„To write about the Monophysites […] demands a greater knowledge of philosophy and Christian doctrine than a historian can usually claim.“ Mit diesen Worten beschrieb der Kirchenhistoriker und Archäologe William Hugh Clifford Frend (1916-2005) den Umgang mit dem Thema „Monophysitismus“ und schaffte gleichzeitig das wohl wichtigste Werk über diese Bewegung. Wie Frend schon betont, ist es eher komplex, sich diesem Stoff zu widmen, da die Religionsrichtung sogar manchen Historikern heute nahezu unbekannt ist. Doch vom vierten bis zum sechsten Jahrhundert prägte sie das Geschehen im östlichen Mittelmeerraum wesentlich, was zur Folge hatte, dass sich sowohl die Kaiser damals, wie auch die Althistoriker heute, mit dieser Glaubensrichtung auseinandersetzen mussten bzw. müssen. Weitere Autoren neben Frend, die sich mit diesem Thema beschäftigen und vorliegende Arbeit wesentlich beeinflussen, sind Patrick T. R. Gray einerseits, der sich mit „The defense of Chalcedon in the East“ befasste, andererseits Michail Grazianskij, der mit seiner Dissertation über „[d]ie Politik Kaiser Justinians I. gegenüber den Monophysiten“ einen wertvollen, sowie aktuellen Beitrag für die Behandlung des sechsten Jahrhunderts bietet. Auch in Kirchengeschichten und Gesamtdarstellungen lassen sich bezüglich des Monophysitismus wichtige Informationen finden.
Inhaltsverzeichnis
1. Hinführung zum Thema: Forschungsstand und Quellenlage
2. Monophysitismus im sechsten Jahrhundert
2.1 Der Monophysitismus
2.1.1 Entstehung
2.1.2 Entwicklungen bis zum sechsten Jahrhundert
2.2 Der Kaiser Justin (518-527)
2.2.1 Ende des akakianischen Schismas
2.2.2 Die theopaschitische Formel
2.2.3 Edikt de haereticis
2.3 Der Kaiser Justinian (527-565)
2.3.1 Kompromiss-Versuche in der ersten Phase bis 536
2.3.1.1 Das Edikt von 533
2.3.1.2 Die Synode von 536
2.3.2 Der Kaiser und die Theologie bis 553
2.3.2.1 Das Edikt von 544
2.3.2.2 Das Edikt von 551
2.3.2.3 Das Konzil von 553
2.3.3 Entstehung einer monophysitischen Orthodoxie ab 553
2.4 Der Kaiser Justin II. (565-578)
2.4.1 Verfolgungen unter Papst Johannes
2.4.2 Die Religionsgespräche von 566/67
2.4.3 Das Edikt von 571
2.5 Weitere Entwicklungen
3. Zusammenfassung der Ergebnisse
4. Anhang
4.1 Die zwölf Anathemata Kyrills
4.2 Die Chalcedonense
4.3 Das Henotikon unter Zeno
4.4 Codex Iustinianus, I, 1, 5
4.5 Novella 42
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1 verwendete Quellen
5.2 benutzte Literatur
1. Hinführung zum Thema: Forschungsstand und Quellenlage
„To write about the Monophysites […] demands a greater knowledge of philosophy and Christian doctrine than a historian can usually claim.“[1] Mit diesen Worten beschrieb der Kirchenhistoriker und Archäologe William Hugh Clifford Frend (1916-2005) den Umgang mit dem Thema „Monophysitismus“ und schaffte gleichzeitig das wohl wichtigste Werk über diese Bewegung.[2] Wie Frend schon betont, ist es eher komplex, sich diesem Stoff zu widmen, da die Religionsrichtung sogar manchen Historikern heute nahezu unbekannt ist. Doch vom vierten bis zum sechsten Jahrhundert prägte sie das Geschehen im östlichen Mittelmeerraum wesentlich, was zur Folge hatte, dass sich sowohl die Kaiser damals, wie auch die Althistoriker heute, mit dieser Glaubensrichtung auseinandersetzen mussten bzw. müssen. Weitere Autoren neben Frend, die sich mit diesem Thema beschäftigen und vorliegende Arbeit wesentlich beeinflussen, sind Patrick T. R. Gray einerseits, der sich mit „The defense of Chalcedon in the East“[3] befasste, andererseits Michail Grazianskij, der mit seiner Dissertation über „[d]ie Politik Kaiser Justinians I. gegenüber den Monophysiten“[4] einen wertvollen, sowie aktuellen Beitrag für die Behandlung des sechsten Jahrhunderts bietet. Auch in Kirchengeschichten und Gesamtdarstellungen lassen sich bezüglich des Monophysitismus wichtige Informationen finden.[5]
