Das Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung der eben genannten Forschungsfrage. Es soll herausgearbeitet werden welches die spezifischen Reisemotive genau sind und welche von hoher bzw. niedriger Bedeutung für die deutschen Vanlifer sind. Eventuell können auch weitere Erkenntnisse über die Gruppierung gewonnen und bereits Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu den klassischen Reisemobilisten festgestellt werden. Als Instrument zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden leitfadengestützte Interviews mit zwölf deutschsprachigen Mitgliedern der Zielgruppe durchgeführt. Der Leitfaden wurde nach einer intensiven Literaturrecherche erstellt und deckt die drei Themenblöcke „Entscheidung für die Reiseart“, „das Reisen selbst“ und „persönliche Erfahrungen“ ab.
Anschließend wurden alle durchgeführten Interviews transkribiert und einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring unterzogen. Es wurde sich aufgrund der mangelnden Literatur für einen qualitativen Forschungsansatz entschieden. Dieser bietet sich an, wenn aufgrund der vorhandenen Theorie keine Hypothesenbildung möglich ist. Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei zudem um einen Verstehensprozess handelt, welcher stellenweise auch interpretativ erfolgt, bietet sich die qualitative Forschung an. Das leitfadengestützte Interview wurde deshalb gewählt, da hierbei der größte Informationsgehalt erwartet wird. Zudem bieten es sich speziell bei Themen mit geringer Literaturbasis an. Der Einleitung folgend werden zunächst die theoretischen Grundlagen erläutert. Kapitel zwei beschäftigt sich daher mit der Motivationspsychologie. Hierbei werden die Begriffe Motiv und Motivation voneinander abgegrenzt und etablierte Motivationstheorien erklärt.
Im dritten Kapitel wird die Zielgruppe dieser Arbeit, die Vanlifer genauer beschrieben und in den touristischen Kontext eingebettet. Darauf folgt im vierten Kapitel ein Überblick über den bisherigen Stand der Reisemotivforschung. Dabei werden die Reisemotive von deutschen Touristen, Campingtouristen und Reisemobilisten dargestellt. Mit dem fünften Kapitel beginnt der empirische Teil der Arbeit. Zunächst wird auf die Forschungsfrage eingegangen und das Forschungsdesign erläutert. Es wird auf den Fragebogen eingegangen und ein Überblick über Teilnehmer der Befragung gegeben. Anschließend wird der Prozess der Datenauswertung beleuchtet. Im sechsten Kapitel werden die finalen Forschungsergebnisse dargestellt und diskutiert. Die Arbeit endet mit dem Fazit und Ausblick.
Abstract
2 Motiv, Motivation, Motivationstheorien
2.3 Bedürfnispyramide nach Maslow
2.4 Intrinsische und Extrinsische Motivation
3 Darstellung und Beschreibung der Vanlife Community
3.4 Einordnung in den Tourismus
4 Stand der Reisemotivforschung
4.1 Reisemotive von deutschen Touristen
4.2 Reisemotive von Campingtouristen
4.3 Reisemotive von Reisemobilisten
4.4 Zusammenfassung und Ausblick
5.2.2 Fragebogenerstellung und Erhebungspunkte
5.4.1 Qualitative Inhaltsanalyse
6.1 Diskussion
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
9 Anhang
9.1 Anlage A: Anschreiben und Vorab-Fragebogen
9.2 Anlage B: Einwilligungserklärung zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Interviewdaten
10 Anlage C: Fragenkatalog Leitfadeninterview
11 Anlage D: Interview Transkriptionen
11.1 Interview Nummer 1
11.2 Interview Nummer 2
11.3 Interview Nummer 3
11.4 Interview Nummer 4
11.5 Interview Nummer 5
11.6 Interview Nummer 6
11.7 Interview Nummer 7
11.8 Interview Nummer 8
11.9 Interview Nummer 9
11.10 Interview Nummer 10
12 Anlage E: Analyseeinheiten mit zugeordneten Kategorien
13 Anlage F: induktives Kategoriensystem
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zusammenspiel von Person- und Situationsfaktoren bei der Motivationsentstehung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Überblick über die demographischen Daten der Probanden
Tabelle C. 1: Fragenkatalog Leitfadeninterview
1 Einleitung
Vanlife ist der Traum vom unbegrenzten und freien Reisen. Besonders in einer Zeit der Covid-19 Pandemie und der damit einhergehenden Reisebeschränkungen boomt der Vanlifetourismus (Bardt, 2020, S. 1; Roeingh, 2021). Obwohl das Phänomen Vanlife bereits seit 2011 ein Begriff ist, konnte insbesondere in den letzten Jahren ein starker Popularitätsanstieg wahrgenommen werden (Forget, 2020, S.80; Alberts, 2020). Der Begriff Vanlife tauchte erstmals als Hashtag auf der Plattform Instagram auf und gilt dadurch als Geburtsstätte der Vanlife Bewegung (Gretzel & Hardy, 2019). Instagram ist ein soziales Foto- und Video-Sharing-Netzwerk, welches von den Mitgliedern intensiv als öffentliches, digitales Tagebuch zum Dokumentieren ihres Lifestyles genutzt wird. Beschreibend für die Community ist, dass soziale Kontakte weniger im echten Leben stattfinden, als vielmehr auf den sozialen Medien. Das soziale Interagieren zwischen den Mitgliedern der Community ist daher auch stark durch die Plattform Instagram geprägt (Kobilke, 2019, S. 12; Gretzel & Hardy, 2019, S. 6). Vanlifer sind zum überwiegenden Teil junge Menschen im Alter von 20 – 39 Jahren und daher der Generation der Millennials zuzuordnen (Kampgrounds of America, 2020, S. 35; Forget, 2020, S. 80). Die Herkunft der Vanlifer beschränkt sich hauptsächlich auf westliche Industrieländer aus Nordamerika, Europa und Ozeanien (Gretzel & Hardy, 2019, S. 5).
Eine einheitliche Definition, was genau unter dem Begriff Vanlife zu verstehen ist, gibt es aktuell nicht. Allerdings gibt der Begriff selbst schon Rückschlüsse darüber, was die Bedeutung von Vanlife ist. Übersetzt ins Deutsche bedeutet es Leben im Transporter oder Kastenwagen. Eine Dauer über den Aufenthalt im Fahrzeug ist dabei nicht vorgegeben und es kann sich daher um das dauerhafte oder temporäre Leben im Van handeln. Aus touristischer Sicht bedeutet dies, dass Vanlife ein Reisestil ist, bei dem junge Menschen aus westlichen Industrieländern mit einem Transporter verreisen. Das Fahrzeug ist dafür ähnlich wie ein Wohnwagen oder Wohnmobil ausgestattet, damit es auf Reisen auch als Unterkunft genutzt werden kann (Nitschke, 2018).
Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Gruppierung der Vanlifer erfolgte bisher kaum. Als Pionierinnen auf dem Gebiet gelten Anne Hardy und Ulrike Gretzel (2019), die mit ihrer Arbeit „#VanLife: Materiality, Makeovers and Mobility amongst Digital Nomads.“ einen ersten Ansatz lieferten, um die Vanlife Bewegung zu erforschen. Eingegliedert in den touristischen Kontext, kann der Vanlife Reisestil dem Camping- und spezifischer dem Reisemobiltourismus zugeordnet werden. Gretzel und Hardy (2019, S. 6) betonen allerdings, dass die Vanlifer nicht mit traditionellen Reisemobilisten, welche auf Campingplätzen angetroffen werden, gleichzusetzen sind. Sie begründen es damit, dass in ihrer durchgeführten Hashtaganalyse nur 4,2% der Vanlifer den Hashtag #RVing/Camping unter ihren veröffentlichten Beiträgen auf Instagram nutzten. Deutschsprachige Literatur konnte zu diesem Thema nur in nicht wissenschaftlichen Quellen gefunden werden. Die traditionellen und sozialen Medien sind sich dem Phänomen der Vanlife Bewegung hingegen schon länger bewusst und auch aus wirtschaftlicher Sicht wurde die Community bereits als Zielgruppe wahrgenommen. Es gibt bereits Unternehmen, welche sich darauf spezialisiert haben, Kastenwagen individuell zu Campervans auszubauen oder bereits ausgebaute Fahrzeuge zu vermieten (VanMe, 2021; Vantopia, 2021).
Dennoch ist bisher nur wenig über die Vanlife Bewegung bekannt. Was motiviert junge Erwachsene dazu einen Kastenwagen selbst auszubauen, also Zeit, Geld und Arbeit zu investieren, wenn es bereits fertige Modelle auf dem Markt gibt? Inwiefern unterscheidet sich die Gruppe der Vanlifer bewusst oder unbewusst von den klassischen Reisemobilisten? Was erhoffen sich Vanlifer durch ihre Art zu reisen unterwegs zu finden? Ausgehend von diesen Gedankengängen und der Tatsache, dass nicht ausreichend Literatur zu Verfügung steht, beschäftigt sich diese Arbeit mit der gezielten Frage „Was sind die zielgruppenspezifischen Reisemotive der deutschen Vanlife Community?“. Sofern die Motivation einer Gruppe bekannt ist und verstanden wird, bietet dies die Basis für eine weiterführende Forschung und einer zielgruppengerechten Angebotsentwicklung. Aus wissenschaftlicher Sicht kann diese Arbeit daher einen ersten Anreiz darbieten, sich zukünftig auch im deutschsprachigen Raum mit dem Thema zu beschäftigen und generell dem Campingtourismus mehr Beachtung zu schenken. Denn trotz wachsender Beliebtheit und wachsenden Umsätzen wurde der Campingtourismus im Vergleich zu anderen Tourismussektoren aus wissenschaftlicher Sicht nur wenig beachtet (Rice, Park, Pan & Newman, 2019).
Das Ziel dieser Arbeit ist die Beantwortung der eben genannten Forschungsfrage. Es soll herausgearbeitet werden welches die spezifischen Reisemotive genau sind und welche von hoher bzw. niedriger Bedeutung für die deutschen Vanlifer sind. Eventuell können auch weitere Erkenntnisse über die Gruppierung gewonnen und bereits Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu den klassischen Reisemobilisten festgestellt werden.
Als Instrument zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden leitfadengestützte Interviews mit zwölf deutschsprachigen Mitgliedern der Zielgruppe durchgeführt. Der Leitfaden wurde nach einer intensiven Literaturrecherche erstellt und deckt die drei Themenblöcke „Entscheidung für die Reiseart“, „das Reisen selbst“ und „persönliche Erfahrungen“ ab. Anschließend wurden alle durchgeführten Interviews transkribiert und einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2019) unterzogen. Es wurde sich aufgrund der mangelnden Literatur für einen qualitativen Forschungsansatz entschieden. Dieser bietet sich an, wenn aufgrund der vorhandenen Theorie keine Hypothesenbildung möglich ist (Mey & Mruck, 2014, S. 195). Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei zudem um einen Verstehensprozess handelt, welcher stellenweise auch interpretativ erfolgt, bietet sich die qualitative Forschung an (Wichmann, 2019, S. 20). Das leitfadengestützte Interview wurde deshalb gewählt, da hierbei der größte Informationsgehalt erwartet wird. Zudem bieten es sich speziell bei Themen mit geringer Literaturbasis an (Renner & Jacob, 2020, S. 17).
Dieser Einleitung folgend werden zunächst die theoretischen Grundlagen erläutert. Kapitel zwei beschäftigt sich daher mit der Motivationspsychologie. Hierbei werden die Begriffe Motiv und Motivation voneinander abgegrenzt und etablierte Motivationstheorien erklärt. Im anschließenden dritten Kapitel wird die Zielgruppe dieser Arbeit, die Vanlifer genauer beschrieben und in den touristischen Kontext eingebettet. Darauf folgt im vierten Kapitel ein Überblick über den bisherigen Stand der Reisemotivforschung. Dabei werden die Reisemotive von deutschen Touristen, Campingtouristen und Reisemobilisten dargestellt. Mit dem fünften Kapitel beginnt der empirische Teil der Arbeit. Dabei wird zunächst auf die Forschungsfrage eingegangen und das Forschungsdesign näher erläutert. Es wird auf den Fragebogen eingegangen und ein Überblick über Teilnehmer der Befragung gegeben. Anschließend wird der Prozess der Datenauswertung beleuchtet. Im sechsten Kapitel werden die finalen Forschungsergebnisse dargestellt und diskutiert. Die Arbeit endet mit dem Fazit und Ausblick im siebten Kapitel.
2 Motiv, Motivation, Motivationstheorien
Der theoretische Teil der Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Motivationspsychologie. Diese beschäftigt sich mit der Ausrichtung, Intensität und Ausdauer von zielgerichtetem Handeln (Wolff, Stadler, Wegner & Schüler, 2020, S. 1). Es sollen die grundlegenden Begriffe Motiv und Motivation unterschieden werden. Umgangssprachlich werden die Begrifflichkeiten oft synonym verwendet, um das Handeln von Menschen zu erklären (Brandstätter, Schüler, Puca & Lozo, 2018, S. 3). Danach werden drei wesentliche Motivationstheorien erläutert. Diese bilden die Basis zur Untersuchung der spezifischen Reisemotive von Vanlifern.
2.1 Motiv
Motive sind laut Puca und Schüler (2017, S. 225) die Bereitschaft: „emotional auf Reize und Ereignisse zu reagieren, die die Möglichkeit der Annäherung an eine definierbare Klasse von Zielzuständen signalisieren“. Sie beeinflussen dadurch unsere Wahrnehmung von Situationen und bilden die im Menschen verankerten Verhaltensdeterminanten (Rheinberg & Vollmeyer, 2019; Wolff, Stadler, Wegner & Schüler, 2020, S. 4). Becker-Carus und Wendt (2017, S. 486) behaupten, dass Motive bewusst und unbewusst sein können und durch unsere Sozialisierung erlangt werden. Da sie als Persönlichkeitsmerkmale gelten, sind sie zeitlich stabil und nicht direkt beobachtbar (Rheinberg & Vollmeyer, 2019; Puca und Schüler, 2017, S. 225).
Motive sind unterschiedlich stark ausgeprägt, was bedeutet, dass Menschen sich darin unterscheiden, wie wichtig ihnen eine Klasse von Zielzuständen ist. Eine Person mit beispielsweise einer starken Anschlussmotivation legt einen Fokus drauf, soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Hingegen eine Person mit einer ausgeprägten Leistungsmotivation wird ihr Verhalten so ausrichten, dass sie sich häufig in Situationen wiederfindet, in denen sie Herausforderungen meistern muss (Brandstätter, Schüler, Puca und Lozo, 2018, S. 5).
Herrmann und Wetzel (2018, S.7) beschreiben Motive als „innere Beweggründe, die Menschen dazu veranlassen, etwas anzustreben oder zu unterlassen“. Bezogen auf den Tourismus sind Reisemotive dauerhaft vorhanden, werden jedoch erst durch die Reisewahlentscheidung oder einen Reiseimpuls aktiviert (Herrmann & Wetzel, 2018, S.7; Herrmann, 2019, S. 5). Üblicherweise besitzen Personen diverse, stellenweise auch konträre Reisemotive zeitgleich, wodurch eine innere Motivhierarchie entsteht. Die Motive können heterogen zueinander sein, wie z. B. entspannen, aber gleichzeitig etwas im Urlaub erleben zu wollen. Dies bestätigen die jährlichen Reiseanalysen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in ihren Studien, in denen die Probanden mehrere Reisemotive gleichzeitig aufzählen (Herrmann, 2016, S. 8).
