In dieser Arbeit zum Themenbereich „Hate Crime“ möchte ich versuchen, die sozialpsychologischen und politischen Hintergründe von Soldatenverbrechen aufzudecken. Speziell geht es mir Aspekte von Soldaten- oder Kriegsverbrechen, bei denen Hass eine tragende Rolle spielt. Ich werde versuchen anhand von verschiedenen Beispielen Gemeinsamkeiten in den Motiven zu finden, die Soldaten dazu bringen, sich z.T. über ihre Befehle hinweg, z.T. nach ihren Befehlen, an Wehrlosen gewaltsam zu vergehen. Ich denke eine solche Arbeit passt zum Themenbereich Hate Crime, da im Krieg der Hass auf den Feind, der sich im Kampf ständig entlädt, eine zentrale Rolle spielt. Dieser automatisierte, mechanische Hass bleibt auch zwischen den Kämpfen bestehen und führt leider oft genug zu Aggressionsausbrüchen gegen Unbeteiligte und Unschuldige. Die Medien sind immer wieder voll von Berichten über Massaker, Folter, Völkermord und anderen Formen von Soldatenverbrechen. Jedem ist das Phänomen des Soldatenverbrechens ein Begriff, jeder kann ein Beispiel nennen. In dieser Arbeit möchte ich nun versuchen anhand einiger Beispiele darzustellen, was Soldaten vor dem Hintergrund verschiedener Konflikte, wie dazu gebracht hat ihre angestauten Aggressionen gewalttätig, und zum Teil auf grauenhafte Weise, an Zivilisten zu entladen. Nach diesen Ausführungen werde ich dann einen Überblick über mikro- und makrogesellschaftliche Hintergründe und Motive der Taten geben. Zum Abschluss folgt ein Fazit.
Inhalt
1. VORWORT
TEIL I : GRUNDLAGEN
2. HASS UND HASSVERBRECHEN
3. SOLDATENVERBRECHEN
3.1. VERBRECHEN GEGEN DIE MENSCHLICHKEIT
3.2. KRIEGSVERBRECHEN
3.3. VÖLKERRECHT UND KRIEGSVÖLKERRECHT
TEIL II : VERBRECHEN
4. BEISPIELE
4.1. VERBRECHEN WÄHREND DES 2. WELTKRIEGS
4.1.1. VERBRECHEN IN POLEN
4.1.2. VERBRECHEN DEUTSCHER SOLDATEN IN RUSSLAND
4.2. ALGERIENKRIEG
4.3. MASSAKER VON MY LAI
4.4. VERBRECHEN ISRAELISCHER SOLDATEN IM GAZA-STREIFEN
5. GEMEINSAMKEITEN
TEIL III: HINTERGRÜNDE
6. FEINDBILDER
TEIL IV : SCHLUSS
7. FAZIT
8. LITERATURVERZEICHNIS
9. INTERNETQUELLEN
HASS UND SOLDATENVEBRECHEN
1. VORWORT
In dieser Arbeit zum Themenbereich „Hate Crime“ möchte ich versuchen, die sozialpsychologischen und politischen Hintergründe von Soldatenverbrechen aufzudecken. Speziell geht es mir Aspekte von Soldaten- oder Kriegsverbrechen, bei denen Hass eine tragende Rolle spielt. Ich werde versuchen anhand von verschiedenen Beispielen Gemeinsamkeiten in den Motiven zu finden, die Soldaten dazu bringen, sich z.T. über ihre Befehle hinweg, z.T. nach ihren Befehlen, an Wehrlosen gewaltsam zu vergehen.
Ich denke eine solche Arbeit passt zum Themenbereich Hate Crime, da im Krieg der Hass auf den Feind, der sich im Kampf ständig entlädt, eine zentrale Rolle spielt. Dieser automatisierte, mechanische Hass bleibt auch zwischen den Kämpfen bestehen und führt leider oft genug zu Aggressionsausbrüchen gegen Unbeteiligte und Unschuldige. Die Medien sind immer wieder voll von Berichten über Massaker, Folter, Völkermord und anderen Formen von Soldatenverbrechen. Jedem ist das Phänomen des Soldatenverbrechens ein Begriff, jeder kann ein Beispiel nennen. In dieser Arbeit möchte ich nun versuchen anhand einiger Beispiele darzustellen, was Soldaten vor dem Hintergrund verschiedener Konflikte, wie dazu gebracht hat ihre angestauten Aggressionen gewalttätig, und zum Teil auf grauenhafte Weise, an Zivilisten zu entladen. Nach diesen Ausführungen werde ich dann einen Überblick über mikro- und makrogesellschaftliche Hintergründe und Motive der Taten geben. Zum Abschluss folgt ein Fazit.
