Lehrkräfte sollten die selbst eingesetzten Unterrichtsmethoden und deren Effektivität bezüglich der Lernprozesse bei Schülerinnen und Schülern regelmäßig überprüfen, um dadurch Stärken und Schwächen im Unterrichtsprozess und somit Handlungsbedarf wahrnehmen zu können. Den Prozess der Unterrichtsanalyse zu systematisieren, wäre im Berufsalltag sinnvoll und hilfreich. Das Werkzeug Evaluation kann einer Lehrkraft hierbei helfen. Der eigene Unterricht ist ein Spielraum, den es zu gestalten gilt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Chancen durch Evaluation und Begründung für die Wahl des Themas
2 Die bisherige Praxis der Evaluation
3 Begriffsklärung
3.1 Evaluation
3.2 Qualität – zwischen Modewort und Konzept
3.3 Bildungsqualität
4 Was bedeutet Evaluation im Unterricht? Grenzen der Evaluation
4.1 Ziele einer Evaluation aus verschiedenen Perspektiven
4.1.1 Perspektive der Lehrkraft
4.1.2 Perspektive der Schülerinnen und Schüler
5 Praxisbeispiel: Evaluation
5.1 Konstruktion des Evaluationsbogens
5.2 Methoden der empirischen Sozialforschung
6 Durchführung
6.1 Rahmenbedingungen und Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler
6.2 Beantwortung des Evaluationsbogens
6.3 Einsammeln des Bogens
7 Auswertung und Interpretation
7.1 Auswertung der Ergebnisse
7.2 Präsentation der Ergebnisse
7.3 Umsetzung der Ergebnisse
7.4 Zusammenfassung
8 Persönlicher Erfahrungsbericht
9 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
Und am siebten Tag ruhte Gott aus von seinem Werke.
Sein Erzengel kam zu ihm und fragte ihn:
„Gott, woher weißt du, dass das, was du geschaffen hast, 'wirklich gut' ist
und Qualität hat?
Welche Beurteilungskriterien hast du? Auf welche Datengrundlage gründet sich deine Bewertung?
Welche Ziele verfolgst du genau genommen mit welchen Ergebnissen?
Und bist du nicht zu sehr mit der Sache verbunden, um unabhängig und gerecht zu evaluieren?"
Gott dachte über diese Fragen den ganzen siebten Tag nach und seine Ruhe war gründlich gestört.
Am achten Tag sagte er: „Luzifer, fahr zu Hölle!"
Das war die Erschaffung der Evaluation.
Eikenbusch, 2001
Als Lehrkraft sollte ich die von mir eingesetzten Unterrichtsmethoden und deren Effektivität bezüglich der Lernprozesse bei Schülerinnen und Schülern regelmäßig überprüfen, um dadurch Stärken und Schwächen im Unterrichtsprozess und somit Handlungsbedarf wahrnehmen zu können. Den Prozess der Unterrichtsanalyse zu systematisieren, wäre im Berufsalltag sinnvoll und hilfreich. Das Werkzeug Evaluation kann einer Lehrkraft hierbei helfen. Der eigene Unterricht ist ein Spielraum, den es zu gestalten gilt.
Doch leider stößt der Begriff Evaluation bei vielen auf Ablehnung: Sowohl Lehrerbe- und -verurteilung als auch Mehrarbeit werden mit diesem Begriff assoziiert. Zudem verstehen bedauerlicherweise zahlreiche Lehrkräfte ein Schülerfeedback als ein von Schülern legitimes Recht, über Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale der eigenen Person völlig subjektiv zu urteilen. Aus der Selbstaufmerksamkeitstheorie ist bekannt, dass der Widerstand gegen das Erkennen einer selbstbezogenen Schwäche sehr häufig zu beobachten ist. Wir tendieren dazu, uns selbst unrealistisch positiv zu bewerten, streben nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz und reagieren generell affektiv und kognitiv positiver auf selbstwertdienliche als auf selbstwertbedrohliche Informationen (vgl. Bohl & Kiper, 2008). Unterricht ist kein einseitiger und allein von der Lehrkraft ausgehender und gesteuerter Arbeitsprozess, sondern ein gemeinsamer Prozess von Schülern und von Lehrern. Schülerinnen und Schülern sollte man demnach neben den Unterrichts- und Lernmethoden auch Feedbackmethoden an die Hand geben. Dies bietet die Möglichkeit, ihnen den Blick für ihren Anteil und ihren Einfluss auf den Unterricht zu öffnen und sie in die gemeinsame Verantwortung für das Unterrichtsgeschehen und seine Ergebnisse einzubinden. Durch die Unterrichtsevaluation erhält die Lehrkraft zudem die Chance, die Selbstwahrnehmung durch die Fremdwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler zu ergänzen und diese Rückmeldung für Veränderung in der Steuerung von Lernprozessen zu nutzen (vgl. Burkhard & Eikenbusch, 2000) . Bei regelmäßiger Anwendung einer Unterrichtsevaluation in der Sekundarstufe II und ihrer Einübung, bieten sich Möglichkeiten, die nun im folgenden Kapitel näher erläutert werden sollen.