2.2 Motivation
Motivation ist nach modernem Wissenstand noch kein einheitlich definiertes Konzept, sondern unterliegt den verschiedenen Forschungsansätzen (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 487). Die einzelnen Theorien unterschieden sich darin, wie stark der Einfluss der Umwelt berücksichtigt wird. Diese Tatsache und die lange Forschungstradition zeigen, dass Motivation in der Psychologie eine zentrale Rolle spielt. Motivation determiniert unser Handeln und soll erklären, warum Menschen unter situativen Reizen stets ein bestimmtes motiviertes Verhalten zeigen (Heckhausen & Heckhausen, 2018, S. 50).
Laut Bak (2019, S.62) kann Motivation als ein Drang verstanden werden. Es ist ein Zustand, indem Motive durch situative Reize hervorgerufen werden. Infolgedessen kommt es zu einem Verhalten hin oder weg von dem Reiz mit einer bestimmten Intensität und einer bestimmten Dauer (Bak, 2019, S. 62). Motivation ist dementsprechend ein aktivierender und richtungsgebender Prozess für unsere Verhaltenstendenzen (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 486).
Unser Verhalten wird durch unsere Motivation bedingt, welche wiederum aus den dynamischen Wechselwirkungen aus unseren Person- und Situationsfaktoren entsteht. Personfaktoren sind subjektive, innere Kräfte wie Motive, Ziele, Bedürfnisse und Interessen. Situationsfaktoren hingegen sind äußere Anreize, Gelegenheiten und Anforderungen (Brandstätter, Schüler, Puca & Lozo, 2018, S. 6).
Abbildung 1: Zusammenspiel von Person- und Situationsfaktoren bei der Motivationsentstehung
Quelle: Rothermund & Eder (2011)
Bei einer nicht ausreichenden Motivation bleiben Motive nur unerfüllte Beweggründe (Herrmann, 2019, S. 5). Die Abbildung 1 impliziert, dass Motivation, anders als Motive, kein Persönlichkeitsmerkmal und durch den situativen Einfluss auch nicht zeitlich stabil sind. Es begründet zudem, warum Menschen mit identischen Motiven unterschiedlich handeln, da es stets auch von den unterschiedlichen Situationsfaktoren abhängig ist (Rothermund & Eder, 2011, S. 93).
Bezogen auf den Tourismus versucht die Reisemotivation zu erklären, warum und unter welchen Umständen Menschen „zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einen bestimmten Ort, auf eine bestimmte Art und Weise“ (Fuchs, 2021, S. 787) reisen.
2.3 Bedürfnispyramide nach Maslow
Die Bedürfnispyramide nach Abraham Maslow ist bis heute eine der einflussreichsten Motivationstheorien (Becker, 2019, S. 29). Nach Maslow (1943, S. 370ff) gibt es fünf Bedürfnisklassen, welche von unten nach oben hin lauten: physiologische Grundbedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse, Soziale Bedürfnisse, Wertschätzungsbedürfnisse und Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung. Die physiologischen Grundbedürfnisse bilden die unterste Ebene und deren Erfüllung sichert das Überleben eines Menschen. Dazu zählen Essen, Trinken, Schlafen, Wohnen und Sexualität. In der nächsten Stufe geht es um die Sicherheitsbedürfnisse. Gemeint ist damit die Vorsorge für die Zukunft, Schutz und Angstfreiheit. Die nächsthöhere Motivgruppe bildet sich aus den sozialen Bedürfnissen, welche durch den Wunsch nach sozialen Kontakten und zwischenmenschlichen Beziehungen wie Liebe, Freundschaft und Zuwendung gekennzeichnet sind. Über dieser Stufe liegen die Wertschätzungs-bedürfnisse. Hierbei strebt ein Individuum nach Anerkennung und Status durch andere Personen. Die Spitze der Pyramide bildet das Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung. Unter allen fünf Ebenen sticht das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung heraus, da es als Wachstumsbedürfnis nie wirklich eine vollendete Befriedigung findet. Die ersten vier Motivgruppen hingegen sind Defizitbedürfnisse und können durch gewisse Anreize befriedigt werden (Holtbrügge, 2018. S. 15f).
Abbildung 2: Bedürfnispyramide nach Maslow
Quelle: Holtbrügge, 2018, S. 15
Die Motive sind vertikal in einer hierarchischen Struktur aufgebaut. Die Bedürfnisse der untersten Stufe sind am stärksten ausgeprägt und nehmen in ihrer Intensität nach oben hin ab. In der Theorie kann eine Person die nächsthöhere Stufe erst erreicht, wenn die unteren Bedürfnisse gestillt wurden (Becker, 2019, S. 30). Denn wenn ein Bedürfnis befriedigt wurde, motiviert es das Individuum nicht mehr. Erst die nächsthöhere Ebene ist fähig, die Motivation auszulösen. Dies zeigt, dass das Modell dynamisch ist und die Motive sich temporär verändern (Mundt, 2013. S. 110).
Laut Becker (2019, S. 30) muss eine Ebene jedoch nicht hundertprozentig erfüllt sein, um in die höher gelegene Ebene zu gelangen. Er gibt dazu erklärende Beispiele aus Alltagsbeobachtungen an. So gibt es z. B. Menschen, die ihre Sicherheit (Sicherheitsbedürfnis) für ihren Status (Wertschätzungsbedürfnisse) in Form von riskanten Mutproben riskieren. Zudem riskieren Menschen ihre eigene Sicherheit (Sicherheitsbedürfnis), um geliebte Menschen zu beschützen (soziale Bedürfnisse). Diese Beispiele zeigen, dass die Hierarchie der Bedürfnisse nicht immer eingehalten wird, da die Sicherheitsbedürfnisse unter den sozialen Bedürfnissen und Wertschätzungsbedürfnissen liegen.
Bezogen auf den Tourismus, kann eine touristische Reise gleichzeitig durch alle Bedürfnisse der Pyramide direkt oder indirekt motiviert sein (Mundt, 2013, S. 111). Vor dem modernen Zeitalter, nach dem zweiten Weltkrieg, dienten Reisen oft der Sicherung der physiologischen Grundbedürfnisse. Laut Freyer (2015, S. 79) können auch heute noch Fahrten zum Arbeitsplatz als touristisches Beispiel für die Grundbedürfnisebene gelten. Die Sicherheitsbedürfnisse werden durch Reisen, welche der Sicherung des Grundeinkommens dienen, befriedigt. Das sind z. B. Handelsreisen oder Urlaubsreisen, welche der Regeneration der Arbeitskraft dienen. Gesellschaftliche Reisen wiederum befriedigen die sozialen Bedürfnisse. Die Ebene der Wertschätzungsbedürfnisse kann im touristischen Sinne durch Reisen befriedigt werden, welche mit einem hohen Prestige einhergehen oder gesellschaftliche Anerkennung zur Folge haben. Bedürfnisse der Selbstverwirklichung werden durch Reisen gestillt, welche dem Selbstzweck dienen (Freyer, 2015, S. 79).
Andererseits kann die Maslow´sche Berdürfnispyramide nicht alle vorhandenen Reisemotive erfassen. Ein einfaches Beispiel ist das Motiv „Erholung“, welches bei dem überwiegenden Teil der Urlaubstouristen eine bedeutende Rolle spielt. Dieses kann nicht zweifelsfrei in eine der fünf Motivklassen einsortiert werden (Mundt, 2013, S. 112).
2.4 Intrinsische und Extrinsische Motivation
In der allgemeinen Motivationspsychologie wird zwischen der intrinsischen und extrinsischen Motivation unterschieden. Die intrinsische Motivation entsteht durch die Begeisterung für die Aufgabe selbst, wohingegen die extrinsische Motivation aus Anreizsystemen zur Leistungserfüllung resultiert (Miebach, 2017, S. 51). Mundt (2013, S. 112) beschreibt die intrinsische Motivation als etwas, wo die Handlungen und Verhaltensweisen nur um ihrer selbst vollzogen werden, also sachbezogen sind und extrinsische Motivation stellt er als kontextbezogen dar. Extrinsisch motiviertes Verhalten ist daher instrumentell, da es nur dem Zweck dient ein bestimmtes Resultat zu erreichen oder zu vermeiden (Becker, 2019, S. 141).
Bezogen auf den Tourismus, wäre ein intrinsisch motiviertes Verhalten eine Reise aufgrund des Motives Reiselust. Dabei wird das Reiseziel gewählt, welches das Motiv im Sinne der reisenden Person am besten befriedigt. Unternimmt ein Individuum eine Reise zu einem prestigeträchtigen Reiseziel jedoch nur um die Anerkennung anderer Personen zu erhalten, wäre das Verhalten extrinsisch motiviert und das Motiv der Reise wäre das Prestige (Mundt, 2013, S. 112).
Bei dieser Motivationstheorie handelt es sich um eine idealtypische Klassifizierung, da Handlungen fast nie ausschließlich intrinsisch oder extrinsisch motiviert sind. Vielmehr handelt es sich um ein Kontinuum und die Motive pendeln zwischen den beiden Extremen (Mundt, 2013, S. 112f). Becker (2019, S. 143) bezeichnet die extrinsische Motivation daher „eher als ein Zusatz als ein Ausgangspunkt“. Der Grund dafür ist, dass das Verhalten überwiegend keinem anderen Zweck als dem Verhalten selbst dient und daher „aus sich selbst heraus motivierend ist“ (Becker, 2019, S. 143).
2.5 Reisemotive nach Crompton
In der touristischen Motivationsforschung hat das Konzept der Push- und Pullfaktoren nach Crompton einen besonderen Stellenwert und wurde allgemein akzeptiert (Crompton, 1979; Baniya & Paudel, 2016; Battour et al. 2017 und Bayih & Singh, 2020). Die Theorie besagt, dass Reisemotivationen ebenfalls in einem Kontinuum pendeln, das an seinen Enden die Schubfaktoren (push) und Zugfaktoren (pull) beinhaltet (Crompton, 1979). Beide Komponenten sind bedeutende Kräfte und haben einen signifikanten Zusammenhang (Baniya & Paudel, 2016, S. 26).
2.5.1 Pushfaktoren
Insgesamt wurden sieben Pushfaktoren identifiziert, welche einen soziopsychologischen Charakter aufweisen. Die Pushfaktoren entstehen durch innere Wünsche und werden durch emotionale Faktoren begünstigt, was bedeutet, dass sie intrinsisch motiviert sind (Battour et. al, 2017). Sie erklären warum die Menschen verreisen möchten, denn es ist der innere Drang, der sie von der Heimat wegdrückt (Bayih &Singh, 2020).
Die identifizierten Schubfaktoren von Crompton (1979) lauten: Flucht aus dem Alltag, Selbst-Exploration und Selbst-Evaluation, Entspannung, Prestige, Regression, Erhöhung/ Steigerung von familiären Beziehungen und Förderung sozialer Interaktionen.
Die Flucht aus dem Alltag wird laut Freyer (2015, S. 82) bei den Schubfaktoren besonders betont. Das Fluchtmotiv ist charakterisiert durch die Suche nach der Gegenwelt und dem Ausgleich zum Alltag. Crompton (1979) stellte fest, dass es sich bei der Flucht nicht nur um die Flucht aus der Wohngegend handelt, sondern auch um die vor der spezifischen Heimat und Arbeitsumgebung. Die Art und Form der Flucht ist vielfältig und bedeutet für den einen Touristen ein Aufenthalt in einem Luxus-Resort und für den anderen ein rustikaler Campingausflug im Wald (Pearce, 2016, S. 313).
Bei der Selbst-Exploration und Selbst-Evaluation als Reisemotiv wird der Urlaub als Möglichkeit betrachtet, um das eigene Dasein neu zu bewerten. Es besteht das Verlangen danach sich selbst zu entdecken und das Selbstbild zu modifizieren. Für diesen Prozess ist die Neuheit der physischen und sozialen Komponenten im Urlaub von Bedeutung, denn das neue Bewusstsein für sich selbst, kann nicht zu Hause in der gewohnten Umgebung erreicht werden (Crompton, 1979, S. 416).
Crompton (1979, S. 417) erkannte, dass das Motiv Entspannung auf den mentalen Kontext bezogen war und nicht auf eine physische Entspannung abzielt. Die körperliche Betätigung und daraus resultierende Erschöpfung und Müdigkeit wurde von seinen Probanden vielmehr als positiv wahrgenommen. Auch heute ist das Motiv Entspannung eines der wichtigsten Reisegründe von Touristen und wie auch schon Crompton im Jahr 1979 feststellte, geht es dabei um die psychologische Erholung. Es zeigt sich, dass das genannte Motiv daher seit Jahrzehnten beständig vorhanden ist (Lohmann, 2017, S. 60f).
Crompton (1979, S. 417) vermutet, dass das Reisen generell weniger prestigeträchtig wurde, dadurch dass durchweg mehr gereist wird und es zu einem Massenphänomen geworden ist. Denn das Prestige einer Reise resultiert aus seiner Exklusivität. Vor allem reiseerfahrende Personen sind dazu geneigt sich von der Masse abzuheben und Reiseziele zu finden, die wenig frequentiert sind. Dies gelingt, indem entweder in unerschlossene oder limitierte Gebiete gereist wird. Durch die wachsende Ausbreitung des Tourismus ist es stets schwieriger Destinationen zu finden, auf die die genannten Kriterien zutreffen (Schinkel et. al, 2020, S. 253).
Eine Urlaubsreise biete die Möglichkeit ein Verhalten auszuleben oder Sachen zu unternehmen, die im alltäglichen Lebensstil unvorstellbar sind. Crompton (1979, S. 417) spricht dabei gezielt von kindischem, irrationalem und jugendlichem Verhalten. Mittels Regression beschreibt er daher die Suche nach einem Lebensstil aus einer früheren, zurückliegenden Ära. Assoziiert wird damit ein einfacheres Leben, dass weniger komplex ist und einen geringeren technologischen Fortschritt aufweist. Moderne Reiseberichte werben auch heute noch oftmals mit der Einfachheit und Ursprünglichkeit einer Destination wie beispielsweise ein Reiseartikel der Augsburger Allgemeinen „Schöne Küste, schroffe Berge, einfaches Leben: Sardinien!“ (Solcher, 2018).
Ein gemeinsamer Familienurlaub bietet sich an, um die familiären Bindungen zu festigen. Die Familienmitglieder verbringen mehr Zeit miteinander als im gewöhnlichen Alltag und bedingen dadurch auch einen verstärkten Austausch untereinander (Crompton, 1979, S. 418). Wie bereits das Reisemotiv Entspannung ist auch das Motiv Familie immer noch ein bedeutsamer Reisegrund und verliert nicht an seiner Popularität (Lohmann, 2016, S. 60).
