Ich möchte mich anhand dieser Arbeit mit der Schmerzeinschätzung und den Assessments bei Wachkomapatienten beschäftigen, da dieser Bereich sich noch als sehr „randständig“ erweist. Die Einschätzung von Schmerzzuständen bei Wachkomapatienten ist anhand von „herkömmlichen“ Assessments nur bedingt möglich. Es sollen verschiedene vorhandene Assessments auf Verwendbarkeit beleuchtet werden und Modifizierungsmöglichkeiten durch Erfahrungswerte mit den Patienten meiner Station aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2.1. Definition Koma
2.2. Definition Wachkoma
3. Schmerz als individueller Sinneseindruck
3.1. Klassifikation Schmerz
4. Remissionsphasen nach Gerstenbrand
5. Instrumente zur Schmerzeinschätzung
5.1. NIP
5.2. Doloplus©
5.3. C.H.E.O.P.S.
5.4. ECPA - Skala
6. Zeichen und Symptome zur Schmerzerkennung
7. Hierarchie der Möglichkeiten der Schmerzeinschätzung
8. Erarbeitungsversuch eines Assessmentinstrumentes
9. Abschluss
10. Versicherung
11. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ich möchte mich anhand dieser Arbeit mit der Schmerzeinschätzung und den Assessments bei Wachkomapatienten beschäftigen, da dieser Bereich sich noch als sehr „randständig“ erweist. Die Einschätzung von Schmerzzuständen bei Wachkomapatienten ist anhand von „herkömmlichen“ Assessments nur bedingt möglich. Es sollen verschiedene vorhandene Assessments auf Verwendbarkeit beleuchtet werden und Modifizierungsmöglichkeiten durch Erfahrungswerte mit den Patienten meiner Station aufgezeigt werden.
2.1. Definition Koma
„Eine Vigilanzstörung, bei der der Patient durch äußere Reize nicht weckbar ist“ (Delank 1994)
„Wir unterscheiden drei Grade der Bewusstlosigkeit: (…) Koma = unerweckbare Bewusstlosigkeit“ (Poeck 1994)
„(…) Eine Reduktion des Bewusstseins bis zur Bewusstlosigkeit bezeichnet man als Koma. Ein normales Bewusstsein setzt voraus, dass der Kortex und der Hirnstamm mit der Formatio reticularis als allgemein aktivierendes System normal funktionieren.“ (Klinke, Silbernagel 1996)
„(…) Koma (gr. tiefer, fester Schlaf), schwerster Grad der quantitativen Bewusstseinsstörung, bei der der Patient durch äußere Reize nicht mehr zu wecken ist.“ (Pschyrembel 2002)
„(…) Medizinisch wird es mit Bewusstlosigkeit gleichgesetzt. Eine Bewusstlosigkeit ist nach moderner Auffassung nicht einfach ein organischer Ausfall von Bewusstseinsfunktionen, sondern stets auch eine seelische Antwort auf Gewalteinwirkung.
Koma ist kein passiver Zustand, sondern eine aktive, bis auf tiefste Bewusstseinsebenen zurückgenommene Lebenstätigkeit.
Koma hat Schutzfunktion und ermöglicht es den Betroffenen, ganz bei sich zu sein. Koma ist in diesem Sinne eine extreme, höchst empfindsame, verletzliche und damit auch schutzbedürftige Lebensform am Rande zum Tode.
Koma ist damit aber zugleich nicht einfach nur Ausdruck einer Krankheit, also
„pathologisch“, sondern auch möglicher Ausgangspunkt einer neuen Lebensentwicklung, also eine sinnvolle Lebensform.