1.1 Chancen durch Evaluation und Begründung für die Wahl des Themas
Unsystematisch bzw. unstrukturiert durchgeführte Schülerrückmeldungen führen nicht zum Ziel: Vage Andeutungen statt präziser und konstruktiver Vorschläge sind das Resultat und konkrete Konsequenzen lassen sich so kaum umsetzen. Was Lehrkräfte unterschätzen: Schülerinnen und Schüler verfügen über differenzierte didaktische Kompetenzen und können sehr wohl beurteilen, ob Unterrichtsinhalte gut oder weniger gut vermittelt wurden. Diese Kompetenzen zu nutzen, ist der erste Schritt zum Ziel einer Optimierung der Prozesse im Unterricht und somit einer Optimierung der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen (vgl. Meyer & Schmidt, 2000). Die Einflussfaktoren, die den Unterricht prägen, sind zahlreich und ihre Zusammenhänge oftmals wenig transparent. So bleibt die Lehrkraft über die Wirkung der eigenen Arbeit oftmals im Ungewissen. An dieser Stelle gilt es einen Prozess des gemeinsamen Nachdenkens mit den Schülerinnen und Schüler zu beginnen und zu klären, a) wie die Beteiligten den Unterricht erleben, b) wie der Unterricht das Lernen unterstützt, aber auch c) was den Lernprozess erschwert oder gar behindert. Zusätzlich gilt zu klären d) was die Schülerinnen und Schüler ändern und beibehalten wollen.
In regelmäßigen Abständen führe ich am Ende meiner Unterrichtsstunden Evaluationen durch, welche die genannten Aspekte (a) – d)) in den Fokus der Betrachtung legen (s. Evaluationsbogen). Diese sind mittlerweile zum Ritual bzw. Standard im Unterricht geworden. Das Resultat: Eine konstruktive und fruchtbare Feedbackkultur im Unterricht, in der sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch ich als Lehrkraft ein gemeinsames Ziel verfolgen und gemeinsam an diesem arbeiten, nämlich der Optimierung der Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse.
Dieses Vorgehen empfinde ich als sehr hilfreich, da einem als Lehrkraft manches „vom Pult aus“ gar nicht auffällt. Auch meine Schülerinnen und Schüler empfinden die Evaluation, laut Selbstaussagen, als eine Art Wertschätzung ihrer Meinung. Es geht darum, gemeinsam mit ihnen den Unterricht zu gestalten und ihnen dadurch die Wichtigkeit ihrer Arbeit deutlich zu machen. Durch die Besprechung der Ergebnisse einer Evaluation entstehen konstruktive Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern, in denen deutlich wird, dass sie sich nicht als „Opfer“ meines Unterrichts ansehen, sondern als wichtiges Teilstück, welches durch aktive Mitarbeit den Unterricht mitgestaltet.
Für mich als Lehrkraft bedeutet die Unterrichtsevaluation die Möglichkeit zur Überprüfung der von mir eingesetzten Unterrichtsmethoden und wie diese von den Schülerinnen und Schülern angenommen werden. Es ist für mich eine Chance, die Stärken und Schwächen im Unterrichtsablauf und somit Handlungsbedarf wahrzunehmen, einen besseren Blick für die eigene Leistung zu bekommen, die Ergebnisse und Leistungen zu dokumentieren und den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln. Zudem bietet mir die Evaluation im Unterricht eine Gelegenheit, mein Selbstbewusstsein in Bezug auf eigene Leistungen und Erfolge positiv zu verstärken. Dies gilt zugleich für die Schülerinnen und Schüler: Die Evaluation bietet ihnen die Möglichkeit, ihre eigenen Stärken und Schwächen wahrzunehmen, sowohl die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu schulen als auch eine stärkere Mitwirkung und Eigenverantwortlichkeit zu internalisieren. So lässt sich zusammenfassen, dass durch eine systematische Evaluation sowohl die Lehrkraft als auch die Schüler aus dem Unbehagen vieler Ungewissheiten befreit werden können.
