Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Diagnostik von Legasthenie im Kindergarten- bzw. Vorschulalter. Dank neuester Forschung ist es heute möglich, Kinder bereits im diesem Alter auf Legasthenie hin zu testen, bzw. festzustellen, ob bei einem Kind die Gefahr besteht, Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb zu entwickeln.
Im Mittelpunkt meiner Betrachtung stehen die Aspekte der phonologischen Bewusstheit, der visuellen Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses, denen aus der Sicht der neueren Forschung eine tragende Rolle im erfolgreichen Prozess des Schriftspracherwerbs zukommt. Sicherlich gibt es noch weitere Aspekte z.B. motorischer Art, die einen unproblematischen Lese-Rechtschreiberwerb begünstigen, bzw. falls im frühen Kindesalter Störungen auffallen, zur Ausbildung einer Legasthenie beitragen können: Jedoch bleiben diese in vorliegender Arbeit unberücksichtigt.
Zunächst wird versucht, die Begriffe der Legasthenie und Dyslexie definitorisch näher zu bestimmen.
Im folgenden Kapitel wird ein Überblick über die historische Entwicklung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Legasthenie bei Kindern gegeben.
Kapitel vier beschäftigt sich mit den Vorläuferfertigkeiten für das Erlernen der Schriftsprache (phonologische Bewusstheit, visuelle Aufmerksamkeit und Gedächtnis) und es wird exemplarisch aufgezeigt, durch welche Merkmale bei Vorschulkindern eine gute Ausgeprägtheit der Vorläuferfertigkeiten erkennbar wird, bzw. wann von möglichen Störungen in diesem Bereich auszugehen ist.
In Kapitel fünf wird das Bielefelder Screening (folgend BISC) als ein mögliches Grobsiebverfahren zur Frühdiagnostik der Legasthenie im Vorschulalter dargestellt. Der darauf folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Erfolgen dieses Verfahrens.
Kapitel sieben gilt einer persönlichen Einschätzung des Bielefelder Screenings als Instrumentarium zur Frühdiagnostik von Legasthenie im Vorschulalter.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definitionsversuch: Legasthenie/Dyslexie
3. Forschungsstand
4. Vorläuferfertigkeiten für das Erlernen der Schriftsprache
4.1 Phonologische Bewusstheit
4.2 Aufmerksamkeit und Gedächtnis
5. Das Bielefelder Screening
5.1 Zielgruppe des Bielefelder Screenings
5.2 Aufbau des Bielefelder Screenings
5.3 Auswertung des BISC´s
6. Vorhersageerfolge mit dem BISC
7. Resümee
8. Literatur
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Diagnostik von Legasthenie im Kindergarten- bzw. Vorschulalter. Dank neuester Forschung ist es heute möglich, Kinder bereits im diesem Alter auf Legasthenie hin zu testen, bzw. festzustellen, ob bei einem Kind die Gefahr besteht, Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb zu entwickeln.
Im Mittelpunkt meiner Betrachtung stehen die Aspekte der phonologischen Bewusstheit, der visuellen Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses, denen aus der Sicht der neueren Forschung eine tragende Rolle im erfolgreichen Prozess des Schriftspracherwerbs zukommt. Sicherlich gibt es noch weitere Aspekte z.B. motorischer Art, die einen unproblematischen Lese-Rechtschreiberwerb begünstigen, bzw. falls im frühen Kindesalter Störungen auffallen, zur Ausbildung einer Legasthenie beitragen können: Jedoch bleiben diese in vorliegender Arbeit unberücksichtigt.
Zunächst wird versucht, die Begriffe der Legasthenie und Dyslexie definitorisch näher zu bestimmen.
Im folgenden Kapitel wird ein Überblick über die historische Entwicklung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Legasthenie bei Kindern gegeben.
Kapitel vier beschäftigt sich mit den Vorläuferfertigkeiten für das Erlernen der Schriftsprache (phonologische Bewusstheit, visuelle Aufmerksamkeit und Gedächtnis) und es wird exemplarisch aufgezeigt, durch welche Merkmale bei Vorschulkindern eine gute Ausgeprägtheit der Vorläuferfertigkeiten erkennbar wird, bzw. wann von möglichen Störungen in diesem Bereich auszugehen ist.