Im Koma drücken sich also destruktive und produktive Momente und Dimensionen eines Menschen mit einer stets einzigartigen Lebensgeschichte aus. Dies ist unbedingt zu berücksichtigen.“(Zieger 1994)
2.2. Definition Wachkoma
„(…) Dauerhafter Ausfall der Großhirnrinde, häufig nach Sauerstoffunterversorgung während der Wiederbelebungsmaßnahmen (Reanimation). Es fehlt jede Ansprechbarkeit und Reizbeantwortung, es sind im wesentlichen nur die vegetativen Funktionen (Atmung, Kreislauf, Verdauungstätigkeit) erhalten. Ebenfalls kann ein Wach – Schlafrhythmus noch erkennbar sein. In seltenen Ausnahmefällen finden sie noch nach Jahren intensiver Pflegebedürftigkeit und Behandlung in ein selbstbestimmtes Leben zurück.“ (HVD 2001)
„(…) Das Wachkoma unterscheidet sich vom Koma dadurch, dass der Patient die Augen offen hat. Und obwohl die Ärzte davon ausgehen, dass auch die Wachkomapatienten bewusstlos sind, reagieren sie zum Teil dennoch auf Außenreize…“ (Prosiegel 2000)
„(…) Der Begriff Wachkoma wird mit den Begrifflichkeiten apallisches Syndrom und Coma vigile gleichgesetzt. Folgende Kriterien wurden dem Zustand Wachkoma zugeordnet:
- Erhaltene Spontanatmung (wenn auch nicht immer suffizient).
- Schlaf – Wachrhythmus.
- Geöffnete Augen.
- Kein Fixieren.
- Keine sinnvolle Reaktion auf Ansprache oder Berührung sowie
- Keine eigene Kontaktaufnahme zur Umwelt.“ (Ciarrettino 2005)
3. Schmerz als individueller Sinneseindruck
Schmerz ist definiert als
„…ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlerlebnis, das mit aktueller oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird. Schmerz ist immer ein subjektives Empfinden, die ein waches Individuum voraussetzt.“ (International Association for study of Pain).
„…Schmerz ist das, was der Betroffene über Schmerzen mitteilt, sie sind vorhanden, wenn der Patient mit Schmerzen sagt, dass er Schmerzen hat.“ (McCaffery 1997)
Diese Definitionen stellen heraus, dass das Schmerzerleben subjektiv ist. Schmerzwahrnehmung lässt sich von außen lediglich in ihren Auswirkungen beschreiben, sie kann jedoch nicht nachgefühlt werden.
Beide Definitionen haben ihre Beschränkung in der Anwendung bei unbewussten, bewusstlosen Individuen oder solchen, die sich nicht artikulieren können.
Eine Schmerzdefinition, welche dem Erleben und den Reaktionen von Menschen im Koma- und Waschkoma gerecht wird, liegt momentan nicht vor.
Bozette benennt drei Hauptkomponenten von Schmerz:
1. Schmerz löst physiologische Reaktionen aus.
2. Schmerz löst Emotionen aus, im Rahmen der psychologischen Komponente.
3. Schmerz hat eine Erinnerungskomponente, welche ihm den Grad der Bedeutung zukommen lässt.
Dem zu Folge wird das individuelle Schmerzerleben und seine Intensität von externen Faktoren beeinflusst, z.B.:
1. situativer Befindlichkeit
2. sozialer Prägung
3. emotionaler Prägung
4. Schmerzerfahrung
5. Schmerzinterpretation
Das heißt ein wiederholter Schmerz bleibt zwar neurophysiologisch der gleiche Schmerz, aber die Interpretation des Schmerzes kann eine ganz andere sein. Deshalb wird der Schmerz als stärker oder schwächer empfunden als der Ausgangsschmerz.
Es soll deutlich werden, wie unwägbar und schwer Schmerzen von außen einschätzbar sind ohne verlässliche und deutliche Indikatoren. Die Einschätzung gestaltet sich durch das individuelle und subjektive Empfinden von Schmerzen schon bei Patienten, die ihre Schmerzen verbal präzise äußern können, sehr schwierig. Bei Wachkoma Patienten kommen erschwerende Faktoren wie Sprachausfall und stark reduzierte Mimik und Gestik hinzu, ebenso wie verringerte Bewegungsfähigkeit (wegbewegen vom Schmerzreiz, z.B. wegzucken ist manchmal nicht möglich).
