Aus der Beurteilung: […] In einem ersten Abschnitt versucht Frau Kozlova eine Einordnung der theoretischen Grundlagen zum Selbstkonzept. […] Einen grundlegenden Erklärungshintergrund bildet für die sie Frage von Segementierungsstrategien bezüglich des individuellen Kaufverhaltens. Hier möchte sie aufzeigen, dass eine Orientierung an demographischen Einflussgrößen, dem Lebenszyklus sowie kultur- und schichtspezifischen Aspekten keine hinreichende Strategie darstellt. Dementsprechend rekurriert sie auf persönlichkeitsspezifische Faktoren und stellt die Theorie zum Selbstkonzept in den Mittelpunkt ihrer Erörterungen. Sie diskutiert differenziert die entsprechenden Facetten dieses Konzepts und geht sowohl auf die historische Entwicklung, Fragen der Selbstaufmerksamkeit, des Selbstwertgefühls, Selbstdiskrepanztheorie etc. ein. Einen zusätzlichen Bogen spannt sie durch Hinweise auf eine Lifstsyle-Typologie als Möglichkeit einer Segmentierungsstrategie sowie Auswirkungen der Meinungsführerschaft. Sie hat wie angeführt den Versuch unternommen grundlagen- und praxisorientierte psychologische Konzepte aufeinander zu beziehen. Dabei hat sie sich speziell Aspekten des Selbst (i.w.S.) zugewandt und in diesem Kontext überzeugend ihre psychologischen Kenntnisse zur Geltung gebracht. Sie stellt unter Beweis, dass sie sich souverän in diesem Gegenstandsbereich zu bewegen weiß. Ihre Ausführungen sind logisch aufeinander bezogen und transparent aufbereitet. Sie argumentiert kritisch und versteht es immer wieder die erwähnte Beziehung zwischen Grundlagen und Anwendung zu verdeutlichen. Man muss konstatieren, dass Sie ein ausgezeichnetes Verständnis für psychologische Sachverhalte vermittelt. Wenn Schwachstellen anzumerken sind, dann betrifft dies in erster Linie die empirischen Sachverhalte. Zwar verweist sie anzahlreichen Stellen auf entsprechende Befunde, man hätte sich aber gewünscht, dass diese differenzierter in ihren Befunden abgebildet werden. Man hat sich als Leser gewünscht, dass die Darstellung durch entsprechende Analysen (statistische Hinweise) ergänzt worden wäre. Gleichzeitig wird sie nur partiell ihrem Anspruch gerecht, die im Titel der Arbeit verankerte Interdependenz zwischen Selbstbild und Lebensstil differenzierter auszuarbeiten. […] Insgesamt bleibt aber der Eindruck vorherrschend, dass eine gelungene Bearbeitung des gestellten Themas vorliegt. […]
GLIEDERUNG
1. Einleitung
2. Persönlichkeitstheoretische Grundlagen
- Klinische Psychologiekonstrukte
- Geschlechtsrollen-Selbstkonzept
- Differenzielle Psychologie
3. Segmentierung der Konsumenten bzw. Einflussfaktoren auf das Kaufverhalten
3.1 Demographische Einflussgrößen und Lebenszyklus
3.2 Kulturelle und schichtspezifische Einflüsse
- Kultur
- Subkultur
- Soziale Schicht
3.3 Selbstkonzepttheorie
- Gibt es das Selbst?
