ff.). Die eigene Sichtweise der PR- Experten dokumentiert dies eindrucksvoll. Einige sprechen vom „Emotionenmanagement im peoples business PR“ (Interview 4 / 28), andere sehen sich als „Trendsetzer, Zukunftsforscher“ (Interview 1) und Pioniere (Interview 3), wieder andere fast sachlich als „Dienstleister“ (Interview 6) für ihre Kunden. Dieser wissenschaftlichen Arbeit liegt ein kommunikationssoziologisches PR-Verständnis47 zu Grunde und so soll auch die Definition des Untersuchungsgegenstandes PR einer wissenschaftlichen48 Perspektive folgen. Auch hier herrscht keine Eindeutigkeit, was darauf zurückgeführt werden kann, dass die PR ein relativ junges Forschungsgebiet49 ist und sich der Theorien aus anderen Wissenschaftsgebieten, vornehmlich der Soziologie, der Psychologie und des Journalismus, bedient. Im fachspezifischen Lexika wird Öffentlichkeitsarbeit als „die Pflege der Beziehungen zwischen einem Auftraggeber und einer spezifischen Öffentlichkeit bezeichnet“ (Pflaum / Pieper 1989: 246).
Auch die von Albert Oeckl50, versuchte Erklärung, Öffentlichkeitsarbeit sei Information plus Anpassung plus Integration, bleibt ungenau. Das Wissenschaftsgebiet der Public Relations ist schwammig und bezieht seine Ideen aus einer Vielzahl von verschiedenen Wissenschafts- und Forschungsgebieten51. Eine sozialwissenschaftliche Betrachtungsweise dieses Fachgebietes entwickelt sich erst seit 30 Jahren und nimmt parallel zur Ausweitung der PR-Praxis auch an Bedeutung zu. Ulrike Röttger sieht vor allem eine differenzierte Betrachtungsweise der Wissenschaftsgebiete Betriebswirtschaft52 und Kommunikationswissenschaft, (vgl. Jarren / Röttger 2005: 19ff.). Während Marketing-Vertreter Public Relations als Werkzeug der Kommunikationspolitik, als verkaufsförderndes Mittel behandeln, das teilweise noch um das Ziel der Vertrauensgewinnung erweitert wird (vgl. Kotler / Bliemel 2006: 1002ff.), konstruieren die Kommunikationsforscher Ronneberger und Rühl PR als gesellschaftliche Funktion53, als „Kommunikationsform von Unternehmen“, „dessen zentrale Funktion in der Legitimation der Organisationsinteressen und des Organisationshandelns gegenüber allen (...) Stakeholdern liegt.“ (Röttger 2000: 9) (vgl. Herger 2004: 67ff.).
Wissenschaftstheoretische Betrachtungsweisen von PR definieren oft aus einem organisationstheoretischen Ansatz heraus. Eine der ersten prägnanten Beschreibungen in dieser Forschungstradition liefert James E. Grunig: „Public relations is the management of communication between an organization and its publics” (Grunig / Hunt 1984: 6).
Die Prägnanz und Kürze dieser Definition schadet zwar ihrem organisatorischen Blickwinkel nicht, bleibt aber zu unspezifisch für tiefere theoretische Betrachtung.
[...]
1 „Wir sind die erste Generation, für die der stete Wandel zur Selbstverständlichkeit geworden ist.“ (Fischer 1997: 18).
2 Die Unterscheidung von Beobachtungen erster und zweiter Ordnung ist nach Andersen die wesentlichste Erkenntnis der Systemtheorie Luhmanns. Nur Beobachtungen beobachten und können dabei den eigenen Beobachtungsvorgang nicht beobachten; dieser kann nur von einer anderen Seite, quasi von außerhalb, in einer Beobachtung zweiter Ordnung geschehen. (vgl. Andersen 2003: 240f.).
3 Niklas Andersen spricht auch von einem Paradox der ‚fixed’ und ‚open contingency’ (vgl. Andersen 2003: 245), die Organisationen in ihren Entscheidungen, oder ihrer Betrachtungsweise der Welt inne haben.
4 Vgl. Krippendorff 1994: 92ff.
5 Das klassische Kommunikationsmodell beruht auf einer mathematischen Informationstheorie und geht davon aus, dass ein Sender eine Nachricht über einen Kanal an den Empfänger verschickt (vgl. Shannon / Weaver 1976: 16ff.).
6 von Störgrößen wie Lärm und anderen Umwelteinflüssen abgesehen, die im Modell nach Shannon und Weaver als „Störquelle“ einfließen (vgl. Shannon / Weaver 1976: 16).
7 Der Begriff „black box“ stammt aus der Fernmeldetechnik. „In einem allgemeineren Sinn wird dieser Begriff heute für elektronische Systeme verwendet, deren Komplexität es nahe legt, ihre Beschaffenheit praktisch außer Acht zu lassen und sich auf die Messungen ihrer Ein- und Ausgaberelationen (input-output relations) zu beschränken.“ (Watzlawick 1969: 45)
8 Diese Entwicklung wird auch als Weiterentwicklung des „Stimulus-Response-Modell“ hin zu einem „Stimulus-Organismus-Response-Modell“ beschrieben (vgl. Theis-Berglmair 2003: 41ff.). Der Organismus ist dabei die „black box“.