Bei der Förderung sozialer Interaktionen geht es den Touristen darum, neue Kontakte auf Reisen zu knüpfen. Die Interessen gehen dabei aber auseinander, während die einen nur auf der Suche nach kurzen Gesprächen sind, suchen die anderen nach ernsten und langfristigen Beziehungen. Vielen Reisenden sind die sozialen Kontakte im Urlaub auch deutlich wichtiger als im Alltag. Während viele danach streben mit den Einheimischen der Destination in Kontakt zu treten, fällt es in der Regel doch leichter mit anderen Touristen ins Gespräch zu kommen. Dies liegt daran, dass mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Reisenden zu finden sind als zwischen Urlaubern und beispielsweise den lokalen Angestellten (Crompton, 1979, S. 418f).
2.5.2 Pullfaktoren
Die Pullfaktoren als Pendant zu den Pushfaktoren sind kulturell geprägt. Sie erklären nicht warum ein Individuum reist, sondern begründen sie die Wahl der Destination (Bayih & Singh, 2020). Die Touristen werden aufgrund von externen und nicht greifbaren Faktoren der Reisezielattribute angezogen (Battour et al., 2017). Thematisch beschäftigen sie sich mit den Erwartungen, Vorteilen und Wahrnehmungen der Reisenden von einer Destination (Bayih & Singh, 2020). Crompton (1979, S. 419) identifiziert als Zugfaktoren die Motive Neuheit und Bildung.
Bei dem Motiv Neuheit streben die Touristen danach, auf Reisen neue Erfahrungen zu machen. Sie werden von einer generellen Neugier angetrieben und suchen nach dem Unbekannten, was sie vorher nicht kannten. Die fremden Kulturen bergen unbekannte Reize, welche intensiv wahrgenommen werden sollen (Crompton, 1979, S. 419). Der Grad der Neugier ist von Person zu Person unterschiedlich, weshalb auch für jedes Individuum ein anderes Stimulationsniveau erforderlich ist. Die Stimulation erfolgt durch Umweltreize und wenn die Umwelt keine angemessen Reize mehr liefert, motiviert es einen Mensch dazu, durch eigene Erkundung sein Erregungsniveau zu erhöhen (Mak, 2015).
Das letzte Motiv von Crompton (1979, S. 420) ist Bildung. Die Auswahl einer Destination erfolgt daher unter Umständen danach, wie hoch das Bildungspotenzial vor Ort ist. Dies gilt im Besonderen für Reisen mit Kindern, da Bildung wichtig für die Entwicklung der Persönlichkeit ist. Am Reiseziel angekommen fühlen einige Touristen einen Zwang wichtige kulturelle Phänomene oder historische Besonderheiten zu besuchen, da die Möglichkeit dazu nicht oft gegeben ist. Die Reisenden befürchteten, wenn sie die wichtigsten historischen Stätten nicht besuchen, ist ihr Bildungsvorteil zunichte (Crompton, 1979. S. 421).
3 Darstellung und Beschreibung der Vanlife Community
Im Folgenden Abschnitt werden grundlegende Begriffe erläutert, welche zum Verständnis der Arbeit obligatorisch sind. Begonnen wird mit einer Erklärung, was unter dem Begriff Vanlife zu verstehen ist und wer die Mitglieder dieser Community sind. Fortgeführt wird der Ansatz, indem die Vanlife Gemeinschaft in das Konzept des Neo - Tribalismus eingegliedert wird. Da die Social-Media Plattform Instagram bei der Community einen hohen Stellwert aufzeigt, ist es unerlässlich, dass auch diese Ebene der Vanlife Bewegung mit aufgeführt wird. Anschließend erfolgt eine Einordnung in den touristischen Kontext.
3.1 Erklärung Vanlife
Eine einheitliche, wissenschaftliche Definition, was unter den Begriff Vanlife zu verstehen ist gibt es aktuell nicht. Geprägt wurde die Begrifflichkeit durch Foster Huntington im Jahr 2011 (Forget, 2020, S.80). Er entschied sich seine Wohnung und seinen Job in New York zu kündigen und zog in einen Volkswagen Syncro von 1987. Seine Reise dokumentierte er mittels der Plattform Instagram und verwendet bei seinen Beiträgen die Hashtags #vanlife und #homeiswhereyouparkit (Monroe, 2017). Durch seine wachsende Reichweite verbreitete sich #vanlife rasant und es entstand eine weltweite Community (Gretzel & Hardy, 2019, S. 2).
Ins Deutsche übersetzt, bedeutet der Begriff Vanlife, sinngemäß Leben im Transporter. Dadurch ist festzustellen, dass die Eingliederung eines Automobils für eine Definition erforderlich ist. Darauf aufbauend werden im Folgenden drei verschiedene Erklärungsansätze aus unterschiedlichen Quellen aufgeführt, um Gemeinsamkeiten zu identifizieren. Das Ziel ist es, daraus eine verständliche Definition zu erstellen, welche den Untersuchungsgegenstand der Arbeit beschreibt.
Paul Nitschke (2018) beschreibt den Begriff Vanlife in einem Onlinemagazin folgendermaßen:
„In deinem Van leben und reisen. So wie die meisten Menschen in ihren Wohnungen oder Häusern beheimatet sind, wohnt der Vandweller (auf deutsch: Busbewohner) auf vier Rädern und hat alles dabei, was er zum Leben „on the road“ benötigt. In seinem oft selbstausgebauten Camper befinden sich Wohnraum, Schlafraum und Küche in Einem, alles klein gehalten und so eingebaut, dass es vielseitig und praktisch ist (…).“
Eine andere Erklärung von Alberts (2020) lautet:
„Das Vanlife ist in den letzten Jahren zu einem echten Trend geworden. Es geht um ein ungebundenes Leben in Freiheit und in der Natur - man könnte es auch als moderne Art des Campens bezeichnen. Alles dreht sich um den Camper bzw. den Van. Man mietet oder kauft sich ein solches rollendes Zuhause und startet damit ins Abenteuer.“
Die letzte Definition stammt von Kampgrounds of America und wurde 2019 in dem North American Camping Report veröffentlicht:
„Defined as a form of adventure tourism that involves a van that is livable and self-sustained, used to access remote areas to recreate in.“
Auf Deutsch: Definiert als eine Form des Abenteuertourismus, bei dem ein lebenswerter und autarker Van verwendet wird, um Zugang zu abgelegenen Gebieten zu erhalten, in denen man sich erholen kann.
Alle drei Erklärungen weisen bestimmte Merkmale auf, die bezeichnend für den Begriff Vanlife sind. Folgende Komponenten wurden bei allen Definitionen identifiziert: das Leben oder Reisen im Van, der Van ist multifunktional sowie autark und die Standortunabhängigkeit. Die daraus resultierende Definition, welche als Grundlage für diese Arbeit gilt, lautet daher: Vanlife ist das standortunabhängige Leben und Reisen, in einem multifunktionalen sowie autarken Transporter.
Vanlifer sind in der Regel junge Menschen in den zwanziger und dreißiger Jahren (Kampgrounds of America, 2020, S. 35; Forget, 2020, S. 80). Um ein Mitglied der Vanlife Community zu werden, wird laut Getzel und Hardy (2019, S. 5) lediglich die Verwendung des Hashtags #vanlife oder andere Variationen wie zum Beispiel #vanlifeeurope oder #vanlifediaries auf Instagram, wo die Bewegung startete, vorausgesetzt. Mitglieder der Gemeinschaft befinden sich vor allen in den westlichen Ländern wie Nordamerika, Europa, sowie Ozeanien und stellenweise in Asien. Der Hashtag #vanlife involviert laut Gretzel und Hardy (2019, S. 5) jedoch nicht nur Menschen, sondern auch Haustiere wie z. B. Hunde, welche durch den Hashtag #vandog auf Instagram thematisiert werden.
Nach Forget (2020, S. 80) geht es bei Vanlife darum, in einem individuell gestalteten Van die offene Weite der Natur und Wildnis zu erkunden. Hardy und Roberst (2015) wiederum beschreiben Vanlife als einen Lebensstil, der geprägt ist durch Minimalismus, das Dokumentieren in digitalen Medien und soziale Interaktion über Instagram. Der Minimalismus ist dadurch bedingt, da ein Campingbus gar nicht erst den Raum bietet, um materielle Gegenstände anzuhäufen. Zudem verwenden die Vanlifemitglieder auch Fahrzeuge, die unter den Wohnmobilen als die kleinsten ihrer Art gelten (Erento, 2021). Das Dokumentieren in digitalen Medien und die soziale Interaktion über Instagram werden im Abschnitt 3.3 Instagram genauer erläutert.
Vanlifer gehören zu der übergeordneten Gruppe der Reisemobilisten. Allerdings sind sie von den klassischen Reisemobilisten wie zum Beispiel den Grey Nomads in Australien, den Snowbirds in Nordamerika und den Retirees in Europa zu unterscheiden (Holloway, Green & Holloway, 2011; Counts and Counts, 2004). Ein Grund dafür ist, dass die Vanlifer eher dazu geneigt sind weltweit zu reisen (Forget, 2020, S. 80). Dadurch sind sie im Vergleich noch mobiler, bzw. sie gelten als Hyper-Mobile-Reisende (Gretzel und Hardy, 2019). Zudem sind die klassischen Reisemobilisten, wie die Grey Nomads überwiegend ältere Personen ab 55 Jahren und reisen oftmals nur innerhalb ihres Landes (Holloway, Green & Holloway, 2011, S. 237; Pearce & Wu, 2018, S. 201). Gretzel und Hardy (2019, S. 6) argumentieren, dass es sich zwischen den Vanifern und klassischen Reisemobilisten um zwei verschiedene Reisestile handeln muss, da bei der Vanlife Community Campingplätze insignifikant sind. Sie belegten ihre Behauptung dadurch, dass bei ihrer durchgeführten Analyse nur 4,2% der Beiträge, welche den Hashtag #vanlife verwendeten, auch den Hashtags #RVing/Camping nutzten. Dies impliziert, dass Vanlifer den Freedom Campern (auf Deutsch: Wildcampern) zugeordnet werden können. Dabei handelt es sich um das Übernachten von Personen in mobilen Unterkünften in einem offenen oder öffentlichen Raum. Dieser ist nicht an marktbasierte Handelsnormen und Camping- oder Caravanparkvorschriften gebunden (Caldicott, Jenkins & Scherrer, 2018, S. 320; Rantala, 2019).
3.2 Neo-Tribalismus
Im vorangegangenen Absatz wurde von den Vanlifern als Community oder Bewegung gesprochen. Damit die Gruppierung der Vanlifer als Einheit besser verstanden werden kann, wird die Theorie des Neo-Tribalismus erklärt. Sie dient dazu gegenwärtige Kulturen zu verstehen, in denen unterschiedlichste Menschen in Gruppen zusammenkommen (Hardy & Robards, 2015).
Das Konzept des Neo-Tribalismus stammt von dem französischen Soziologen Maffesoli (1996). Es dient dazu, die soziale Repräsentation von postmodernen Gemeinschaften zu erfassen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Grenzen zwischen dem Individuum und der Gesellschaft zunehmend verschwimmen (Pforr, Volgger & Dowling, 2021, S. 4). Der Neo-Tribalismus gruppiert Menschen aus verschiedenen Lebenssituationen und -abschnitten. Die Gruppendynamik wird charakterisiert von fließenden Grenzen und schwebenden Mitgliedschaften. Das bedeutet, dass ein Individuum mehr als einem Neo-Tribe angehören kann und die Gruppe nicht das Verhalten und Leben der Mitglieder dominiert (Weiler & Firth, 2021, S. 19). Jeder Mensch ist bewusst oder unbewusst Mitglied von Neo-Tribes (Hardy, Bennett & Robards, 2018, S. 2).
Obwohl die Mitglieder von Außenstehenden als sehr unterschiedliche Personen wahrgenommen werden, fokussierte sich die neotribiale Forschung darauf, die homogenen Züge der Gruppe zu erkennen. Verbunden werden die Mitglieder eines Tribes durch immaterielle Aspekte, wie gemeinsame Grundeinstellungen, Lebensstile oder Konsumverhalten (Hardy & Robards, 2015). Beschreibend für den Neo-Tribalismus ist zudem, dass sie keiner starren Organisationsform zu Grunde liegen, sondern spontan in ihrer Auslebung und Gestaltung sind (Maffesoli, Shields & Smith, 1996, S. 98). Sie sind nicht an formale Strukturen angepasst und profitieren daher gruppenintern von informellen Bindungen (Pforr, Volgger & Dowling, 2021, S. 4).
Goulding und Shankar (2011, S. 1436f) definierten fünf Faktoren, welche für Gruppen des Neo-Tribalismus entscheidend sind. Punkt eins besagt wie bereits beschrieben, dass Mitglieder mehreren Neo-Tribes angehören. Sie sind daher auch kein bestimmender Faktor für das individuelle Leben, sondern bieten vielmehr eine Flucht aus dem Alltag. Der zweite Punkt behauptet, dass die Tribes spielerisch sind, da eine Person bei mehreren Gemeinschaften partizipiert. Durch die Zugehörigkeit entsteht keine langfristige moralische Verantwortung. Der nächste Faktor besagt, dass die Neo-Tribes vergänglich sind. Sie entstehen und zerfallen wieder, da sich Menschen und Ressourcen auch mit der Zeit ändern. Ohne Mitglieder gibt es auch keine Tribes. In ihrem nächsten Punkt behaupten Goulding und Shankar (2011, S. 1437), dass die Neo-Tribes unternehmerisch sind. Da sich die Gruppen um Marken oder Konsumgüter herum organisieren, nehmen sie dadurch Einfluss auf den wirtschaftlichen Markt. Sie sind der treibende Faktor Marktteilnehmer zu ermutigen, neue Angebote zu entwickeln. Am Bespiel der Vanlife Community ist dies deutlich zu erkennen. So gibt es Anbieter, welche sich darauf spezialisiert haben, Kastenwagen individuell auszubauen wie z. B. das 2017 entstandene Unternehmen VanMe oder Anbieter die speziell Campervans vermieten wie z. B. Vantopia, und Camperboys (VanMe, 2021; Vantopia, 2021; CamperBoys, 2021). Der letzte Faktor ist laut Goulding und Shankar (2011, S. 1437), dass es besondere Regeln, Rituale und Engagements gibt, die die Mitglieder lernen müssen, um ein Teil des Tribes zu sein. Bezogen auf den Vanlife Tribe handelt es sich hierbei um die Plattform Instagram. Für die Mitgliedschaft ist es nötig, dort seine Reiseerfahrungen zu veröffentlichen und auch die spezifischen Hashtags wie #vanlife oder #vanlifediaries zu verwenden. Des Weiteren dient Instagram auch als der Ort, an dem die Mitglieder des Vanlife Tribes virtuell zusammenkommen (Gretzel & Hardy, 2019, S. 5).