- Herkunft des Selbst
- Bedeutung und die Rolle des Selbst und der Identität
- Informationsquellen für das Selbst
- Kontinuität des Selbst
- Selbstaufmerksamkeit
- Selbsteinschätzung und Selbstachtung
- Selbstdiskrepanztheorie (kognitive Dissonanz): wahres und ideales Selbst
- Selbstwertgefühl (self-esteem)
- Konsum und das Selbst: der Mensch ist, was er konsumiert
- Das erweiterte Selbst
- Geschlechtsspezifisches Verhalten
3.4 Lifestyle-Typologie als Sonderform der Segmentierungskriterien
3.5 Meinungsführer
4. Fazit
5. Literatur
6. Internetquellen
7. Abbildungsverzeichnis
8. Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
Naturgemäß unterscheidet man im Marketing folgende gesellschaftliche Segmentierungen: nach den Altersgruppen, dem Geschlecht, dem Einkommen, der kulturellen Zugehörigkeit, der geographischen Zone. Das sind gesellschaftliche, exogene Gruppierungen, die ohne Einfluss eines Konsumenten vorgenommen werden. D.h., unabhängig von dem Verhalten des Konsumenten wird jede Person einer Gesellschaft Teil der einen oder anderen Gruppe. Eine weitere, noch wichtigere aus dem Bereich der Persönlichkeitsforschung entstandene Segmentierung erfolgt nach dem so genannten Selbstkonzept. Die Theorie des Selbstkonzeptes stellt eine der wichtigsten Persönlichkeitstheorien dar. Dieses Phänmen ist nicht real beobachtbar, sondern existiert nur in der Psyche des Menschen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, herauszufinden, ob eine Konsumententypologie nach einer natürlich-phänomenalen Gruppierung existiert und in welchem Ausmaß das Käuferverhalten vom Selbstbild geprägt wird.
Das Hauptaugenmerk richtet sich vor allem auf die Selbstkonzepttheorie, wobei es zunächst auf die so genannte natürliche Gruppierung eingegangen wird. D.h., demographische, kulturell bedingte und schichtspezifische Konsumentenmerkmale. Des Weiteren wird auf die Lebensstilforschung eingegangen. Schließlich wird noch der Einfluss der Meinungsführer erläutert.
2. Persönlichkeitstheoretische Grundlagen
Verhaltenswissenschaftliche Grundpositionen der Forscher in Bezug auf die Begriffsbestimmung der Persönlichkeit sind weit gefasst (vgl. Trommsdorff 2004: 213). Hierzu eine vorläufige Definition nach Trommsdorff: „Die Gesamtheit der für eine Person (von ihr selbst oder von anderen) als typisch angesehenen, fest eingeprägten und normalerweise nicht zu ändernden Verhaltensmuster (insbesondere Reaktionsund Kommunikationsmuster) wird als ihre Persönlichkeit bezeichnet“ (ebd.: 213).
Die Persönlichkeit ist eher ein fortschreitender Prozess als ein abgeschlossenes Produkt. Sie hat diverse stabile Züge, aber größtenteils ist sie kontinuierlichen Änderungen unterworfen (vgl. Allport 1955: 19).
Die grundlegenden Persönlichkeitsmerkmale, wie Intelligenz und Musikalität, werden Anlagen und Züge (traits) genannt. Außerdem gehören zu wichtigen Persönlichkeitsmerkmalen dauerhafte Komponenten, wie Gefühle, Werte, Wissen, Einstellungen und Motive. Trotz so einer gründlichen Erfassung diverser Persönlichkeitsmerkmale wird daraus folgend kein Persönlichkeitsbild entstehen, weil das Konstrukt einer Persönlichkeit ganzheitlich verstanden werden muss (vgl. Trommsdorff 2004: 214). Wenn man das allgemeiner ausdrückt, dann bauen vermutlich die Menschen soziale Informationen zu einem gesamten Bild zusammen und versuchen, daraus einheitliche Muster zu ermitteln. Das ist ein so genanntes Konfigurationsmodell („configural model“), das besagt, dass Menschen aus kleinen Informationsteilen über andere einen tieferen Sinn formen können (vgl. Jonas et al. 2007: 73).
Es ist umstritten, ob die Persönlichkeit vererbbar oder peristatisch (umweltbedingt) ist. Beispielsweise wird das Persönlichkeitsmerkmal „Körpergröße“ als erblich angesehen. Das Personenmerkmal „Intelligenz“ ist in dieser Hinsicht nicht eindeutig, da es teilweise erblich und teilweise durch die Umwelt geprägt wird. Inwieweit kaufbezogene Personenmerkmale, wie Geiz und Entscheidungssorgfalt, erblich sind, ist wenig erforscht. Aber man geht davon aus, dass Konsumentenstile durch Vererbung verhältnismäßig konstant bleiben. Aus dem Blickwinkel des Marketings ist diese Debatte zwischen „vererbbar“ und „peristatisch“ unfruchtbar (vgl. Trommsdorff 2004: 214).