In Kapitel fünf wird das Bielefelder Screening (folgend BISC) als ein mögliches Grobsiebverfahren zur Frühdiagnostik der Legasthenie im Vorschulalter dargestellt. Der darauf folgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Erfolgen dieses Verfahrens.
Kapitel sieben gilt einer persönlichen Einschätzung des Bielefelder Screenings als Instrumentarium zur Frühdiagnostik von Legasthenie im Vorschulalter.
2. Definitionsversuch: Legasthenie/Dyslexie
Der Begriff Legasthenie setzt sich aus den griechischen Wörtern „legein“ (lesen) und „astheneia“ (Schwäche) zusammen und heißt wörtlich übersetzt „Leseschwäche“. Im deutschen Sprachgebrauch wird „Legasthenie“ jedoch nicht nur zur Umschreibung einer Leseschwäche verwendet, sondern schließt auch eine Rechtschreibschwäche ein. Legasthenie ist nicht nur ein mit der deutschen Sprache verbundenes, sondern ein internationales Problem. In den meisten anderen Ländern spricht man von „Dyslexie“ (dys (griech.) = schlecht; lexis (griech.) = Sprache), in den skandinavischen Ländern wird es „Wortblindheit“ genannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Legasthenie in das von ihr herausgegebene ICD- 10 (International Classification of Diseases) aufgenommen:
„Das Hauptmerkmal ist eine umschriebene und bedeutsame Beeinträchtigung in der Entwicklung der Lesefertigkeiten, die nicht allein durch das Entwicklungsalter, Visusprobleme oder unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Leseverständnis, die Fähigkeit, gelesene Worte wieder zu erkennen, vorzulesen und Leistungen, für welche Lesefähigkeit nötig ist, können sämtlich betroffen sein. Bei umschriebenen Lesestörungen sind Rechtschreibstörungen häufig und persistieren oft bis in die Adoleszenz, auch wenn einige Fortschritte im Lesen gemacht werden. Umschriebenen Entwicklungsstörungen des Lesens gehen Entwicklungsstörungen des Sprechens oder der Sprache voraus. Während der Schulzeit sind begleitende Störungen im emotionalen und Verhaltensbereich häufig.“[1]
3. Forschungsstand
Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff der Legasthenie erstmals Anfang des vorherigen Jahrhunderts vom ungarischen Neurologen Paul Ranschburg geprägt. Er veröffentlichte 1916 und 1928 seine Forschungsergebnisse, die er in Untersuchungen mit Schulkindern sammelte.[2]
Legasthenie bedeutete für ihn „diejenige Minderwertigkeit des geistigen Apparates, der zufolge Kinder im schulpflichtigen Alter sich das verbale Lesen innerhalb der ersten Schuljahre trotz normaler Sinnesorgane nicht entsprechend anzueignen vermögen.“[3]
Ranschburg sah die Rückständigkeit der geistigen Entwicklung als ein Grund für die Einweisung der betroffenen Kinder in eine so genannte Hilfsschule an.
Bis in die fünfziger Jahre hatte die Legasthenie auf schulpädagogische Überlegungen kaum Auswirkungen. Einen Durchbruch in der Legasthenieforschung brachten die Untersuchungen der Schweizerin Maria Linder 1951, die durch ihre Tätigkeit an der Psychiatrischen Poliklinik für Kinder und Jugendliche in Zürich mit vielen lese-rechtschreibschwachen Kindern arbeitete.[4]
Durch die Ergebnisse von Einzeluntersuchungen der Intelligenz, der Schulleistungen, der Gedächtnisleistung der Wahrnehmungsfunktion deckte sie das Dilemma „normalbegabter“ Legastheniker auf, die nicht selten an so genannten Hilfsschulen untergebracht waren.