Das Konzept des Neo-Tribalismus bietet einen alternativen Ansatz zu den Subkulturen. Diese werden beschrieben als Gruppen, welche aus homogenen Individuen bestehen, die einen gemeinsamen Glauben oder ein gemeinsames Interesse teilen (Weiler & Firth, 2021, S. 19). Subkulturen sind im Vergleich zu Neo-Tribes jedoch steifer in ihren Strukturen und die Mitgliedschaft ist auch nur bei einer Gruppierung möglich (Hardy & Robards, 2015). Des Weiteren sind Subkulturen oftmals politisch motiviert wie z. B. die Punkkultur, welche eine anarchistische Politik anstrebt. Die Widerstandshaltung ist beschreibend für Subkulturen und richtet sich entweder generell gegen die Erwachsenenwelt oder gegen gesellschaftlich privilegiertere Klassen. Bei dem Konzept des Neo-Tribalismus ist eine politische Komponente nicht zwingend inbegriffen, obwohl sich ein Tribe dennoch aufgrund politischer Gemeinsamkeiten zusammenfinden kann (Eisewicht & Pfadenhauer, 2015, S. 491).
3.3 Instagram
Mit der Weiterentwicklung der mobilen Internettechnologie nahmen die sozialen Medien eine wichtige Rolle im Leben der Menschen ein (Yang, 2021, S. 15). Soziale Medien verstehen sich als webbasierte Kommunikationsplattformen, welche es Nutzern auch ohne technische Expertise möglich macht, Content im Internet zu produzieren und zu veröffentlichen (Gretzel, 2017a). Schmidt und Taddicken (2017, S.8) beschrieben die sozialen Medien als einen „Sammelbegriff für Angebote auf Grundlage digital vernetzter Technologien, die es Menschen ermöglichen, Informationen aller Art zugänglich zu machen und davon ausgehend soziale Beziehungen zu knüpfen und/oder zu pflegen“. Sie bieten daher einen Ausgangspunkt für den kommunikativen Austausch und der sozialen Interaktion (Schmidt & Taddicken, 2017, S. 5). Auf den sozialen Medien befindet sich nutzergenerierter Content, wodurch die Beziehungen der Nutzer untereinander verstärkt werden. Die Menschen drücken auf den sozialen Plattformen offen ihre Gedanken und Gefühle aus, weshalb in dem virtuellen Raum auch stellenweise tiefe Beziehungen durch die Interaktion entstehen (Yang, 2021, S. 15).
Den Einfluss, den die sozialen Medien auf unser Leben haben, ist sehr groß und weitreichend. Sie beeinflussen unser Vokabular, da Begriffe wie z. B. liken in unseren alltäglichen Sprachgebrauch aufgenommen wurden. Des Weiteren veränderte sich die Art und Weise wie Menschen neue Kontakte schließen bzw. alte pflegen, so nutzen Singles Dating-Apps wie Tinder und alten Bekannten wird über Facebook zum Geburtstag gratuliert. Tagesaktuelle Informationen konsumieren die Menschen nun über ihren Feed. Dies ist ein fortlaufender Content, der dem Nutzer angezeigt wird. Die sozialen Medien beeinflussen zudem unser Einkaufverhalten, da die Menschen auf Empfehlungen von Influencern Wert legen. Doch vor allem wird die Art, wie wir uns selbst präsentieren verändert und die Selbstwahrnehmung durch den Vergleich zu anderen Nutzern verzerrt (Gretzel, 2017a).
Die sozialen Medien unterscheiden sich je nach Aufbau und Inhalt. Schmidt (2013, S. 11ff) differenziert die folgenden fünf Arten: Netzwerkplattformen wie Facebook, Multimediaplattformen wie YouTube und Instagram, Webblogs, Microblogs wie Twitter, und Wikis wie Wikipedia. Instagram ist es neben YouTube und Snapchat auf den Austausch von Fotos und Videos spezialisiert und gilt daher als eine Multimediaplattform (Schmidt, 2013, S. 13).
Im Jahr 2010 wurde Instagram gegründet und zwei Jahre später von Facebook aufgekauft und übernommen. Innerhalb der ersten Woche registrierten sich über 100.000 Nutzer auf der Plattform und es gilt noch immer als das weltweit am schnellsten wachsende soziale Netzwerk (Yang, 2021, S. 15f). In Deutschland gab es im August 2017 circa 15 Millionen Instagram Nutzer (Instagram, zitiert nach de.statista.com, 2017). Die Altersstruktur von 2021 zeigt auf, dass Instagram von jüngeren Menschen am intensivsten genutzt wird und mit zunehmenden Alter an Attraktivität verliert. Die Altersgruppe der 16 – 19 Jährigen war mit 80% bei der Plattform vertreten und die Gruppe der 20 - 29 Jährigen sogar mit 82%. Erst bei folgenden Altersgruppen zeigt sich ein Abstieg in der Nutzungshäufigkeit (Faktenkontor, zitiert nach de.statista.com, 2021).
Die Funktionen von Instagram sind einfach gehalten. Als Nutzer gibt es die Möglichkeit Bilder, Videos oder Stories (sind nur 24 Stunden sichtbar) zu uploaden. Des Weiteren können die Beiträge gelikt und kommentiert werden und Nutzer können sich gegenseitig verlinken (Ferrara, Interdonato & Tagarelli, 2014). Einen besonderen Augenmerk bilden die Hashtags. Sie schaffen die Möglichkeit soziale Verknüpfungen mit anderen Nutzern zu realisieren und stellen eine Form der sozialen Organisation dar. Dadurch können sich große soziale Gruppen virtuell bilden (Bieling, 2018, S. 44). Dies geschah auch bei dem Vanlife Tribe und ist daher ein treffendes Beispiel dafür. Foster Huntington schaffte mit seinem Hashtag #vanlife eine neue soziale Gruppierung, die sich ein Jahrzehnt später zu einem weltweiten Trend entwickelte (Monroe, 2017; Gretzel & Hardy, 2019, S. 2). Im April 2021 befinden sich bereits über 9,7 Millionen Beiträge mit dem Vanlife Hashtag auf Instagram (Instagram, 2021a). Die Bedeutung von Instagram für die Vanlife Community ist daher elementar, da es auch der Ort ist, an dem die Mitglieder virtuell zusammenkommen und den sozialen Austausch untereinander sicherstellen (Gretzel & Hardy, 2019).
Der kommunikative Fokus liegt bei der Plattform darauf, dass die Nutzer ihre eignen Inhalte veröffentlichen (Schmidt & Taddicken, 2017, S.11). Betrachtet aus einem touristischen Hintergrund sind die Reisebeiträge relevant. Auch dazu gibt es den passenden Hashtag #travelselfie damit die Nutzer sich gegenseitig finden können. Das öffentliche Teilen von Reisefotografien dient nicht nur als Kommunikationsmittel im Freundes - und Bekanntenkreis, sondern auch für das unbekannte, große Publikum. Mittels der Fotos wird eine Reiseidentität geschaffen, die sich bewusst auch durch die Verwendung spezifischer Hashtags, von der der normalen Touristen abhebt (Gretzel, 2017b). Dies zeigt sich in der Vanlife Szene, vor allem dadurch, dass es als Mitglied obligatorisch ist den Hashtag #vanlife zu verwenden (Gretzel & Hardy, 2019, S. 5). Die veröffentlichten Reisefotografien verfolgen in der Regeln nicht das Ziel die eigene Reise zu dokumentieren, sondern dienen lediglich der Generierung einer Vielzahl von Likes und Kommentaren. Daher verfolgen die Bilder überwiegend einen hohen ästhetischen Anspruch. Allerdings sind sie dennoch prinzipiell einfach gehalten und zeigen in der Regeln nur den Nutzer vor einem ansprechenden Hintergrund ohne gezielt auf die Destination anzuspielen (Gretzel, 2017b). Das gleiche Verhalten findet sich auch bei den Fotografien der Vanlifer auf Instagram wieder. Die meisten Bildbeiträge sind Selfies der Nutzer in oder vor dem Van. Zudem wird der Van auch oftmals allein in der Landschaft in Szene gesetzt. Die Ersteller legen einen starken Fokus darauf, den Van wohnlich wirken zu lassen. Dafür werden beispielsweise Kochutensilien und Dekorationsartikel bewusst für die Aufnahmen drapiert (Gretzel & Hardy, 2019, S. 7).
3.4 Einordnung in den Tourismus
Da die demographischen Merkmale der Vanlife Community nicht eindeutig bestimmt sind, wird eine Segmentierung anhand von verhaltensorientierten Kriterien vorgenommen. Bezeichnend für das Reiseverhalten von Vanlifern ist, dass der Transporter sowohl als Verkehrsmittel und auch als Unterkunft auf Reisen dient (Freyer, 2015, S. 101; Rogerson & Rogerson, 2020, S. 351).
Die Vanlife Reisenden sind mit ihrem Camper Teilnehmer am Straßenverkehr. Beim touristischen Straßenverkehr unterscheidet Schulz (2014, S. 106) zwischen Busverkehr, Autovermietung und Individualverkehr. Die Vanlife Mitglieder finden sich in der Sparte des Individualverkehrs wieder, welche nochmals in Personenkraftwagen, Motorradverkehr, Caravaning und Reisemobile sowie Fahrradtourismus unterteilt ist (Schulz, 2014, S. 106, 120). Bei dieser Gliederung ist der Vanlife Reisestil wiederum der Rubrik Caravaning und Reisemobile zuzuordnen, da auch selbstausgebaute Kastenwagen den Reisemobilen zuzählen (Rogerson & Rogerson, 2020, S. 351). Schulz (2014, S.123) verbindet Caravaning mit dem Campingtourismus, was impliziert, dass die Vanlife Community eine Teilmenge der Campingtouristen darstellen.
Definiert wird Camping als „die hausungebundene, mobile Form des Freizeitwohnens in selbst mitgeführten Unterkünften“ (Fuchs, 2021, S. 1). Bei der Betrachtung der Komponente, dass Vanlifer ihren Kastenwagen auch als Unterkunft nutzen, bestätigt die Definition die Annahme, dass der Reisestil dem Campingtourismus zugehört. Das touristische Camping unterscheidet sich nochmal nach der Art der Unterkunft in Zelt und Caravaning, wobei letzteres noch nach Motor-Caravan (Wohnmobil) und Caravan (Wohnwagen) unterteilt ist (Schulz, 2014, S. 123). Hierbei kann der Vanlife Tribe dem Caravan zugeordnet werden, da die Campervans in der Regel über einen eigenen Antrieb verfügen und nicht als Anhänger mitgeführt werden (Fuchs, 2021, S. 162).
Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die Vanlifer im touristischen Kontext den Campingtourismus und spezifischer betrachtet dem Reisemobil- / Wohnmobiltourismus zugeordnet werden können. Wie an dem Beispiel des Familienurlaubs bereits erwähnt ist jedoch eine Eingliederung in weitere Tourismusformen denkbar. Der Vanlife Reisestil wurde beispielsweise von Kampgrounds of America (2020, S. 45) als Abenteuertourismus definiert: „Van Life – Defined as a form of adventure tourism…“. Da allerdings der Campervan im Fokus der Vanlife Welt steht, wurde entschieden, diesen auch als Basis für die Einordnung zu nehmen. Denn der zentrale Aspekt des Reisestils, sollte auch für die Bestimmung der Reiseform entscheidend sein (Schulz et al., 2021, S. 106).
4 Stand der Reisemotivforschung
Dieses Kapitel dient dazu, den derzeitigen Stand der Reisemotivforschung in der Literatur zu vermitteln. Die Motive, die Menschen dazu animieren Reisen zu unternehmen sind vielfältig, heterogen und koexistent. Durch die gleichzeitige Wirkung von verschiedenen und vor allem widersprüchlichen Motiven entsteht im inneren eines Menschen eine Motivhierarchie (Herrmann, 2016, S. 8). Bei einer Reise können in der Regel auch nicht alle Motive befriedigt werden, sondern vornehmlich die, die als besonders wichtig erachtet werden (Lohmann, 2017, S. 55).
Die diversen Motive können in unterschiedliche Motivgruppen sortiert werden, welche dabei helfen Zielgruppen besser zu identifizieren und zu verstehen (Herrmann, 2019, S. 6). Lohmann (2017, S. 54) teilt Urlaubsmotive in vier Gruppen ein. Die erste Einheit bilden die grundsätzlichen Bedürfnisse wie z. B. die soziale Anerkennung und Neugier. Diese sind in der Regeln, in der Persönlichkeit eines Menschen verwurzelt, werden allerdings nicht bewusst wahrgenommen. Die zweite Gruppe sind die allgemeinen Wünsche, welche im Urlaub erfüllt werden sollen wie z. B. Entspannung, die Natur zu spüren oder Zeit mit seinem Partner zu verbringen. Danach folgen die spezifischen Gründe, die ein genaues Ziel verfolgen wie beispielsweise nach Skandinavien zu reisen, um die Polarlichter zu sehen. Final definiert er die spezifischen Ansprüche und Forderungen wie z. B. einen nachhaltigen Urlaub zu verbringen oder das Verlangen nach einem Zimmer mit Meerblick (Lohmann, 2017, S. 54).
Mundt (2013, S. 116ff) wiederum präsentiert eine andere Ordnung von Motivgruppen. Er nutzt übergreifende und spezifische Motivationsansätze, um die allgemein gestiegene Reiseaktivität der letzten Jahrzehnte zu erklären. Die übergreifenden Ansätze setzen sich zusammen aus defizittheoretischen, physiologischen und psychologischen Aspekten. Der erste Ansatz wird damit erläutert, dass Reisen als Flucht vor den alltäglichen Verhältnissen und zur Suche nach Authentizität dient. Der physiologische Ansatz behauptet, dass Urlaub dem Abbau der kumulierten Ermüdungserscheinungen hilft und daher zum Zwecke der Erholung unternommen wird. Anschließend gibt es noch die psychologischen Erklärungsansätze. Dazu gehören Selbstverbesserung und symbolische Selbstergänzung, womit die Anerkennung von sich selbst und anderen angesprochen wird. Des Weiteren sollen Urlaubsreisen als Kontrast zum Alltag dienen. Der dritte Unterpunkt zielt darauf ab, dass Urlaubsreisen zur Verlängerung der Zeit behelfen. Mundt (2013, S. 128ff) zielt darauf ab, dass die Zeit je nach Umstand als länger oder kürzer wahrgenommen wird. Ein unbewusstes Reisemotiv ist es daher, das Zeiterleben zu verlängern, indem viele neue Eindrücke auf einen wirken. Als letztes nennt er Urlaubsreisen zur Strukturierung von Zeit. Dies soll bedeuten, dass die anstehenden Reisen als zeitliche Fixpunkte gelten und der Person im Alltag als Ziel vor Augen bleiben. Somit kann das Alltagsleben zeitlich strukturiert werden. Des Weiteren verfasst Mundt (2013, S. 133ff) noch die spezifischen Motivationsansätze, welche nur für spezielle Reisen und Motivationen verantwortlich sind. Er nennt dabei Reisen zum Erhalt oder zur Führung von Gesundheit, Reisen zum Ausleben von Sexualität und Reisen als Selbstmotiv. Bei den Reisen als Selbstmotiv handelt es sich um Reisen, bei denen die Mobilität an erster Stelle steht wie z. B. Wanderungen oder Kreuzfahrten (Mundt, 2013, S. 137).