Es wird mir schwer fallen im Umfang dieser Arbeit alle Aspekte dieser Art des Hassverbrechens ausführlich darzulegen. Dennoch möchte ich den Versuch unternehmen, einige Wurzeln des Soldatenverbrechens freizulegen.
Hassverbrechen sind ethisch falsch und in der Form, in der ich sie hier darstelle unmenschlich. Diese Arbeit soll diese Taten weder durch Erklärung beschönigen, noch sie durch Aufzeigung der Grausamkeit und Willkür der Taten verurteilen. Ich möchte mich lediglich darauf beschränken die Verbrechen darzustellen und versuchen ihre Hintergründe sichtbar und verständlich, oder zum Teil „nachvollziehbar“ zu machen.
Ich werde in dieser Arbeit den Begriff „Soldatenverbrechen“ synonym mit dem Begriff „Kriegsverbrechen“ verwenden, da er mir im Zusammenhang mit den von mir bearbeiteten Verbrechen sinnvoller erscheint. Der Begriff „Soldatenverbrechen“ ist mir in der Literaturrecherche nicht untergekommen. Trotzdem habe ich mich für ihn entschieden, da er meiner Meinung nach für diese Arbeit der Passendere ist. Das Wort „Soldat“ bringt den Bezug zum Krieg mit sich und da ich Verbrechen interpretieren will, speziell Hassverbrechen (oder Hate Crime), die von Soldaten während einem Krieg begangen wurden, erscheint mir der gewählte Begriff passender.
TEIL I : GRUNDLAGEN
2. HASS UND HASSVERBRECHEN
Hass ist in der Welt seit Bestehen der Menschheit ein alltägliches Phänomen. Jeder Mensch hasst etwas oder hat schon mal etwas gehasst. Sei es das schlechte Wetter, stechende Mücken oder Verlogenheit. Auch der Hass gegenüber anderen Personen ist seit Menschengedenken eine relativ normale Sache. Extrem wird Hass jedoch, wenn er in Form von Gewalttaten gegenüber der verhassten Sache oder Person ausgetragen wird. Wenn ein anderer aus Angst, Wut oder Feindseligkeit als böse und schlecht abgewertet wird, und eine Bedrohung darstellt, können sich hassende Menschen in bestimmten Situation dazu genötigt fühlen, gewaltsam gegen den Verhassten vorzugehen, wobei aus tiefster Überzeugung und subjektiver Rechtschaffenheit gehandelt wird. Hass kann ein kollektives Phänomen seien und sich von einer Gruppe gegen eine andere wenden. Hass nimmt viele Gesichter in der Welt an. Es gibt ihn in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Vom Hass den einer für sich behält über den Hass gegen Menschengruppen (Ethnien, o.ä.), bis zum Hass gegenüber dem Rest der Welt. Hass wird auch ausgelebt. Hasssituationen eskalieren immer wieder in Gewaltsituationen. Von der Schlägerei auf dem Schulhof bis zur kollektiven Vernichtung einer ganzen Volksgruppe, wie es z.B. 1994 in Ruanda der Fall war. Scheint die Gelegenheit günstig seinem Hass Luft zu machen, so dient plötzlich vorhandene Überlegenheit dazu, an einem verwundbaren und wehrlosen Feind ein Exempel zu statuieren. Dies kann ein gestelltes Bein, eine schwere Körperverletzung oder eine Massenerschießung sein. Ab einem bestimmten Level spricht man dann von einem Verbrechen. Im Rahmen eines Krieges von einem Kriegsverbrechen.
