Die Publikation zeigt, wie man als Sport- und Bewegungstherapeut ein ICF-orientiertes Konzept für die Sport- und Bewegungstherapie entwickelt. Die Entwicklung erfolgt anhand eines Fallbeispiels mit dem Erkrankungsbild Myokardinfarkt bei koronarer Dreigefäßerkrankung.
Inhaltsverzeichnis
1 DIAGNOSTIK - ANALYSE DES AUFNAHMEBEFUNDS
1.1 Definition
1.2 Epidemiologie
1.3 Ursachen, Risikofaktoren und Folgen
1.4 Behandlungsstrategie
1.5 Belastbarkeit und Trainierbarkeit des Patienten
1.6 Evidenzlage
2 ICF - ORIENTIERTE KONZEPTION UND REALISATION
2.1 Zielformulierung
2.2 Ableitung sport- und bewegungstherapeutischer Maßnahmen
2.3 Erstellung des Rehabilitationsplans
3 EVALUATION
4 LITERATURVERZEICHNIS
5 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
5.1 Abbildungsverzeichnis
5.2 Tabellenverzeichnis
6 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1 Diagnostik - Analyse des Aufnahmebefunds
In den folgenden Kapiteln besteht die Aufgabe als Sport- und Bewegungstherapeut ein ICF-orientiertes Konzept für die Sport- und Bewegungstherapie zu entwickeln. Die Entwicklung erfolgt anhand eines Fallbeispiels mit dem Erkrankungsbild Myokardinfarkt bei koronarer Dreigefäßerkrankung.
1.1 Definition
Unter einer der häufigsten Todesursachen in Deutschland fällt der Myokardinfarkt, bei dem 13 Prozent aller Männer und acht Prozent der Frauen sterben. Der Myokardinfarkt ist eine Folge der koronaren Herzkrankheit (KHK). Unter der KHK versteht man eine Mangeldurchblutung und einen Sauerstoffmangel des Herzmuskels durch die Einengung oder den Verschluss von Koronararterien. Mit laufendem Alter können sich die Koronararterien durch Ablagerungen an den Gefäßwänden vor allem durch Blutfettstörungen und Rauchen verengen. Dadurch fließt weniger Blut durch die Koronararterien wesshalb sich die Sauerstoffzufuhr des Herzmuskels verschlechtert. Liegen in drei Hauptästen der Koronararterien hochgradige Stenosen vor, so kann von einer koronaren Dreigefäßerkrankung gesprochen werden. (Zalpour, 2016, S. 432)
Ein Myokardinfarkt entsteht durch einen Thrombus, der ein Herzkranzgefäß verschließt. Die dazugehörige kontrahierende Schicht des Herzens (Myokard) erhält dann keine ausreichende Zufuhr an Sauerstoff und energieliefernden Substraten. Bleibt dieser Mangelzustand bestehen, so stirbt das nicht versorgte Gewebe ab und die Zellwände der abgestorbenen Herzmuskelzellen zerfallen. (Mayer, 2019, S. 156; Zalpour, 2016, S. 433)
1.2 Epidemiologie
Eine Studie des Robert-Koch-Instituts (2017) untersucht die Prävalenz und Inzidenz der KHK in Deutschland über einen Zeitraum von zwölf Monaten. Unter den Begriff der KHK fallen in dieser Studie Myokardinfarkte, chronische Beschwerden in Folge eines Myokardinfarktes oder Angina Pectoris. Die Ergebnisse der Studie sind in Tab. 1 dargestellt.
Tab. 1: Inzidenz und Prävalenz KHK in Deutschland (eigene Darstellung, modifiziert nach Robert Koch-Institut, 2017, S. 66)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Ergebnisse zeigen, dass bei 3,7 Prozent der Frauen und bei 6,0 Prozent der Männer im Zeitraum von zwölf Monaten eine koronare Herzkrankheit vorliegt. Dabei liegt die 12-Monats-Prävalenz einer KHK bei Frauen unter 45 Jahren bei weniger als einem Prozent und steigt bei Frauen ab 75 Jahren auf bis zu 16 Prozent. Bei Männern ab 75 Jahren steigt die Prävalenz sogar auf über 24 Prozent. Zudem bestand bei Frauen in der unteren Bildungsgruppe über sechs Mal häufiger eine KHK als bei Frauen der oberen Bildungsgruppe. Bei den Männern bestehen mit 6,5 Prozent in der unteren Bildungsgruppe und 5,2 Prozent in der oberen Bildungsgruppe nur geringe Unterschiede.