4.1 Reisemotive von deutschen Touristen
Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen untersucht in ihrer jährlichen Reiseanalyse ebenfalls die Urlaubsmotive von deutschen Touristen. In der Reiseanalyse von 2015 wurden als wichtigste Motive „Sonne, Wärme“, „Abstand zum Alltag“ und „Entspannung“ erfasst. Auch hier wurden die vielen verschiedenen Einzelmotive in sieben Motivgruppen erfasst „Entspannen, erholen, frei sein“, „Sonne, Spaß, Menschen, Genuss“, „Natur und Gesundheit“, „Neues erleben“, „Partner und Familie“, „Begegnung“ und „Risiko-aktiv“ (FUR, 2015, zitiert in Lohmann, 2017, S. 60).
Es fällt auf, dass in beiden Studien das Motiv Erholung und Entspannung mit die höchste Zustimmung unter den Befragten fand. Die weiteren wichtigen Reisemotive wie Sonne und Wärme oder Abstand zum Alltag sind bereits seit Jahren konstant (Herrmann, 2016, S. 8). Dies lässt die Rückschlüsse zu, dass auch zukünftig die Reisemotive stabil bleiben und es keine starken Veränderungen geben wird.
4.2 Reisemotive von Campingtouristen
Der Campingtourismus wurde bisher von der Tourismuswissenschaft wenig beachtet und erforscht, obwohl sich dieser zu einem bedeutenden und wirtschaftsstarken Tourismusmarkt entwickelt hat (Kristensen, Arvidsen, Elmose-Østerlund & Iversen, 2021; Lin & Chuang, 2021, S. 190; Rogerson & Rogerson, 2020, S. 349; Brooker & Joppe, 2014, S. 335). Allein in Deutschland erwirtschafteten die steuerpflichtigen Campingplätze im Jahr 2019 einen Umsatz von 648 Millionen Euro (Statistisches Bundesamt, 2021, S. 23).
Rogerson und Rogerson (2020, S. 353) erklären, dass Campingurlaub besonders bei jungen Familien beliebt ist, aber dennoch alle Alterskohorten anspricht. Das Campen wird verstärkt auch mit weiteren Freizeitaktivitäten verbunden wie zum Beispiel Grillen, Wandern, Angeln und Schwimmen (Lin & Chuang, 2021, S.190). Die Erfahrungen, die die Touristen beim Campen machen sind divers und reichen von freizeitlicher Erholung über Ästhetik bis hin zu spirituellen Erlebnissen (Hassell, Moore & Macbeth, 2015, S. 270).
Die Motive von Campingurlaubern sind wie die von anderen Touristen ebenfalls vielfältig. Einige der bedeutendsten Motive sind Erholung und Entspannung, die Flucht aus dem Alltag und besonders die physische und mentale Distanz zum urbanen Raum. Die soziale Interaktion mit anderen Menschen und Zeit mit der Familie zu verbringen sind ebenfalls oft genannte Beweggründe. Da Camping als eine Outdoor-Aktivität verstanden wird, sind die Motive Natur erleben, wieder zu sich selbst finden und das einfache Leben zu spüren im Vergleich zu anderen Touristen nochmals stärker vertreten (Brooker &Joppe, 2014, S. 336; Hassel, Moore & Macbeth, 2015, S. 270, 277; Rogerson & Rogerson, 2020, S. 353; Lin & Chuang, 2021, S. 192; Kristensen, Arvidsen, Elmose-Østerlund & Iversen, 2021). Spezieller für den Campingtourismus ist der Wunsch nach Einsamkeit im Urlaub und die Kosten möglichst gering zu halten (Kristensen, Arvidsen, Elmose-Østerlund & Iversen, 2021; Lin & Chuang, 2021, S. 192; Brooker & Joppe, 2014, S. 336). Die Motive körperliches und geistiges Training sowie Herausforderungen zu meistern und Abenteuer zu erleben scheinen sich ebenfalls verstärkt auf den Campingtourismus zu beziehen (Kristensen, Arvidsen, Elmose-Østerlund & Iversen, 2021).
4.3 Reisemotive von Reisemobilisten
Innerhalb des Campingtourismus befinden sich die Reisemobilisten im Bereich Motor-Caravan wieder. Sie gelten als eine junge Zielgruppe, welche verstärkt in Großstädten beheimatet ist. Zudem haben sie im Durchschnitt ein höheres Bildungsniveau und zählen zu den Besserverdienern (Schulz, 2014, S. 124). Hardy & Gretzel (2008) beschrieben die Motivation von Reisemobilisten und fanden heraus, dass folgende Motive elementar sind: das eigene Bett, in dem man auf der Reise schläft und die Möglichkeit des Reisens mit Haustier zu realisieren. Das Reisemobil bietet zusätzlich ein familiäres Umfeld, soziale Kontakte zu Gleichgesinnten und es erlaubt Spontanität (Hardy & Gretzel, 2008, S. 4f). Drei Jahre später erforschten Hardy und Gretzel (2011) erneut die Motive von Reisemobilisten. Dabei fanden sie heraus, dass viele Reisemobilisten schon vorher passionierte Camper waren und der Umstieg in ein Wohnmobil für viele ein natürlich folgender Schritt war. Des Weiteren war das Motiv Freiheit von großer Bedeutung und gleichzeitig spielt die Flexibilität des Reisestils eine Rolle (Hardy & Gretzel, 2011; Wu & Pearce, 2014, S. 24).
4.4 Zusammenfassung und Ausblick
In diesem Kapitel wurden die Reisemotive von deutschen Touristen, Campingurlaubern und Reisemobilisten dargestellt. Zwischen den drei Gruppen konnten gemeinsame Motive erkannt werden. Die Defizittheorie von Mundt (2013, S. 116) ist bei allen Touristen wiederzufinden, was darauf hindeutet, dass die Flucht aus dem Alltag ein Grundmotiv für alle Reisen ist. Den deutschen Touristen und Campingurlaubern sind Entspannung und Erholung auf Reisen besonders wichtig, sowie das Erleben in der Natur (Zwingenberger, 2016, S. 9; Brooker &Joppe, 2014, S. 336; Hassel, Moore & Macbeth, 2015, S. 270, 277; Rogerson & Rogerson, 2020, S. 353; Lin & Chuang, 2021, S. 192; Kristensen, Arvidsen, Elmose-Østerlund & Iversen, 2021). Bei den Reisemobilisten wurde dieses Motiv nicht explizit genannt, allerdings ist anzunehmen, dass es auch für diese Gruppe ein Bedürfnis ist. Zum einem, weil sie eine Teilmenge der Campingtouristen darstellen und zum anderen, da Reisemobilisten überwiegend Menschen aus dem urbanen Raum sind, auf Reisen gerne die Gegenwelt zum Alltag gesucht wird (Schulz, 2014, S. 124). Individuellere Motive der Reisemobilisten hingegen sind die Wünsche nach Flexibilität im Urlaub und das in der Fremde dennoch ein familiäres und wohnliches Umfeld angestrebt wird (Wu & Pearce, 2014, S. 24; Hardy & Gretzel, 2008, S. 4f).
Während die Reisemotive der deutschen Touristen noch sehr allgemein gehalten sind, sind die Motive der Campingtouristen und Reisemobilisten spezifischer. Die Forschungsergebnisse dieser Arbeit werden daher wahrscheinlich näher an den Motiven der beiden letzteren Gruppen anknüpfen.
5 Empirische Erhebung
Die bisherigen Kapitel der Arbeit verdeutlichten die Relevanz und Aktualität der Vanlife Community. Zudem wurden wichtige Begrifflichkeiten, Theorien und Hintergrundwissen erläutert, welche zum Verständnis beitragen. Nachfolgend beginnt der empirische Teil der Bachelorarbeit. Hier soll das methodische Vorgehen geschildert und begründet werden. Zusätzlich werden die Vor- und Nachteile des gewählten Forschungsansatzes beleuchtet. Danach wird der Prozess der Datenauswertung dargestellt.
5.1 Forschungsfrage
Der Vanlife Tribe erhielt durch die traditionellen und modernen Medien bereits eine gewisse Aufmerksamkeit. Eine wissenschaftliche Betrachtung der Community ist allerdings bisher kaum erfolgt. Deshalb ist das Ziel dieser Bachelorarbeit neue Erkenntnisse über die Mitglieder des Vanlife Tribes zu gewinnen. Genauer wird erforscht was die Reisemotive der deutschen Vanlifer sind. Die generellen Motive von Reisenden wurden bereits in mehreren Studien erfasst. Ebenfalls sind auch schon Reisemotive von Campingtouristen und Reisemobilisten bekannt. Da die Vanlifer im touristischen Kontext des Campings und Caravanings eingegliedert sind, besteht die Möglichkeit, dass ihre Reisemotive ähnliche sind. Allerdings muss dies nicht der Fall sein, da die Vanlife Community als eigener Neo-Tribe verstanden werden kann. Die explizite Forschungsfrage zu dieser qualitativen Studie lautet daher: „Was sind die zielgruppenspezifischen Reisemotive der Vanlife Community?“.
5.2 Forschungsdesign
Die erhöhte Komplexität dieser Arbeit besteht darin, dass die Reisemotive einer kaum erforschten Zielgruppe untersucht werden. Aufgrund der mangelnden Literatur ist eine literaturbasierte Beantwortung der Forschungsfrage nicht möglich. Stattdessen wurde entschieden einen qualitativen Forschungsansatz zu wählen (Ritschl, Weigl & Stamm, 2016). Dieser bietet sich immer an, wenn die Theorie keine oder nur eine geringe Basis bietet, um Hypothesen zu generieren und diese erst weiter ausdifferenziert werden muss (Mey & Mruck, 2014, S. 195).
Zur Beantwortung der Forschungsfrage ist es notwendig das menschliche Handeln zu untersuchen und zu verstehen. Verstehen bedeutet laut Wichmann (2019, S. 21) „individuelle Gründe, Intentionen und Motivationen aufzudecken“ und sich dabei in die Zielgruppe hineinzudenken. Die von Individuum zu Individuum unterschiedliche Bedeutung einer Handlung muss dazu interpretativ entschlüsselt werden. Dafür bietet sich eine qualitative Forschungsmethode an. Ein quantitativer Forschungsansatz hingegen beschäftigt sich verstärkt mit Ursache-Wirkungs-Mechanismen und deckt Gesetzmäßigkeiten auf (Wichmann, 2019, S. 22). Dies wird allerdings nicht versucht mit dieser Arbeit zu beantworten, weshalb eine quantitative Methode nicht zielführend wäre.
Auch wenn die qualitative Forschung als geeigneter für diese Studie angesehen wird, birgt auch sie Nachteile, welche berücksichtigt werden müssen. Zum einem sind qualitative Methoden mit einem höheren Aufwand verbunden, da die Datenanalyse recht zeitintensiv ist. Zahlen- oder Mengenmäßige Ergebnisse können nicht realisiert werden. Ebenso ist eine repräsentative Erhebung wie bei den quantitativen Methoden nur schwer umsetzbar. Des Weiteren unterliegen die Ergebnisse einer gewissen Subjektivität und sind daher auch nur schwer generalisierbar. Die Anforderungen an die durchführende Person sind sehr hoch, da auch die Qualität der Daten von ihr abhängig ist. Allerdings ist der erwartete Informationsgehalt bei einer qualitativen Forschung höher und erlaubt eine gewisse Flexibilität in der Untersuchung, weshalb sich trotz der genannten Nachteile für eine qualitative Forschung entschieden wurde (Berger-Grabner, 2016, S. 118).
5.2.1 Datenerhebung
Im Rahmen der qualitativen Sozialforschung gibt es ein breites Spektrum an Methoden, auf welche zurückgegriffen werden kann (Ritschl, Weigl & Stamm, 2016, S. 119). Zur Beantwortung der Forschungsfrage, nach den spezifischen Reisemotiven von Vanlifern, wurde zwischen einem standardisierten Fragebogen und einem leitfadengestütztem Interview abgewogen. Der Fragebogen birgt den Vorteil, dass in kürzerer Zeit deutlich mehr Probanden erreicht werden können und er daher effizienter ist (Döring & Bortz, 2016, S. 389). Dennoch wurde entschieden ein leitfadengestütztes Interview vorzunehmen. Dies ist eine halbstrukturierte Interviewform, welches vorab mittels einem durchdachten Leitfaden gegliedert wurde. Die Reihenfolge der Fragen ist dabei nicht strikt vorgegeben, sondern dient der Orientierung des Interviewers und verhindert, dass forschungsrelevante Aspekte vernachlässigt werden. Durch die konsequente Orientierung an dem Fragenkatalog ist auch eine Vergleichbarkeit gegeben, da alle Probanden auch auf die gleichen Fragen antworten müssen. Dennoch können zusätzlich weitere Fragen gestellt werden, die sich durch den Verlauf des Interviews ergeben (Renner & Jacob, 2020, S. 16). Ein wesentlicher Vorteil gegenüber einem Fragebogen ist, dass die Befragten frei antworten können und der Interviewer stets detaillierter nachfragen kann. Dadurch können auch neue Ansätze eingebracht werden und die Sichtweise des Probanden kommt zur Geltung. Die Wahrscheinlichkeit, dass relevante Themen vernachlässigt werden, wird dadurch ebenfalls verringert (Mayer, 2013, S. 37; Hepperle, 2016, S. 158). Dafür ist es wichtig, dass Fragen nicht nur einmal gestellt werden, sondern dass der Interviewer gezielt bereits angesprochene Themen aufgreift (Nohl, 2017, S. 19). Gleichzeitig ist auch das Risiko fast vollständig ausgeschlossen, dass Fragen aufgrund von Unverständlichkeit nicht beantwortet werden können, da der Interviewer durchgehend erreichbar ist, um Missverständnisse zu klären (Magerhans, 2016, S. 118).