Der Begriff „Hassverbrechen“ (oder „Hate-Crime“) beschreibt keine eindeutige Tatsache. Es existieren viele Erklärungsansätze zu diesem Begriff. Im wissenschaftlichen Diskurs gibt es jedoch wenig Ausführungen zum Themenbereich Hass. Hass wird hier oft als emotionale Aufladung verstanden, die in Zusammenhang mit erhöhtem Aggressionspotential steht und demnach Folge einer komplexen Mischung aus Einstellungen und Emotionen ist (Speck/Horsch 2005, S.34). Hass ist ein Vorurteil, beispielsweise gegenüber einer Personengruppe. Der wissenschaftlich geprägte Begriff „Vorurteilsverbrechen“ beschreibt ein auf Grundlage von Hass begangenes Verbrechen. Somit könnte man ein Hate Crime oder Hassverbrechen auch als „Vorurteilsverbrechen“ bezeichnen. Hasskriminalität als Grundbegriff beschreibt im weitesten Sinne eine Gewalttat gegen Personen, die stellvertretend für eine verhasste Gruppe, als Ziel von Angriffen dienen. Also eine (Gewalt-)Tat gegen eine Person, die für den Täter eine verhasste Gruppe, Eigenschaft oder Tugend symbolisiert. Bei der Thematisierung von Hassverbrechen spielt Gewalt im Zusammenhang mit Fremdenfeindlichkeit eine große Rolle. Fremde werden zu Feinden, gesichtslosen Hassobjekten, denen jegliches Recht zu existieren abgesprochen wird. Bei günstiger Gelegenheit gegenüber Verwundbaren entlädt sich diese Feindseligkeit dann in Aggression (Schneider 2003, S.116). Hierbei wird die Tat nicht aus eigenem, persönlichen Motiv begangen, sondern als Gruppenmitglied mit einem gemeinsamen Motiv gegen eine andere Gruppe. Die Tat dient als Zeichen der Abschreckung für die andere Gruppe oder sie dient dazu, andere angehörige Mitglieder der eigenen Gruppe zu animieren, den Kampf gegen den gemeinsam Feind ebenfalls aufzunehmen und in die Tat umzusetzen.
Einen interessanten soziologischen Ansatz zum Komplex Hasskriminalität bietet die sogenannte Kontakthypothese. Der Kern dieser These besagt, dass je mehr jemand mit Fremden zu tun hat, er diese umso weniger hassen wird. Umgekehrt natürlich: Je weniger jemand mit Fremden zu tun hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person eine Abneigung oder Hass gegen sie entwickelt („Die Kontakthypothese: Abbau von Vorurteilen durch Kontakt mit Fremden?“, abgerufen: November 2007).
Es gibt noch eine weitere Unterscheidung von Hassverbrechen, die ich für wichtig im Zusammenhang mit Soldatenverbrechen halte:
Erstens gibt es die sogenannten „Thrill Hate-Crimes“, bei denen junge Männer zum Vergnügen eine Gewalttat an einem hilflosen verfügbaren Opfer begehen. Diese Art von Hate-Crimes sind sehr wichtig für meine späteren Ausführungen über Verbrechen im Krieg.
Zweitens gibt es „abwehrende Hassverbrechen“, bei denen es darum geht der verhassten Gruppe zu zeigen, dass sie in einem bestimmten Revier nicht geduldet wird, dass die eigene Gruppe hier stärker ist und das Sagen hat.
Drittens gibt es noch die sogennannten Missionierungshassverbrechen, bei denen es den Tätern darum geht zu zeigen, dass sie mit ihrer Tat rechtschaffend sind.
3. SOLDATENVERBRECHEN
Um mich langsam den von Soldaten im Krieg begangenen Hassverbrechen zu nähern, möchte ich zunächst erklären, was man unter einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit versteht und was ein Kriegsverbrechen ist. Im Krieg herrschen andere Verhältnisse als im zivilen Leben. Der Krieg stellt, so möchte ich sagen, das krasse Gegenteil zum zivilen Leben dar. Aus hohen politischen, teilweise für den einzelnen gar nicht nachvollziehbaren Gründen werden Menschen in z.T. weit entfernte Gegenden gesendet um dort unter Erlaubnis ihrer Regierung legal Dinge zu tun zu denen sie unter friedlichen Umständen gar nicht fähig wären und die in Friedenszeiten sogar zur Verurteilung zum Tode führen würden. Der Krieg befähigt und autorisiert Menschen also Handlungen durchzuführen, die sie sonst nie tun würden oder dürften (Sofsky 2005, S.103). Daher möchte ich auch einen kurzen Überblick zum Kriegsrecht geben. In diesem Zusammenhang spielt auch das Völkerrecht eine wichtige Rolle. Daher werde ich auch dazu noch eine kurze Erörterung abgeben.