Jede Persönlichkeit entwickelt sich im Laufe der Zeit. Diese Veränderung der Persönlichkeit im Lebenszyklus und deren Gesetzmäßigkeiten untersucht die Entwicklungspsychologie. Einen entscheidenden Einfluss auf die Persönlichkeit haben sicherlich die soziokulturellen Bedingungen (ebd.: 214).
Klinische Psychologiekonstrukte
Die Persönlichkeitspsychologie ist ein Teil der Allgemeinen Psychologie und wird im Zusammenhang mit der Verwendung eher als klinische Psychologie verstanden. Persönlichkeitsmerkmale haben in den klinischen Konstrukten eine dominierende Stellung, beispielsweise Schizophrenie oder Sucht. Es gibt unterschiedliche Methoden, weltanschauliche Positionen, Hypothesen und Konstrukte, wonach sich die Hauptrichtungen der Persönlichkeitspsychologie unterscheiden. Als Beispiele dafür werden tiefenpsychologische und behavioristische Ansätze vorgestellt (ebd.: 214):
- Tiefenpsychologische Ansätze, darunter besonders die Freudsche Psychoanalyse, werden durch folgende Subsysteme einer Persönlichkeit erklärt: Es (das Lustprinzip), Ich (das Realitätsprinzip) und Über-Ich (das Wertesystem). Das Verhalten wird durch solche Mechanismen wie Identifikation erläutert. Die Gründe für das Verhalten werden in unbewussten Persönlichkeitsausprägungen gesucht. Die Anwendung der tiefenpsychologischen Ansätze zielt auf die Behandlung psychologischer Probleme. Darunter sind derartige Methoden wie z.B. Tiefeninterviews zu verstehen, deren Wirksamkeit umstritten ist. Die Aussagen der Ergebnisse können nicht geprüft und generalisiert werden (ebd.: 214 f.).
- Unter Behavioristischen Ansätzen, als Unterschied zur Psychoanalyse, werden operationale, naturwissenschaftlich-experimentelle Praktiken verstanden. Dabei wird die Persönlichkeit als System von erlernten personencharakteristischen Reaktionen (R) auf äußere Stimuli (S) verstanden. Man setzt sich dabei mit einem anderen Vorwurf auseinander: das Menschenbild sei zu mechanistisch (ebd.: 215).
Das Marketing kann mit dieser engeren Persönlichkeitsforschung (Trait- Forschung) kaum etwas anfangen. Das Problem liegt darin, dass bis jetzt kein bedeutender Varianzenanteil des Käuferverhaltens durch solche Persönlichkeitsverfahren erklärt werden konnte. Ein marketingorientiertes Persönlichkeitskonstrukt sollte nicht mit klinischen Ansätzen zusammengestellt werden, weil die Therapie von Persönlichkeitsdefekten nichts mit Marketing zu tun hat. Dagegen gibt es eine sozialpsychologische Theorie, die für das Marketing geeignet ist. Es geht um die Selbstkonzepttheorie. Annahmegemäß geht die Selbstkonzepttheorie davon aus, dass der Mensch in Bezug auf bestimmte Motive, Werte und Einstellungen ein ausgeprägtes Bild von sich selbst hat. Der Mensch verhält sich möglichst so, dass die eigene Wahrnehmung seines Verhaltens und das Selbstbild konsistent sind. Er konsumiert z.B. Produkte, die seinem Selbstbild entsprechen. Es wird sogar behauptet, dass der Käufer sich mit dem von ihm gekauften Produkt identifiziert und sich durch den Kauf selbst realisiert. Dies kann aber nur für High Involvement-Produkte, wie z.B. Autos, zutreffen (ebd. 215). Es bleibt allerdings die Frage, ob Menschen Produkte kaufen, weil sie ihrem Selbst ähnlich sind, oder weil sie glauben, diese Produkte müssten ihnen ähnlich sein, weil sie sie kaufen (vgl. Solomon et al. 2001: 221).
Geschlechtsrollen-Selbstkonzept
Ein spezieller Bereich dieser Selbstimage-Produktimage-Äquivalenzhypothese wird von Zellerhoff in ihrer Arbeit (1998) analysiert. Diese Analyse betrifft das Geschlechtsrollen-Selbstkonzept. Die Frage, die sich dabei stellt, ist, we]lchen Einfluss das Geschlechtsrollen-Selbstkonzept, d.h. die von Konsumenten an sich wahrgenommenen femininen bzw. maskulinen Charakteristika, auf die Wahrnehmung, Beurteilung und Präferenz für die nach Geschlecht positionierten Produkte hat (zitiert nach Trommsdorff 2004: 215).
Nach diesem Konzept der Geschlechtsrollen werden maskuline und feminine Persönlichkeitsdimensionen getrennt voneinander behandelt. Dabei wird die Operationalisierung der Androgynie, d.h. das Auftreten von gleichzeitig hoch ausgeprägten femininen und maskulinen Charakteristika unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht, möglicherweise erreichbar. Wenn Konsumenten jeweils nur eine der beiden Charakteristika stark aufweisen, dann werden sie als geschlechtstypisch bezeichnet, d.h. feminin bzw. maskulin (vgl. Trommsdorff 2004: 215 f.).
Geschlecht ist ein zentraler Bestandteil der menschlichen Identität. Grundelemente der unbewusst stark wirksamen Stimuli sind daher Maskulinität, Femininität und Androgynie. Auf diesen Stimuli baut annahmegemäß eine erfolgreiche Strategie der Positionierung auf. Geschlechtsbezogen positionierte Produkte weisen zunehmenden Markterfolg auf, z.B. das Unisex-Parfum cK one von Calvin Klein. Das Ziel einer geschlechtsbezogenen Positionierung besteht darin, sich in den Augen der Zielkunden (in ihrer subjektiven Wahrnehmung) auf Grund eines femininen, maskulinen oder androgynen Image von den Produkten der Konkurrenz abzuheben (ebd.: 216).
Ergebnisse empirischer Untersuchungen besagen, dass bestimmte Produkte oder sogar Produktgruppen an sich über ein vielmehr feminines bzw. maskulines Image verfügen, z.B. Taschenmesser, Werkzeugkasten, Aktentasche als maskuline Produkte und Babyöl, Handcreme, Kosmetiktücher als feminine Produkte. Allerdings verwischt diese Eindeutigkeit immer mehr. Es ist interessanter aus Marketingsicht, wenn man neutralen Produkten durch kommunikationspolitische und gestalterische Handlungen ein geschlechtsbezogenes Image gibt. Unter gestalterischer Handlung ist die Gestaltung des Produktes durch Material, Form und Farbe gemeint. Bei der kommunikationspolitischen Handlung handelt es sich um die geschlechtsbezogene Positionierung durch die Bezeichnung und Beschreibung des Produktes (ebd.: 216).
Ausgehend von der Selbstkonzepttheorie wird die kognitive, affektive und motivationale Wirkung einer geschlechtsorientierten Positionierung durch das Geschlechtsrollen-Selbstkonzept des Konsumenten beeinflusst. Dabei wird nicht nur die Ausprägung des Geschlechtsrollen-Selbstkonzepts berücksichtigt, sondern auch gleichzeitig die biologische Geschlechtszugehörigkeit der Zielgruppe. Positionierungen der androgynen Produkte, bei denen trotzdem die biologische Geschlechtszugehörigkeit berücksichtigt wird, sind auf dem Duftmarkt vorhanden: Es wird immer noch zwischen Männerund Frauenduft unterschieden. Allerdings sind Flakondesign und Kampagnenauftritt ziemlich ähnlich und haben beide einen androgynen Charakter (ebd.: 216).
Eine geschlechtsorientierte Produktpositionierung ist besonders erfolgsversprechend, wenn Produkte ausschließlich zur Eigenverwendung des Konsumenten dienen (z.B. Hautpflegeprodukte) und/oder für seine Selbstdarstellung eine zentrale Rolle spielen (z.B. Autos, Sonnenbrillen, Bekleidung etc.). Das sind alles zusammen Produkte, die aus Konsumentensicht ein hohes emotionales Involvement darstellen (ebd.: 217).