Das leitfadengestützte Interview wird auch als halbstrukturiertes Interview bezeichnet. Dies induziert die Tatsache, dass auch Interviews mit einem höheren oder niedrigeren Strukturierungsgrad möglich sind. Laut Renner und Jacob (2020, S.17) bieten sich jedoch bei Forschungsthemen mit wenig theoretischen Befunden Interviews mit einem geringeren Strukturierungsgrad an, denn dabei können möglichst viele neue Faktoren eines Phänomens erkundet werden. Trotz der genannten Vorteile birgt ein Leitfadeninterview auch gewisse Herausforderungen und Nachteile. Die Transkription und Auswertung des Interviews sind sehr zeitintensiv und erfordern gewisse Fähigkeiten, die sich vorab antrainiert werden müssen (Magerhans, 2016, S. 118). Die Durchführung des Interviews erfordert zudem eine hohe Aufmerksamkeit des Interviewers, welcher stets den Überblick behalten muss. Einerseits muss bei relevanten Aspekten nachgefragt und diese in den Kontext zu bereits gesagten gesetzt werden. Des Weiteren muss der Interviewer auch irrelevante Ausschweifungen schnellstmöglich erkennen und abwenden (Mayer, 2013, S. 37f). Zudem unterliegt das Leitfadeninterview auch dem Widerspruch zwischen dem Aufrechterhalten einer natürlichen Gesprächssituation und der Orientierung am Fragebogen. Das Interview ist zwar eine soziale Situation, doch ist diese künstlich geschaffen und dient nur dem Ziel der Datengenerierung (Brosius, Haas & Koschel, 2016, S. 126). Dem Befragten ist dies zwar bewusst, doch soll die Natürlichkeit des Gespräches als Erzählaufforderung wirken. Sollte der Interviewer hingegen zu starr am Fragebogen orientiert sein, kann dieser nicht die Aussagen und Anmerkungen des Befragten aufnehmen (Hepperle, 2016, S. 158f). Des Weiteren besteht die Gefahr, dass der Interviewer den Befragten durch die soziale Interaktion beeinflusst und dadurch Ergebnisse verzerrt werden (Magerhans, 2016, S. 118f). Diese Interviewereffekte können durch mainfeste Merkmale wie beispielsweise den Dialekt, das Geschlecht oder die Hautfarbe verursacht werden. Die Effekte können ebenso durch latente Merkmale erzeugt werden, wenn z. B. der Interviewer selbst offen und gesprächsbereit ist, wirkt sich das auf den Befragten aus. Gleichzeitig würde ein Interviewer, der die Fragen schnell hintereinander abliest dafür sorgen, dass auch die Antworten knapper ausfallen (Brosius, Haas & Koschel, 2016, S. 127f). Die genannten Nachteile können durch die Durchführung eines Pretest des Leitfrageninterviews und einem Interviewertraining verringert werden (Renner & Jacob, 2020, S. 80).
Die Interviews wurden online über die Videokonferenz Software Zoom, vom 18. April 2021 bis zum 09. Mai 2021 durchgeführt. Durch die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und den einhergehenden Kontaktbeschränkungen, wären persönliche Treffen mit den Probanden kaum zu realisieren (Bardt, 2020, S. 1). Die Vorteile eines Interviews über eine Videokonferenz Software wie Zoom, sind zum einem die geringen Kosten, da die Anwendung gratis genutzt werden kann. Des Weiteren verringert sich auch der zeitliche Aufwand, da keine langen Anfahrtswege zurückgelegt werden müssen (Heim et. al, 2016, S. 787). Zudem bietet die Software den Vorteil, im Vergleich zu einer telefonischen Befragung, dass das Interview direkt aufgezeichnet werden kann und anschließend als MP3 und MP4 Datei konvertiert wird (Zoom Video, 2021). Ein telefonisches Interview würde auch keinen visuellen Kontakt zwischen Interviewer und Befragten herstellen, was sich wiederum nachteilig auf die persönliche Gesprächsatmosphäre auswirken würde. Ferner ist auch die Abbruchquote bei Telefoninterviews höher, da bei zu langen oder unangenehmen Gesprächen der Proband dieses einfach beenden könnte. In einem audiovisuellen Interview hingegen kann der Interviewer aufgrund der soziale Situation diesen Abbruch besser verhindern (Brosius, Haas & Koschel, 2016, S. 110).
Da durch das Interview auch personenbezogene Daten erfragt werden, ist es wichtig die dazu geltende Gesetzeslage zu kennen. Im Mai 2018 wurde die Datenschutz-Grundverordnung kurz DSGVO verabschiedet. Dabei werden personenbezogene Daten laut DSGVO Art. 4, Abs. 1 Nr. 1 definiert als „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (…) beziehen“. Im Rahmen dieser Studie wurden solche Daten im Form von Name, Alter, Geschlecht und Standortdaten erhoben. Die Erfassung ist zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt, bedarf aber einiger Voraussetzungen. Alle Teilnehmer wurden ausführlich über den Zweck des Interviews informiert und unterschrieben eine Einwilligungserklärung zur Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Interviewdaten, welche im Anlage B zu finden ist. In dieser ist auch die Einwilligung zur Aufnahme des Interviewgespräches inkludiert (Renner & Jacob, 2020, S. 76). Alle unterschriebenen Einwilligungserklärungen liegen der Autorin vor und werden für Dritte unzugänglich aufbewahrt.
5.2.2 Fragebogenerstellung und Erhebungspunkte
Nachdem die Vor- und Nachteile es leitfadengestützten Interviews diskutiert wurden, erfolgt anschließend die Erklärung wie der Leitfaden erstellt wurde. Ferner werden auch die einzelnen Fragen beschrieben und erläutert.
Die Erstellung des Leitfadens, welcher in Anlage C zu finden ist, basiert auf der SPSS-Methode nach Helfferich (2019, S. 677). Dabei steht die Abkürzung SPSS für: Sammeln, Prüfen, Sortieren und Subsumieren. Im ersten Schritt dem Sammeln, werden mittels eines Brainstormings alle möglichen Fragen wertungsfrei aufgeschrieben. Dies ist allerdings nur möglich, sofern im Vorhinein eine ausführliche Literaturrecherche zu dem Untersuchungsthema stattfand. Dadurch entstand eine ursprüngliche Sammlung von 26 Fragen. Im zweiten Schritt wurde geprüft, ob die Fragen auch einen Bezug zur Forschungsfrage darstellen. Falls dies nicht der Fall war, wurden diese Fragen aussortiert. Gleiches war auch der Fall, wenn die Fragen einsilbig beantwortet werden konnten oder mit implizierten Erwartungen formuliert wurden. Anschließend mussten die Fragen thematisch zugeordnet werden. Dafür wurde eine Mind-Map erstellt und die Fragen in einzelne Themenkomplexe eingeordnet. Im letzten Schritt, dem Subsumieren werden die Fragen dahingehend betrachtet, ob sie als einfache Erzählaufforderung verstanden werden können. Trifft dies nicht zu, müssen die Fragen entweder umformuliert bzw. ganz gestrichen werden (Helfferich, 2019, S. 1677f).
Zusätzlich zum Leitfaden wurde ein Anschreiben inklusive Vorab-Fragebogen, siehe Anlage A, erstellt. Dieser dient dazu., relevante und demographische Daten von potenziellen Probanden zu erfragen und einen Termin für das Interview auszumachen. Zusätzlich werden die Teilnehmer über die voraussichtliche Dauer des Interviews aufgeklärt und erhalten Informationen über den weiteren Verlauf.
Der Leitfaden besteht aus zwei Abschnitten, zum einen aus dem informativen Teil und zum anderen aus den Leitfragen. Der informative Abschnitt, der Einstiegsteil, beginnt mit einer allgemeinen Begrüßung und Vorstellung durch den Interviewer. Anschließend werden die Forschungsziele genauer erläutert und die Wichtigkeit des Interviews dargestellt. Darauf folgt eine Aussage über den zeitlichen Rahmen des Interviews, welcher voraussichtlich 30 Minuten beträgt (Renner & Jacob, 2020, S. 58). Anschließend wird der Proband auf den Schutz seiner personenbezogenen Daten aufmerksam gemacht. Danach wird erneut um die Erlaubnis gebeten, ob das Interview aufgenommen werden darf. Zusätzlich wird auch erläutert, warum die Aufnahme des Interviews wichtig ist. Die Einstiegsphase wird dadurch beendet, dass der Proband gefragt wird, ob von seiner Seite noch etwaige Fragen offen sind. Falls es Fragen gibt, werden diese beantwortet, ansonsten erfolgt der Einstieg in den zweiten Abschnitt (Reinders, 2016, S. 202ff). Bevor die Interviewbefragung dann offiziell beginnt, wird dem Interviewten mündlich eine Übersicht über die folgenden Themenblöcke gegeben. Des Weiteren wird der Teilnehmer ermutigt in seinen Antworten Wiederholung einzubauen, falls er dies für nötig hält.
Die dreizehn Leitfragen sind in drei Themenblöcke sortiert. Bei Bedarf werden die Fragen durch Unterfragen ergänzt, weshalb der Leitfaden eine Spalte mit der Überschrift „Memo für Nachfragen“ enthält. Der erste Block thematisiert die Frage, warum sich die Probanden für die Reiseart mit dem Van entschieden haben und was die Abgrenzung zu anderen Reisearten ist. Im zweiten Abschnitt handelt es sich überwiegend um das Reisen mit dem Van selbst. Die Fragen beschäftigen sich mit der Reiseplanung, den Destinationen und den Stellplätzen, dem Urlaubsalltag und den sozialen Kontakten zu anderen Vanlifern. Der letzte Themenkomplex beschäftigt sich verstärkt mit den persönlichen Erfahrungen, die die Probanden auf Reisen gemacht haben. Es wird nach den Vorteilen und Herausforderungen gefragt, sowie nach den Gefühlen beim Start der ersten Reise und den schönsten persönlichen Erlebnissen. Ergänzt wird dieser Abschnitt mit der Frage, warum der Interviewte nicht auf seinen Van verzichten kann. Abgeschlossen wird das Interview mit der Frage, ob die Probanden noch etwas von sich aus zu dem Thema berichten möchte, was im Interview nicht aufgegriffen wurde. Anschließend erfolgte eine erneute Danksagung an den Teilnehmer und die Verabschiedung.
Da selbst ein gut durchdachter Leitfaden Schwächen aufweisen kann, wurde er vorab einem Pretest unterzogen. Dabei ist es ratsam den Test mit einem Mitglied der Zielpopulation durchzuführen, um eine realitätsnahe Situation zu erzeugen. Personen, die nur wenig Wissen zu dem Interviewthema haben, können die Resultate eines Pretest verfälschen (Brosius, Haas und Koschel, 2016, S. 131). Durch den Pretest kann die Verständlichkeit der Frageformulierung und die Sinnhaftigkeit der Reihenfolge getestet werden. Des Weiteren wird die Aussagekraft des Fragebogens geprüft (Häder, 2019, S.412). Der Pretest wurde mit einer Person durchgeführt, welche sich selbst als Mitglied der Vanlife Community identifiziert. Es zeigten sich keine wesentlichen Schwachpunkte im Aufbau des Leitfadens, allerdings wurden einige Fragen umformuliert, um eine leichtere Verständlichkeit zu gewährleisten. Die Dauer des Interviews im Pretest betrug 28:34 Minuten. Deshalb wurde den Teilnehmern eine erwartete Interviewzeit von 30 Minuten vorausgesagt.
5.2.3 Sampling
Das Sampling bezeichnet die Auswahl der befragten Personen, welche die Stichprobe für die Untersuchung darstellen. Sie bilden eine Teilmenge der Grundgesamtheit. Eine Befragung aller Mitglieder der Grundgesamtheit ist im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht möglich (Misoch, 2019, S. 199). Zum einen ist die genaue Grundgesamtheit aller deutschsprachiger Vanlifer nicht bekannt und zum anderen ist der Zeit- und Arbeitsaufwand für eine mündliche Befragung der Grundgesamtheit nicht realisierbar, da anzunehmen ist, dass es allein in Deutschland mehrere tausende Vanlifer gibt. Grund für die Annahme ist, dass auf Instagram über 380.000 Beiträge unter #vanlifegermany zu finden sind (Instagram, 2021b). Deshalb wurde eine Stichprobe, bestehend aus mindestens zehn Personen der Grundgesamtheit angestrebt. Im Gegensatz zu einer quantitativen Forschung, muss die ausgewählte Stichprobe bei der qualitativen Forschung nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit sein. Jedes Individuum der Stichprobe muss allerdings eine Relevanz für die Untersuchung bieten. Hier soll die Stichprobe eine inhaltliche Repräsentation darstellen (Mayer, 2013, S. 39). Denn das Ziel der qualitativen Forschung ist es, Wissen zu generieren, in Form von der Erstellung von neuen Konzepten und Kategorien oder dem Aufstellen von Hypothesen. Es steht daher die interpretative Auseinandersetzung mit den erhobenen Daten im Mittelpunkt und nicht die Repräsentativität der Teilnehmer, welche dazu beitragen würde, Theorien zu bestätigen. Für eine inhaltliche Repräsentation bedeutet dies, dass alle wesentlichen Fälle im Sampling vorhanden sein müssen (Walter, 2020, S. 138). Laut Misoch (2019, S. 200) ist es daher das Ziel, die Teilnehmer „die sich als inhaltlich adäquat im Hinblick auf die Forschungsfrage erweisen“ zu akquirieren. Das Ziel der Stichprobenzusammensetzung ist es, heterogene Probanden zu akquirieren, welche in Bezug auf die relevanten Merkmale maximal differenziert sind. Dies bietet die meisten Informationen und tiefe Einblicke in die Materie (Walter, 2020, S. 138).
Im Vorhinein wurden bestimmte Merkmale identifiziert, welche für die Probanden der Stichprobe relevant sind (Magerhans, 2016, S. 74). Wichtigste Voraussetzung war, dass die Teilnehmer sich selbst als ein Mitglied der Vanlife Community betrachten und dass sie deutschsprachig sind. Des Weiteren sollte unter allen Befragten ein Gleichgewicht an Vollzeit und Teilzeit Vanlifer realisiert und zu gleichen Teilen männliche und weibliche Vanlifer befragt werden. Ein Proband, der sich nicht mit den binären Geschlechtern identifiziert, konnte nicht ausfindig gemacht werden. Für die Stichprobe ist es unerheblich, ob die befragte Person Eigentümer eines Vans ist oder diesen für Reisen mietet. Wie bereits im Punkt 3.1 Erklärung Vanlife erwähnt, bedeutet der Begriff Vanlife übersetzt „Leben im Van“. Dies setzt nicht voraus, dass das Fahrzeug dem Nutzer persönlich gehört. Durch Anbieter wie roadsurfer und camperboys ist das Mieten von ausgestatteten Transportern möglich und die Konsumenten können sich dadurch dennoch mit dem #Vanlife identifizieren (roadsurfer, 2021; CamperBoys, 2021). Dennoch waren alle Probanden in dieser Untersuchung selbst Eigentümer ihres Fahrzeugs.
Der Erstkontakt zu den Interviewpartnern erfolgte auf unterschiedliche Arten. Einige folgten einem Aufruf der Autorin in den Facebookgruppen Vanlife Germany, Vanlife Deutschland und Vanlove Girls. Dabei wurde in gruppeninternen Beiträgen angefragt, ob Zielpersonen Interesse haben sich einem Interview zum Thema Reisemotive der Vanlife Community zu stellen. Andere antworteten auf eine Story, die die Autorin auf Instagram veröffentlichte und welche auch von weiteren Personen auf der Plattform geteilt wurde. Zudem wurden auch Vanlifer gezielt durch private Nachrichten auf Instagram angeschrieben und für das Interview akquiriert. Durch die genannten Methoden konnten mehrere Freiwillige gefunden werden. Um die Heterogenität der Befragten zu gewährleisten und dadurch möglichst viele verschiedene relevante Typen der Grundgesamtheit zu befragen, wurde ein kurzer schriftlicher Vorabfragebogen an die freiwilligen potenziellen Teilnehmer versendet. Dieser ist in Anlage A zu finden. Anhand der Antworten auf dem Fragebogen konnte die Autorin eine Stichprobenauswahl treffen. Neben den bereits genannten Merkmalen wurde zudem erfragt welchen Beruf sie ausüben, das Alter, ob der Wohnort in einer Stadt oder auf dem Dorf ist, welches Fahrzeug sie als Van nutzen und in welcher Reisekonstellation sie verreisen. Es wurden insgesamt acht Einzelinterviews und zwei Doppelinterviews durchgeführt, sodass final zwölf Vanlifer an der Befragung teilnahmen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Merkmale aller Befragten.