2 Die bisherige Praxis der Evaluation
Wir holen uns lieber positive Urteile aus der Umwelt ab als negative Urteile und zwar besonders dann, wenn wir denken, dass wir unsere Kompetenzen auf diesem Gebiet nicht verbessern können.
Bohl & Kiper, 2008
Als Lehrkraft gibt man den Schülerinnen und Schülern regelmäßig Feedback über ihre Leistungen und ihr Verhalten im Unterricht. Dieses Feedback vollzieht sich durch direkte mündliche Rückmeldungen, schriftliche Beurteilungen oder Zeugnisse (Noten und Kopfnoten). Für ein umgekehrtes Feedback sind die Gelegenheiten seltener, d.h. Lehrkräfte erhalten von ihren Schülerinnen und Schüler selten oder nur zu besonderen Anlässen in der Berufslaufbahn eine Rückmeldung. Meistens sind solche dann auch negativer Art: Erst wenn ein Problem drängt, wird eine Lehrkraft mit demselbigen konfrontiert. Diese “Feedbackkultur“ reicht meistens nicht aus, um die Prozesse im Unterricht zu optimieren, obwohl hinter dem Stichwort Evaluation eine lange Tradition steht: Die Didaktik der Partizipation von Wolfgang Schulz (vgl. Schulz, 1980), Wolfgang Klafkis Theorie der Selbst- und Mitbestimmung als Kern allgemeiner Bildung (vgl. Klafki, 1985) und die dialektische Didaktik nach Lothar Klingberg, welche die Schülerinnen und Schüler als Mitgestaltende versteht, sind Beispiele (vgl. Klingberg, 1990). Daher sollten sich Lehrkräfte verstärkt darum bemühen, sich vor allem von den Schülerinnen und Schülern, mit denen sie tagtäglich gemeinsam an der Erreichung der Bildungsziele arbeiten, Rückmeldung zu verschaffen. Dies kann durch Einzelgespräche der Lehrkraft mit Schülern alleine geschehen, durch Diskussionen mit der gesamten Klasse bzw. dem Kurs oder, wie in dieser Arbeit thematisiert wird, durch systematische schriftliche Rückmeldung, da diese Variante Anonymität bietet und so die Schülerinnen und Schüler nicht befürchten müssen, negative Konsequenzen bzw. Sanktionen zu erhalten. Dies führt zu ehrlicheren und offeneren Antworten. Durch eine einheitliche Struktur des Evaluationsbogens ist es zudem möglich, Ergebnisse der Evaluation systematischer zu identifizieren, als es durch Gespräche und Diskussionen möglich ist, und chronologische Verläufe oder Trends zu entdecken.
Aufbau der Arbeit
Zunächst sollen elementare Begriffe geklärt werden, um den Sinn und die Zielsetzung des Themas dieser Arbeit besser zu erfassen. Im Anschluss daran wird der genaue Vorgang der selbst durchgeführten Evaluation beschrieben: Von der Konstruktion des Evaluationsbogens bis hin zur Präsentation der Ergebnisse. Zudem werden zum Schluss ein persönlicher Erfahrungsbericht und eine Zusammenfassung sowie ein Ausblick gegeben, mit dem Ziel, andere Lehrkräfte zu regelmäßigen Evaluationen im Unterricht anzuregen, die eventuell bisher diesem Thema eher skeptisch gegenübergestanden haben.
Lehrerfunktionen
In dem hier durchgeführten Unterrichtsvorhaben wurden, neben der Funktion des Evaluierens, verschiedene Lehrerfunktionen berücksichtigt, die ich an dieser Stelle kompakt benennen möchte.
