Die Gesellschaftsstruktur durchlief in der späten Römischen Republik einen Veränderungsprozess. In der frühen Römischen Republik war das Regieren den adligen Patriziern vorbehalten. Da dieser Stand aus einer abzählbaren Anzahl an Familien bestand, reduzierte er sich mit den Generationen von selbst, da es bald keine unverbrauchten Familienverbindungen mehr gab. Um frisches Blut in das Adelsgeschlecht zu bringen, waren sie gezwungen, ihren Stand durch Nichtadlige zu erweitern. Verbunden mit den rechtlichen Zugeständnissen, die die Patrizier den Plebejern, also Nichtadligen, nach den Ständekämpfen machen mussten, führte dies zur faktischen Auflösung ihres bis dato geschlossenen Standes. Die nun neu entstandene Elite, die Nobilität, besaß nun nicht mehr, wie es bei den Patriziern der Fall war, das von Geburt an verliehene Recht zu regieren, sondern musste sich besonders hervortun, um die Ämterlaufbahn antreten zu können. Dies gelang ihr, wie Cicero es ausdrückte, durch „Beredsamkeit und Gunst“. In zwei Worten sind hier die elementaren Aufgaben eines aufstrebenden Politikers, oder auch eines „neuen Mannes“ (homo novus) zusammengefasst: Beredsamkeit ist notwendig, um sich im Gericht durch Verteidigung oder Anklage einen Namen zu machen. Schon im adoleszenten Alter begannen die Machtstrebenden, dieser Tätigkeit eifrig nachzugehen. Gunst steht für Prestige unter Nobilen sowie Beliebtheit im Volk – diese Gunst zu erlangen, ist eine Aufgabe, die täglichen Einsatz forderte. Dazu gehört die Schaffung von Nah- und Treueverhältnissen, den so genannten Patronaten oder auch Klientelbeziehungen, zu potenziellen Wählern und einflussreichen Persönlichkeiten. Solche dauerhaften und persönlichen Verhältnisse sind Beziehungen, bei denen ein Austausch von Gütern und Leistungen zwischen Personen ungleichen gesellschaftlichen Ranges stattfindet. Durch den direkten Kontakt mit den Amtsbewerbern erhielten die Klienten u.a. die Möglichkeit, an der politischen Willensbildung teilzuhaben, indem sie ihre Wünsche vorbrachten. Diese Verbindungen zwischen machtarmen Personen, den Klienten, und einflussreichen Patronen, durchziehen die gesamte römische Gesellschaft. Doch sie hatten nicht nur Einfluss auf das politische Mitwirkungsrecht, sondern auch auf das allgemeine Gesellschaftsleben. Ob und wie dieser Einfluss in den Quellen dargestellt wurde soll Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das commentariolum petitionis
- 3. Gegenstandsbestimmung: Klienten und Patrone
- 4. Alltag: Die morgendliche salutatio
- 5. Wertschätzung: Die Unterscheidung zwischen einem Klienten und einem Freund
- 6. Kategorisierung: Die hierarchische Eingliederung der Klienten
- 7. Stabilität der Klientelbeziehungen
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Klientelbeziehungen in der späten Römischen Republik anhand von Quintus Tullius Ciceros commentariolum petitionis. Ziel ist eine quellennahe Analyse, die kulturhistorische Aspekte und den Einfluss auf den Alltag der Römer betont, im Gegensatz zu bestehenden Forschungsarbeiten, die sich primär auf den politischen Aspekt konzentrieren.
- Darstellung von Klientelbeziehungen in Ciceros commentariolum petitionis
- Alltagsaspekte der Klientelbeziehungen
- Hierarchische Strukturen und Kategorisierung von Klienten
- Moralische und gesellschaftliche Bedeutung der Patronage
- Vergleich mit anderen Quellen und Forschungsmeinungen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Die Einleitung beschreibt den historischen Kontext der späten Römischen Republik und die Herausforderungen für die politische Partizipation der Landbevölkerung. Sie begründet die Wahl des commentariolum petitionis als zentrale Quelle und den Fokus auf eine kulturhistorische Perspektive.
Kapitel 2 (Das commentariolum petitionis): Dieses Kapitel führt in Quintus Ciceros commentariolum petitionis ein und begründet dessen Bedeutung für die Untersuchung.
Kapitel 3 (Gegenstandsbestimmung: Klienten und Patrone): Hier wird der Begriff der Klientelbeziehung definiert und abgegrenzt.
Kapitel 4 (Alltag: Die morgendliche salutatio): Dieses Kapitel beleuchtet den alltäglichen Aspekt der Klientelbeziehungen anhand der morgendlichen salutatio.
Kapitel 5 (Wertschätzung: Die Unterscheidung zwischen einem Klienten und einem Freund): Der Fokus liegt auf der Abgrenzung von Klientelbeziehungen zu Freundschaften.
Kapitel 6 (Kategorisierung: Die hierarchische Eingliederung der Klienten): Dieses Kapitel beschreibt die hierarchische Ordnung innerhalb der Klientelsysteme.
Kapitel 7 (Stabilität der Klientelbeziehungen): Hier wird die Dauerhaftigkeit und Stabilität der beschriebenen Beziehungen untersucht.
Schlüsselwörter
Klientelbeziehungen, Römische Republik, Quintus Tullius Cicero, commentariolum petitionis, Patronage, salutatio, Gesellschaft, Alltag, Politik, Quellenanalyse, Kulturgeschichte.
- Quote paper
- Lisa Zell (Author), 2007, Die Darstellung der Klientelbeziehungen in der späten Römischen Republik in Quintus Tullius Ciceros 'commentariolum petitionis', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121595