Die vorliegende Arbeit behandelt die steuerliche Würdigung von Sachverhalten mit Kryptowährungen in den verschiedenen Steuerrechtsgebieten und soll zugleich die steuerlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zu konventionellen Fremdwährungen herausstellen. Insbesondere wird diskutiert, inwieweit funktionale Übereinstimmungen oder technisch und (zivil-)rechtliche Unterschiede zwischen Fremd- und Kryptowährungen zur Beantwortung offener steuerlicher Fragestellungen herangezogen werden können. Dazu werden potentielle steuerliche Sachverhalte anhand der aktuellen Auslegung von Gesetztestexten und Rechtsprechungen sowie der Auffassungen in der einschlägigen Literatur sowohl zu Fremd- als auch zu Kryptowährungen herausgestellt und hinterfragt.
Immer häufiger kommt es somit auch vor, dass Kryptowährungen Bestandteil von Betriebs- und/oder Privatvermögen sind. Die Nutzung von Kryptowährungen - z.B. durch Annahme und Hingabe als Zahlungsmittel oder Anschaffungen und Veräußerungen im Tausch gegen konventionelle Währungen - löst vielfach Sachverhalte aus, die steuerlich zu würdigen sind. Die Würdigung entsprechender Vorgänge mit Kryptowährungen ist von gesetzgeberischer Seite in vielerlei Hinsicht noch offen, nicht zuletzt aufgrund der jungen Vergangenheit von Kryptowährungen.
Als Zahlungsmittel und Spekulationsgegenstand weisen Kryptowährungen funktionale Übereinstimmungen mit konventionellem Geld auf. Ähnlich wie bei Fremdwährungen sind auch Kryptowährungen für steuerliche Sachverhalte mittels Wechselkurses in Euro umzurechnen. Gegenüber Fremdwährungen unterscheiden sich Kryptowährungen allerdings wesentlich durch ihre dezentrale Verwaltung. Die steuerliche Würdigung von Fremdwährungsvorgängen und -positionen ist aufgrund der längeren Historie in höherem Maße durch Gesetzgebungen, Erlasse und höchstrichterliche Rechtsprechungen gefestigt als entsprechende Vorgänge in Bezug auf Kryptowährungen.
B. Technische Grundlagen und rechtliche Einordnung von Kryptowährungen
1. Grundelemente von Kryptowährungen
2. Technische Grundbegriffe im Zusammenhang mit Kryptowährungen
3. Ablauf einer Transaktion am Beispiel Bitcoin
5. Überblick verschiedener Krypto-Token
II. Verhältnis von Fremd- und Kryptowährungen zu Geld
1. Funktionaler und volkswirtschaftlicher Geldbegriff
2. Zivilrechtlicher Geldbegriff
3. Zivilrechtliche Einordnung von Fremdwährungen
4. Ausblick auf steuerrechtliche Problemstellungen
C. Fremd- und Kryptowährungen im Rahmen von Gewinneinkünften
I. Erzielung von Gewinneinkünften im Zusammenhang mit Kryptowährungen
1. Einkunftsart und Steuerbarkeit von Gewinneinkünften
II. Bilanzausweis von Fremd- und Kryptowährungsbeständen dem Grunde nach
1. Bilanzierungsfähigkeit von Kryptowährungen
2. Fremd- und Kryptowährungen als liquide Mittel
3. Kryptowährungen als finanzielles Wirtschaftsgut
4. Kryptowährungen als immaterielles Wirtschaftsgut
III. Bilanzausweis von Fremdwährungsbeständen der Höhe nach
1. Zugangsbewertung von Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
2. Folgebewertung von nicht monetären Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
3. Folgebewertung von monetären Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
IV. Bilanzausweis von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach
1. Zugangsbewertung von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach
2. Folgebewertung von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach
3. Wechselkursermittlung bei Kryptowährungsbeständen
D. Veräußerungsvorgänge von Fremd- und Kryptowährungsbeständen im Rahmen der Gewinneinkünfte
I. Begründung von Gewinneinkünften
1. Abgrenzung gewerblicher Einkünfte gegenüber der Vermögensverwaltung
2. Gewerbliche Tätigkeit durch Handel oder Mining von Kryptowährungen
a) Originär gewerbliche Tätigkeit durch Handel mit Kryptowährungen
b) Originär gewerbliche Tätigkeit durch Mining von Kryptowährungen
II. Veräußerungsvorgänge im Rahmen von Gewinneinkünften
1. Ermittlung des Veräußerungsergebnisses
a) Tausch von Kryptowährungen gegen Waren und Dienstleistungen
b) Tausch von Kryptowährungen gegen Euro
c) Anschaffungskosten der veräußerten Kryptowährungsbestände
2. Bewertungsvereinfachungsverfahren
a) Zulässigkeit von Verbrauchsfolgefiktionen
b) Bewertung von Veräußerungsvorgängen bei Anwendung der Lifo-Methode
c) Bewertungsvereinfachung durch Gruppenbewertung
3. Gewerbesteuer
E. Fremd- und Kryptowährungsbeständen im Rahmen von Überschusseinkünften
I. Grundlegendes zu Überschusseinkünften
1. Die verschiedenen Überschusseinkunftsarten
2. Einnahmen nach §8 EStG
3. Werbungskosten nach §9 EStG
II. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach §19 EStG
1. Fremdwährungen im Rahmen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
2. Kryptowährungen im Rahmen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
3. Steuerliche Behandlung von Sacheinnahmen
a) Grundlagen zu Sacheinnahmen nach §8 Abs.2 EStG
b) Steuerliche Bewertung von Sacheinnahmen
III. Fremd- und Kryptowährungen im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung
1. Einkünfte aus Kapitalvermögen nach §20 EStG
a) Tatbestandsmerkmale des §20 EStG
b) Laufende Erträge aus Fremd- und Kryptowährungen nach §20 Abs.1 EStG
c) Veräußerungsgeschäfte nach §20 Abs.2 EStG
2. Fremd- und Kryptowährungsgeschäfte als private Veräußerungsgeschäfte
a) Einordnung in private Veräußerungsgeschäfte
b) Anschaffungs- und Veräußerungszeitpunkt
c) Ermittlung des Veräußerungsgewinns
3. Fiktive Veräußerungsvorgänge bei Fremdwährungen
a) Fiktive Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge von Fremdwährungen
b) Abgrenzung von Fremdwährungsvorgängen zu Kapitalvermögen
4. Kein Anschaffungsvorgang bei gelegentlichem Mining
F. Umsatzsteuerliche Behandlung von Fremd- und Kryptowährungen
I. Umsatzsteuerliche Leistung mit Fremd- und Kryptowährungen
1. Grundlagen zum umsatzsteuerlichen Leistungsbegriff
2. Gleichstellung von Kryptowährungen mit gesetzlichen Zahlungsmitteln
3. Fremdwährungen als gesetzliche Zahlungsmittel
II. Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Fremd- und Kryptowährungen
1. Grundlagen zur umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage
2. Maßgeblicher Umrechnungskurs von Fremdwährungsbeträgen
3. Umrechnungskurs von Kryptowährungen
4. Händlertätigkeit bei Fremd- und Kryptowährungen
III. Umsatzsteuerliche Aspekte bei Mining-Tätigkeit
G. Fremd- und Kryptowährungen im Erbschaftsteuerrecht
I. Erwerb im erbschaftssteuerlichen Sinn
1. Erwerb von Todes wegen und durch Schenkung
2. Kryptowährungen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge
II. Erbschaftssteuerliche Bewertung von Fremd- und Kryptowährungen
1. Bewertung von Kryptowährungen
2. Bewertung von Fremdwährungen
III. Vererbung von Kryptowährungsbeständen im Betriebsvermögen
1. Erbschaftsteuerliches Betriebsvermögen
2. §13b Abs.4 ErbStG (begünstigungsunfähiges Betriebsvermögen)
3. Erweiterung des erbschaftsteuerlichen Finanzmittel-Begriffs
H. Fazit
A. Einleitung
Mit der kontinuierlich steigenden gesellschaftlichen Technologie- und Internetnutzung hat in den letzten Jahren gleichzeitig auch die Relevanz von digitalen Bezahlvorgängen stetig zugenommen.[1] Neben Online-Bezahlsystemen wie Paypal oder Visa können Zahlungen digital zunehmend auch in Kryptowährungen erfolgen.[2] Bei Kryptowährungen handelt es sich um ein virtuelles, dezentral verwaltetes und kryptographisch gesichertes Zahlungsmittelkonzept, welches losgelöst von konventionellen, hoheitlich ausgegebenen Währungen existiert.[3] Dennoch können Kryptowährungen in der Regel über beispielsweise Handelsplattformen gegen konventionelle Währungen eingetauscht werden.
Kryptowährungen haben in den letzten Jahren sowohl als Zahlungsmittel als auch als Spekulationsgegenstand enorm an Bedeutung gewonnen. Die älteste und verbreitetste Kryptowährung ist Bitcoin. Bis August 2021 wurden weltweit über 650 Millionen Zahlungstransaktionen alleine mit Bitcoin durchgeführt.[4] Der Preis eines Bitcoins hat in den letzten Jahren einen rasanten Kursanstieg verzeichnet und lag im April 2021 bei einem Kurs von knapp 50.000 €.[5] Immer häufiger kommt es somit auch vor, dass Kryptowährungen Bestandteil von Betriebs- und/oder Privatvermögen sind. Die Nutzung von Kryptowährungen - z.B. durch Annahme und Hingabe als Zahlungsmittel oder Anschaffungen und Veräußerungen im Tausch gegen konventionelle Währungen - löst vielfach Sachverhalte aus, die steuerlich zu würdigen sind. Die Würdigung entsprechender Vorgänge mit Kryptowährungen ist von gesetzgeberischer Seite in vielerlei Hinsicht noch offen, nicht zuletzt aufgrund der jungen Vergangenheit von Kryptowährungen. Werden Kryptowährungsbestände im Betriebsvermögen gehalten, beispielsweise durch Vereinnahmung als Zahlungsmittel oder als Spekulationsgegenstand, ist es erforderlich, eine bilanzielle Qualifizierung von Kryptowährungen vorzunehmen. Werden Kryptowährungen im Privatvermögen verwendet, sind insbesondere die Veräußerungsvorgänge steuerlich zu würdigen. Ebenso zu beachten sind mögliche umsatzsteuerliche und erbschaftssteuerliche Sachverhalte, die durch die Nutzung von Kryptowährungen entstehen.