Die Durchführung des Evaluationskonzepts vermittelt den Schülerinnen und Schülern neben Unterrichts- auch Evaluationsmethoden Kenntnisse, die das Arbeits- und Sozialverhalten innerhalb der Gruppe fördern sollen (Funktion des Unterrichtens). In einem Prozess der wachsenden Ansprüche einer Gesellschaft an den Einzelnen, stellt die Fähigkeit des konstruktiven Feedbackgebens- und Nehmens als auch das Herausarbeiten und Annehmens daraus resultierender Konsequenzen eine unabdingbare Voraussetzung für einen erfolgreichen Start ins selbstständige Privat- und Berufsleben dar. Diese Kompetenz sollte im schulischen Leben erlernt und gefördert werden (Funktion des Erziehens). Zu den Anforderungen im Vorfeld der Evaluation, gehören das Anfertigen der Evaluationsbögen, die Abklärung eines Zeitrahmens sowie die Auswertung und Aufbereitung der Daten (Funktion des Organisierens und Verwaltens). Das vorgestellte Evaluationskonzept wurde von mir auf der Basis der aktuellen didaktischen Diskussionen und der elementaren Bedeutung von Sozialkompetenzen entwickelt und in der Praxis erprobt (Funktion des Innovierens).
3 Begriffsklärung
3.1 Evaluation
Unter Evaluation ist ein durch sozialwissenschaftliche Arbeitsverfahren angeleiteter Prozess des systematischen Sammelns und Analysierens von Daten bzw. Informationen zu verstehen, der zu nachvollziehbaren Bewertungsurteilen führen soll (vgl. Rolff, 1998). In der Auffassung von Evaluationsforschern ist es primär die Nutzenbewertung eines Gegenstandes, Sachverhaltes oder Entwicklungsprozesses für einen Auftraggeber, die Evaluation von einer demgegenüber weniger verwertungsorientiert ausgeprägten Erkenntnissuche wie in der Grundlagenforschung unterscheidet (vgl. Stockmann, 2000). Bei einer kritisch distanzierten Betrachtung von Evaluationsvorgängen ist immer die Fragen danach zu stellen, zu welchem Zweck evaluiert werden soll und welche Personen im weiteren über den zu evaluierenden Gegenstandsbereich, die verwendeten Methoden, die Erfolgskriterien und die Konsequenzen einer Evaluation bestimmen. Evaluation an sich ist nicht „automatisch“ ein Garant für Qualitätsentwicklung. Der Auftraggeber einer Evaluation entscheidet über deren jeweilige Zweckbestimmung, über Ausmaß und Intensität der Praxisdurchleuchtung, über Umgangsweisen mit den gewonnenen Daten und die daraus folgenden Konsequenzen. Das Entscheidende einer konstruktiven und nachhaltigen Evaluation ist das Verwendungsinteresse. Im Allgemeinen liegen einer Evaluation folgende Motive zugrunde:
- Ein Programm, eine Institution, ein Ausbildungssystem sollen auf ihre Wirkungen und ihren Erfolg hin kontrolliert werden (summative = bilanzierende Evaluation).
- Ein Programm oder Organisationsstrukturen sollen weiter entwickelt, Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung getroffen werden (formative = prozessbegleitende Evaluation).
- Der Wissensstand über einen Gegenstand soll erweitert werden (Forschungsparadigma).
Die Objekte einer Evaluation sind vielfältig. Es können z.B. „Personen, Organisationen, Produkte, Reformen, Gesetze, Maßnahmen, Projekte, Programme oder gar Evaluationen selbst sein“ (Stockmann 2000, S. 12), die bewertet werden. Die Schulqualitätsforschung hat ihre Forschungsinteressen auf unterschiedliche Ebenen gerichtet: Auf die System- bzw. Makroebene, auf die Einzelschul- bzw. Mesoebene, auf den Unterricht in Schulklassen, die Mikroebene. In dieser Arbeit soll es ausschließlich um die Mikroebene gehen (Unterrichtsevaluation). Die Qualität des jeweiligen Unterrichts ergibt sich weder allein aus den strukturellen Vorgaben noch aus den persönlichen Merkmalen einer Lehrkraft, sondern realisiert sich im diffizilen Zusammenwirken mehrerer Faktoren. Letztlich sind jedoch die Schülerinnen und Schüler mit ihren jeweiligen Voraussetzungen diejenigen, die über den Erfolg pädagogischer Bemühungen entscheiden. Diese klassische bildungstheoretische Erkenntnis liegt in der kognitiven Lerntheorie begründet. Damit ist aber Evaluation zugleich noch keine pädagogische Handlungsanweisung und sie kann es auch gar nicht sein. Von ihr kann man ebenso wenig eine “Technologisierbarkeit“ des Unterrichts erwarten wie in den 1970-er Jahren vom “Steuerungsinstrument Curriculum“. Entscheidend ist ein individuelles und entwicklungsförderliches, auf allen Lernebenen anspruchsvolles Lehr- und Lernarrangement anzubieten. Dies gelingt jedoch nur mit der Hilfe und der Erfahrung der Schülerinnen und Schüler.