9 Der symbolische Interaktionismus nach George Herbert Mead und Herbert Blumer ist eine soziologische Handlungstheorie, die sich primär mit Interaktionen beschäftigt. (vgl. Morel 2001: 52ff.; Reinhold 1992: 601ff.).
10 Semiotik ist die allgemeine Lehre von Zeichen.
11 Vgl. Folien zur Vorlesung Organisationskommunikation von Prof. Dr. Theis-Berglmair; sowie im Original Blumer (1969) und Mead (1968).
12 Vgl. Kotler / Bliemel 2006: 736ff.
13 „Der Begriff Image baut inhaltlich auf dem der Einstellung auf. Das Image bezeichnet die mehrdimensionale und ganzheitliche Struktur der Einstellung einer Zielgruppe zum Gegenstand“ (Dörtelmann 1997: 15).
14 verhaltenspsychologische Aspekte der Marke, Marke als Ausdruck eines Lebensgefühls (vgl. Dörtelmann 1997: 14ff.).
15 wie z.B. Buchstaben oder Laute.
16 dieser beruft sich dabei auf das Handwörterbuch der Betriebswirtschaft nach Kloidt (vgl. Kloidt 1958).
17 Vgl. auch Simon 1965.
18 vgl. Vorlesung „Organisationskommunikation“ von Prof. Dr. Theis-Berglmair an der Otto-Friedrich Universität Bamberg, SS 2006.
19 BBB steht für Bread & Butter Barcelona und ist eine internationale Messe für Modemarken (vgl. http://www.breadandbutter.com/summer2007/bread-butter-barcelona/ <aufgerufen am 26.05.2007>).
20 BITKOM = Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien E. v. Berlin (http://www.bitkom.org/ <aufgerufen am 26.05.2007>).
21 vgl. Studie ‚Daten zur Informationsgesellschaft’. (http://www.bitkom.org/files/documents/Datenbroschuere_2007(1). <aufgerufen am 26.05.2007>
22 Fischer spricht in diesem Zusammenhang von einer Fragmentierung der Öffentlichkeit, die auch mit der Fragmentierung der Medien einhergeht (vgl. Fischer 1997: 21f.).
23 Die Gatekeeper Theorie der Kommunikationswissenschaften geht zurück auf David M. White und beschreibt die Informationsbegrenzung durch die Medien (vgl. Weischenberg 1994; 438f.).
24 http://newsticker.welt.de/index.php?channel=wis&module=dpa&id=13954222 <aufgerufen am 26.05.2007>.
25 http://www.n-tv.de/ <aufgerufen am 26.05.2007>.
26 ebay Käuferbewertungen, PR Rankings, und andere Bewertungen im Internet.
27 Second Life ist eine Internetprojekt, in dem man sich eine virtuelle Identität schaffen kann und ein normales Leben kreieren kann. Siehe auch: http://www.secondlife.com <aufgerufen am 26.05.2007>.
28 Blogs sind personalisierte Formate im Internet, auf denen z.B. Autoren ihre eigenen Meinungen und Erfahrungen veröffentlichen.; z.B. der Blog der Tagesschau der ARD (http://blog.tagesschau.de/ <aufgerufen am 26.05.2007>).
29 Issues Management beschäftigt sich mit dem Management von Themen, die für ein Unternehmen in der Öffentlichkeit relevant werden können. (vgl. Röttger 2001).
30 Die Agenda Setting-Funktion der Massenmedien geht auf McCombs und seine Vermutung, „dass die Bedeutung, die die Medien einem Thema beimessen, möglicherweise einen direkten Einfluß auf die Bedeutung nimmt, die das Publikum dem Thema beimisst“ (Rössler 1997: 15) zurück.
31 In der Antike und im Mittelalter wurde Öffentlichkeit wie folgt definiert: „Was vor „allen Leuten“ bestand und geschah, war eben öffentlich.(...)Entscheidend für den Tatbestand des Öffentlichen war neben Anwesenheit nämlich vor allem visuelle Wahrnehmbarkeit“ (Merten / Westerbarkey 1994: 196).
32 Die Agenda Setting Theorie befasst sich mit den Themenschwerpunkten in den Medien und den Auswirkungen auf die öffentliche Agenda (vgl. Rössler 1997).
33 Vgl. Wolfgang Hinrichs: Warum sich Werbung heute lohnt: Die Sicht des Einzelhandels (Hinrichs 1989); sowie Werner Kroeber-Riel: Wie wirkt Werbung? (Kroeber-Riel 1989).