Tabelle 1: Überblick über die demographischen Daten der Probanden
Quelle: eigene Darstellung
Bei den insgesamt zwölf befragten Personen ergibt sich ein Altersdurchschnitt von 29,75 Jahren, wobei die jüngste befragte Person 25 Jahre und die älteste 40 Jahre alt war. Es konnten jeweils sechs weibliche und sechs männliche Teilnehmer akquiriert werden. Von diesen waren ebenfalls sechs Vollzeit Vanlifer und sechs Teilzeit Vanlifer. Zehn der zwölf befragten Personen haben einen Wohnort in der Stadt und nur zwei gaben an auf dem Dorf zu wohnen. Bei der Frage nach der Reisekonstellation fällt auf, dass sieben Personen mit ihrem Partner und mindestens einem Hund verreisen und zwei reisen nur mit dem Partner. Jeweils ein Befragter gab an entweder allein zu reisen, mit zwei Katzen oder mit einer Freundin. Bei den Fahrzeugen nutzten vier Teilnehmer einen Mercedes Sprinter, drei ein Modell von Volkswagen, jeweils zwei einen Fiat Ducato und Iveco Daily und eine Personen einen Ford Transit.
5.3 Datenauswertung
Auf die Datenerhebung folgt die Datenauswertung. Dazu ist es nötig die aufgenommen Interviews zu verschriftlichen. Dieser Vorgang wird Transkription genannt und unterliegt einer geregelten Vorgehensweise. Danach erfolgt eine zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse mit induktiver Kategorienbildung, welche als wesentliches Instrument dient, um die Forschungsfrage nach den Reisemotiven von deutschen Vanlifern zu beantworten.
5.4 Transkription
Aufgrund der Tatsache, dass die erfolgten Interviews durch Ton- und Videoaufzeichnungen gespeichert wurden, musste anschließend das Gesprochene in Wörter fixiert und in einen linear verlaufenden Text gebracht werden. Dieser Vorgang wird Transkription genannt. Dies geschieht mit der Hilfe eines formalisierten Regelwerks. Das Ziel ist es, die gewonnen Daten der Interviews intersubjektiv darzustellen, um die Transparenz dieser Arbeit zu realisieren (Reichertz, 2016, S. 223).
Das zugrundeliegende Regelwerk stammt von Kuckartz (2018, S. 167) und bedingt folgende Transkriptionsregeln:
1. Es wird wörtlich transkribiert und Dialekte ins Hochdeutsch übersetzt.
2. Die Sprache und Zeichensetzung werden korrigiert. Dabei wird z. B. „Da war so´n roter Punkt drauf“ zu „Da war so ein roter Punkt drauf“. Allerdings wird der Satzbau und grammatikalische Fehler nicht verbessert.
3. Längere Sprechpausen werden durch Auslassungspunkte dargestellt.
4. Stark betonte Worte werden durch Unterstreichung markiert.
5. Besonders laut Ausgesprochenes wird in Großbuchstaben aufgeschrieben.
6. Zustimmende Äußerungen des Interviewers wie „aha, okay“ werden nicht transkribiert, sofern sie keinen Einfluss auf die Erzählungen des Befragten haben.
7. Sofern es zu Einwürfen, des im Absatz nicht sprechenden Interviewteilnehmer kommt, werden diese in Klammern notiert.
8. Relevante Lautäußerungen der sprechenden Person wie z. B. (lachen), werden ebenfalls in Klammern dargestellt.
9. Sprachpassagen des Interviewers werden durch ein: „I“ gekennzeichnet und Sprachpassagen der befragten Person durch z. B. ein „B1“ notiert.
10. Die Sprachpassagen der Beteiligten werden durch Absätze deutlich voneinander getrennt.
11. Interviewstörungen werden ebenfalls durch Angabe des Störfaktors in Klammern aufgeschrieben, z. B. (Haustür klingelt).
12. Nonverbale Aussagen aller Interviewteilnehmer werden mittels Doppelklammern aufgeschrieben, z. B. ((stöhnt)).
13. Unverständliche Äußerungen werden durch (unv.) notiert.
14. Informationen die Rückschlüsse auf die befragte Person zulassen werden anonymisiert.
5.4.1 Qualitative Inhaltsanalyse
Die Auswertung der gesammelten Daten erfolgt durch eine zusammenfassende qualitative Inhaltsanalyse mittels induktiver Kategorienbildung nach Mayring (2015). Die Inhaltsanalyse ist in der Sozialforschung ein Verfahren, welches weltweit mit am häufigsten Verwendung findet. Dies liegt unteren daran, dass es aufgrund seiner strengen Regelgeleitetheit, als eines der wenigen reliablen Verfahren in der qualitativen Sozialforschung gilt (Reichertz, 2016, S. 226f). Die Reliabilität wird durch die angestrebte intersubjektive Textanalyse bestärkt. Das bedeutet, dass das Datenmaterial auf eine Art analysiert wird, welche es konsensual nachvollziehbar macht und zeitgleich bei einer Analyse von verschiedenen Personen zu ähnlichen Ergebnissen kommt (Schreier, 2014). Zentral ist dabei laut Mayring (2019, S. 4), dass kategoriengeleitet vorgegangen wird, wobei Kategorien einzelne Bedeutungsaspekte des Datenmaterials darstellen. Das Kategoriensystem erfolgt interpretativ, wodurch nicht nur manifeste, sondern auch latente Textinhalte erfasst werden (Schreier, 2014).
Die qualitative Inhaltsanalyse folgt einem bestimmten Ablaufplan, wobei vorab die Analyseeinheiten bestimmt werden. Die Kodiereinheit gibt an, was der kürzeste Abschnitt sein darf, der ausgewertet wird. Darauffolgend bestimmt die Kontexteinheit die größte Texteinheit, die zu einer Kategorie zählt. Zudem definiert die Auswertungseinheit, welche Datenanteile analysiert und damit in den Kategoriensystemen gegenübergestellt werden (Mayring & Fenzl, 2019, S. 636).
Für diese Arbeit wurde entschieden, eine zusammenfassende Inhaltsanalyse vorzunehmen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass in geregelten aufeinanderfolgenden Schritten das Datenmaterial auf wesentliche Aspekte reduziert und anschließend die Hauptaussagen wieder zusammengefasst werden (Stamann, Janssen & Schreier, 2016). Dadurch ist eine Überschaubarkeit der Daten und der Blick auf die wesentlichen Inhalte garantiert (Ritschl, Weigl & Stamm, 2016, S.98).
Mayring (2015, S. 72) gibt die vier Interpretationsregeln vor, wie das Datenmaterial bei einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse reduziert wird. Im ersten Schritt erfolgt die Paraphrasierung. Dabei werden unrelevante Textstellen, wie Ausschmückungen und Ausschweifungen, gestrichen und inhaltstragende Informationen gekürzt. Der zweite Schritt ist die Generalisierung auf das Abstraktionsniveau, wobei die Inhalte verallgemeinert werden. Darauf folgt die erste und zweite Reduktion, wo Inhalte zusammengefasst werden und es zu einer noch stärkeren Selektierung zwischen relevanten und unrelevanten Informationen kommt.
Die induktive Kategorienbildung zeichnet sich dadurch aus, dass die Kategorien aus dem Datenmaterial herausgearbeitet und verallgemeinert und nicht wie bei einem deduktiven Vorgehen aus vorab bestimmten Theorien gewonnen werden (Mayring, 2015, S. 85). Mayring (2015, S. 85) bezeichnet die induktive Kategorienbildung für qualitative Inhaltsanalysen als „sehr fruchtbar“. Der Vorteil ist, dass die Analyse gegenstandsnah erfolgt und keine Verzerrungen durch Vorannahmen die Auswertung verfälschen (Mayring, 2015, S. 86). Desweitern würde eine rein deduktive Kategorienbildung dazu führen, dass die interpretative Komponente vernachlässigt wird (Stamann, Janssen & Schreier, 2016).
Das Ziel ist es dadurch ein umfangreiches Kategoriensystem zu erstellen. In Anlage F ist das Kategoriensystem, welches bei der Datenauswertung zu dieser Arbeit erstellt wurde, zu finden.
6 Forschungsergebnisse
Das folgende Kapitel stellt die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse bezogen auf die Forschungsfrage: „Was sind die zielgruppenspezifischen Reisemotive der Vanlife Community?“ dar. Aus allen zehn durchgeführten Interviews wurden insgesamt 213 Analyseeinheiten bestimmt, aus welchen wiederum 355 Kodierungen erkannt wurden. Eine Übersicht ist in Anlage E zu finden. Aus dieser Datenmenge konnten neun spezifische Motivkategorien gebildet werden, welche in Anlage F übersichtlich zusammengefasst sind. Die Hauptmotive lauten: Freiheit, Zuhause, Spontanität und Flexibilität, Individualität, Natur, Abwechslung und Erfahrungen, Entspannung, Soziale Interaktion und Persönliche Entwicklung. Alle Kategorien werden im Folgenden zunächst vorgestellt und anhand von Zitaten aus den Transkriptionen beschrieben. Anschließend erfolgt ein Überblick über die Gewichtung der einzelnen Motivkategorien aufgrund ihrer genannten Häufigkeiten in den Interviews.
Die erste Hauptkategorie und damit auch das erste Motiv lautet Freiheit. Diese Motivation konnte bei allen zwölf Befragten festgestellt werden. Befragte Nr. 7 sagte: „Und das bietet der Van auf jeden Fall halt einfach Freiheit und halt auch, dass wir halt hinfahren können, wo immer auch wir wollen, also wirklich die Freiheit.“ (Interview Nr. 7, S. 113, Z. 36 – 38). Ergänzt wird diese Aussage durch Befragten Nr. 8a, der die Thematik Freiheit auch gezielt als seine Motivation anspricht: „Meine Motivation ist einfach so die Freiheit. Also so du parkst und du bist da.“ (Interview Nr. 8, S. 120, Z. 52 - 53). Ergänzt wird die Kategorie Freiheit durch die Befreiung von Bindungen, die die Vanlifer auf Reisen spüren. Dies zeigt sich bereits, indem keine vorgegeben Essenzeiten eingehalten werden müssen „Ich muss mich weder an Frühstückszeiten halten noch an Abendessen, noch muss ich das Essen was … was im Buffet liegt, sondern kann das alles selbst entscheiden.“ (Interview Nr. 3, S. 83, Z. 19 - 21). Auch kein vorgefertigter Tagesablauf muss erfüllt werden.
„Aber gerade beim Vanlife hat man den Vorteil, dass ich mich da nicht an irgendwas halten muss, das heißt, ich kann machen, was ich will. Ich brauche keinen Tagesablauf. Ich kann mir mein Essen machen, wann ich will, ich kann mir mein Essen machen, wo ich will, und ich muss nicht an irgendwas halten ich meine jetzt im Moment mit Ausgangssperre und so schon. Aber wenn wieder alles normal ist, dann habe ich halt keine Öffnungszeiten, an die ich mich halten muss und das ist mir ganz wichtig, das lässt mich halt einfach frei sein.“ (Interview Nr. 9, S. 131, Z. 130 - 137).
Eine weitere Unterkategorie ist die Unabhängigkeit, welche von den Befragten als sehr wichtig angesehen wurde „… ja, ich denke das Größte ist auf jeden Fall mal unabhängig zu sein.“ (Interview Nr. 2, S. 81, Z. 284 - 285) sowie „Einfach sein Ding zu machen und von nichts und niemanden abhängig zu sein und ja. Das ist zumindest meine Motivation.“ (Interview Nr. 4, S. 94, Z. 189 - 190). Die Freiheit spiegelt sich auch darin wider, dass die Vanlifer diese Reiseart auch als eine Möglichkeit sahen, zu Zeiten der Pandemie zu verreisen „… und mit dem Van bin ich da jetzt auch während der Pandemie glaube ich ziemlich, ziemlich frei und kann deshalb trotzdem reisen.“ (Interview Nr. 4, S. 93, Z. 173 - 175). Ferner bestätigt auch Befragter Nr. 5, dass er sich nur aufgrund der Pandemielage einen Kastenwagen kaufte und ausbaute, um dadurch trotz erschwerten Bedingungen reisen zu können „Und hab mir halt gedacht, naja gut durch Corona kannst du jetzt nichts anderes machen, holst kaufst du dir einen Van und baust ihn aus und gehst auf Tour.“ (Interview Nr. 5, S. 94, Z. 11 - 13). Die nächste Unterkategorie beschäftigt sich mit der finanziellen Freiheit, welche durch den Vanlife Reisestil ermöglicht wird. In sieben Interviews konnten Inhalte dazu gefunden werden, dass der Van, abgesehen von den hohen Anschaffungskosten, als günstige Reisealternative gesehen wird „… und rein finanziell gesehen ist diese Art zu reisen auch wesentlich günstiger.“ (Interview Nr. 1, S. 68, Z. 61 - 62). Bei der letzten Unterkategorie zeigte sich, dass das Reisen mit dem Van seinen Nutzern die Freiheit bietet auf das Fliegen zu verzichten, entweder aus Gründen der Nachhaltigkeit oder wegen persönlicher Flugangst
„Also was vielleicht auch noch ein Grund ist jetzt wegen ******* er hat Flugangst, also wir sind die ersten Jahre, wo wir gereist sind, geflogen und das war halt katastrophal und dann habe ich ihn so vom Bus überzeugen können und er ist mittlerweile halt auch Feuer und Flamme und sagt er kann sich Länder, die er sonst nie bereist hätte, weil er solange geflogen oder die Flugstrecke so lang ist, kann er sich jetzt halt super vorstellen mit dem Bus hinzufahren“ (Interview Nr. 10, S. 138f, Z. 206 - 211).
Die zweite Hauptkategorie beschäftigt sich mit dem Zuhause. Von den Vanlifern wird ihr Van als ihr Zuhause betrachtet unabhängig davon, ob sie Vollzeit drin wohnen oder das Fahrzeug nur für Reisen nutzen „Man hat immer sein Zuhause dabei und das ist gerade das Wichtige für uns, dass wir uns immer wohlfühlen.“ (Interview Nr. 1, S. 74, Z. 299 - 300). Die Kombination von reisen und im eigenen Zuhause zu wohnen ist dabei sehr wichtig „Also, dass man halt wohnen und eben auch sich fortbewegen kann (unv.) wie man halt möchte.“ (Interview Nr. 7, S. 112, Z. 6 – 7) und auch gleichzeitig die Kombination von reisen und arbeiten, denn einige Vanlifer arbeiten als digitale Nomaden von unterwegs aus „Nein, ich fahre eigentlich einfach los, weil ich kann ja im Bus arbeiten.“ (Interview Nr. 5, S. 97, Z. 104). Das heimische Gefühl der Vanlifer wird auch dadurch gestärkt, dass auf Reisen die eigenen Haustiere mitgenommen werden können. Von den zwölf Befragten gaben sieben an mit mindestens einem Hund zu reisen und eine Probandin mit zwei Katzen „Aber das hätte ich mit einer Wohnung auch nicht gehabt, dass meine Katzen einfach rausgehen können und ihre Mäuse fangen, was wunderbar funktioniert …“ (Interview Nr. 6, S. 106, Z. 93 – 95). Des Weiteren erlaubt diese Reiseart, dass verhältnismäßig viele materielle Gegenstände mitgenommen werden können „Auch viele denken immer so ein Van ist klein und da passt nicht viel rein, aber im Vergleich zu einem Rucksack ist der echt groß.“ (Interview Nr. 5, S. 95, Z. 50 – 52). Vor allem das Mitführen von privaten Sachen führt dazu, dass sich die Vanlifer wie zuhause fühlen „… die können noch so schön eingerichtet sein, weil man fühlt sich nicht wirklich Zuhause. Und das hast du in einem Van, den du dir selbst einrichtest mit deinen privaten Gegenständen ist es natürlich ein ganz anderes Reisegefühl.“ (Interview Nr. 4, S. 90, Z. 22 – 25). Die letzte Ergänzung zu dem Motiv Zuhause ist, dass die Befragten ihren Van als einen sicheren und privaten Ort betrachten „… dann habe ich hier meinen geschützten Raum. Das ist wie mein Schneckenhaus am Ende.“ (Interview Nr. 6, S. 110, Z. 258 - 259).
Die nächste Hauptkategorie lautet Spontanität und Flexibilität. Den befragten Vanlifern ist bei ihren Reisen wichtig, spontan und impulsiv vorzugehen, sowie zu jedem gewollten Zeitpunkt weiterreisen zu können „Also wir sind nicht an ein Hotel gebunden, sondern können morgen, wenn uns der Platz, wo wir stehen, nicht mehr gefällt, können wir einfach unsere Segel abbrechen und zum nächsten Ort fahren.“ (Interview Nr. 3, S. 82f, Z. 4 – 6). Dies impliziert zudem, dass keine großen Planungen im Vorhinein unternommen werden „Genau, wir wissen das Land, aber wenn wir dann in dem Land angekommen sind, dann, dann ist es halt eher spontan.“ (Interview Nr. 7, S. 113, Z. 77 – 78). Gleiches bestätigt auch Befragter Nr. 1 (S. 69, Z. 86 – 87) „Und das Reisen selbst, das planen wir gar nicht mehr.“. Stattdessen verlassen sich die Vanlifer auf ihr Bauchgefühl beim Reisen „Nein, bei uns ist es tatsächlich ziemlich spontan alles. Also wir entscheiden mehr nach Bauchgefühl und so.“ (Interview Nr. 7, S. 113, Z. 61 – 62). Die Spontanität und Flexibilität zeigen sich auch darin, dass die Aufenthaltsdauer an einem Ort stets recht kurz ist und in der Regel nicht länger als zwei, drei Nächte dauern „Es ist, glaube ich, selten generell der Fall, dass wir mehr als drei Nächte irgendwo stehenbleiben.“ (Interview Nr. 1, S. 69, Z. 96 – 97). In diesem Zusammenhang wurde auch von Befragten Nr. B3b angesprochen, dass es für ihn die spontanen Kurzeisen sind, die einen Mehrwert bieten
„Ich glaub es würde mir schwerfallen, gerade dieses, ja bei so einem Wetter jetzt einfach dieses Kurztrip mäßige dann vermissen würde. Dieses ja Kurzurlaub machen oder so das funktioniert ja nicht mit einer, klar klappt das mit der Ferienwohnung und so vielleicht auch gehen, aber halt nicht so spontan, dass man eine Stunde vorher sagt, komm wir fahren und dann los.“ (Interview Nr. 3, S. 87, Z. 161 - 165).
Die vierte Motivgruppe wurde Individualität genannt. Es ist den Vanlifern wichtig ihre eigenen Routen zu fahren und selbstbestimmt zu entscheiden. Auf die Frage, was denn laut Befragter Nr. 3a die spezifischen Reisemotive von Vanlifer sind, antwortete sie „Selbstbestimmt die Welt zu sehen. Sich selbst auszusuchen, wo man hinfährt, wie lange man bleibt, was man noch sehen möchte.“ (Interview Nr. 3, S. 88, Z. 191 – 192). Die Individualität zeigt sich auch darin, dass die Vanlifer der Meinung sind abseits üblicher Touristenpfade unterwegs zu sein und dadurch Zugang zu Orten zu erhalten, zu denen typische Touristen nicht hingelangen „Hier rennst du auch mal abends durch die Innenstadt, wo kein Tourist mehr ist.“ (Interview Nr. 1, S. 71, Z. 199 – 200) oder
„Also ich glaube, der Vorteil ist, dass ich durch den Van, wenn wir jetzt Australien als Beispiel nehmen, super viel gesehen habe von dem Land. Ich bin querfeldein irgendwo gefahren. Wir sind Offroad unterwegs gewesen, waren an Orten, wo man glaub ich sonst als Backpacker überhaupt nicht hinkommen würde ...“ (Interview Nr. 4, S. 92, Z. 137 – 140).
Des Weiteren ist auch die Mobilität von Vanlifern erhöht und ermöglicht dadurch den Zugang „Der größte Unterschied ist wahrscheinlich die Mobilität, dass ich halt wirklich dort sein kann, wo ich gerade sein will.“ (Interview Nr. 9, S. 128, Z. 25 – 26). Unabhängig davon zeigt sich die Individualität der Community im besonderen Maße dadurch aus, dass die Fahrzeuge in der Regel selbst ausgebaut und dadurch auch selbst gestaltet wurden „Also vom Wohnmobil, das wir fertig gekauft haben, was wirklich super toll war. Was aber nicht perfekt auf uns zugeschnitten war und jetzt der Sprinter den haben wir leer gekauft und haben den wirklich so gebaut, wie wir wollten.“ (Interview Nr. 8, S. 126, Z. 339 – 342) und „Die Individualität, also ja sich so ein Ding halt selber auszubauen sage ich jetzt mal …“ (Interview Nr. 3, S. 89, Z. 227).
Die nächste Hauptkategorie wurde Natur genannt. Den Vanlifern ist der Kontakt zur Natur auf ihren Reisen sehr wichtig und wird laut den Aussagen aus den Interviews auch stets bewusst als Destination angefahren „Also ich gucke schon irgendwie, dass ich irgendwie in der Natur bin oder irgendwo bei irgendwelchen Tieren oder sonst was.“ (Interview Nr. 4, S. 91, Z. 66 – 67). Der überwiegende Teil strebt Reisen Richtung Meer an „Also wenn ich mich entscheiden müsste zwischen Berge und Meer, würde ich mich definitiv immer für das Meer entscheiden.“ (Interview Nr. 7, S. 114, Z. 84 – 85). Demzufolge reisen die Vanlifer auch lieber in sonnige und warme Destinationen im Süden „Genau auf jeden Fall in den Süden also Spanien also eigentlich alles Südliche … aber sonst in der Regel Süden und auf jeden Fall mit Blick aufs Wasser.“ (Interview Nr. 2, S. 78, Z, 135 – 138). Bei Befragter Nr. 10 hingegen waren es die Berge die überwiegend als Kulisse dienen „Deswegen was möglich ist sind immer die Berge, das fasziniert und schon arg, also wir fahren da auch schon gerne hin.“ (Interview Nr. 10, S. 135, Z. 59 – 61). Abgesehen von der bestimmten Destination in der Natur wurde betont, dass das bewusste Erleben dieser im Vordergrund steht „Also sowas wie einfach nur halt keine Ahnung abends den Sonnenuntergang richtig genießen und halt richtig bewusst wahrnehmen.“ (Interview Nr. 7, S. 115, Z. 138 – 139). Zudem fühlen sich die Mitglieder der Community mit der Natur auf Reisen verbunden und streben diesen Zustand auch gezielt an „Und das Schöne ist ja auch dieses Verbunden sein mit der Natur, also Unabhängigkeit und dass man halt auch so in der Natur unabhängig ist.“ (Interview Nr. 10, S. 138, Z. 170 – 171). Der Kontakt zur Natur bedeutet für die Vanlifer allerdings auch die Abwesenheit von Zivilisation. So werden Plätze gesucht, welche weit entfernt von Menschen und Menschen geschaffenen sind „Ja, der ultimative Stellplatz ist auf jeden Fall weit von der Zivilisation weg, dass man keine Autos hört, keine Industrie, kein gar nichts.“ (Interview Nr. 2, S. 78, Z.148 - 149).
Als fünfte Hauptkategorie wurde Abwechslung und Erfahrungen realisiert. Der Vanlife Reisestil ist bei den Mitgliedern der Community unter anderen darum so beliebt, weil dabei täglich neue und außergewöhnlicher Erfahrungen gesammelt werden „Wo man wirklich von Tag zu Tag in neue Situationen in eine neue Stadt kommt und irgendwie ständig im Austausch mit Leuten ist.“ (Interview Nr. 2, S. 82, Z. 297 - 298). Gleichzeitig ergibt sich auch täglich eine neue Szenerie, die beim Vanlife genossen werden kann „Ja, wenn ich Zuhause aus der Tür gehe, sieht das jedes Mal gleich aus und wenn ich möchte, kann ich jeden Morgen, wenn ich aus dem Bus raus stehe jedes Mal was anderes sehen.“ (Interview Nr. 3, S. 83, Z. 39 – 41). Die Abwechslung zeigt sich auch in den Aktivitäten, die unternommen werden. Viele der Befragten gaben an, gezielt beim Vanlife unterschiedliche Aktivitäten zu unternehmen, wie beispielsweise Wanderungen, Wassersport oder auch klassisches Sightseeing
„Entweder ich genieße halt da, wo ich gerade bin die Landschaft und gehe dann wandern, oder wie ich dann halt nach Rom gefahren bin, habe ich mir halt Rom angeschaut und da ist man dann natürlich in dieser Stadt unterwegs und schaut sich die Sehenswürdigkeiten an. Wenn man am Meer ist, geht man halt eher schwimmen oder halt tauchen. Das ist halt für mich gerade das Schöne, weil es abwechslungsreich ist.“ (Interview Nr. 5, S. 100, Z. 245 – 250).
Hinsichtlich der Erfahrungen wurde zudem behauptet, dass man bei dieser Reiseform intensiver die Länder und Kulturen kennenlernen und erleben kann „… man kommt auf eine ganz, ganz andere Weise mit den Leuten und auch generell mit der Kultur und mit dem Land in Verbindung.“ (Interview Nr. 1, S. 71, Z. 201 – 203). Was von einigen Vanlifer ebenfalls als positiv wahrgenommen wird, sind die Herausforderungen, denen man begegnet
„Für mich ist es aber eher die eigene Entwicklung festzustellen, dass egal wo man ist, egal was passiert, es geht immer irgendwie weiter und anstatt immer das Negative zu sehen, einfach mal das Privileg zu sehen, an diesem Ort zum Beispiel in der Türkei mit einem Auto eine Reifenpanne zu haben. Ich meine und das ist kein Weltuntergang.“ (Interview Nr. 1, S. 74, Z. 318 - 322).
Als letztes Submotiv wurde das Erleben von Abenteuern genannt „Wie gesagt, so Sachen halt wie Sahara, Abenteuer mäßig.“ (Interview Nr. 5, S. 97, Z. 142).
Bei der nächsten Motivklasse handelt es sich um die Entspannung, welche trotz abwechslungsreichen und aktiven Vanurlauben nicht fehlt. Befragter Nr. 2 betont sehr deutlich, wie er durch das Leben und Reisen mit dem Van, einen Abstand zum Alltag gewinnt „Es ist halt, ich vegetier dann so vor mich ein bisschen vor mich hin und ja einfach mal durchschnaufen, das ist eigentlich glaube ich die Basis.“ (Interview Nr. 2, S. 79, Z. 174 - 176) und „… auch einfach mal runterzufahren, mich mit keinem Input berieseln zu lassen …“ (Interview Nr. 2, S. 77, Z. 78 – 79). Ebenso ist auch ein stressfreies und ruhiges Reisen gewünscht „Alleine solche Sachen zu sehen und dann keinen Stress zu haben das du noch irgendwo hinmusst. Das ist ja dann einfach so du lässt die Seele baumeln und genießt einfach die Zeit, dass du dasitzen kannst und liest ein Buch …“ (Interview Nr. 5, S. 104, Z. 412 – 414). Verbunden damit ist ebenfalls der Wunsch einfach in den Tag hineinzuleben und sich treiben lassen „Ansonsten ausschlafen, in Ruhe frühstücken und meistens doch eher in den Tag reinleben.“ (Interview Nr. 3, S. 85, Z. 93 – 94).
Die vorletzte Kategorie lautet soziale Interaktion. Hierbei handelt es um die gewünschte und die nicht gewünschte Interaktion. Während sich die ersten drei Subkategorien mit der gewollten sozialen Interaktion beschäftigen, geht es bei der letzten darum, diese zu vermeiden. Der erste Punkt beschäftigt sich damit, dass die Vanlifer behaupten, durch ihren Reisestil verstärkt neue Leute kennenzulernen „…und man lernt halt auch finde ich viel mehr Leute kennen, weil man öfter in irgendwelche Situationen gebracht wird … und ja dadurch entsteht irgendwie so ein Gemeinschaftsgefühl mit anderen Leuten, die auch im Bus unterwegs sind ...“ (Interview Nr. 2, S. 76, Z. 39 – 42). Wie bereits in der Aussage von Befragten Nr. 2 macht es den Anschein, dass neue Kontakte besonders gerne mit Mitgliedern der Community gesucht werden „…also wir sind auch gerne mit anderen, vor allen mit Menschen unter unter Menschen, die so unsere die gleiche Philosophie quasi so haben.“ (Interview Nr. 7, S. 115, Z. 153 – 155). Neben den neuen Bekanntschaften liegt auch ein Fokus darauf, Zeit füreinander zu haben „Ja einfach, dass man zusammen ist, also ich verbringe gern Zeit mit meiner Familie und ja einfach den Tag gemeinsam planen und ja oder wenn man mit der Gruppe unterwegs ist, dass man ja das es nicht wie woanders ist.“ (Interview Nr. 3, S. 87, Z. 168 – 170). Des Weiteren wird auch die Beziehung zum Partner durch das enge Zusammenleben auf kleinsten Raum gefestigt „Naja zum einem bietet der Bus, was uns unser Zuhause nicht bietet, nochmal eine ganz engere Form des Zusammenlebens. Also man lernt seinen Partner doch nochmal anders kennen …“ (Interview Nr. 3, S. 83, Z. 32 – 34) oder dadurch, dass das Vanlifen als gemeinsames Hobby verstanden wird
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