Linder spricht von Legasthenie, wenn es sich um ein intelligentes Kind handelt, das „unter normalen Schulverhältnissen und trotz aller Bemühungen der Erwachsenen das Lesen oder Schreiben nicht oder nur mit größter Anstrengung erlernen kann, während es in den anderen Fächern in der Regel keine entsprechenden Schwierigkeiten hat.“[5]
In den sechziger und siebziger Jahren folgten im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl von Untersuchungen und Publikationen über „normalbegabte“ Legastheniker-Kinder, die in den Schulen den Lehrern vermehrt Schwierigkeiten bereiteten und deren Probleme meist falsch interpretiert wurden.[6]
Grob gesprochen ging die Forschung davon aus, dass die typischen Schriftsprachprobleme von Legasthenikern sich von denen der Kinder mit prinzipiellen Schulleistungsschwierigkeiten unterschieden. Die Legasthenie war also an bestimmte Bedingungsmerkmale geknüpft, die für allgemeine Lese-Rechtschreib-Schwäche nicht gelten sollten.[7]
Die Erfassung dieser Bedingungsmerkmale bereitete jedoch Schwierigkeiten. Zwar kam es zur Entwicklung verschiedener Tests mit dem Bedürfnis, die Legasthenie bei lese-rechtschreibschwachen Kindern klar definieren zu können, doch gab es zu unterschiedliche Ansätze und wenig einheitliche Testverfahren und je nach verwendetem Prüfverfahren wurden unterschiedlich viele Kinder als Legastheniker klassifiziert. Diese fehlende Einheitlichkeit löste in den Schulen und in psychologischen Beratungsstellen vermehrt Verunsicherung aus und lies bald Kritik an dem kompletten Legastheniekonzept verlauten bis hin zu einer regelrechten „Anti-Legasthenie-Bewegung“.[8]
In den Achtziger Jahren rückte die Erforschung der Prozesse des Lesens und Rechtschreiben-Lernens in den Mittelpunkt des Interesses und es kam zur Entwicklung von Modellen des Schriftspracherwerbs, wo Frith[9] federführend auftrat.
Wagner und Torgesen publizierten 1987 eine Arbeit über die phonologische Informationsverarbeitung und die damit in Zusammenhang stehenden Einflüsse auf den Schriftspracherwerb. Ihren Ausführungen schenkte man große Aufmerksamkeit in der Legasthenieforschung.
Sie trugen maßgeblich zu der Einsicht bei, Probleme beim Lesen und Rechtschreiben nicht mehr nur auf visuelle Schwierigkeiten zurückzuführen, sondern die Aufmerksamkeit mehr auf sprachliche und metasprachliche Fähigkeiten zu lenken.[10]
In mehreren Längsschnittstudien wurden Kindergartenkinder ohne Schriftsprachkenntnisse über mehrere Jahre hinweg während ihres Prozesses des Schriftspracherwerbs untersucht.[11] Es bestätigten sich die Annahmen, dass es spezifische Vorläuferfertigkeiten für den Schriftspracherwerb gibt, so unter anderem die phonologische Informationsverarbeitung, die das Kind bereits im Vorschulalter anfängt auszubilden. Ist die phonologische Informationsverarbeitung schwach ausgeprägt, kann die Möglichkeit einer späteren Legasthenie bestehen.[12]
Auf dieser Erkenntnis aufbauend war es ein dringliches Anliegen, eine geeignete Frühdiagnostik zu entwickeln, mit der die Ausbildung der Vorläuferfertigkeiten für den Schriftspracherwerb im Kindergartenalter erfasst werden konnte, um gegebenenfalls frühzeitig Fördermaßnahmen für so genannte Risikokinder einleiten zu können.
Das Bielefelder Screening ist eines von mehreren Verfahren, mit dessen Hilfe es möglich ist, Vorschulkinder auf ihre Vorläuferfertigkeiten hinsichtlich des Schriftspracherwerbs zu überprüfen.[13]
[...]
[1] Dilling, H.; Mombour, W., Schmidt, M.H (Hg.) 1993, Kapitel V.
[2] Vgl. Ranschburg 1916 u.1928.
[3] Ranschburg 1916, S. III.
[4] Vgl. Linder 1963.
[5] Lindner 1963, S. 34.
[6] Vgl. Kirchhoff 1964, Schenk-Danzinger 1961 u. 1964.
[7] Vgl. Valtin 1970 u. 1973.
[8] Vgl. Schenk-Danzinger 1991, S.26 ff.
[9] Vgl. Frith 1985.
[10] Vgl. Wagner & Torgesen 1987
[11] Vgl. Schneider 1997, S. 340ff.
[12] Vgl. Skowronek & Marx 1989, S.39.
[13] Vgl. Marx, H., Jansen, H. & Skowronek, H. 2002, S.10.
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