3.1. VERBRECHEN GEGEN DIE MENSCHLICHKEIT
Zum ersten Mal wurde der Straftatbestand des Verbrechens gegen die Menschheit oder Verbrechens gegen die Menschlichkeit (engl. crime against humanity) 1907 festgelegt. Die Institution zur Verfolgung dieser Verbrechen ist seit Juli 2002 der internationale Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag. Nach der Londoner Charta vom 8. August 1945 ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter anderem: Mord, ethnische Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Akte gegen die Zivilbevölkerung. Von den Alliierten erlassen bildete diese Charta nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlage für die Nürnberger Prozesse („The Avalon Project: Charter of the international Military Tribunal“, abgerufen: November 2007).
Seit 2002 existiert eine weitere Definition. Die aus dem Rom-Statut stammende Definition beinhaltet u.a. Mord, Ausrottung, Folter, Vergewaltigung u.a., sofern der Akt verbreitet oder systematisch und direkt gegen die Zivilbevölkerung erfolgt („Rome Statute of the International Criminal Court“, abgerufen: November 2007).
3.2. KRIEGSVERBRECHEN
Kriegsverbrechen sind schwerwiegende Verletzungen der völkerrechtlichen Normen, welche die Handlungen während eines bewaffneten Konflikts regeln sollen. Man versteht unter einem Kriegsverbrechen weiterhin alle Verletzungen des Kriegsrechts, die von Beteiligten nach Beginn und vor Ende des Kriegszustandes begangen werden (Steinkamm 2002, S.319). Verbrechen, die nur zeitlich oder örtlich mit dem Krieg zu tun haben, sind keine Kriegsverbrechen. Konkret gelten nach der Genfer Konvention und der Haager Landkriegsordnung u.a. die gezielte Tötung von Zivilisten, das Aushungern der Zivilbevölkerung, die Behinderung humanitärer Hilfe, Flächenbombardements, Angriff oder Bombardierung unverteidigter Städte, Wohnungen und Gebäude, die Tötung von Gefangenen, Geiselerschießungen, Völkermord und Massenmord als Kriegsverbrechen (Artikel „Kriegsverbrechen“, URL: http://www.wikipedia.de, abgerufen: November 2007).
3.3. VÖLKERRECHT UND KRIEGSVÖLKERRECHT
Völkerrecht ist ein missverständlicher Begriff. Nicht unmittelbar die Beziehungen zwischen Völkern werden durch das Völkerrecht geregelt, sondern rechtliche Regelungen von zwischenstaatlichen Beziehungen sind sein Gegenstand (Steinkamm 2002, S.314). Das Völkerrecht regelt den Anwendungsbereich des Kriegsrechts. Speziell regelt es u.a. die Methoden und Mittel der Kampfführung und die Rechtsstellungen der Kombattanten und der Zivilbevölkerung. Es regelt außerdem die Unterscheidung militärischer und ziviler Ziele. Es existiert weiterhin der Begriff „humanitäres Völkerrecht“, das auch als „Kriegsrecht“ oder Kriegsvölkerrecht“ bezeichnet werden kann. Im Falle eines Krieges tritt an die Stelle der Anwendung des Friedensrechts im Fall einer feindlichen Einigung der beiden Seiten die Einigung zur Gewaltanwendung – Das Kriegsrecht bzw. Kriegsvölkerrecht gilt. Es ist definiert als „die Gesamtheit der rechtlichen Normen, die die an einem bewaffneten Konflikt [...] beteiligten zu beachten haben“ (Steinkamm 2002, S.317). Das Kriegsrecht schränkt zur Bewahrung der Menschlichkeit das kriegerische Schädigungsrecht ein. So sind die Mittel und Methoden der Kampfführung begrenzt. Gewaltanwendung ist nur gegen militärische Ziele erlaubt. Überflüssige Verletzungen und unnötige Leiden zu verursachen ist verboten. Weiterhin schränkt das Völkergewohnheitsrecht zum Schutz von Personen und Objekten die Kampfführung weiter ein.