Was die Quellen betrifft, so sind hier vor allem Briefe zwischen verschiedenen Theologen von Bedeutung, ebenso wie die Werke der spätantiken Kirchenhistoriker wie zum Beispiel Evagrius Scholasticus (ca. 535-600)[6] oder Johannes von Ephesos (ca. 507-586)[7]. Eine besonders wichtige Rolle spielt die Gesetzgebung der Zeit Justinians – auch hier sind mehrere Edikte zu nennen, die sich mit der Religionspolitik auseinandersetzen.[8]
2. Monophysitismus im 6. Jahrhundert – Religionspolitik der Kaiser
Ziel dieser Arbeit ist es, die Entwicklungen des Monophysitismus im sechsten Jahrhundert darzustellen, dabei soll besonders auf den Umgang der Kaiser mit dieser Religionsrichtung eingegangen werden. Inwiefern beeinflussten die Kaiser dieser Zeit das Fortleben oder die Verurteilung dieser Glaubensrichtung in den verschiedenen Regionen des Reiches? Oder anders formuliert: Inwiefern ist kann man hier von Caesaropapismus sprechen? Vorrangig sollen hier vor allem die Kaiser Justin I., sein Neffe Justinian und schließlich auch Justin II. behandelt werden. Nichtsdestotrotz wird – um den Einstieg in das komplexe Thema etwas zu erleichtern – ein kurzer Überblick über die Entwicklung der monophysitischen Bewegung bis zum sechsten Jahrhundert gegeben, anschließend wird zudem das Fortleben des Monophysitismus betrachtet.
2.6 Der Monophysitismus
Wie der Name bereits besagt, handelt es sich bei dem Monophysitismus um eine Glaubensrichtung, die davon ausgeht, Christus habe nur eine Natur (griech. monos, einzig, und physis, Natur). Wie es nach dem so genannten „Arianerstreit“ im vierten Jahrhundert, das sich mit dem Wesen Gottes und der Trinität theologisch auseinandersetzte, zu der nächsten großen innerkirchlichen Differenz bezüglich der Natur Christi kommen konnte, soll nun kurz erläutert werden. Die Entstehung des Monophysitismus soll aufgrund der Komplexität des gesamten Themas dabei nur kurz betrachtet werden. Allerdings sollen wichtige Eckpfeiler in den Entwicklungen bis zum sechsten Jahrhundert genannt werden.
2.6.1 Entstehung
Der theologische Streit um die Naturenlehre und das Wesen Christi entstand Anfang des fünften Jahrhunderts zwischen den Protagonisten Diodor von Tarsus (genaue Lebensdaten unbekannt), Theodor von Mopsuestia (ca. 350-428) und Nestor von Konstantinopel (ca. 381-521) auf der einen Seite und Kyrill von Alexandria (ca. 350-444) auf der anderen Seite. Während Nestor und seine Anhänger, die so genannten Nestorianer, davon ausgingen, dass Christus sowohl Mensch, als auch Gott sei und Maria Christotokos (Christusgebärerin) sei, richtete sich Kyrill, „a master-theologican whose deep perception of the mystery of the incarnation has influenced Greek theology from that day to this“[9], massiv gegen diese Auffassung. Dies geschah vor allem durch Briefverkehr mit seinen Kontrahenten, wobei hier der dritte Brief Kyrills an Nestor von 431 eine entscheidende Rolle spielte, da er hier zwölf Anathemata[10] aufstellte, die im weiteren Verlauf des Umgangs mit dem Monophysitismus erheblichen Einfluss hatten. In diesem Brief sprach er sich nicht nur für die Bezeichnung Theotokos (Gottesgebärerin) aus, sondern belegte auch diejenigen mit einem Anathema, die glauben, „not that the Word of God the Father hath been Personally united to Flesh and that He is One Christ with His own Flesh, the Same (that is) God alike and Man“.