3.2 Qualität – zwischen Modewort und Konzept
Bei regelmäßiger Anwendung einer Unterrichtsevaluation der Sekundarstufe II und ihrer Einübung, kann man diese Art des Schülerfeedbacks als Möglichkeit verstehen, die Qualität des Unterrichts zu verbessern bzw. zu optimieren. Qualität bezeichnet zunächst wertneutral die Beschaffenheit eines Objekts. In der Qualitätsmanagementlehre kommt eine Ergänzung hinzu: Qualität bezeichnet hier die Beschaffenheit von Produkten oder Dienstleistungen hinsichtlich der an sie gestellten Anforderungen. Allerdings hat der Begriff Qualität – vor allem in der alltäglichen Nutzung – zwei „Macken“. In der Alltagssprache, wie z. B. dem Wort „Qualitätsware“, impliziert Qualität auch „gut“ oder „hohe Qualität“. Eigentlich beschreibt „Qualität“ aber nur eine „Güteskalierung“, auf der es gute und schlechte Ausprägungen gibt. Von der Gebräuchlichkeit ist der Begriff also eher mit dem Begriff der „Benotung“ gleichzusetzen, die auch „gut“ wie „schlecht“ sein kann, allerdings nur das Graduierungssystem benennt, ohne eine Wertung vorzunehmen. Außerdem besitzt Qualität eine subjektive Dimension: Produkt- wie auch Dienstleistungsqualität werden meist aus Kundensicht beurteilt und unterliegen so persönlichen Ansprüchen und Vorlieben. In Anlehnung an die philosophische Herkunft des Begriffs wird auch im Qualitätsmanagement manchmal zwischen subjektiver und objektiver Qualität unterschieden: Die ureigenen Wesensmerkmale von Wirklichkeit (objektive Qualitäten), die sich dem Betrachter nicht zwingend erschließen, werden mit der „Hersteller“-Qualität (z. B. dem in der Produkt-Endkontrolle festgestellten Zustand) gleichgesetzt. Die subjektiv-geistige Interpretation des Betrachters (subjektive Qualitäten) entspricht in dieser Analogie dem persönlichen Eindruck von einem Produkt. Von den Archetypen Platons über Bacons Idolenlehre und Humes Kritik an der wissenschaftlichen Induktion bis zum daraus resultierenden Falsifikationsprinzip Poppers in seiner Erkenntnistheorie hat die Abgrenzung der wahrgenommenen Qualität von der „echten Wahrheit“ eine lange Tradition. Was unter Qualität im Unterricht verstanden und akzeptiert werden soll, bedarf kontinuierlicher Klärung und Verständigung zwischen den Schülerinnen und Schülern und der Lehrkraft (z.B. durch „Gesetze“ und Kursregeln: Um was geht es uns? Welche Zielsetzungen sind uns wichtig, welche nicht? Für welche Zielsetzungen kann der Unterricht Raum bzw. keinen Raum bieten?). Gemeinsam mit dem Kurs gilt es zu überlegen, was guter Unterricht ist und was man dazu beitragen kann. Dabei wird die Lehrkraft durchaus mit dem schulischem Auftrag und dem Lehrplan argumentieren. Ich habe die Erfahrungen gemacht, dass Schülerinnen und Schüler der Oberstufe bei einer solchen Planung bzw. Diskussion konstruktive und realistische Argumente anbringen, vor allem aber ernst zu nehmende Gesprächspartnern sind.
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- Quote paper
- Julia Smaxwil (Author), 2008, Evaluation im Unterricht der Sekundarstufe II zur Qualitätsoptimierung der Unterrichtsprozesse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120699
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