34 Idealmodell einer politischen Öffentlichkeit, in der öffentliche Belange diskutiert werden können. (Diskursmodell). (vgl. Theis-Berglmair 2005a: 336ff.); sowie im Original Habermas 1984: Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns.
35 Blogs sind personalisierte Formate im Internet, auf denen z.B. Autoren ihre eigenen Meinungen und Erfahrungen veröffentlichen.; z.B. der Blog der Tagesschau der ARD (http://blog.tagesschau.de/ <aufgerufen am 26.05.2007>).
36 Videos werden vor allem auf dem Videoportal YouTube platziert. (http://www.youtube.com/ <aufgerufen am 26.05.2007>).
37 siehe auch „Öffentliche Meinung als Fiktion“ (vgl. Merten 1992: 37ff.)
38 Die Agenda Setting Theorie befasst sich mit den Themenschwerpunkten in den Medien und den Auswirkungen auf die öffentliche Agenda (vgl. Rössler 1997).
39 Schneider unterscheidet sieben Arten die Wirklichkeit zu beschreiben: 1.Die objektive Realität (physikalisch);2. Die Realität der jeweiligen biologischen Art (Hund, Mensch, Insekt); 3. Die subjektive Realität eines Kulturkreises (Hindus etc.); 4. Die subjektive Realität einer sozialen Gruppe (Arbeiter); 5. Die subjektive Realität des Individuums (3jähriges Kind); 6. Die vorgetäuschte Realität (Politiker); 6.Die Medienrealität (vgl. Schneider 1984: 21ff.).
40 Der Realismus geht von einer fassbaren, objektiven Wirklichkeit aus.
41 Im Konstruktivismus gibt es keine objektive Wirklichkeit, sondern alles wird erst durch den Beobachter konstruiert. (vgl. Watzlawik 1985).
42 Eine genaue Beschreibung des SecondLife Projektes findet man unter: http://secondlife.com/world/de/whatis/. <aufgerufen am 26.05.2007>.
43 Internet Handys, W-Lan Anschlüsse und andere Möglichkeiten einer digitalen, kabellosen Datenübertragung.
44 vgl. Daten der BITKOM Studie 2007.
45 Gemeint sind hier vor allem Öffentlichkeit, öffentliche Meinung, Mediengesellschaft und Sender und Empfänger der Kommunikation von Organisationen.
46 Zur Vertiefung dieser Systematisierung: vgl. Bentele (1988).
47 Zur Vertiefung der verschiedenen PR Forschungsansätze siehe auch Bentele / Fröhlich / Szyszka (Hrsg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln. (Bentele / Fröhlich / Szyszka 2005).
48 „Wissenschaftliche Definitionen müssen (...) dem Anspruch gerecht werden, zumindest innerhalb eines bestimmten disziplinären Rahmens und eines spezifischen historischen Kontextes allgemeingültig zu sein. (...) Wissenschaftliche Definitionen müssen außerdem frei sein von undefinierten, missverständlichen, breit interpretierbaren oder im wissenschaftlichen Sinne nicht allgemein gültigen Begriffen“ (Fröhlich 2005: 99).
49 „Von einer kommunikationswissenschaftlichen, empirisch ausgerichteten und auf Theoriebildung abzielenden PR-Forschung im engeren Sinne kann daher erst seit gut 20 Jahren gesprochen werden“. (Jarren / Röttger 2005: 19).
50 Albert Oeckl ist Gründungsmitglied der DPRG und hat als PR-Vertreter für verschiedene Wirtschaftsunternehmen, der IHK und als Verantwortlicher der Öffentlichkeitsarbeit der Olympischen Spiele 1972, den Ruf eines PR Pioniers (vgl. Fröhlich 2005: 95).
51 Die ersten Ansätze zu einer theoretischen Verortung der PR stammen aus US-amerikanischen Ansätzen (z.B. Grunig). Bis in die 70er Jahre dominierte mit Hundhausen eine berufspraktische Perspektive. Heute ist die PR-Theorie ein fester Betsandteil der Kommunikationswissenschaften, der immer mehr vom Journalismus abgegrenzt wird. In diesem Forschungsgebiet finden sich verschiedene Ansätze für PR-Theorien: PR als System (Manfred Rühl), PR als Innovation (Ulrich Saxer), Organisationstheoretische Ansätze (Zerfraß, Theis-Berglmair) oder kommunikationswissenschaftliche Ansätze (PR als Imagkonstruktion bei Merten / Westerbarkey) (vgl. Jarren / Röttger 2005:23ff.).
52 Zur Abgrenzung von Werbung / Marketing und PR siehe auch: Fröhlich 2005: 101ff.
53 „Sie skizzieren Public Relations – in Anlehnung an die Systemtheorie Luhmanns –als Teilsystem des gesellschaftlichen Funktionssystems öffentliche Kommunikation (Publizistik): PR ist ein sich selbsterzeugendes, selbstorganisierendes, selbsterhaltendes und selbstreferentielles System im Sinne der Autopoiesis.“ (Jarren / Röttger 2005: 24).
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