Differenzielle Psychologie
Nicht nur die Allgemeine Psychologie, sondern auch die Differenzielle Psychologie arbeitet mit einem sachlichen Persönlichkeitsbegriff. Bei der Differenziellen Psychologie werden Faktoren erfasst, die Unterschiede zwischen Personen ausmachen. Dabei werden Persönlichkeitstests entwickelt, die auf Befragungsmethoden aufbauen, und werden in Form von ja/nein-Aussagen oder von Rating-Skalen eingesetzt. Das Ziel der Differenziellen Psychologie besteht darin, Faktoren (z.B. Markentreue) zu finden und zu messen, wonach sich die Persönlichkeiten der Konsumenten differenzieren lassen. Psychologische Marktsegmente entsprechen den Konsumentendifferenzierungen (ebd.: 217).
Zu der Differenziellen Psychologie gehört u.a. der Begriff „Psychographie“. Die psychographischen Einflussfaktoren sind Faktoren, die unabhängig von Einkommen, Bildung oder den sozialen Einflüssen betrachtet werden. Das Konzept „Psychographie“ wurde von G.W. Allport (1898-1967) in die Persönlichkeitspsychologie eingeführt. Gegenstand der modernen Psychographie ist die Unterscheidung verschiedener Persönlichkeitstypen.
Die zentralen Einstellungsund Motivstrukturen, die letztendlich zum Konsum bestimmter Produkte in entsprechenden Einkaufsstätten führen, bilden der Lebensstil und das Selbstkonzept. Die psychographischen Forschungen lassen dabei die Beschreibung von Menschen mittels psychologischer und sozialpsychologischer Faktoren zu (vgl. Solomon et al. 2001: 463). Die Maslowsche Bedürfnishierarchie zeigt, dass bestimmte Bedürfnisse erfüllt sein müssen, damit andere psychographische Faktoren auf das Verhalten von Individuen wirken können (vgl. Maslow 1954):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Maslowsche Bedürfnisshierarchie; Quelle:eigene Erstellung.
Die dargestellten Bedürfnisse der Menschen bauen aufeinander auf. Nach Maslow müssen die unteren Bedürfnisse des Einzelnen erfüllt sein, bevor die oberen aktiviert werden können. D.h., wenn die Ziele eins und zwei erfüllt sind, kann die Person auf die anderen Bedürfnisse eingehen. Das Modell von Maslow ist ein eindimensionales Modell und stellt nicht dar, dass einmal gestillte Defizitbedürfnisse nicht dauerhaft befriedigt bleiben. Bei den mehrdimensionalen Motivationsmodellen wird auf unterschiedliche Zusammenhänge differenzierter eingegangen. Dementsprechend stellt das Modell von Maslow heute eher eine heuristische Verständnistheorie dar.
Prinzipiell können psychographische Segmentierungskriterien einen wertvollen Beitrag zur Erhöhung der Trennschärfe von Segmenten auf Basis klassischer Kriterien leisten und setzen dort an, wo demographische und soziodemographische Clusterungen an ihre Grenzen stoßen (vgl. Becker 2006: 256).
Der Neobehavioristische Ansatz steht immer noch im Zentrum der Zielgruppenbetrachtung des Marketing. Dabei geht es um die Untersuchung einzelner Persönlichkeitsmerkmale. In der Differenziellen, aber auch in der Neobehavioristischen Psychologie und im Marketing spielen die Messpropleme eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, wie man die Personengruppen beschreibt (vgl. Trommsdorff 2004: 217).
Um die Persönlichkeitstypen abzugrenzen, sind in der Marktforschungspraxis (nicht in der psychologischen Forschung) Konstrukte entwickelt worden. Dabei gibt es zwei Arten von Konstrukten: allgemeine äußere Lebensbedingungen (Lebenszyklus, Schicht), konsumnahe Konstrukte und Verhaltensmuster (Lebensstile, Kommunikationsmuster) (ebd.: 217).
3. Segmentierung der Konsumenten bzw. Einflussfaktoren auf das Kaufverhalten
Durch einen Kauf will ein Konsument in der Regel bestimmte Bedürfnisse befriedigen, z.B. Essen oder Kleidung erhalten. Die Bedürfnisse können sehr unterschiedlicher Art sein: von einfachen physischen Bedürfnissen bis zum Wunsch nach sozialem Status und Selbstrealisierung. Häufig wirken bei Konsumentscheidungen unterschiedliche Bedürfnisse zusammen, z.B. kann der Kauf eines teueren Autos gleichzeitig vom Streben nach Mobilität und Selbstdarstellung beeinflusst werden. Wissen über den Zweckbezug des Käuferverhaltens liefert Ansatzpunkte für die Entwicklung von Marketingstrategien (vgl. Kuß/Tomczak 2004: 7).