3.1. Klassifikation von Schmerz
Eine grobe Klassifikation unterscheidet zwischen:
- Akuten Schmerzen
- Chronischen Schmerzen
Akuter Schmerz
Akuter Schmerz steht in direktem Zusammenhang mit einer Schmerz auslösenden Situation oder einem Schmerz auslösenden Ereignis (z.B. Schnittwunde).
Die Schmerzen sind nicht dauerhaft und gut lokalisierbar. Sie können sowohl schnell als auch langsam auftreten und eine Intensität von schwach bis stark haben.
Chronischer Schmerz
Andauernde Schmerzen sind meistens Folgen von bestimmten Erkrankungen und Begleiterscheinung dieser. Eine warnende Funktion haben sie im Gegensatz zum akuten Schmerz nicht. Sie halten lange an, in der Regel 3 Monate oder länger (Definition der International Association fort he study of Pain). Allerdings gibt es sehr widersprüchliche Meinungen, wie lange Schmerzen Bestand haben müssen bis sie als chronisch bezeichnet werden. Bei chronischen Schmerzen differenziert McCaffery weiter:
a) wiederkehrende akute Schmerzen
b) andauernde zeitlich begrenzte oder chronisch-akute Schmerzen
c) chronisch nicht-maligne Schmerzen
zu a)
Wiederkehrende akute Schmerzen mit einem Potential, die während des gesamten Lebens oder für eine längere Zeit wiederholt auftreten, z.B. Migränekopfschmerzen oder Sichelzellenkrise. Es handelt sich dabei um voneinander unabhängige Schmerzepisoden, deren Ende man vorhersehen kann. Jedoch treten sie meist wiederholt auf. Bei einigen Menschen kann dies häufig vorkommen, z.B. Migräne einmal die Woche. Im Zeitraum zwischen den Schmerzepisoden ist der Patient nahezu schmerzfrei.
Zu b)
Diese Schmerzen können Monate andauern, vielleicht sogar Jahre, hören aber mit großer Wahrscheinlichkeit wieder ganz auf. Sie treten meist täglich über eine lange Zeit auf. Beispiele sind Krebs- oder Verbrennungsschmerzen. Solche Schmerzen können viele Monate andauern, bevor die Beschwerden geheilt oder unter Kontrolle sind, möglicherweise bestehen sie aber bis zum Tode des Patienten weiter fort.
Zu c)
Wenn ein Patient durch die Schmerzen sehr eingeschränkt ist, können die Beschwerden als chronisch unbehandelbares, gutartiges Schmerzsyndrom bezeichnet werden. Diese Art Schmerzen tritt fast täglich auf und dauert drei Monate oder länger an. Die Schmerzintensität kann zwischen schwach bis sehr stark schwanken. Wichtige unterscheidende Merkmale dieses Schmerztyps sind, dass:
- sie keine lebensbedrohlichen Ursachen haben,
- sie auf keine vorhandene aktuelle Methoden der Schmerzbehandlung ansprechen,
- sie bei einem Patienten ein Leben lang immer wieder auftreten können.
Als Beispiele kann man eine ganze Reihe von verschiedenen Schmerzproblemen aufführen, wie rheumatische Arthritis, periphere Neuropathie, Phantomschmerzen, diffuse Muskelschmerzen, Gefäßerkrankungen der Extremitäten wie die Raynaud- Krankheit, Wirbelsäulenversteifungen und Rückenschmerzen verschiedenster Ursachen.
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- Elke Beck (Author), 2006, Schmerzeinschätzung und Schmerzeinschätzungsinstrumente für Menschen im Wachkoma der Remissionsphasen I-IV nach Gerstenbrand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121347
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