Als Zahlungsmittel und Spekulationsgegenstand weisen Kryptowährungen funktionale Übereinstimmungen mit konventionellem Geld auf. Ähnlich wie bei Fremdwährungen sind auch Kryptowährungen für steuerliche Sachverhalte mittels Wechselkurses in Euro umzurechnen. Gegenüber Fremdwährungen unterscheiden sich Kryptowährungen allerdings wesentlich durch ihre dezentrale Verwaltung.[6]
Die steuerliche Würdigung von Fremdwährungsvorgängen und -positionen ist aufgrund der längeren Historie in höherem Maße durch Gesetzgebungen, Erlasse und höchstrichterliche Rechtsprechungen gefestigt als entsprechende Vorgänge in Bezug auf Kryptowährungen.
Diese Ausarbeitung behandelt die steuerliche Würdigung von Sachverhalten mit Kryptowährungen in den verschiedenen Steuerrechtsgebieten und soll zugleich die steuerlichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zu konventionellen Fremdwährungen herausstellen. Insbesondere wird diskutiert, inwieweit funktionale Übereinstimmungen oder technisch und (zivil-)rechtliche Unterschiede zwischen Fremd- und Kryptowährungen zur Beantwortung offener steuerlicher Fragestellungen herangezogen werden können. Dazu werden potentielle steuerliche Sachverhalte anhand der aktuellen Auslegung von Gesetztestexten und Rechtsprechungen sowie der Auffassungen in der einschlägigen Literatur sowohl zu Fremd- als auch zu Kryptowährungen herausgestellt und hinterfragt. Für die unterschiedlichen Steuerrechtsgebiete soll die Leitfrage „Inwieweit kann die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen aus der steuerlichen Behandlung von Fremdwährungen hergeleitet werden?“ beantwortet werden.
B. Technische Grundlagen und rechtliche Einordnung von Kryptowährungen
Um eine steuerrechtliche Einordnung von Kryptowährungen qualitativ zu diskutieren, ist es zunächst erforderlich, sich mit der Funktions- und Nutzungsweise von Kryptowährungen sowie mit der hinter Kryptowährungen stehenden Technologie auseinanderzusetzen. Das folgende Kapitel soll diese Grundlagen näherbringen und dabei vor allem (zivil-) rechtliche Gemeinsamkeiten zu anderen, staatlich anerkannten Fremdwährungen herstellen.
I. Technische Grundlagen
1. Grundelemente von Kryptowährungen
Die Grundidee hinter Kryptowährungen soll im Folgenden überwiegend anhand der wohl bekanntesten und bedeutsamsten Kryptowährung, Bitcoin, erläutert werden. Die Idee hinter Bitcoin, welche zugleich die erste Kryptowährung überhaupt war, geht auf ein Whitepaper, welches unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto im Jahr 2008 veröffentlicht wurde, zurück.[7]
Das wesentliche Anliegen von Nakamoto bei der Entwicklung und Einführung von Bitcoin war es, angesichts der steigenden Bedeutung von E-Commerce, Internethandel und steigenden Transaktionsvolumina im elektronischen Zahlungsverkehr ein sicheres Bezahlsystem zu entwickeln.[8] Bis zur praktischen Umsetzung des Bitcoin-Systems im Januar 2009 konnte eine elektronische Zahlung ausschließlich mittels eines zwischengeschalteten treuhänderisch agierenden Intermediares abgewickelt werden.[9] Dabei besteht das Problem, dass der Zahlungsempfänger einer Transaktion zu einem gewissen Maß auf die Zahlungsfähigkeit des Gegenübers bzw. die Glaubwürdigkeit des zwischengeschalteten Finanzintermediäres vertrauen muss, da er selbst keine Informationen darüber hat.[10] Nakamotos Idee war es, durch Bitcoin ein elektronisches Bezahlsystem zu entwickeln, welches keine Zwischenschaltung eines Finanzintermediäres benötigt. Es beruht nicht auf der Glaubwürdigkeit eines Intermediäres, sondern basiert auf kryptographischem Beweis. Jedem Teilnehmer im Bitcoin-Bezahlsystem ist dabei die verfügbare Menge an Bitcoins anonym bekannt, über die der andere Teilnehmer verfügen kann.[11] Das Ziel ist es, eine Transaktion zum einen ohne Zahlungsausfallrisiko und zum anderen ohne Einbindung eines Dritten durchzuführen.[12] Bitcoins stellen in diesem Bezahlsystem die Währungseinheit dar und fungieren als Zahlungsmittel zwischen den Teilnehmern dieses Bezahlsystems.[13] Sie werden aufgrund der Kryptografie hinter den Bitcoins als virtuelle Währungen, Coins oder auch als Currency-Token bezeichnet, da sie ausschließlich als Zahlungsmittel genutzt werden.[14] Bitcoins sind folglich wie Werteinheiten im digitalen Bitcoin-Netzwerk zu betrachten. Sie werden nicht von einer zentralen Instanz ausgegeben oder reguliert und können grundsätzlich von jedermann erworben werden.[15] Bitcoins liegen nicht physisch vor, sondern stellen eine gespeicherte Abfolge digitaler Transaktionen dar.[16]
2. Technische Grundbegriffe im Zusammenhang mit Kryptowährungen
Mittlerweile gibt es über 11.000 verschiedene Kryptowährungen[17], die sich teilweise in den technischen Grundlagen unterscheiden. Gemein haben alle Kryptowährungen im Wesentlichen zwei Grundelemente: Eine Software, welche vorgibt, wie Transaktionen durchgeführt werden können und die jeder Nutzer installiert haben muss sowie ein dezentral strukturiertes Netzwerk. In diesem dezentralen Netzwerk wird eine dezentrale Datenbank betrieben, welche sämtliche Transaktionen speichert.[18] Diese dezentrale Datenbankstruktur wird als Distributed Ledger Technologie bezeichnet. Die Distributed Ledger Technologie hinter Bitcoin ist die sogenannte Blockchain. Die Blockchain ist folgerichtig dezentral gespeichert, sie ist also in diversen Kopien auf am Bitcoin-Netzwerk teilnehmenden Rechnern gespeichert.[19] Auf dieser Blockchain sind sämtliche Transaktionen, die seit der praktischen Einführung von Bitcoin durchgeführt wurden, gespeichert. Mehrere Transaktionen werden dabei jeweils in einem Block zusammengefasst. Geplant wird alle zehn Minuten ein neuer Transaktionsblock generiert und an die Blockchain angefügt.[20] An die Blockchain angedockte Blöcke werden mit einem sogenannten Hash versiegelt, der die Integrität des Blocks sicherstellt. Jeder folgende angedockte Block enthält auch den Hash seiner unmittelbar vorangestellten Blocks sowie einen Hash, hinter dem die in dem Transaktionsblock befindlichen Transaktionen verschlüsselt sind.[21] Somit enthält der aktuellste Block die neuen Transaktionen und mittelbar über den Hash des vorangegangen Blocks sämtliche bisher durchgeführten Transaktionen.[22] Die Blockchain ist öffentlich und die durchgeführten Transaktionen sind irreversibel, also unabänderlich.[23] Die Blockchain ist insbesondere den Netzwerk-Teilnehmern bekannt, die Teilnehmer kennen die Daten jeder bisher durchgeführten Transaktion. Jeder Netzwerkteilnehmer ist in der Lage, die Blockchain zu lesen und Daten an diese zu übermitteln.[24]
Um am Bitcoin-Netzwerk direkt teilzunehmen, ist es notwendig, eine Software auf einem Rechner zu installieren, welche eine virtuelle Geldbörse, ein sogenanntes Wallet, enthält, in denen Bitcoins gespeichert werden können.[25] Die Einrichtung eines Wallets ist in dieser Form komplett anonym, weder persönliche Daten noch Bonitätsabfragen finden dabei statt.[26] Mit Installation der Software und dem damit verbundenen Erstellen des Wallets entsteht ein weiterer Knotenpunkt im System. Das Wallet besteht aus zwei kryptographischen Schlüsseln, einem öffentlichen Schlüssel (Public Key) und einem privaten Schlüssel (Private Key). Diese werden zum Empfangen und Versenden von Bitcoins benötigt.[27] Inhaber eines Bitcoins ist derjenige, dessen im Wallet gespeicherten Schlüsselpaare das Ende einer bisherigen Transaktionskette in der Blockchain sind.
3. Ablauf einer Transaktion am Beispiel Bitcoin
Möchte ein Teilnehmer (Zahlender) einem anderen Teilnehmer (Zahlungsempfänger) des Netzwerks eine bestimmte Stückelung an Bitcoins übertragen, wird eine neue Transaktion generiert, die mit weiteren Transkationen in einen Transaktionsblock fällt. Die Transaktion wird dezentral und unmittelbar zwischen den beteiligten Netzwerkteilnehmern durchgeführt.[28] Dabei treten beide Teilnehmer der Zahlung dem gesamten Netzwerk gegenüber mit ihrem Public Key auf. Der Public Key jedes Teilnehmers ist praktisch vergleichbar mit einer Kontonummer. Unter diesem Schlüssel sind die dem Teilnehmer verfügbaren Einheiten an Bitcoin den anderen Teilnehmern bekannt, der Public Key ist Teil jeder Transaktion und somit Teil der Blockchain, die jedem Teilnehmer bekannt ist.[29] Der Zahlungsempfänger teilt dem Zahlenden zunächst seinen Public Key mit. Der Zahlende kann dann einen Betrag wählen, den er von seinem Public Key an den Public Key des Empfängers senden möchte. Unter Verwendung des Private Keys kann der Zahlende die Transaktion verifizieren.[30] Die Nutzung des Private Keys ist vergleichbar mit der Nutzung einer PIN oder einer Unterschrift. Der Zahlende autorisiert damit die Transaktion.[31] Diese Transaktion wird mit weiteren gleich gelagerten Transaktionen in einem Transaktionsblock zusammengefasst und dem System zur Verifizierung zur Verfügung gestellt. Damit ein Transaktionsblock an die Blockchain angedockt werden kann, muss dieser drei Komponenten enthalten. Erstens muss der Hash des voranstehenden Blocks enthalten sein, zweitens müssen die neu durchgeführten Transaktionen enthalten sein und drittens ist eine Zufallszahl (Nonce) notwendig, die den Block ergänzt.[32] Aus diesen Komponenten kann mittels Rechnerleistung der Hash des neuen Blocks ermittelt werden. Derjenige Netzwerkteilnehmer, der den Hash gelöst hat, schickt den anderen Teilnehmern den neu komplettierten Transaktionsblock zur Verifizierung.[33] Die Netzwerkteilnehmer nehmen den neuen Block in die bestehende Blockchain auf, wenn die im neuen Block enthaltenen Transaktionen ihrerseits auf Korrektheit geprüft sind. Wird der Block von der Mehrheit der Teilnehmer als korrekt erachtet, erhält derjenige Teilnehmer, der den neuen Block (bzw. den Hash) gelöst hat, eine Vergütung in Form von neu generierten Bitcoins, da er mit der Lösung des Blocks nachweist, dem Gesamtsystem Rechnerleistung zur Validierung der Transaktionen zur Verfügung gestellt zu haben. Dieser Vorgang wird Proof of Work genannt.[34] Eine falsche Lösung des Blocks würde keinen Konsens der anderen Teilnehmer über die Richtigkeit des Blocks schaffen, sodass ein falscher Block nicht an die Blockchain angedockt werden würde. Über diesen Konsensmechanismus wird sichergestellt, dass keine Bestände doppelt übertragen werden können (sogenanntes „double-spending“).[35]
Der Gesamtvorgang, der zur Entlohnung des verifizierenden Teilnehmers neu geschaffenen Bitcoin, wird als Mining bezeichnet.[36] In der Praxis ist kein einzelner Netzwerkteilnehmer der Miner, sondern -aufgrund hoher Anforderungen an die Rechenleistung zur Lösung und Validierung der Transaktionsblöcke- geschieht das Mining durch Mining-Pools, in denen mehrere Teilnehmer ihre Rechnerleistung bündeln.[37]
4. Erwerb von Kryptowährungen
Es gibt die Möglichkeit, einen Bitcoin über vorstehend beschriebenes Mining zu erwirtschaften. Ebenso kann jeder Teilnehmer des Netzwerks Bitcoins empfangen, z.B. als Zahlung gegen eine andere Ware. Es ist aber auch möglich, Bitcoins gegen staatlich anerkannte Währungen auf Online-Handelsplattformen zu tauschen.[38] Letzterer Fall dürfte der in der Praxis wohl am häufigsten auftretende Fall sein. Dabei wird regelmäßig eine Art Konto bei der betreffenden Handelsplattform eingerichtet, auf welches man Geld überweisen kann und mit welchem dann Kryptowährungen erworben werden können. Dabei gibt es sowohl die Möglichkeit, bei Eröffnung des Kontos bei der Handelsplattform ein Wallet zu eröffnen oder aber auch die Möglichkeit, dass die Handelsplattform das Wallet für den Kunden verwahrt.[39] Diese Möglichkeit ist für Personen geeignet, die Kryptowährungen nicht als Zahlungsmittel, sondern lediglich als Anlage- bzw. Spekulationsobjekt nutzen. Sofern das Ziel ist, am Zahlungsverkehr mit Bitcoin teilzunehmen, ist es notwendig, über ein Wallet zu verfügen.
5. Überblick verschiedener Krypto-Token
Die dezentrale Datenbankstruktur, die Ausführung einer Software und der beschriebene Transaktionsprozess kann strukturell im Wesentlichen auf andere Kryptowährungen übertragen werden. Eine Transaktion wird im jeweiligen Netzwerk der Kryptowährung über einen festgelegten Konsensmechanismus (bei Bitcoin Proof-of-Work) verifiziert.[40] Die hinter Kryptowährungen stehende Blockchain Technologie kann auch andere in irgendeiner Form digital und dezentral abgebildete Vermögenswerte speichern. Allgemein wird daher von Krypto-Token gesprochen, die es im Wesentlichen in vier verschiedenen Ausgestaltungen gibt.[41]
Currency-Token oder auch Payment-Token fungieren ausschließlich als ein alternatives, digitales Zahlungsmittel.[42] Hierunter fallen insbesondere Bitcoin.
Security-Token oder auch Investment-Token sind mit herkömmlichen Wertpapieren vergleichbar. Die Token verbriefen regelmäßig Rechte an den zukünftigen Gewinnen eines Unternehmens, z.B. Dividendenrechte.[43]
Utility-Token verbriefen einen Anspruch, den Token gegen eine bestimmte Ware oder Dienstleistung einzutauschen.[44]
Debt-Token verbriefen ähnlich einer Schuldverschreibung einen Anspruch auf die Rückzahlung einer Forderung (ggf. zuzüglich Zinsen).[45]
Für die nachfolgenden steuerlichen Fragestellungen wird in erster Linie die Ausgestaltung als Currency-Token betrachtet, da diese funktional am ehesten mit Fremdwährungen vergleichbar sind.
II. Verhältnis von Fremd- und Kryptowährungen zu Geld
Nach der Einführung in die technischen Grundlagen hinter Kryptowährungen soll nun eine zivilrechtliche und funktionale Einordnung von Fremd- und Kryptowährungen im Verhältnis zu konventionellem „Geld“ erfolgen.
1. Funktionaler und volkswirtschaftlicher Geldbegriff
Der im volkswirtschaftlichen Kontext verwendete Geldbegriff ist von drei wesentlichen funktionalen Eigenschaften geprägt. Es muss eine Tauschmittel- oder Zahlungsmittelfunktion, eine Wertaufbewahrungsfunktion und eine Wertmessfunktion in Form einer Rechenmittelfunktion gegeben sein.[46]
Als Tauschmittel kann Geld als Medium gegen andere Waren und Dienstleistungen getauscht werden. Es ist ein selbständiges Tauschmittel und kann deshalb vom Inhaber zu einem späteren Zeitpunkt gegen weitere andere Waren und Dienstleistungen erneut getauscht werden.[47] Die Tauschmittelfunktion hängt praktisch insbesondere von der Akzeptanz der Marktteilnehmer ab. Auch wenn für Kryptowährungen kein gesetzlicher Annahmezwang besteht, ist die Akzeptanz als Tauschmittel in den vergangenen Jahren gestiegen und die Tauschmittelfunktion wird grundsätzlich von Kryptowährungen erfüllt.[48]
Die Wertaufbewahrungsfunktion von Geld ist grundsätzlich dann gegeben, wenn es als Tauschmittel zu einem späteren Zeitpunkt und an einem anderen Ort eingesetzt werden kann.[49] Auch diese Eigenschaft wird regelmäßig von Kryptowährungen erfüllt. Der Gegenwert von Kryptowährungen ist zum Teil sehr volatil, dies steht aber der Wertaufbewahrungsfunktion nicht entgegen.[50]
Als Wertmaßstab und Rechenmittel muss Geld aus funktionaler Perspektive als Hilfsmittel einen Wertvergleich zwischen verschiedenen Waren und Dienstleistungen darstellen können. Auch Kryptowährungen sind durch einen Wert beziffert und erfüllen diese Funktion ebenso wie konventionelles Geld.[51]
Kryptowährungen erfüllen also alle drei beschriebenen funktionalen Eigenschaften. Somit fallen Kryptowährungen unter den in der Volkswirtschaft verwendeten Geldbegriff. Insbesondere die Funktion als Rechenmittel bzw. als Rechnungseinheit wurde Kryptowährungen auch von der BaFin zugesprochen. Folgend wurden Kryptowährungen auch in §1 Abs. 11 Nr. 10 KWG als Rechnungseinheit und somit als Finanzinstrument eingestuft. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Handelsplattformen von Kryptowährungen der Genehmigungs- und Aufsichtspflicht der BaFin unterliegen.[52] Deshalb müssen sich Nutzer der Handelsplattformen von Kryptowährungen regelmäßig legitimieren, wodurch die im Grundkonstrukt der Kryptowährungen enthaltene Anonymität eingeschränkt wird.
2. Zivilrechtlicher Geldbegriff
Losgelöst vom volkswirtschaftlichen Geldbegriff ist die rechtliche Betrachtungsweise von Geld zu beurteilen. Die herrschende Meinung vertritt die Auffassung, dass sich Geld aus öffentlich-rechtlicher Perspektive dadurch auszeichnet, dass es staatlich anerkannt ist.[53] Geld muss dieser Ansicht nach durch eine Geldverfassung hoheitlich bestimmt sein und unterliegt aufgrund der staatlichen Anerkennung als gesetzliches Zahlungsmittel dem Annahmezwang.[54]
Herausfordernd ist, dass es keinen explizit definierten Geldbegriff im Zivilrecht gibt, vielmehr wird im BGB der Begriff Geld vorausgesetzt.[55] Dieses kann in Form von Bargeld oder Buchgeld vorliegen. Grundsätzlich ist Bargeld das einzige staatlich anerkannte Zahlungsmittel im Euroraum (Art. 128 Abs.1 S.3 AEUV). Daraus folgt, dass genau genommen ausschließlich für Euro-Noten und Euro-Münzen ein Annahmezwang in Deutschland besteht. An dieser Stelle wird zivilrechtlich auch vom gegenständlichen Geldbegriff gesprochen.[56] Da Kryptowährungen nicht physisch vorliegen und ebenso keinem gesetzlichen Annahmezwang unterliegen, können sie die zivilrechtlichen Eigenschaften des gegenständlichen Geldbegriffs nicht erfüllen.
Der gegenständliche Geldbegriff kann durch Hinzunahme von Buchgeld zum sogenannten institutionellen Geldbegriff erweitert werden.[57] Als Buchgeld wird zivilrechtlich eine Geldforderung gegenüber einem Kreditinstitut verstanden. Während Bargeld zivilrechtlich Gegenstand einer Sachschuld ist (Münzgeld und Papiergeld sind gegenständlich), wird beim Buchgeld vielmehr die Forderung des Erfüllungsbetrags gehandelt.[58] Wirtschaftlich hat die Verwendung von Buchgeld in Form von Überweisungen, Schecks etc. eine höhere Bedeutung als Bargeld, allerdings ist Buchgeld kein gesetzliches Zahlungsmittel.[59] Dennoch bilden Bar- und Buchgeld zusammen im Zivilrecht einen allgemeinen (nicht explizit definierten) Geldbegriff. Der institutionelle Geldbegriff im Zivilrecht bezieht sich folgerichtig keineswegs ausschließlich auf die gesetzlichen Zahlungsmittel. Aus dieser Perspektive betrachtet könnten Kryptowährungen, auch wenn sie kein gesetzliches Zahlungsmittel darstellen, grundsätzlich auch unter den institutionellen Geldbegriff fallen. Kryptowährungen sind allerdings auch kein Buchgeld, da sie keine Geldforderungen gegenüber einem Kreditinstitut darstellen. Es gibt keine zentrale Instanz, welche Kryptowährungen ausgibt und somit stellen sie auch keine Forderungen einer übergeordneten Instanz dar.[60]
Ebenfalls vom institutionellen Geldbegriff erfasst ist das sogenannte E-Geld i.S.d. §1 Abs.2 S.3 ZAG. Demnach ist E-Geld „ein elektronisch gespeicherter monetärer Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des §675f. Abs.4 S.1 BGB durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird.“[61] Wie in der Betrachtung als Finanzinstrument dargestellt, sind Kryptowährungen ein elektronisch gespeicherter monetärer Wert, aber keine Forderung an einen Emittenten. Durch die dezentrale Netzwerkstruktur, die Basis jeder Kryptowährung ist, gibt es keinen expliziten Emittenten von bestimmten Kryptowährungen. Eine Einordnung als E-Geld ist somit zu verneinen.[62]
Dieser Argumentation folgend fallen Kryptowährungen nicht unter den institutionellen Geldbegriff, den das Zivilrecht verwendet. Dafür ausschlaggebend ist allerdings nicht ausschließlich die Tatsache, dass Kryptowährungen keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind, da sowohl Buchgeld als auch E-Geld zivilrechtlich unter den institutionellen Geldbegriff fallen und ebenfalls keine gesetzlichen Zahlungsmittel sind. Vielmehr ist ausschlaggebend, dass es sich nicht um eine staatliche, hoheitlich ausgegebene Währung handelt.[63]
Solange keine Zuordnung von Kryptowährungen zum institutionellen Geldbegriff des Zivilrechts erfolgt, können Kryptowährungen keine Gegenleistung im Rahmen eines Kaufvertrags nach §433 BGB sein, da diese grundsätzlich in Geld zu erbringen ist. Vereinbaren zwei Parteien untereinander die Zahlung von Kryptowährungen als Gegenleistung, liegt folglich ein Tauschgeschäft i.S.d. §480 BGB vor.[64] Der reine Erwerb von Kryptowährungen gegen Geld (z.B. über eine Handelsplattform) hingegen stellt einen Kaufvertrag dar. Vielfach wird die Meinung vertreten, dass Kryptowährungen privatrechtlich am ehesten als sonstiger Gegenstand i.S.d. §453 BGB, genauer als immaterielles Gut einzuordnen sind.[65] Hierunter fallen insbesondere Rechte, deren Eigentum verkauft und erworben werden kann (beispielsweise Patente). Ob man Eigentum an einer Kryptowährung im zivilrechtlichen Sinne erlangen kann, wird allerdings bestritten.[66] Eine Einordnung als Sache nach §90 BGB ist mangels Körperlichkeit von Kryptowährungen ausgeschlossen.[67] Kryptowährungen können eine Tauschmittelfunktion erfüllen und als Gegenstand zur Begleichung einer Geldschuld genutzt werden, sie stellen selbst aber keine Geldforderung und ebenso keinen Anspruch auf Geld dar. [68]
3. Zivilrechtliche Einordnung von Fremdwährungen
Kurz soll ebenfalls eine (zivil)-rechtliche Einordnung von konventionellen Fremdwährungen insbesondere im Vergleich zu Kryptowährungen erfolgen. Grundsätzlich werden Fremdwährungen als ein von einer Währungshoheit für ein bestimmtes Währungsgebiet ausgegebenes gesetzliches Zahlungsmittel verstanden.[69] Dieser Definition folgend ergibt sich unmittelbar, dass Kryptowährungen nicht als Fremdwährungen zu qualifizieren sind, denn sie werden von keiner hoheitlichen Instanz ausgegeben.[70] Ob Fremdwährungen in Form von Sorten (ausländisches Bargeld) unter den gegenständlichen Geldbegriff fallen, ist streitig. Zwar vertritt der Bundesfinanzhof (BFH) die Auffassung, dass Fremdwährungen dennoch als gesetzliches Zahlungsmittel aufzufassen sind[71], folgt man hingegen der Definition aus Art. 128 Abs.1 S.3 AEUV, fallen alle fremden, nicht auf Euro lautenden Währungen nicht unter die gesetzlichen Zahlungsmittel. Für sie besteht insbesondere im Inland kein Annahmezwang.
Fremdwährungen in Form von Devisen (ausländisches Buchgeld) fallen allerdings fraglos unter den institutionellen Geldbegriff. Sie stellen eine Geldforderung gegenüber einem Kreditinstitut (oder auch eine Zentralbank) dar. Sie müssen und werden folglich zivilrechtlich als Geld aufgefasst.[72] Insbesondere folgt daraus, dass sie als Gegenleistung im Rahmen eines Kaufvertrags i.S.d. §433 BGB akzeptiert werden.[73] Ebenso können Fremdwährungen allerdings auch Kaufgegenstand eines Kaufvertrags in physischer Form oder aber in Form einer Forderung ein verkauftes Recht sein.[74]
Bis vor Kurzem war auch keine Kryptowährung ein gesetzliches Zahlungsmittel in einem Währungsgebiet. Am 07. September 2021 hat das Land El Salvador die Kryptowährung Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen.[75] In einer Vorabfassung hat der Deutsche Bundestag auf Nachfrage festgehalten, dass die rechtliche Einordnung von Bitcoin in Deutschland von dieser Maßnahme nicht tangiert wird.[76] Es wird zu überdenken sein, ob mit der Zulassung des Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador eine Forderung gegenüber der dortigen Zentralbank gegeben ist und somit zumindest Bitcoin aufgrund dessen eine Fremdwährung darstellen kann. Dagegen spricht, dass El Salvador weiterhin nicht die Währungshoheit im Bitcoin-System darstellt, das Netzwerk besteht weiterhin dezentral und auch die verfügbare Menge an Bitcoin kann nicht seitens des Staates beeinflusst werden.
4. Ausblick auf steuerrechtliche Problemstellungen
Es bleibt abschließend für dieses Kapitel festzuhalten, dass Fremdwährungen zivilrechtlich im Rahmen des institutionellen Geldbegriffs als Geld aufgefasst werden, Kryptowährungen de lege lata hingegen nicht. Ausschlaggebend dabei ist, dass Fremdwährungen von einer Währungshoheit ausgegeben werden und dass Fremdwährungen Forderungen gegenüber Dritten und insbesondere gegenüber Banken in Form von Devisen darstellen. Dadurch, dass Geld zivilrechtlich nicht konkret definiert ist, ist es nicht auszuschließen, dass auch der dem Zivilrecht im Wesentlichen zugrundeliegende institutionelle Geldbegriff zukünftig um Kryptowährungen erweitert werden kann. Dafür würde sprechen, dass Kryptowährungen funktional betrachtet gleiche Eigenschaften wie konventionelle Währungen als Zahlungsmittel aufweisen. Ebenso werden sie als Anlage- oder Spekulationsgegenstand genutzt.
Weiter ist bis dato nicht abschließend geklärt, wie Kryptowährungen zivilrechtlich zu beurteilen sind.[77] Am ehesten scheint eine Einordnung als sonstiger Gegenstand zutreffend zu sein, allerdings nur, aufgrund des Auffangtatbestandcharakters.
Einem Steuerpflichtigen ist es möglich, Einkünfte in Kryptowährungen zu erzielen, indem er Kryptowährungen als Zahlungsmittel für eine Ware oder Dienstleistung erhält, Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften mit Kryptowährungen erzielt oder durch eine Mining-Tätigkeit Kryptowährungen vereinnahmt.[78] Diese Fallkonstellationen sollen nachfolgend einkommenssteuerrechtlich in Rahmen der Erzielung von Gewinn- und Überschusseinkünften, umsatzsteuerlich und erbschaftssteuerlich gewürdigt werden. Inwieweit sich die zivilrechtliche Negativabgrenzung zum institutionellen Geldbegriff auf die steuerliche Beurteilung auswirkt, soll anhand des Vergleichs zu Fremdwährungen beurteilt werden.
C. Fremd- und Kryptowährungen im Rahmen von Gewinneinkünften
Ebenso wie das deutsche Einkommensteuerrecht in zwei Arten von Einkünften unterteilt ist, ist auch die einkommenssteuerrechtliche Würdigung von Fremd- und Kryptowährungen in zwei Kapitel aufgeteilt. Während sich Kapitel D mit der Behandlung von Fremd- und Kryptowährungen im Rahmen von Überschusseinkünften befasst, wird in diesem Kapitel die Behandlung von Fremd- und Kryptowährungen im Rahmen von Gewinneinkünften behandelt. Die beiden Einkunftsarten unterscheiden sich durch die Art der Einkünfteermittlung. §2 Abs.1 EStG zählt alle sieben Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes abschließend auf.
I. Erzielung von Gewinneinkünften im Zusammenhang mit Kryptowährungen
1. Einkunftsart und Steuerbarkeit von Gewinneinkünften
Bei den Gewinneinkunftsarten ermittelt sich die Höhe der Einkünfte nach §4 Abs.1 S.1 EStG aus dem Unterschiedsbetrag des Betriebsvermögens am Schluss eines Wirtschaftsjahres und des Betriebsvermögens am Anfang des Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen, vermindert um den Wert der Einlagen (sogenannter Betriebsvermögensvergleich (BVV)). Zu den Gewinneinkünften zählen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§13,14 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§15 bis 17 EStG) und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§18 EStG). Die Gewinnermittlung mittels BVV gilt für Steuerpflichtige, die im Rahmen ihrer Gewinneinkünfte buchführungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen.[79] Es ist folglich zu prüfen, wie im Betriebsvermögen gehaltene Fremd- und Kryptowährungsbestände zu berücksichtigen sind, um daraus zu schließen, wie entsprechende Bestände sich auf die Gewinnermittlung auswirken.
Zunächst ist festzustellen, dass grundsätzlich im EStG nicht festgehalten ist, in welcher Form Einkünfte erzielt werden, insbesondere müssen sie nicht zwingend in Geld erzielt werden. Einkünfte sind lediglich als Überschuss zwischen Einnahmen und Ausgaben definiert.[80] Der Steuergegenstand besteht aus den Einkünften, die aus den entsprechend der Tatbestandsmerkmale zutreffenden Einkunftsart erzielt werden.[81] In Bezug auf Kryptowährungen stellte der Bundestag im Jahr 2013 auf Anfrage (zumindest bezüglich Bitcoin) fest: „Die Nutzung von Bitcoins als Zahlungsmittel hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die steuerliche Bewertung der damit vollzogenen Geschäfte oder Transaktionen“.[82] Diese Aussage kann aufgrund der technischen Gleichheit der Kernelemente von Kryptowährungen auf andere Kryptowährungen übertragen werden. Ebenso lässt sich ableiten, dass die Vereinnahmung von Einkünften in Form von Kryptowährungen keine Auswirkungen auf die Zuordnung der Einkünfte zu einer Gewinneinkunftsart hat. Hierbei ist die Art der Tätigkeit und nicht die Art der Vereinnahmung der Einkünfte entscheidend. [83]
Einkünfte können der Höhe nach nur besteuert werden, wenn sie auch dem Grunde nach zu besteuern sind. Deshalb ist zu klären, ob die Steuerbarkeit von Einkünften dadurch tangiert wird, dass diese Einkünfte in Kryptowährung vereinnahmt werden.
Für die Steuerbarkeit von Gewinneinkünften müssen die vier in §15 Abs.2 S.1 EStG beschriebenen Merkmale erfüllt sein, die bei Steuerbarkeit von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und bei Einkünften aus selbständiger Arbeit grundsätzlich ebenso zutreffend sind. Diese Merkmale sind die Selbständigkeit, die Nachhaltigkeit, die Gewinnerzielungsabsicht und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.[84] Die Selbständigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass eine natürliche Person das unternehmerische Risiko und die unternehmerische Initiative trägt.[85] Die Nachhaltigkeit zeichnet sich dadurch aus, dass die Tätigkeit auf Wiederholung ausgerichtet ist.[86] Beide Merkmale beziehen sich auf die Tätigkeit des Steuerpflichtigen und somit nicht auf die Art der Vereinnahmung von Einkünften. Beide Merkmale sind unabhängig von der Art der Vereinnahmung erfüllt oder nicht erfüllt. Die Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr zeichnet sich grundsätzlich dadurch aus, dass der Steuerpflichtige Anbieter von Gütern und Leistungen ist und als solcher für Dritte erkennbar am Markt auftritt.[87] Auch dieses Merkmal kann nicht durch die Erzielung der Einkünfte in Kryptowährungen tangiert werden. Selbst wenn der Steuerpflichtige ausschließlich Zahlungen in einer bestimmten Kryptowährung akzeptieren würde, was je nach Verbreitung der Kryptowährung den Abnehmerkreis der Ware oder Dienstleistung zunächst einschränken würde, kann die Marktteilnahme als erfüllt betrachtet werden. Schließlich wäre es einem Dritten regelmäßig möglich, diese Kryptowährung beispielsweise an einem Handelsplatz zu tauschen oder mit entsprechender Software am Netzwerk der Kryptowährung teilzuhaben und schließlich Güter oder Dienstleistungen damit zu bezahlen. Die Güter und Dienstleistungen wären einem Dritten demnach zugänglich, wenn sie es unabhängig von der Wahl des Zahlungsmittels vorher bereits waren.
Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht wird objektiv anhand einer positiven Ertragsprognose (positives Gesamtergebnis über die Gesamtdauer der Tätigkeit) erfüllt.[88] Auch dieses Merkmal muss unabhängig von der Wahl des Zahlungsmittels vorliegen, um steuerbare Gewinneinkünfte zu erzielen.
Festzuhalten ist, dass die Steuerbarkeit von Einkünften und auch die konkrete Zuordnung zu einer der drei Gewinneinkunftsarten nicht durch die Vereinnahmung in Form von Kryptowährung verändert wird. Die dafür aufgeführten Argumente sind ebenso auf Fremdwährungen übertragbar, sodass hier keine Differenzierung zwischen Fremd- und Kryptowährungen vorzunehmen ist. Insbesondere ist zu beachten, dass es Bewertungsregelungen, die der Gewinnermittlung zugrunde liegen, für Einnahmen und Ausgaben in fremder Währung explizit gegeben sind (beispielsweise über §256a HGB oder EStH 6.2). Solche Regelungen wären praktisch nicht zweckmäßig, wenn die Steuerbarkeit der Einkünfte durch Vereinnahmung in fremder Währung nicht gegeben wäre.
2. Der Begriff Wirtschaftsgut
Erzielt ein buchführender Steuerpflichtiger Gewinneinkünfte und erzielt er diese (in Teilen) in Fremd- oder Kryptowährungen, ist die Frage, ob und wie diese im Betriebsvermögen auszuweisen sind. Nach §4 Abs.1 S.1 EStG ist der Gewinn grundsätzlich über den Betriebsvermögensvergleich am Schluss eines Wirtschaftsjahres zu ermitteln. Die Vermögensübersicht wird in Form einer Bilanz aufgestellt. Die zur Ermittlung des Gewinns und der steuerlichen Bemessungsgrundlage relevante Steuerbilanz ist dreischichtig zu ermitteln. Maßgeblich sind die Grundlagen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) sowie die handelsrechtlichen und einkommensteuerrechtlichen Vorschriften.[89] Die einkommenssteuerrechtlichen Sondervorschriften haben hierbei Vorrang vor den handelsrechtlichen Vorschriften.[90]
Gemäß §246 Abs.1 S.1 HGB i.V.m. §5 Abs.1 EStG sind in der Handelsbilanz alle dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Vermögensgegenstände auszuweisen. Steuerbilanziell wird der Begriff Wirtschaftsgut anstelle des handelsrechtlichen Begriffs Vermögensgegenstand verwendet, wobei es keine einkommensteuerrechtliche Gesetzesnorm gibt, die den Begriff Wirtschaftsgut näher definiert.[91] Vielmehr stimmt der Begriff Wirtschaftsgut grundsätzlich mit dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstands überein, sodass ausschließlich aber auch vollständig alle Wirtschaftsgüter (und Rechnungsabgrenzungsposten nach §5Abs.3 EStG) bei der Gewinnermittlung nach §4 Abs.1 S.1 EStG zu berücksichtigen sind.[92] Lediglich beim Vorliegen eines steuerbilanziellen Aktivierungsverbots sind die Wirtschaftsgüter nicht im BVV mit einzubeziehen. Nachfolgend wird einfachheitshalber einheitlich der Begriff des Wirtschaftsguts auch bei handelsrechtlichen Aspekten genutzt.
Während im EStG der Begriff Wirtschaftsgut nicht definiert ist, hat die Rechtsprechung klargestellt, dass Wirtschaftsgüter nicht nur Sachen und Rechte im zivilrechtlichen Sinne sind, sondern vielmehr sämtliche Vorteile für einen Betrieb, deren Erlangung den Kaufmann etwas kosten lässt.[93] Es muss sich dabei um eine objektiv werthaltige Position handeln und ein Wirtschaftsgut muss selbständig bewertbar sein.[94] Die selbständige Bewertbarkeit wird als gegeben angesehen, wenn ein Erwerber des Betriebs in dem Wirtschaftsgut einen greifbaren Wert sehen würde, der sich im Entgelt des Kaufpreises widerspiegeln würde.[95] Weiter muss ein Wirtschaftsgut grundsätzlich mit dem Betrieb übertragbar sein, es muss also verkehrsfähig sein.[96] Es wird je nach betrieblicher Nutzung und Gegebenheiten eines Wirtschaftsguts unterschieden zwischen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder des Umlaufvermögens, abnutzbaren und nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern oder materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern. [97]
II. Bilanzausweis von Fremd- und Kryptowährungsbeständen dem Grunde nach
1. Bilanzierungsfähigkeit von Kryptowährungen
Das Kryptowährungen grundsätzlich die oben genannten Eigenschaften eines Wirtschaftsguts erfüllen, wird überwiegend in der Literatur[98] und ebenso in der Rechtsprechung bejaht.[99] Kryptowährungen stellen einen vermögenswerten Vorteil dar, den sich der Erwerber etwas kosten lässt. Beispielsweise über Handelsplätze ist regelmäßig eine selbständige Bewertung und auch die Verkehrsfähigkeit von Kryptowährungen gegeben.[100]
Daraus folgt, dass Kryptowährungen als Wirtschaftsgüter abstrakt bilanzierungsfähig sind. Im Rahmen der konkreten Bilanzierungsfähigkeit ist zu prüfen, um welche Art von Wirtschaftsgut es sich bei Kryptowährungen handelt. Dazu soll anhand der Bilanzpositionen nach §266 Abs.2 HGB geprüft werden, welche Wirtschaftsgüter welcher Bilanzposition zuzuordnen sind und zu welchen Kryptowährungen aufgrund ihrer Charakteristik hinzuzufügen sind. §266 Abs.2 HGB unterteilt dabei die Aktivseite in Anlage- und Umlaufvermögen.
Zum Umlaufvermögen gehören Wirtschaftsgüter des Betriebes, die zum Verbrauch oder zur sofortigen Veräußerung bestimmt sind.[101] Dem Anlagevermögen gehören gemäß §247 Abs.2 HGB alle Wirtschaftsgüter an, die dem dauernden Geschäftsbetrieb dienen.[102] Nach §5 Abs.1 EStG ist dies auch für die Steuerbilanz maßgeblich. Grundsätzlich können Kryptowährungen beide Zweckbestimmungen erfüllen. Denkbar ist, dass Kryptowährungen dem Anlagevermögen zugehörig sind, wenn sie als Anlagegegenstand längerfristig dem Geschäftsbetreib dienen sollen und dem Umlaufvermögen zugehörig sind, wenn sie primär als Zahlungsmittel genutzt und folglich nur kurzfristig im Betriebsvermögen gehalten werden. Aus der Zuordnung zum Anlage- bzw. Umlaufvermögen folgen unterschiedliche Bewertungsgrundsätze, die zur Bewertung der Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind.
Grundsätzlich sind nach §253 Abs.1 S.1 HGB Wirtschaftsgüter - unabhängig davon, ob sie dem Anlage- oder Umlaufvermögen zuzuordnen sind - höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen, anzusetzen. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind planmäßige oder auch außerplanmäßige Abschreibungen möglich. Geregelt ist dies in §253 Abs.3 HGB.[103] Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens ist der (fortgeführte) Buchwert eines Wirtschaftsguts mit dem zum Abschlusstag ermittelten Börsen- oder Marktpreis zu vergleichen. Liegt dieser unter dem Buchwert sind Abschreibungen nach §253 Abs.4 HGB vorzunehmen. Ebenso ist, sollte der Börsen- oder Marktpreis entsprechend steigen, eine Wertaufholung maximal bis zur Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geboten (§253 Abs.5 HGB).[104]
Kryptowährungsbestände können folgerichtig sowohl Anlage- als auch Umlaufvermögen darstellen. Weiter ist festzustellen, dass Kryptowährungen aufgrund ihrer nicht vorhandenen Körperlichkeit kein materielles Wirtschaftsgut darstellen.[105] Um Kryptowährungen einer Bilanzposition nach §266 Abs.2 HGB zuzuordnen, sind folglich sowohl Bilanzpositionen des Anlage- als auch Umlaufvermögens zu betrachten, die Wirtschaftsgüter beinhalten können, die keinen körperlichen Gegenstand darstellen.
2. Fremd- und Kryptowährungen als liquide Mittel
Werden Kryptowährungen als Zahlungsmittel genutzt und beim Steuerpflichtigen vereinnahmt, wäre es naheliegend, Kryptowährungsbeträge als Zahlungsmittel (liquide Mittel) nach §266 Abs.2 B IV. HGB im Umlaufvermögen bilanziell auszuweisen.[106] Wie in Kapitel B.II.1. herausgestellt, erfüllen Kryptowährungen praktisch die Funktion eines Zahlungsmittels. Sie sind jedoch kein gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel und stellen auch keine Forderung gengenüber einem Kreditinstitut dar, weshalb sie zivilrechtlich kein Geld darstellen. Fraglich ist insofern, ob dies ein Ausschlusskriterium für die bilanzielle Zuordnung zu den liquiden Mitteln ist.
Grundsätzlich wird die Auffassung vertreten, dass die Funktion als Zahlungsmittel für eine Bilanzierung als liquides Mittel das wesentliche Merkmal darstellt.[107] Zunächst ist aber festzustellen, dass Kryptowährungen keiner der vier unter §266 Abs.2 B IV. HGB genannten Positionen unmittelbar zuzuordnen sind.
Dem Kassenbestand sind Kryptowährungen mangels Körperlichkeit ebenso wenig zugehörig wie dem Bundesbankguthaben oder Forderungen gegenüber Kreditinstituten. Auch zu Schecks, die insbesondere gegenüber einer Bank eingelöst werden können, gehören Kryptowährungen nicht. Folgt man §265 Abs.5 S.1. HGB wäre es grundsätzlich denkbar, eine Unterposition der liquiden Mittel für Kryptowährungen hinzuzufügen, sofern sie im handelsrechtlichen Sinne als Zahlungsmittel aufgefasst werden. In Teilen der Literatur wird die Meinung vertreten, dass eine solche Untergliederung im Rahmen der Bilanzklarheit und Übersichtlichkeit nach §243 Abs.2 HGB sogar zwingend erforderlich ist.[108]
Auch die ursprüngliche Gebrauchsabsicht von Kryptowährungen als alternatives, digitales Zahlungsmittel spricht für einen Ausweis unter den liquiden Mitteln.[109] Dass diese Gebrauchsabsicht regelmäßig genutzt wird, zeigt z.B. die Anfang September 2021 eingeführte Akzeptanz von Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador.[110]
Gegen eine solche Auffassung spricht, dass unter der genannten Position grundsätzlich solche Guthaben erfasst werden, die jederzeit dispositionsfähig sind und insbesondere jederzeit konvertibel sind.[111] Ob dies auf Kryptowährungen zutrifft, ist zumindest strittig, da Kryptowährungen wohl aufgrund der noch nicht weit verbreiteten Akzeptanz als Zahlungsmittel praktisch nicht jederzeit vom Steuerpflichtigen als solches verwendet werden können. Aus diesen Gründen wird in der Literatur überwiegend die Meinung vertreten, dass Kryptowährungen nicht unter die Bilanzposition nach §266 Abs.2 B IV. HGB fallen.[112]
Ebenso gegen eine Einordnung zu den Zahlungsmitteln spricht die zivilrechtliche Negativabgrenzung von Kryptowährungen zum Geldbegriff. Kryptowährungen können zivilrechtlich beispielsweise im Rahmen eines Kaufvertrages nicht als Geldgegenleistung, sondern lediglich als Kaufgegenstand fungieren. Wird als Zahlungsmittel zwischen zwei Parteien Kryptowährung festgelegt, handelt es sich zivilrechtlich um einen Tausch i.S.d. §480 BGB und bei der Kryptowährung um einen sonstigen Gegenstand. Hierin unterscheiden sich Kryptowährungen von den anderen unter den liquiden Mitteln zusammengefassten Positionen. Allerdings scheint insbesondere bei steigender Akzeptanz und Verwendung von Kryptowährungen als Zahlungsmittel ein Bilanzausweis unter den liquiden Mittel nicht grundsätzlich falsch.
Fremdwährungen sind anders als Kryptowährungen im Umlaufvermögen unbestritten unter der Position „liquide Mittel“ auszuweisen.[113] Fremde Sorten (ausländische Bargeldbestände) sind dem Kassenbestand und Fremdwährungsguthaben bei einer Bank in Form von Devisen dem Guthaben bei Kreditinstituten zuzuordnen. Insbesondere muss es möglich sein, die Fremdwährung zu konvertieren, damit ein entsprechender Bilanzausweis erfolgt.[114] Diese Auffassung steht im Einklang mit der zivilrechtlichen Auffassung, dass Fremdwährungen grundsätzlich als Geld, vor allem als Gegenleistung im Rahmen eines Kaufvertrages nach §433 BGB, zu betrachten sind.
3. Kryptowährungen als finanzielles Wirtschaftsgut
Erfolgt der Bilanzausweis von Kryptowährungen nicht unter den liquiden Mitteln, wäre zunächst auch ein Ausweis unter der Position Finanzanlagen (§266 Abs.2 A III. HGB) im Anlagevermögen oder der Position Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände (§266 Abs.2 B II. HGB) bzw. Wertpapiere (§266 Abs.2 B III. HGB) denkbar, sofern es sich um ein finanzielles Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens handelt. Die Zuordnung erfolgt dabei anhand der Zweckbestimmung der Anlagen.[115] Finanzanlagen des Anlagevermögens sind keine Wirtschaftsgüter des eigenen Unternehmens, sondern sind regelmäßig Kapital, welches in andere Unternehmen investiert oder an Dritte geliehen wird, mit dem Zweck außerhalb des eigenen Unternehmens Erträge zu erwirtschaften.[116] Im Anlagevermögen gehaltene Kryptowährungen können sicherlich mit dem Zweck, Erträge zu erzielen, gehalten werden, da ihnen ein monetärer Wert beizumessen ist. Sie stellen allerdings zumindest in Form der hier betrachteten Currency-Tokens keine Kapitalüberlassung an Dritte dar.[117] Diese sind insbesondere keine Beteiligung, keine Ausleihung und ebenso kein Wertpapier und sind somit auch keiner dieser in §266 Abs.2 A III HGB aufgeführten Positionen zuzuordnen.
Ausleihungen und Wertpapiere zeichnen sich dadurch aus, dass sie Rechte an einem anderen Wirtschaftsgut, einer Schuld oder einem Unternehmen verbriefen.[118] Dies ist bei Kryptowährungen nicht gegeben, weshalb Kryptowährungen nach herrschender Meinung nicht den Finanzanlagen im Anlagevermögen zuzuordnen sind.[119] Mit der Verbreitung weiterer Funktionen von Kryptowährungen in Form von z.B. Security-Token scheint es erforderlich zu sein, eine Negativabgrenzung zu den Finanzanlagen in Abhängigkeit der Token-Art zu prüfen. Gleiches gilt für die genannten Positionen im Umlaufvermögen nach §266 Abs.2 B II. & III. HGB, da sich die Positionen nicht im Charakter, sondern lediglich in der Zweckbestimmung von denen der Finanzanlagen unterscheiden.
Die Zuordnung von Fremdwährungsbeständen des Umlaufvermögens zu den liquiden Mitteln ist bereits im vorangegangenen Abschnitt erfolgt. Weiter können Fremdwährungspositionen insbesondere als Fremdwährungsforderungen auch dem Anlagevermögen zugeordnet werden, sofern sie auf Dauer dem Geschäftsbetrieb dienen sollen. In diesem Fall sind Fremdwährungsforderungen ebenfalls unter den Finanzanlagen nach §266 Abs.2 A III. HGB auszuweisen.[120]
4. Kryptowährungen als immaterielles Wirtschaftsgut
Aus den bisher ausgeführten Negativabgrenzungen von Kryptowährungen, zu den körperlichen Wirtschaftsgütern, zu den liquiden Mitteln und den Finanzanlagen verbleibt lediglich eine Zuordnung von Kryptowährungen zu den immateriellen Wirtschaftsgütern. Einkommenssteuerrechtlich wird der Begriff immaterielles Wirtschaftsgut konkret in §5 Abs.2 EStG genannt. Unter einem immateriellen Wirtschaftsgut wird grundsätzlich jedes unkörperliche Wirtschaftsgut verstanden, welches keinen Anteil an einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft und keine Geldforderung darstellt.[121] Gemäß EStR 5.5 Abs.1 kommen Rechte, rechtsähnliche Werte und sonstige Vorteile als immaterielle Wirtschaftsgüter in Betracht. Kryptowährungen in Gestalt von Currency-Tokens stellen grundsätzlich kein Recht oder Anspruch dar, sodass das Vorliegen eines immateriellen Wirtschaftsguts in Form eines sonstigen Vorteils zutreffender ist.[122] Zu beachten ist, dass gegebenenfalls beim Vorliegen eines Security-Tokens oder Utility-Tokens auch ein immaterielles Wirtschaftsgut in Form eines Rechts oder einer Forderung vorliegen kann. Für die grundsätzliche Einordnung als immaterielles Wirtschaftsgut scheint de lege lata die Ausgestaltung der Token-Art allerdings nicht entscheidend.
Für immaterielle Wirtschaftsgüter sieht das EStG zum Teil besondere Ansatzvorschriften vor. Der Bilanzgliederung des §266 Abs.2 HGB folgend können immaterielle Vermögensgegenstände sowohl im Anlage- als auch im Umlaufvermögen in Abhängigkeit ihrer Verwendung bilanziert werden. Handelsrechtlich besteht weiter ein Ansatzwahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände nach §248 Abs.2 HGB, wohingegen nicht entgeltlich erworbene und somit insbesondere selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens steuerbilanziell nicht aktivierungsfähig sind. Sie unterliegen gemäß §5 Abs.2 EStG einem steuerlichen Ansatzverbot. Diese Durchbrechung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ist insbesondere bei der in Kapitel B.I.3. beschriebenen Mining-Tätigkeit von Bedeutung. Hieraus neu geschöpfte Bestände einer Kryptowährung sind steuerbilanziell nicht bilanzierungsfähig, sofern sie dem Anlagevermögen zuzuordnen sind.[123] Um einen entgeltlichen Erwerb von Kryptowährung hingegen handelt es sich beispielsweise bei der Verwendung als Zahlungsmittel oder durch den Erwerb auf einer Handelsplattform.[124]
Entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter sind zwingend bilanziell zu aktivieren. Sofern Kryptowährungen entgeltlich erworben wurden und dem Anlagevermögen zuzuordnen sind, ist dann ein Ausweis unter §266 Abs.2 A I Nr.2 HGB als „ähnlicher Wert“ zutreffend. Auch dies ergibt sich am ehesten aus einer Negativabgrenzung zu den anderen aufgeführten Positionen. Entgeltich erworbene Kryptowährungsbestände sind nicht selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter (§266 Abs.2 A I Nr.1 HGB), keine Konzessionen oder Rechte (§266 Abs.2 A I Nr.2 HGB), kein Geschäfts- oder Firmenwert (§266 Abs.2 A I Nr.3 HGB) und keine geleistete Anzahlung (§266 Abs.2 A I Nr.4 HGB). Als abgrenzbarer wirtschaftlicher Vorteil ist eine Auffassung als „ähnlicher Wert“ im Anlagevermögen einzig verbleibend.[125]
Im Umlaufvermögen hingegen wird am häufigsten die Auffassung vertreten, dass entgeltlich erworbene Kryptowährungsbestände unter den sonstigen Vermögensgegenständen (§266 Abs.2 B II Nr.4 HGB) auszuweisen sind.[126] Eine Positionierung des Gesetzgebers zum konkreten Bilanzausweis gibt es dazu bis dato nicht. Weiter scheint auch ein Ausweis unter den Vorräten nach §266 Abs.2 B I HGB dann sinnvoll, wenn sich die originäre Geschäftstätigkeit auf den Handel von Kryptowährungen (z.B. im Rahmen einer gewerblichen Mining-Tätigkeit oder beim Betreiben einer Handelsplattform) bezieht.[127]
Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, dass Kryptowährungsbeständen im Gegensatz zu Fremdwährungsbeständen keine klar geregelte Bilanzposition im Rahmen des §266 Abs.2 HGB zukommt. Eine mögliche Einordnung kann nur anhand von Negativabgrenzung zu anderen Bilanzpositionen getroffen werden. Dies ist eine Folge dessen, dass die Qualifizierung von Kryptowährungen als immaterielles Wirtschaftsgut ausschließlich anhand von Negativabgrenzungen zu anderen Wirtschaftsgütern erfolgen kann. Ob die Qualifizierung als immaterielles Wirtschaftsgut der aktuell herrschenden Meinung unter Berücksichtigung der Zahlungsmittelfunktion von Currency-Tokens von Dauer sein wird, kann bezweifelt werden. Eine Überarbeitung der Auslegung der Bilanzpositionen liquide Mittel (im Umlaufvermögen) und Finanzanlagen (im Anlagevermögen) könnte eine funktional zutreffendere Einordnung von Kryptowährungen zu eben diesen Positionen ermöglichen.
III. Bilanzausweis von Fremdwährungsbeständen der Höhe nach
Mit dem Ergebnis der Bilanzierungsfähigkeit von Fremd- und Kryptowährungen eröffnet sich die Frage der Bilanzierung der Höhe nach, konkret die Frage der Zugangs- und Folgebewertung. Bilanzen sind handels- und einkommenssteuerrechtlich grundsätzlich auf Euro lautend aufzustellen (§244 HGB i.V.m. §5 Abs.1 EStG). Daraus ergibt sich für die Ermittlung des Gewinns nach §5 Abs.1 EStG die Notwendigkeit Wirtschaftsgüter, die auf Fremd- oder Kryptowährungen lauten, in Euro umzurechnen. Dabei ist sowohl der Umrechnungszeitpunkt als auch die Angabe, zu welchem Wechselkurs umgerechnet wird, für die Bilanzierung der Höhe nach zu berücksichtigen. Eindeutige Vorgaben zur Handhabung der Umrechnung sollten für eine eindeutige Ermittlung des Gewinns von erhöhter Bedeutung sein.
Während das Handelsrecht beispielsweise durch §256a HGB in Teilen bestimmte Vorgaben zur Umrechnung von Fremdwährungen macht, ist dies bei Kryptowährungen bisher nicht der Fall.
1. Zugangsbewertung von Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
Für die Zugangsbewertung von Wirtschaftsgütern in Fremdwährung gilt grundsätzlich, dass eine Umrechnung in Euro zum Anschaffungszeitpunkt erfolgen muss.[128] Der Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt, in dem das Wirtschaftsgut nach den GoB bilanzierungsfähig und -pflichtig ist.[129] Dies ist der Zeitpunkt, zu dem der Bilanzierende die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut erlangt. Ab diesem Zeitpunkt ist das Wirtschaftsgut ihm zuzurechnen.[130]
Hingegen nicht gesetzlich fest geregelt ist, welcher Wechselkurs zur Umrechnung von Fremdwährung in Euro zum Anschaffungszeitpunkt maßgeblich ist. Grundsätzlich wird zwischen Kassa- und Terminkurs (aktueller Wechselkurs oder Wechselkurs zu einem festen zukünftigen Termin), Devisen- und Sortenkurs (Wechselkurs für Buchgeld oder Wechselkurs für Bargeld) sowie Brief- und Geldkurs (Kurs, zu dem Fremdwährungen an eine Bank verkauft werden können oder Kurs, zu dem Fremdwährungen von einer Bank angekauft werden können) unterschieden.[131] Die Wechselkurse zu den wichtigsten internationalen Währungen werden tagesaktuell ermittelt und veröffentlicht. Der in der Praxis häufig genutzte Kurs ermittelt sich dabei aus dem Devisenhandelsvolumen einiger zum Devisenfixing zusammengeschlossen Großbanken, welche dann wiederum Geld- und Briefkurs für bestimmte Fremdwährungen veröffentlichen.[132] Aufgrund der praktisch höheren Relevanz bei der Anschaffung und Veräußerung von Wirtschaftsgütern wird sich folgend auf den Devisenkurs (Wechselkurs für Buchgeld) bezogen. Weiter ist zum Anschaffungszeitpunkt der aktuelle Wechselkurs zu verwenden. Zur Disposition steht, ob der Geld- oder Briefkurs zugrunde gelegt wird. Praktisch wird bei Anschaffungskosten und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern ebenso wie bei Fremdwährungsverbindlichkeiten und Rückstellungen der Geldkurs zur Umrechnung herangezogen, denn für die Begleichung der Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. Verbindlichkeiten in Fremdwährung wird es nötig sein, Fremdwährung im Tausch gegen Euro zu erwerben. Bilanzpositionen, bei denen Fremdwährungen gegen Euro verkauft werden, z.B. Bankguthaben oder Fremdwährungsforderungen sind hingegen mit dem Briefkurs umzurechnen.[133]
2. Folgebewertung von nicht monetären Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
Nicht monetäre Wirtschaftsgüter wie immaterielle Wirtschaftsgüter, Sachanlagen oder Vorräte sind gemäß Deutschem Rechnungslegungsstandard (DRS) 25.15. grundsätzlich nur bei Anschaffung von fremder Währung in Euro umzurechnen.[134] Für die Folgebewertung ist grundsätzlich nicht wieder in fremde Währung umzurechnen, es sei denn das nicht monetäre Wirtschaftsgut kann nur in fremder Währung wiederbeschafft oder veräußert werden (DRS 25.17) oder der für den Bilanzierenden relevante Markt unterliegt der fremden Währung (DRS 25.18). In solchen (praktisch eher selten auftretenden) Fällen ist für die Umrechnung bei Wiederbeschaffungsabsicht der Geldkurs zum Bilanzstichtag und bei Verkaufsabsicht der Briefkurs zum Bilanzstichtag zugrunde zu legen.[135] Die Wirtschaftsgüter sind dabei nach §253 Abs.1 S.1 HGB höchstens mit den Anschaffungskosten anzusetzen, bei voraussichtlich dauernder Wertminderung sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit dem niedrigeren Wert anzusetzen (§253 Abs.4 S.5 HGB). Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind mit dem Börsen- oder Marktpreis zum Stichtag zu bewerten (§253 Abs.4 S.1 HGB). Ist die Fremdwährungsbewertung für das Wirtschaftsgut relevant, ist der in Fremdwährung ermittelte Wert folgerichtig jeweils in Euro umzurechnen und sofern der ermittelte Wert die fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Euro unterschreitet, ist handelsbilanziell ein niedrigerer Wert anzusetzen. Für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gilt dies handelsrechtlich nur bei voraussichtlich dauernder Wertminderung gemäß §253 Abs.3 S.4 HGB, bei vorübergehender Wertminderung besteht ein Abschreibungswahlrecht. Nach 25.20 DRS ist handelsrechtlich bei währungskursbedingten Wertminderungen grundsätzlich von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen, es sei denn, konkrete Anhaltspunkte sprechen dagegen. Dieser Fall wäre denkbar, wenn z.B. der Devisenterminkurs eine Wertaufholung des Wechselkurses ausweist.[136] Ebenso ist das Wertaufholungsgebot nach §253 Abs.5 HGB anzuwenden, wenn die wechselkursbedingte Wertminderung des Wirtschaftsguts wieder entfällt.
Steuerrechtlich liegt bei nicht monetären Wirtschaftsgütern, deren Zeitwert nach 25.17 DRS oder 25.18 DRS zum Bilanzstichtag in Fremdwährung umgerechnet werden muss, kein Abschreibungsgebot bei voraussichtlich dauernder Wertminderung aufgrund der Wechselkursentwicklung vor, sondern gemäß §6 Abs.1 S.2 EStG besteht ein Wahlrecht zur Teilwertabschreibung. Die Dauerhaftigkeit kann steuerrechtlich nicht ohne weiteres aus 25.20 DRS abgeleitet werden. Zumindest bei Fremdwährungsverbindlichkeiten hat das Bundesministerium für Finanzen (BMF) klargestellt, dass übliche Währungsschwankungen nicht zu einer Teilwertab- oder -zuschreibung führen. Vielmehr müssen grundsätzlich mehr Gründe für eine Dauerhaftigkeit der Wechselkursänderung vorliegen als gegen eine solche. Die Nachweispflicht des Vorliegens eines niedrigeren Teilwerts liegt beim Steuerpflichtigen.[137]
Zur Begründung einer Dauerhaftigkeit könnte beispielsweise die Regelung bei börsennotierten Wertpapieren herangezogen werden. Bei solchen Papieren ist von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen, wenn der Kursverlust mindestens 5% unter der Notierung bei Erwerb liegt.[138] Festzuhalten ist, dass die Art, wie eine dauerhafte Wertminderung durch Wechselkursänderung bei Fremdwährungspositionen glaubhaft nachgewiesen werden kann, nicht abschließend festgelegt ist.
Sofern sich Wertänderungen im Bilanzansatz aufgrund von Wechselkursänderungen ergeben, sind diese erfolgswirksam als Aufwand bzw. Ertrag in der Gewinn- und Verlustrechnung des Steuerpflichtigen auszuweisen.[139]
3. Folgebewertung von monetären Wirtschaftsgütern in Fremdwährung
§256a HGB enthält die Folgebewertungsvorschrift für auf in fremder Währung lautende monetäre Wirtschaftsgüter. Dies sind insbesondere Fremdwährungsforderungen, Fremdwährungsguthaben und Fremdwährungsverbindlichkeiten.[140] Wird also ein Wirtschaftsgut gegen Zahlung eines Fremdwährungsbetrags veräußert und übersteigt der umgerechnete Eurobetrag den bilanzierten Zeitwert des Wirtschaftsguts, realisiert der Steuerpflichtige einen Gewinn. Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten sind nach §256a S.1 HGB am Abschlussstichtag mit dem Devisenkassamittelkurs anzusetzen. Während Fremdwährungsforderungen wie oben beschrieben bei Zugang regelmäßig mit dem Briefkurs und Fremdwährungsverbindlichkeiten mit dem Geldkurs umzurechnen sind, ist bei der Folgebewertung aus Vereinfachungsgründen der Mittelkurs (arithmetisches Mittel aus Geld- und Briefkurs, siehe 25.7 DRS) heranzuziehen.[141] Mittels Niederstwerttest (bei Forderungen) bzw. Höchstwerttest (bei Verbindlichkeiten) wird dabei der ermittelte Wert zum Bilanzstichtag mit dem fortgeführten Zeitwert verglichen. Folglich sind außerordentliche Abschreibungen oder Wertaufholung bis zur Höhe der ursprünglichen Anschaffungs-/Herstellungskosten (§253 Abs.1 S.1 HGB) gewinnauswirkend zu erfassen, sofern entsprechende Gründe dafür vorliegen bzw. wieder entfallen sind.[142] Diese Anwendung gilt grundsätzlich für Handels- und auch Steuerbilanz, sodass, sofern eine Wertminderung zum Bilanzstichtag vorliegt, eine Teilwertabschreibung zulässig ist.[143]
Grundsätzlich gilt nach §256a S.1 HGB ebenso das Realisationsprinzip (Gewinne dürfen erst erfasst werden, wenn diese verwirklicht sind, §252 Abs.1 Nr.4 HGB) auch für Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten. Eine Ausnahme davon und somit Durchbrechung des Realisationsprinzips enthält hingegen §256a S.2 HGB für Fremdwährungsforderungen und -verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von einem Jahr oder weniger. Demnach ist der Niederstwerttest bei Forderungen und Höchstwerttest bei Verbindlichkeiten mit entsprechender Laufzeit nicht durchzuführen. Daraus folgt, dass sofern bei Umrechnung zum Bilanzstichtag realisierbare, aber noch nicht realisierte Gewinne entstehen, diese beim Steuerpflichtigen handelsbilanziell bereits berücksichtigt werden.[144] Steuerbilanziell kommt ein Ausweis mit einem Teilwert über den Anschaffungs-/Herstellungskosten hingegen auch bei kurzer Laufzeit nicht in Betracht.[145]
IV. Bilanzausweis von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach
1. Zugangsbewertung von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach
Für die Frage der Zugangsbewertung von Kryptowährungsbeständen der Höhe nach stellt sich in erster Linie die Frage nach dem maßgeblichen Wechselkurs. Wie in den voranstehenden Abschnitten herausgestellt, handelt es sich bei Kryptowährungen de lege lata am ehesten um immaterielle Wirtschaftsgüter. Diese sind bei einem entgeltlichen Erwerb mit dem Anschaffungsvorgang bei Zugang mit den Anschaffungskosten handels- und steuerbilanziell zu bewerten (§255 Abs.1 S.1 HGB i.V.m. §6 Abs.1 Nr.2 S.1 EStG). Für das Wirtschaftsgut Kryptowährung ist somit zum Anschaffungszeitpunkt für eine Bewertung in Höhe der Anschaffungskosten in Euro ähnlich wie bei monetären Fremdwährungspositionen eine Umrechnung notwendig.
Zunächst sei der Fall betrachtet, in dem Kryptowährungsbestände über eine Handelsplattform erworben werden. Die Anschaffungskosten setzen sich in diesem Fall aus dem Anschaffungspreis und den Anschaffungsnebenkosten zusammen.[146] Hierzu zählen Aufwendungen, die zweckbestimmt für den Erwerb eines Wirtschaftsguts sind.[147] Neben der Entrichtung des Kaufpreises zählen dazu die mit dem Erwerb unmittelbar im Zusammenhang stehenden Anschaffungsnebenkosten.[148] Dies sind regelmäßige Aufwendungen, die zur Versetzung in den betriebsbereiten Zustand geleistet werden und dem Wirtschaftsgut einzeln zugerechnet werden können.[149] Anschaffungsnebenkosten sind nach §255 Abs.1 S.2 HGB i.Vm. §6 Abs.1 Nr.2 S.1 EStG aktivierungspflichtig. Beim Erwerb von Kryptowährungen über eine Handelsplattform gehören hierzu unter anderem Nutzungs- und Transaktionsgebühren.[150] Diese müssen allerdings unmittelbar mit dem Erwerb der Kryptowährung zusammenhängen, sodass z.B. laufende Gebühren für ein Wallet keine Anschaffungsnebenkosten darstellen, da diese nicht einem einzelnen Erwerbsvorgang zugeordnet werden können.[151] Kryptowährungsbestände sind bei Erwerb über Handelsplattformen folglich mit dem zu entrichtenden Marktpreis inklusive der direkt zurechenbaren Transaktionskosten zu bewerten.[152] Sollten die Anschaffungskosten nicht in Euro entrichtet werden, sondern z.B. in fremder Währung, ist zum Anschaffungszeitpunkt (wie bei anderen in fremder Währung angeschafften Wirtschaftsgütern) eine Umrechnung mit dem Devisenkassageldkurs erforderlich.[153]
Weiter können Kryptowährungsbestände dadurch in das Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gelangen, dass sie als Zahlungsmittel für eine Ware oder Dienstleistung vereinnahmt werden. Zivilrechtlich liegt hierbei wie in Kapitel B herausgestellt ein Tauschvorgang i.S.d. §480 BGB vor.[154] Handels- und steuerbilanziell liegt im Rahmen des Tauschvorgangs ein Veräußerungsvorgang (des bisher im Betriebsvermögen gehaltenen zu veräußernden Wirtschaftsguts) und ein Anschaffungsvorgang (Erwerb von Kryptowährungsbestand) vor. Dies bedeutet auch, dass sich die Anschaffungskosten im Rahmen der Vereinnahmung von Kryptowährung als Zahlungsmittel nach §6 Abs.6 EStG bemessen und somit nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts.[155] Der gemeine Wert ist nach §9 Abs.2 BewG der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung erzielt worden wäre. Demnach ist auch in diesem Fall der beizulegende Wert in Euro ermittelbar.[156] Der Erwerb von Kryptowährungsbeständen im Rahmen des Tauschgeschäfts stellt einen Anschaffungsvorgang dar, sodass ggf. anfallende Anschaffungsnebenkosten bei der Zugangsbewertung ebenso wie der gemeine Wert der hingegebenen Ware oder Dienstleistung zu berücksichtigen sind.
Steuerbilanziell liegt im Fall des Tauschvorgangs weiter eine Gewinnrealisierung beim Steuerpflichtigen vor, sofern der gemeine Wert den Zeitwert des veräußerten Wirtschaftsguts übersteigt.[157] In diesem Fall werden mögliche enthaltene stille Reserven, die im Unterschiedsbetrag zwischen Zeitwert und gemeinen Wert bestehen, aufgedeckt. Dieser Fall ist aus Sicht des steuerpflichtigen Bilanzierenden sowie vice versa relevant, wenn der Kryptowährungsbestand (zum Teil) gegen ein anderes Wirtschaftsgut getauscht wird, beispielsweise im Rahmen dessen, dass der Steuerpflichtige in Kryptowährung bezahlt.
Weiter können Kryptowährungsbestände auch im Rahmen des Minings selbst hergestellt und ggf. dem Betriebsvermögen zugeordnet werden (entweder durch eine mögliche gewerbliche Mining-Tätigkeit oder im Rahmen einer anderen bereits bestehenden gewerblichen Tätigkeit). Sofern diese der Zweckbestimmung nach dem Anlagevermögen zuzuordnen sind, unterliegen die Kryptowährungsbestände als selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter steuerbilanziell einem Aktivierungsverbot nach §5 Abs.2 EStG. Sofern sie dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind, also zur Veräußerung bestimmt sind, sind Kryptowährungsbestände mit den Herstellungskosten nach §255 Abs.2 HGB sowie §6 Abs.1 Nr.1 S.1 EStG anzusetzen.[158] Dazu gehören nach §255 Abs.2 S.2 HGB Material-, Fertigungs- und Sondereinzelkosten, sowie angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten und des Wertverzehrs des Anlagevermögens. Ein Wahlrecht für die Berücksichtigung weiterer Gemeinkosten (z.B. allgemeinen Verwaltungskosten) beinhaltet §255 Abs.2 S.3 HGB i.V.m. §6 Abs.1 Nr.1b EStG. Die Herstellungskosten müssen durch die Fertigung - in diesem Fall das Mining neuer Kryptowährungsbestände - veranlasst sein.[159] Nach herrschender Meinung gehören hierzu vor allem Stromkosten und der Werteverzehr des für das Mining benötigten Anlagevermögens.[160] Diese sind zunächst als Aufwand gewinnwirksam zu erfassen. Sind die neuen Kryptowährungsbestände geschaffen, sind diese handelsrechtlich bilanziell zu aktivieren und als Betriebseinnahme zu berücksichtigen.[161]
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- Till Malte Sassenberg (Author), 2021, Die steuerliche Behandlung von Fremd- und Kryptowährungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1220458
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