Der Zweckbezug des Käuferverhaltens sagt nicht aus, dass dieser dem Konsumenten immer vollständig bewusst sein muss. Sehr oft führt z.B. der möglicherweise verdrängte Wunsch nach Sozialprestige zur Wahl teurerer Marken. Keinesfalls kann man davon ausgehen, dass Konsumentenverhalten immer darauf gerichtet ist, den Nutzen, der mit einem Kauf verbunden ist, zu maximieren (rationales Verhalten) (ebd.: 7).
Jeder Konsument ist in vielfältige ökonomische und soziale Beziehungen eingebunden. Solche gesamtwirtschaftlichen Faktoren, wie die Einkommenssituation der Haushalte, und einzelwirtschaftliche Faktoren, wie Preisänderungen für bestimmte Produkte, beeinflussen die Kaufentscheidungen direkt. Den Hintergrund für individuelles Verhalten bilden Kultur und soziale Schicht. Z.B. unterscheiden sich die geschmacklichen Präferenzen von Angehörigen der Subkultur „Yuppies“ und der Subkultur „Rocker“ deutlich von einander. Direkt werden die Kaufentscheidungen von Bezugsgruppen und der Familie der Käufer beeinflusst (ebd.: 9). In den nächsten Kapiteln wird zuerst auf äußere bzw. natürliche Kriterien der Konsumententypologie, wie Alter oder Geschlecht, eingegangen. Danach werden tiefere Persönlichkeitskonstrukte, wie Kultur oder soziale Schicht, angesprochen, die allerdings einen Allgemeinheitscharakter aufweisen. Bei der Selbstkonzepttheorie wird noch tiefer und präziser auf die Persönlichkeitsunterschiede und daraus folgende schärfere Konsumentenclusterung eingegangen. Letztendlich wird aus dem Selbstkonzept der Lebensstil abgeleitet, wobei Meinungsführer auch einen erheblichen Einfluss darauf haben. Und dem Lebensstil entsprechend verhält sich das Individuum beim Konsumieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Kriterien für die Konsumentenclusterung von außen nach innen und daraus folgendes Kaufverhalten; Quelle: eigene Erstellung.
3.1 Demographische Einflussgrößen und Lebenszyklus
„Zur Demographie gehören gewissermaßen offensichtliche Merkmale von Konsumenten, wie z.B. Alter, Geschlecht oder Beruf“ (Kuß/Tomczak 2004: 76).
Starke Tendenzen zu einer Überalterung in der Gesellschaft zeigen sich in vielen westlichen Industrienationen, auch in Deutschland (vgl. FAZ 2008: o.S.).
Alterung, schrumpfende Bevölkerung und Geburtenrückgang wurden in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit häufig diskutiert. In der idealen Bevölkerungspyramide stellen die Kinder die stärksten Jahrgänge dar und die Anzahl der folgenden Jahrgänge bis zur Spitze der Pyramide verringert sich in Folge der Sterblichkeit. Die aktuelle Entwicklung der Bevölkerungspyramide weicht seit langem von der idealen Bevölkerungspyramide ab (vgl. Trommsdorff 2004: 220).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: „Ideale“ Bevölkerungspyramide in Deutschland, die des Jahres 1910; Quelle: entnommen aus F.A.Z. Electronic Media GmbH 2008.
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Abbildung 4: Altersaufbau in Deutschland 2005 und 2030. Bevölkerung nach Altersgruppen in Millionen in Prozent der Gesamtbevölkerung; Quelle: entnommen aus Statistisches Bundesamt 2008: 23.
Parallel steigt die Lebenserwartung stark. Sie lag 1950 in Deutschland für Frauen bei 68 und für Männer bei 64 Jahren. Im Jahr 2002 betrug sie für in den 25 EU- Beitrittsländern geborene Männer 75 Jahre und für Frauen 81 Jahre. Heute könnten 50% der geborenen Frauen über 100 Jahre alt werden (ebd.: 220).
Zwar wird diese Entwicklung seit 1999 durch die erhöhte Wanderungsrate gemildert. Allerdings stellt dies langfristig keine Lösung des Überalterungsproblems dar (ebd.: 220).
Mit Demographie allein kann sich aber die Konsumentenverhaltenstheorie nicht zufrieden geben, weil die demographischen Merkmale nicht als Anzeiger für theoretische Konstrukte in Frage kommen. Beispielsweise Alter als Anzeiger für Reife oder Beruf als Anzeiger für ein Persönlichkeitsmerkmal (ebd.: 221).
Verhaltenstheoretisch wäre es sinnvoll, zu unterstellen, dass beispielsweise geschlechtstypisches Konsumentenverhalten nicht auf biogene Unterschiede zurückgeht, sondern vielmehr auf kulturell bedingte Einstellungsund Werteunterschiede zwischen Männern und Frauen. Vergleichbar ist das Merkmal Alter: Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren können einen höheren Anteil ihrer „Einnahmen“ als frei verwendbar (für Ausgehen, Reisen) betrachten als junge Eltern, die ein Kind zu ernähren und einen Haushalt einzurichten haben. In diesem Fall ist also das Alter keine gute Determinante für das Kaufverhalten. Viel geeigneter erscheint hier ein aus Alter und Familiensituation zusammengesetzter Persönlichkeitsindikator (ebd.: 222).
Die Lebensphase, in der sich ein Individuum befindet, hat nicht zu vernachlässigende Auswirkungen auf dessen Verhalten (vgl. Trommsdorff 1998: 207). Der Lebensstil und das Kaufverhalten eines Konsumenten bleiben nicht das ganze Leben hindurch gleich (vgl. Schmitz/Kölzer 1996: 63). Innerhalb der verschiedenen Lebensphasen zeigen Individuen in Abhängigkeit von ihrer sozialen Gruppenzugehörigkeit sowie von der Haushaltsgröße unterschiedliche Konsummuster. Der Lebenszyklus ist eine demographische Größe, die mit anderen Variablen - beispielsweise dem Einkommen - in engem Zusammenhang steht und die Einstellungen und Werte, welche die Basis für ein bestimmtes Verhalten darstellen, beeinflusst. Soziologische Ereignisse haben einen starken Bezug zum Alter und ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist oftmals an gewisse Altersspannen gebunden (vgl. Schmitz/Kölzer 1996: 63 f.). Der Lebensoder auch Familienzyklus kann als eine zentrale Wirkungsgröße definiert werden, die größeren Einfluss auf das Konsumentenverhalten hat, als die häufig aus Gründen der Vereinfachung gewählte soziodemographische Größe „Alter“ (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg 1996: 441).
Direkte Auswirkungen hat die Lebensphase auf das Konsumentenverhalten durch die sozioökonomische Situation, die sich über die Lebensphasen hindurch gezielt verändert. Beispielsweise Vermögende mittleren Alters: Sie befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, sind gesund und verfügen bei wenig Zeit über ein verhältnismäßig hohes Einkommen. Daher zählen sie zur Konsumentengruppe für Luxusreisen, teuren Schmuck und Schönheitsmittel, gute Kleidung und auch für Investmentfonds. Die Lebensphase wirkt sich auch indirekt auf das Käuferverhalten aus. Dabei geht es um phasenweise Veränderungen von Konstrukten: beispielsweise eine harmonischere Gefühlswelt, konservativere Wertvorstellungen, umfangreicheres Wissen (vgl. Trommsdorff 2004: 222).
Die Bestimmung von Konsumenten-Zielgruppen ist von großer Bedeutung für das Lebenszykluskonzept. Es zahlt sich für viele Märkte aus, Verhaltensweisen und Einstellungen von Lebenszyklus-Zielgruppen nach produktspezifischen Merkmalen zu erforschen. Aufgrund der zusammenhängenden Darstellung der Käuferverhalten-Determinanten gewinnt das Lebenszykluskonstrukt eine noch größere Bedeutung in der Marketingstrategie. Dabei werden die demographischen Mer kmale zur Bewertung des Käuferverhaltens auf Segmentund Marktebene direkt beachtet (ebd.: 222 f.).
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- Quote paper
- Olga Kozlova (Author), 2008, Selbstkonzepttheorie - Interdependenz zwischen Persönlichkeit (vor allem Selbstbild), Lebensstil und Konsum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120672
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