Das Kriegsrecht dient dazu, den Soldaten nicht zum Schwerverbrecher, sondern zum Pflichterfüller zu machen. Die Handlungen, die nötig sind, um den Krieg zu führen, sind durch das Kriegsrecht abgesegnet. So wird der Soldat autorisiert durch das Schießen auf den Feind Gefechte für sich zu gewinnen. Verschiedene andere Dinge sind ebenfalls durch das Kriegsrecht geregelt, u.a. die Unterbringung während Gefangenschaft oder die medizinische Versorgung von Gefangenen. Auch die Zivilbevölkerung in umkämpften Gebieten soll durch das Kriegsrecht geschont werden. Immer schon wurden durch Eroberer Frauen, Kinder und Greise Opfer des Krieges. Stets wurde die Situation für die Zivilbevölkerung gefährlich, wenn ihr Wohnraum einer Invasion unterlag (Sofsky 2005, S.105). Das Kriegsrecht soll den Krieg auf dem Papier sauber halten. Zum Schutz von Unbeteiligten und Wehrlosen setzt es die Regeln fest, nach denen im Krieg gespielt wird. So dürfen nur Kombattanten kämpfen und bekämpft werden. Die Zivilbevölkerung darf gemäß dem Völkerrecht unter keinen Umständen in einen Kampf oder eine kriegerische Handlung miteinbezogen werden (Steinkamm 2002, S.318). Im Krieg gelten ganz spezielle Regeln, die Verstöße nicht dulden. Das Kriegsrecht existiert, um klare Grenzen zwischen den Tötungen, die während dem Krieg stattfinden zu ziehen. Es soll die Trennung zwischen den „legalen“ und Illegalen Verbrechen im Voraus klären.
TEIL II : VERBRECHEN
4. BEISPIELE
In diesem Teil meiner Arbeit werde ich nun einige ausgewählte Soldatenverbrechen des 20. Jahrhunderts näher erläutern. Ich werde den Schwerpunkt auf die Hintergründe und Motive der einzelnen Taten legen, nachdem ich die Details der Verbrechen beschrieben habe um die Rolle, die Hass dabei spielte deutlich zu machen. Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit kann dies keine vollständige oder repräsentative Auflistung von Kriegsverbrechen sein. Dies soll lediglich eine stichprobenartige Analyse dieser Art von Verbrechen werden.
4.1. VERBRECHEN WÄHREND DES 2. WELTKRIEGS
Exemplarisch für die Verbrechen, die im 2.Weltkrieg begangen wurden, befasse ich mich in diesem Kapitel mit Soldatenverbrechen, die zwischen 1939 und 1943 im Osten Europas stattfanden. Mit die grausamsten Verbrechen des ganzen Krieges wurden während des Russlandfeldzugs begangen.
4.1.1. VERBRECHEN IN POLEN 1939
Vor und während des deutschen Einmarschs in Polen im September 1939 kam es vielfach zu Morden an der in Polen lebenden deutschen Bevölkerung durch polnische Armeeangehörige, Polizisten und Zivilisten. Während des Einmarschs der Wehrmacht kam es danach wiederum zu tausendfachen Morden an der polnischen Bevölkerung durch deutsche Soldaten. Die zuvor hochgeschaukelten Spannungen im Verhältnis von Polen und Deutschland führten u.a. zur Unterscheidung der Bevölkerung nach Religionsbekenntnissen. Katholisch stand für polnisch und evangelisch für deutsch. So kam es dazu, dass die deutsche Bevölkerung in Polen, die in Danzig sogar 96% der Bevölkerung bildete, seit dem Sommer 1939 erstmals durch polnische Nationalisten radikal schikaniert wurde. Es kam vermehrt zu Hassausbrüchen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen. Die Schließung von Schulen und der Boykott deutscher Geschäfte steigerten sich im August zu Gewalttaten gegen die sogenannten „Volksdeutschen“. Angst und Missvertrauen herrschte auf beiden Seiten (Magenheimer 2002, S.142). Nach Kriegsbeginn im September ergriffen die polnischen Behörden drastische Maßnahmen. Volksdeutsche, die man der Sabotage beschuldigte wurden verhaftet und in langen Märschen ins Landesinnere gebracht. Während dieser rund 40 Märsche vergingen sich Polizisten aber auch Zivilisten an den Verschleppten. Rund 2200 Menschen kamen dabei zu Tode (Magenheimer 2002, S.142). Der 3. September dieses Jahres ging als „Bromberger Blutsonntag“ in die Geschichte ein. Unter dem Vorwand nach deutschen Fallschirmjägern, Munition und Waffen zu suchen, drangen polnische Soldaten, Polizisten und Zivilisten in Häuser von Deutschen ein. Sie ermordeten, folterten, verstümmelten und vergewaltigten 4000 bis 5000 Menschen.
Mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen zwei Tage zuvor begannen die deutschen Verbrechen in Polen. Südlich von Bromberg marschierte am 5.September das Infanterie-Regiment 9 ein. Nach kampfloser Einnahme einer kleinen Ortschaft, bei der die Soldaten unter leichten Beschuss gerieten, hieß es in Zusammenarbeit mit einer Feldgendarmerie-Einheit, hier müsse „aufgeräumt werden“. 30 mutmaßliche Angreifer wurden verhaftet, 15 von ihnen umgehend erschossen. Getrennt wurde die Gruppe nach katholisch und evangelisch, wobei wieder nach deutsch (evangelisch) und polnisch (katholisch) unterschieden wurde. Die Erschießung der 15 jungen Männer war bei weitem kein Einzelfall. Überall an der Front wurden wahllos Zivilisten aufgegriffen und erschossen. Rund 3000 polnische Soldaten starben hierbei abseits der Kampfhandlungen, circa 16000 polnische Zivilisten fielen Exekutionen zum Opfer. Der schnelle Vormarsch der Wehrmacht war stets begleitet von der Festsetzung ziviler Geiseln, völkerrechtswidriger Trennung zwischen kriegsgefangenen Polen und Juden, Brandschatzungen und Massenerschießungen so genannter Freischärler. Opfer wurde jeder: polnische Priester, Männer im wehrfähigen Alter, Frauen und Kinder, sowie immer wieder die bei den deutschen Soldaten so verhassten, traditionelle Tracht tragenden „Ostjuden“ (Böhler 2006).
Die Fülle an Verbrechen auf beiden Seiten begründete sich deutlich auf Hass. Die Schürung des Hasses durch antideutsche Politik polnischer Nationalisten wie dem „Westmarkenverein“ führte dazu, dass in diesem Fall sogar Zivilisten an Verbrechen gegen Wehrlose beteiligt waren. Die Unterscheidung zwischen katholischen Polen und evangelischen Deutschen führte zu einer klaren Unterscheidung von Freund und Feind, wobei der Feind Ziel und Objekt des Hasses der einen Seite wurde.
Auf Seiten der deutschen Soldaten bestand noch ein anderer Hass gegenüber den Ermordeten. Die mentale Prägung der jungen Männer, die zum großen Teil eine antisemitische Formung durch die NSDAP erfahren haben, führte dazu, dass sie sich während des Feldzugs als überlegene „Herrenmenschen“ fühlten, die „Schmutz beseitigen“ und „Sauberkeit schaffen“ wollten. Böhler spricht außerdem von einer kollektiven „Freischärler-Psychose“, nach der die deutschen Soldaten aus Angst vor erneuten, überraschenden Angriffen präventiv Menschen umbrachten, die sie als potentielle Partisanen ansahen. Dies mündete in unkontrollierte Gewaltakte seitens der Invasoren, deren Opfer oft nach Launen der Soldanten ausgewählt wurden. Mit dem Fortschreiten des Krieges wurden die Mittel immer drastischer und legitimer. „Wie du mir so ich dir“ kann als Mechanismus für die Steigerung der Gewalt angesehen werden.
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- Arbeit zitieren
- Benyamin Bahri (Autor:in), 2007, Hass und Soldatenverbrechen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122051
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