[11] Weiterhin führte er den Begriff hypostasis an, „which usually bore the theological definition of ‚individuality’ as a synonym of physis (or ‚nature’ as ‚inner quality of existence’“,[12] der später noch von Bedeutung sein wird. Zusätzlich forderte er die Verurteilung der Hauptschriften der Nestorianer Ibas von Edessa (Geburtsdatum unbekannt, † 457), Theodoret von Kyrrhos (ca. 393- 460) und Theodor von Mopsuestia: „we can see the beginnings of the so-called Three Chapters controversy, which was to be fully articulated in the reign of Justinian.“[13]
2.6.2 Entwicklungen bis zum 6. Jahrhundert
Nach diesen anfänglichen theologischen Auseinandersetzungen zwischen den vorgestellten Protagonisten und deren Anhängern entfachte sich der Streit im oströmischen Reich immer mehr, beide Konzile, die in Ephesos stattfanden (431 und 449), konnten den Disput nicht beilegen, obwohl sich sowohl der Papst, als auch Kaiser darum bemühten, eine Einigung herzustellen.[14] Erwähnenswert ist hierbei der Lehrbrief Papst Leos (440-461), der so genannte Tomos Leonis, „in which the bishop declared his christological position, affirming Christ to be one single person, but with two natures, divine and human, each of which interacts with the other.“[15] Diese Aussage wurde aber auf der später von Papst Leo bezeichneten „Räubersynode“ in Ephesos 449 nicht verlesen, was zu einer ersten Spaltung zwischen Ost- und Westkirche führte.
Schließlich nahm sich der Kaiser Markian (450-457) des theologischen Streits an. „Marcian no doubt hoped to bring uniformy of faith, and therefore peace, to the church when he used his authority to bring about a council which the Eastern church was reluctant to face.“[16] Hier ist also eine direkte Einmischung eines Kaisers in kirchliche Belange zu sehen, bei dem der Streit bezüglich der göttlichen und menschlichen Natur Christi beigelegt werden sollte. Das Ergebnis dieses Konzils, das im Oktober und November des Jahres 451 stattfand, ist ein Glaubensbekenntnis, das so genannte Chalcedonense.[17] Hier sollte gewissermaßen ein Kompromiss gegeben werden, da betont wurde, dass Christus „zwei Naturen unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert“ habe, was für den Nestorianismus spricht, andererseits wird von „einer Person und einer Hypostase“[18], im Sinne von Kyrill gesprochen. Das Glaubensbekenntnis wurde vom Kaiser Markian als Erfolg angesehen und schließlich 452 auch als Edikt veröffentlicht – wieder ist zu erkennen, dass der Kaiser gewisse theologische Positionen sozusagen verstaatlicht und sich somit erheblich in die Kirchenpolitik einmischt. Auch der Papst fügte sich dem Glaubensbekenntnis im Jahre 453.
Jedoch war der Streit um die Natur Christi damit nicht beigelegt. Es kam zu starken Unruhen im Reich, diese waren abhängig davon, welche Glaubensrichtung vor dem Chalcedonense geherrscht hatte und wie dieses nun ausgelegt wurde. Einen weiteren Schritt bezüglich der theologischen Auseinandersetzung wagte schließlich der oströmische Gegenkaiser Basiliskus (475/76) mit seinem Enzyklion von 476. Er näherte sich den Monophysiten erheblich an, um seine Position zu stärken – man kann hier also nicht nur von einer Einmischung des Kaisers in die Kirche sprechen, sondern von einer Ausnutzung der theologischen Differenzen zum eigenen Vorteil für den Kaiser.
Wichtiger jedoch sind die Ereignisse unter Kaiser Zeno (474-491). Er veranlasste aufgrund vieler Nachfragen von Bischöfen und Mönchen, die mit den Ergebnissen des Konzils von Chalkedon nicht einverstanden waren, dass der Patriarch Akakios von Konstantinopel ein neues Glaubensbekenntnis erstellt, das so genannte Henotikon[19] von 482. „The Henotikon was a masterpiece of imperial diplomacy, in which the patriarch Acacius had had a considerable hand, and nominally at least it united Constantinople and Alexandria, while bringing the major eastern sees into communion.“[20] Das Problem lag allerdings darin, dass, obwohl nun die Ostkirche vereint zu sein schien, der Papst dieses Glaubensbekenntnis auf das Schärfste verurteilte, da es das Konzil von Chalcedon und den Tomos Leonis ignorierte. Außerdem tendierte es durch die Aussage „that He, […] is one and not two; for we affirm that both his miracles, and the sufferings hie voluntarily endured in the flesh, are those of a single person“[21] und der Bestätigung der zwölf Anathemata Kyrills zum Monophysitismus hin. So kam es infolge des Henotikons zu einem Bruch zwischen Ost- und Westkirche, dem so genannten Akakianischen Schisma, das von 484 bis 519 andauern sollte. Wieder schaffte es ein Kaiser, sich erheblich in kirchliche Belange einzumischen und damit sogar eine offizielle Spaltung der Ost- und Westkirche herzustellen.
Doch nicht nur Zeno, sondern auch sein Nachfolger, Kaiser Anastasios (491-518), bevorzugte die Monophysiten, was das Schisma zwischen Ost- und Westkirche nur noch verstärkte. Zwar wurden Verhandlungen mit Papst Hormisdas (514-523) geführt, doch zu keinem Ergebnis gebracht.
2.7 Der Kaiser Justin (518-527)
Sollte bisher die Entwicklung des Monophysitismus und der Umgang der Kaiser mit der Religionsrichtung bis zum sechsten Jahrhundert nur auszugsweise und kurz dargestellt werden, so wird nun anhand der drei Kaiser Justin (518-527), Justinian (527-565) und Justin II. (565-578) ausführlicher dargestellt. Wichtig zu erwähnen ist, dass in der Folgezeit „imperial policies adopted fort he enforcement of orthodoxy were often dictated by a desire for ecclesiastical unity rather than fort he preservation of right belief, which in such cases was used as an administrative tool.“[22] Den Kaisern ging es also nicht mehr so sehr darum, den „wahren Glauben“ zu erhalten, sondern eine Einheit im Reich herzustellen.
2.7.1 Ende des akakianischen Schismas
Als Justin 518 an die Macht kam, wurde der kurz vorher eingesetzte Patriarch von Konstantinopel, Johannes II. Kappadokes (518-520), der aufgrund der vorherigen Politik Anastasios eher antichalkedonisch eingestellt war, massiv von der Bevölkerung und von einigen Mönchen Konstantinopels bedrängt. Diese waren im Gegensatz zu Antiochia und Alexandria prochalkedonisch und sahen im Regierungsantritt Justins die Chance, das Blatt wieder zu wenden. Sie wollten, dass die Anerkennung des Konzils von Chalkedon wiederhergestellt wird, forderten also eine Rücknahme des Henotikons von Zeno, weiterhin forderten sie ein Anathema gegen Severos (ca. 465-538), das geistige Oberhaupt der Monophysiten im sechsten Jahrhundert und derzeit Patriarch in Antiochien (von 513 bis 518).[23] „Severos […] sah sich als Verteidiger der Lehre des Kyrill von Alexandrien […], für ihn bezeichnet das Wort „Natur“ das konkrete und subsistente Einzelwesen“[24] und stellte sich gegen die zwei Naturen, wie die Nestorianer dies vorschlugen. Infolge des massiven Drucks fand am 20. Juli 518 in Konstantinopel eine Synode statt, die eine Bestätigung der aller vier Allgemeinen Konzile mit Chalkedon (Nicäa 325, Konstantinopel 381, Ephesos 431 und eben Chalkedon 451) zur Folge hatte, weiterhin wurde der Forderung der Mönche und der Stadtbevölkerung, Severos zu exkommunizieren, nachgegangen.[25]
Da nun das Konzil von Chalkedon wieder angenommen und das Henotikon unter Zeno verurteilt wurde, kam es einerseits zu einer Annäherung an Rom – Anfang 519 wurde von Patriarch Johannes II. Kappadokes ein libellus mit Ansprüchen des Papstes Hormisdas, auch bekannt als die Hormisdas-Formel unterzeichnet, wodurch das Akakianische Schisma zwischen Ost- und Westkirche seit dem Henotikon unter Zeno endete. Beeindruckend ist hier, dass der Kaiser Justin eine wichtige Rolle spielte. „As the patriarch wrote to Hormisdas on 21 April 519, it had been the emperor ‚who most wisely prepared the union of the churches’. […] He had practically ordered the clergy of the capital to sign the Libellus brought by legates.“[26] Man kann hier also sehr gut erkennen, dass es sich absolut nicht mehr um eine innerkirchliche Auseinandersetzung handelt, sondern der Kaiser das Geschehen wesentlich beeinflusst.
Neben dieser Versöhnung mit der Westkirche kam es andererseits zu einem Bruch mit den Gegnern des Chalkedonense, vor allem zum Bruch mit den Monophysiten, die daraufhin verfolgt wurden. Dabei musste nun Severos von seinem Bischofssitz in Antiochien fliehen und vor allem in Syrien kam es zu Bedrohungen der Monophysiten. Ägypten war hauptsächlich ein Zufluchtsort für die Monophysiten – dort hatten schon immer viele Monophysiten gelebt. Es ist auch in Ägypten, wo in den 520er Jahren eine innermonophysitische Kontroverse zwischen Severos und Julian von Halikarnassos entstand, was eine Teilung in Severianer und Julianisten zur Folge hatte.[27]
2.7.2 Die theopaschitische Formel
Doch für den Kaiser und seinen Enkel Justinian, der bereits in der Politik mitwirkte, war es nicht vorrangig wichtig, die Gegner des Konzils von Chalkedon zu verfolgen, dies wäre auch unmöglich gewesen, wenn man sich die Verbreitung des Monophysitismus im Ostreich vor Augen hält. Ihnen ging es, wie bereits erwähnt, darum, eine Einheit der Reichskirche herzustellen und sie suchten nach Mitteln, diese zu erreichen.
Zu dieser Zeit starteten skythische Mönche den Versuch, die Gegner des Konzils von Chalkedon mit deren Befürwortern in Einklang zu bringen, in dem sie dem Papst eine Versöhnungsformel, die so genannte theopaschitische Formel, vortragen wollten. Der Wert der Hauptaussage dieser Formel „unus ex Trinitate passus est carne“, also „einer aus der Trinität, der gelitten hat“ liegt darin, dass sie sowohl zum monophysitischen Glauben hin tendiert, da schon im fünften Jahrhundert der syrische Monophysit Petrus Fullo diese Formel ähnlich benutzt hatte, indem er das Trishagion, also die liturgische Akklamation "Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher“ durch „Der für uns gekreuzigt worden ist“ erweiterte. Justinian, der wie gesagt in der Politik seines Onkels bereits eine große Rolle eingenommen hatte, erkannte den Wert der Versöhnungsformel der Mönche und bat den Papst um eine positive Antwort, damit die Möglichkeit eines Kirchenfriedens geschaffen bestehen kann.[28]
„From then on, the emperor’s religious policy, aiming at uniting the pope, the church of Constantinople and the anti-Chalcedonian East will focus on the theopaschite formula, which, as he now was convinced, was necessary for peace and concord.“[29]
2.7.3 Edikt de haereticis
527 folgte das Edikt De haereticis, gegen alle, die sich dem Konzil von Chalkedon widersetzen – ihnen sollte ihr Besitz enteignet werden, weiterhin durften sie keine Ämter innehaben. Sicher ist nicht, ob dieses Edikt in seiner Intention wirklich die Verfolgung der Gegner Chalkedons zum Ziel hatte oder ob es – durch die Nähe zum Regierungsantritt Justinians – eher darum ging, eine Nähe mit und Unterstützung durch Rom aufzubauen. Unabweisbar ist auf jeden Fall, dass durch die Herrschaft Justins gewissermaßen eine orthodoxe Wende stattgefunden hat, die den Monophysiten schadete und die Nähe zum Papst wiederherstellte. Das Edikt „was a foretaste of the policies he (Justinian, eigene Anm.) was to pursue after becoming sole regent on the death of Justin. Not only was he determined to end the split between Chalcedonians and anti-Chalcedonians“[30], sondern er wollte auch weniger prominente Richtungen, die in seinen Augen einer Häresie glichen, beseitigt wissen.
Sowohl Justin, als auch sein Neffe Justinian, versuchten also im ersten Drittel des sechsten Jahrhunderts eine Kircheneinheit herzustellen und schreckten nicht davor zurück, ausführlich und intensiv in innerkirchliche Belange zu intervenieren. Erreicht haben sie damit die Aufhebung des Akakianischen Schismas, allerdings auf Kosten der Monophysiten, die daraufhin verfolgt wurden.
[...]
[1] Frend, Preface, S. vii. (Angabe folgt in Fußnote 2)
[2] Frend, W., The Rise of the Monophysite Movement, Cambridge 1972.
[3] Gray, P., The Defense of the Chalcedon in the East (451-553), Leiden 1979.
[4] Grazianskij, M., Die Politik Kaier Justinians I. gegenüber den Monophysiten [Diss.], Jena 2005.
[5] Die jeweils benutzte Literatur (d.h. Aufsätze aus Sammelbänden) soll hier nicht separat angeführt werden. Hier sei auf das Literaturverzeichnis (Gliederungspunkt 5.2) verwiesen.
[6] Evagrius Scholasticus, Ecclesiastical History, übersetzt von E. Walford (1846), zu finden unter http://www.ccel.org/p/pearse/morefathers/evagrius_0_intro.htm. (Aufruf 18.08.07, 15:46 Uhr)
[7] John of Ephesus, Ecclesiastical History, Part 3, übersetzt von R. Payne Smith (1860), zu finden unter http://www.tertullian.org/fathers/ephesus_0_preface.htm (Aufruf 18.08.07, 20:39 Uhr)
[8] Justinians Rechtskodifikation (Codex Iustinianus), von welcher uns eine Überlieferung aus dem Jahre 534 erhalten ist, ebenso wie die Novellen nach 534, sind zu finden unter http://www.constitution.org/sps/sps.htm (Aufruf 22.06.07, 19:30 Uhr).
[9] Frend, S. 16.
[10] Diese sind zu finden im Anhang, Gliederungspunkt 4.1.
[11] Cyril's Third Letter to Nestorius, übersetzt von P. E. Pusey (1872) http://www.geocities.com/revmayes/cyrltr3.htm (Aufruf 19.08.07, 9:27 Uhr)
[12] Frend, S. 19.
[13] Allen, Definition, S. 813.
[14] In diese Zeit fällt auch der so gennante „Eutychianische Streit“ von ca. 444-451 (Konzil von Chalcedon), der hier nicht genauer erläutert werden soll. Eutyches aus der Nähe von Konstantinopel war einer der bekanntesten Monophysiten, dessen Lehre auf dem Konzil von Ephesos 431 verurteilt, auf der „Räubersynode“ von 449 als rechtmäßig erklärt und auf dem Konzil von Chalcedon 451 wieder verurteilt wurde.
[15] Allen, Definition, S. 813.
[16] Gray, S. 17.
[17] Das Bekenntnis von Chalcedon ist zu finden im Anhang, Gliederungspunkt 4.2.
[18] Das Chalcedonense, http://www.glaubensstimme.de/bekenntnisse/17.htm (Aufruf 19.08.07, 10:30 Uhr).
[19] Das Henotikon ist im Anhang unter Gliederungspunkt 4.3 zu finden.
[20] Allen, Definition, S. 817.
[21] Das Henotikon, http://www.earlychristianwritings.com/fathers/evagrius_3_book3.htm (Aufruf 18.08.07, 15:46 Uhr).
[22] Allen, Orthodoxy, S. 811.
[23] Vgl. Grazijanski, S. 33.
[24] Maraval, S. 434.
[25] Weitere Beschlüsse vg. Grazijanski, S. 35.
[26] Frend, S. 238.
[27] Die Kontroverse entstand um die Unverwesbarkeit des Leibes Christi, soll aber hier nicht näher ausgeführt werden. Vgl. hierzu Maraval, S. 435f. Die Julianisten werden auch Aphthartodoketen, Phantasiasten oder Gaianiten genannt.
[28] In seinem ersten Brief an den Papst verurteilt Justinian die Formel der skythischen Mönche. Er verfasst allerdings ein zweites Schrieben an Hormisdas, in dem er sich für die Formel ausspricht. Vgl. hierzu Gray, S. 49f.
[29] Meyendorff, S. 220.
[30] Allen, Definition, S. 821.
- Quote paper
- Andrea Surner (Author), 2007, Monophysitismus im 6. Jahrhundert - Die Religionspolitik der Kaiser, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122089
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