Im Folgenden soll gezeigt werden, inwiefern die Implementierung einer Prozesskostenrechnung in der
Logistik die notwendige Lösung ist. Nach einer Einführung in die Methodik der Prozess- und
Logistikkostenrechnung werden die heutigen Probleme dargestellt, denen sich diese
Kostenrechnungssysteme zu stellen haben. Damit die Notwendigkeit einer Ergänzung der
Logistikkostenrechnung um eine Prozesskostenrechnung deutlich wird, werden die Merkmale und Vorzüge
einer Logistikprozesskostenrechnung ausführlich beschrieben. Den Lösungsansatz den die
Logistikprozesskostenrechnung bietet, ist begründet in ihrem Aufbau. Deshalb werden vorab die
wesentlichen Begrifflichkeiten geklärt werden, die wichtig sind, um den schrittweise beschriebenen Aufbau
zu verstehen und die folgenden genaueren Ergebnisse nachvollziehen zu können. Das neu ermittelte Datenmaterial führt zu aussagekräftigeren und anderen Ergebnissen in der Kosten- und Ergebnisrechnung.
Die abweichenden Resultate lassen sich anhand der so genannten Strategieeffekte erläutern. Abschließend
soll erklärt werden welchen Platz die Logistikprozesskostenrechnung in der Unternehmenspraxis einnimmt
und welchen Nutzen diese Methode bringen kann, wenn sie als Lösung integriert wurde.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Thematik und Aufbau der Ausführung
2. Vorbemerkung zur Prozesskostenrechnung
2.1. Begriff und Entwicklung der Prozesskostenrechnung
2.2. Erster methodischer Überblick der Prozesskostenrechnung
3. Grundlagen der Kostenrechnung in der Logistik
3.1. Logistik
3.2. Logistikkostenrechnung
3.3. Logistikkosten
3.4. Allgemeine Schwierigkeiten der Kostenrechnung mit Logistikkosten
3.5. Defizite bei der Verrechnung der Logistikkosten in traditionellen Kostenrechnungssystemen
4. Merkmale und Vorzüge der Prozesskostenrechnung in der Logistik
4.1. Eigenschaften der Logistikprozesskostenrechnung
4.2. Möglichkeiten der Logistikprozesskostenrechnung
4.3. Kritikpunkte an der Logistikprozesskostenrechnung
5. Aufbau einer Prozesskostenrechnung in der Logistik
5.1. Entschluss zur Einführung der Logistikprozesskostenrechnung
5.2. Darstellung der Prozessebenen
5.2.1. Prozesse
5.2.2. Tätigkeiten
5.2.3. Teilprozesse
5.2.4. Hauptprozesse
5.2.5. Maßgrößen und Kostentreiber
5.3. Verrechnung der Kosten in der Logistikprozesskostenrechnung
5.3.1. Tätigkeitsanalyse zur Identifizierung von Teilprozessen
5.3.2. Wahl geeigneter Maßgrößen
5.3.3. Festlegung der Planprozessmengen
5.3.4. Planung der Prozesskosten
5.3.5. Ermittlung von Prozesskostensätzen
5.3.6. Zuordnung der Teilprozesse zu den Hauptprozessen
6. Anwendungsgebiete der Prozesskostenrechnung in der Logistik
6.1. Prozessorientierte Produktkalkulation
6.1.1. Ermittlung der notwendigen Daten
6.1.2. Effekte der Prozesskostenrechnung
6.2. Prozessorientierte Deckungsbeitragsrechnung
6.3. Prozessmanagement in der Logistik
7. Zusammenfassung
8. Literaturverzeichnis
9. Anhang
Abbildungsund Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Vergleich traditionelle Kostenrechnung und Prozesskostenrechnun
Tabelle 1: Kalkulation der Prozesskosten
Tabelle 2: Produktkalkulation Logistikprozesskostenrechnung
Tabelle 3: Allokationseffekt
Tabelle 4: Komplexitätseffekt
Tabelle 5: Degressionseffekt
Tabelle 6: Einstufige Deckungsbeitragsrechnung
Tabelle 7: Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung
Tabelle 8: Betriebsabrechnungsbogen (BAB) klassisch
Tabelle 9: Betriebsabrechnungsbogen (BAB) Logistikkostenrechnung
Tabelle 10: Betriebsabrechnungsbogen (BAB) prozessorientierte Logistikkostenrechnung
Tabelle 11: Kalkulationssätze klassische Kostenrechnung
Tabelle 12: Kalkulationssätze Logistikkostenrechnung nach Weber
Tabelle 13: Hauptprozesse
Tabelle 14: Hauptprozessbedarfskoeffizienten
Tabelle 15: Kalkulationssätze prozessorientierte Logistikkostenrechnung
Tabelle 16: Klassische Produktkalkulation
Tabelle 17: Produktkalkulation in der Logistikostenrechnung nach Weber
Tabelle 18: Einstufige klassische Deckungsbeitragsrechnung
Tabelle 19: Einstufige Deckungsbeitragsrechnung Logistikkostenrechnung nach Weber
Tabelle 20: Mehrstufige klassische Deckungsbeitragsrechnung
Tabelle 21: Mehrstufige Deckungsbeitragsrechnung Logistikkostenrechnung nach Weber
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung in die Thematik und Aufbau der Ausführungen
Durch den Wandel vieler Märkte vom Verkäuferhin zum Käufermarkt, hat sich die Wettbewerbssituation der Unternehmen in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. Sie sehen sich heute einem erhöhten Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Damit Unternehmen sich am Markt behaupten können, ist es nicht nur notwendig ein attraktives Produkt anzubieten, sondern sie müssen auch in der Lage sein die individuellen Bedürfnisse des Kunden zu befriedigen. Besonders Leistungen die über das eigentliche Produkt hinausgehen ermöglichen es, sich von Wettbewerbern abzugrenzen und so den Kunden langfristig an sich binden zu können. Aus diesen Gründen findet die Logistik als Unternehmensfunktion immer mehr an Bedeutung.
Die Automatisierung und die Individualisierung der Nachfrage haben zu einer grundlegenden Veränderung der Produktion geführt (Vgl. Remer 2005, S. 9ff) und deshalb werden heute an fast alle Unternehmensbereiche neue Anforderungen gestellt. Besonders der Logistikleistungsbereich wird auf Grund der Zunahme der verschiedenen Produkte und des verlangten Lieferservice der Kunden immer umfangreicher und kostenintensiver.
Die Logistikosten belaufen sich je nach Branche auf 10-25% des Umsatzes (vgl. Delfmann, Reihlen 2003, S. 59). Sie gelten als Gemeinkosten, da sie in einem indirekten Leistungsbereich anfallen. In den traditionellen Kostenrechnungssystemen fanden die Gemeinkosten wenig Beachtung, dagegen standen die Einzelkosten die den Kostenträgern direkt zurechenbar sind im Mittelpunkt. In der Logistik steigen die Gemeinkosten, sowie auch in den anderen Unternehmensbereichen wie z.B. Marketing, Forschung und Entwicklung, stetig an. Verursacht wird dieser Trend unter anderem durch den erhöhten Koordinationsbedarf in der immer komplexer werdenden Logistikkette. Damit das Logistikmanagement seiner Planungs-, Steuerungsund Kontrollfunktion effektiv nachgehen kann, sind Informationen über die Logistikkosten, die das Logistikcontrolling liefert, unabdingbar. Dies funktioniert nur mit einer Logistikkostenrechnung. Jedoch weisen die traditionellen Kostenrechnungssysteme bei der verursachungsgerechten Zurechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger und Kalkulationsobjekte grundsätzlich Mängel auf (vgl. Delfmann, Reihlen 2003, S. 59). Als Resultat wird die Kostensituation falsch abgebildet und macht so eine Planung nur unzureichend möglich.
Im Folgenden soll gezeigt werden, inwiefern die Implementierung einer Prozesskostenrechnung in der Logistik die notwendige Lösung ist. Nach einer Einführung in die Methodik der Prozessund Logistikkostenrechnung werden die heutigen Probleme dargestellt, denen sich diese Kostenrechnungssysteme zu stellen haben. Damit die Notwendigkeit einer Ergänzung der Logistikkostenrechnung um eine Prozesskostenrechnung deutlich wird, werden die Merkmale und Vorzüge einer Logistikprozesskostenrechnung ausführlich beschrieben. Den Lösungsansatz den die Logistikprozesskostenrechnung bietet, ist begründet in ihrem Aufbau. Deshalb werden vorab die wesentlichen Begrifflichkeiten geklärt werden, die wichtig sind, um den schrittweise beschriebenen Aufbau zu verstehen und die folgenden genaueren Ergebnisse nachvollziehen zu können. Das neu ermittelte Datenmaterial führt zu aussagekräftigeren und anderen Ergebnissen in der Kostenund Ergebnisrechnung. Die abweichenden Resultate lassen sich anhand der so genannten Strategieeffekte erläutern. