Die Tatsache, dass sich die Vorschriften der Verfassung in erster Linie an die obersten Staatsorgane richten, welche im System der Gewaltenteilung zwar verschiedene, jedoch gleichberechtigte Positionen einnehmen, warf die Problematik auf, wer sich bei Unklarheiten auf das Recht der letztverbindlichen Verfassungsinterpretation berufen kann und darf (vgl.
Isensee 1995:51). Vor diesem Hintergrund wurde das Bundesverfassungsgericht als letztes Verfassungsorgan im Jahre 1951, also erst zwei Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, ins Leben gerufen und nahm am 07. September 1951 mit Sitz in Karlsruhe seine Arbeit auf.
Obwohl die Verfassung den rechtlichen Rahmen setzt, in dem sich die Politik frei entfalten kann und nur für dessen Einhaltung das Bundesverfassungsgericht sorge zu tragen hat, gerät das Bundesverfassungsgericht als Streitschlichter zwischen Verfassungsorganen oftmals in ein Spannungsfeld von Politik und Recht (vgl. Piazolo 1995:8), so dass sich auch die Vorwürfe über einen Einbruch des Bundesverfassungsgericht in die Politik und Gesetzgebung mehren. Der Vorwurf, das Bundesverfassungsgericht habe sich seit Beginn seiner nunmehr 57-jährigen Existenz vom „Hüter der Verfassung“ zu einem „Lenker der Politik“ bzw. zu
einer Parallelregierung entwickelt, wird vor allem damit begründet bzw. dort deutlich, wo das
Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen konkrete sachliche und zeitliche Vorgaben für den Gesetzgeber festlegt oder dort, wo das Bundesverfassungsgericht als „verlängerter Arm der Opposition“ fungiert, welche sich durch das verfassungsrechtliche Verfahren, aus ihrer Minderheitspotision heraus erhofft, auf die Regierung und die sie tragende Bundestagsmehrheit Kontrolle und Einfluß auszuüben (vgl. Stüwe 1979a:545).
Das Ziel dieser Hausarbeit ist es daher diese Vorwürfe zu untersuchen, um letztlich eine Antwort für die Frage zu finden, inwieweit wir es denn tatsächlich mit einer Judizialisierung der Politik oder auf der anderen Seite mit einer Politisierung der Verfassungsjustiz zu tun
haben. Um dies zu erreichen, beschäftigen wir uns zunächst mit der Stellung des Bundesverfassungsgerichts, um im Anschluss auf dessen Aufgaben als „Hüter der Verfassung“ näher einzugehen. Anschließend wird versucht das Bundesverfassungsgericht im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik zu untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts
- 3. Die Aufgaben als Hüter der Verfassung
- 3.1. Die Kontrolle des Gesetzgebers
- 3.2. Die Kontrolle der öffentlichen Gewalt
- 3.3. Entscheidung bei Verfassungsstreitigkeiten
- 4. Im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik
- 4.1. Die Judizialisierung der Politik
- 4.2. Die Politisierung der Verfassungsjustiz
- 5. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Vorwürfe gegen das Bundesverfassungsgericht, sich von einem „Hüter der Verfassung“ zu einem „Lenker der Politik“ entwickelt zu haben. Es soll geklärt werden, inwieweit eine Judizialisierung der Politik oder eine Politisierung der Verfassungsjustiz vorliegt.
- Stellung des Bundesverfassungsgerichts im politischen System
- Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Verfassung
- Spannungsfeld zwischen Recht und Politik im Handeln des Gerichts
- Judizialisierung der Politik
- Politisierung der Verfassungsjustiz
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach dem Verhältnis zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Politik dar.
Kapitel 2: Die Stellung des Bundesverfassungsgerichts: Dieses Kapitel beschreibt die herausgehobene Stellung des Bundesverfassungsgerichts im deutschen Staatssystem. Es wird auf seine Unabhängigkeit, seine Organisation und seine besonderen Kompetenzen eingegangen.
Kapitel 3: Die Aufgaben als Hüter der Verfassung: Hier werden die verschiedenen Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts als Hüter der Verfassung erläutert, wie z.B. die Kontrolle des Gesetzgebers und anderer staatlicher Organe.
Kapitel 4: Im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik: Dieses Kapitel analysiert das Spannungsverhältnis zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der Politik, beleuchtet die Vorwürfe der Judizialisierung und Politisierung und diskutiert deren Berechtigung.
Schlüsselwörter
Bundesverfassungsgericht, Gewaltenteilung, Verfassung, Judizialisierung, Politisierung, Rechtsprechung, Politik, Normenkontrolle, Verfassungsbeschwerde, Grundgesetz.
- Quote paper
- Abdessamad Amazzal (Author), 2008, Das Bundesverfassungsgericht im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121913