Die „Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) zeigt die Lebenszeitprävalenzen von KHK, Myokardinfarkt, Angina pectoris oder anderer KHK bei Erwachsenen im Alter von 40 bis 79 Jahren nach Altersgruppe und Geschlecht. In Tab. 2 sind ausschließlich die Studienergebnisse der Lebenszeitprävalenzen von Myokardinfarkten aufgelistet. (Gößwald, Schienkiewitz, Nowossadeck & Busch, 2013)
Tab. 2: Lebenszeitprävalenzen von Myokardinfarkten bei Erwachsenen im Alter von 40 bis 79 Jahren (eigene Darstellung, modifiziert nach Gößwald et al., 2013, S. 651)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Ergebnisse zeigen, dass die Prävalenzen einen Myokardinfarkt zu erleiden bei Frauen und Männern bei steigendem Alter steigt. Bei Frauen liegt die Wahrscheinlichkeit einen Myokardinfarkt zu bekommen bei 2,5 Prozent. Die Prävalenz der Männer an einem Myokardinfarkt zu erkranken ist jedoch fast dreimal so hoch als bei Frauen.
1.3 Ursachen, Risikofaktoren und Folgen
Ursache eines Herzinfarktes ist meist eine Arteriosklerose. Diese entwickelt sich durch Ablagerungen in Form von Plaques, welche sich durch Einlagerungen von zu viel schlechtem Cholesterin und Kalzium bilden. Die Plaques behindern den Blutstrom. Befinden sich die Plaques in den Herzkrankgefäßen, so führt dies zu Durchblutungsstörungen im Herzen. Bei einem Aufbrechen der Plaques entstehen an der Bruchstelle Blutgerinnsel, die durch ein akutes Verschließen des Gefäßes den Blutfluss zum Stillstand bringen. Der Teil der Herzmuskulatur, welcher von diesem Gefäß abhängig ist, erhält nun keinen Sauerstoff mehr und stirbt ab. (Schweizerische Herzstiftung, 2021, S. 6)
Die Risikofaktoren für einen Myokardinfarkt sind in konstitutionelle, externe sowie interne Risikofaktoren unterteilt. Diese sind in Tab. 3 aufgeführt.
Tab. 3: Risikofaktoren für einen Myokardinfarkt (eigene Darstellung, modifiziert nach Schweizerische Herzstiftung, 2021, S. 6)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine langfristige Folge eines Myokardinfarktes können eine chronische Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen sein. Durch Nabengewebe, welches das abgestorbene Mus- kelgewebe ersetzt, kann die Herzfunktion in diesem Bereich nicht mehr unterstützt werden. Außerdem hat ein Myokardinfarkt erhebliche Folgen auf den Alltag und den Lebensstil des Betroffenen. Zum einen Bedarf es der Einnahme von Medikamenten, die die Gerinnselbildung verhindern und den Blutdruck und das Cholesterin senken. Zum anderen ist eine Veränderung des Lebensstils mit regelmäßigen Ausdauerbewegungen sowie eine gesunde Ernährung zu beachten. Des Weiteren sind die in Tab. 3 genannten Risiko weitestmöglich auszuschalten. (Schweizerische Herzstiftung, 2021, 12f)
1.4 Behandlungsstrategie
Die Behandlung eines verschlossenen Gefäßes findet in den meisten Fällen mit Hilfe einer perkutanen transluminalen Koronar-Angioplastie (PTCA) statt. Bei der PTCA wird zunächst ein Katheter über die Arm- oder Beinarterie bis zum Herzen geführt. Mit Hilfe von Kontrastmittel können dann die Herzkrankgefäße und die verengten Stellen sichtbar gemacht werden. Mit einem ballonbestückten Katheter können die fetthaltigen Ablagerungen an die Gefäßwand gedrückt und durch das Einführen eines Stents offengehalten werden. Unter einem Stent ist ein kleines mit Medikamenten beschichtetes Metallgitterröhrchen, welches das Gefäß stützt und offenhält, zu verstehen. Das genaue Vorgehen bei einer PTCA mit Stenting ist in Abb. 1 grafisch zu erkennen. (Schweizerische Herzstiftung, 2021, S. 9)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: PTCA mit Einsetzen eines Stents (Schweizerische Herzstiftung, 2021, S. 10)
1.5 Belastbarkeit und Trainierbarkeit des Patienten
Anhand der Informationen des Aufnahmebefundes erfolgt eine Bewertung der Belastbarkeit und Trainierbarkeit des Patienten. Bei der Aufnahme in die Rehabilitationsklinik befindet sich der Patient in einem stabilen kardiopulmonalen Allgemeinzustand. Es besteht eine Belastungsdyspnoe und der Patient ist hämodynamisch stabil bei einer mittelgradig eingeschränkten Leistungsfähigkeit. Zudem kann die körperliche Belastbarkeit des Patienten ähnlich wie vor dem Myokardinfarkt beurteilt werden. Weitere Diagnosen des Patienten sind eine medikamentös eingestellte arterielle Hypertonie Stufe 2 sowie rezidivierende unspezifische Rückenbeschwerden. Der Patient behandelt die vorhandene arterielle Hypertonie unter anderem mit Betablockern, was zu einer Reduzierung der körperlichen Leistung führen kann (Wonisch, 2001, S. 27). Daher empfiehlt sich eine Leistungsdiagnostik zur Bestimmung körperlichen Leistungsfähigkeit und zur Festlegung des Therapieplanes in Form eines Fahrrad-Ergometer-Tests durchzuführen (Wonisch, 2001, S. 27). Die Bewegungsaktivitäten des Patienten beschränken sich auf Alltagsaktivitäten und gelegentliches langsames Spazierengehen, wobei die Gehstrecke auf circa 250 Meter begrenzt ist. Auch gibt der Patient an, bei Anstrengungen im Alltag schnell kurzatmig zu werden und auch das Heben und Tragen von Einkaufstaschen ist derzeit nicht möglich.
Laut Schwan & Nebel (2021, S. 138) befindet sich der Patient bei den Trainingsempfehlungen für allgemeines aerobes Ausdauertraining in Stadium drei, welches definiert ist als „Mittelgradig bis hochgradig eingeschränkte Pumpfunktion; Beschwerden (Luftnot, Erschöpfung) bei geringen körperlichen Belastungen wie z.B. Treppensteigen, Alltagstätigkeiten; Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest weniger als 300 Meter“ (Schwan & Nebel, 2021, S. 138). Die Trainingsempfehlungen in Stadium drei befinden sich in Tab. 4.
Tab. 4: Trainingsempfehlungen Stadium drei allgemeines aerobes Ausdauertraining (eigene Darstellung, modifiziert nach Schwan & Nebel, 2021, S. 138)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Patient kann ein kontrolliertes Krafttraining an Sequenztrainingsgeräten, Kleinhanteln und Thera-Bändern durchführen, da hierfür keine Mindestbelastbarkeit erforderlich ist. Der Patient darf allerdings aufgrund möglich auftretender Blutdruckspitzen nicht bis zur muskulösen Ausbelastung trainieren. Das Training muss zur Sicherheit so dosiert werden, dass es frei von Symptomen wie beispielsweise Dyspnoe sowie frei von Arrhythmien und Blutdruckabfällen durchführbar ist. Auch sollte das Training an die Motivationslage des Patienten angepasst sein, um eine nachhaltige Verbesserung des Bewegungsverhalten zu erreichen. (Schwan & Nebel, 2021, 135ff)
1.6 Evidenzlage
Die Evidenzlage zur Wirksamkeit von sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen nach einem Myokardinfarkt erfolgt anhand von zwei Primärstudien. Die Darstellung beider Studien und der Studienergebnisse erfolgt in Form von Tab. 5 und 6.
Tab. 5: Studie 1 zur Wirksamkeit von sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen nach einem Myokardinfarkt (eigene Darstellung, modifiziert nach Fallavollita et al., 2016)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 6: Studie 1 zur Wirksamkeit von sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen nach einem Myokardinfarkt (eigene Darstellung, modifiziert nach Korzeniowska-Kubacka, Biliriska, Pi- otrowska, Stepnowska & Piotrowicz, 2017)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2 ICF - orientierte Konzeption und Realisation
In diesem Kapitel erfolgt auf Basis der internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) die Zielformulierung, die Konzeption sowie die Realisation des Rehabilitationsplanes für den Patienten. Anhand der Codierung nach ICF kann unter Berücksichtigung der Personen- und Kontextfaktoren eine konkrete Planung der Therapieinhalte erfolgen. (World Health Organisation, 2005, 9ff)
2.1 Zielformulierung
Zunächst erfolgt die Ermittlung der funktionalen Gesundheit des Patienten anhand der ICF-Dimensionen Körperstrukturen, Körperfunktionen sowie Aktivität und Partizipation. Zudem werden für den Patienten kurzfristige Ziele zur Umsetzung in der Rehabilitationseinrichtung sowie mittel- und langfristige Ziele für den Zeitraum nach der Rehabilitation abgeleitet (Tab. 7 bis Tab. 9).
Tab. 7: Körperstrukturen (s) (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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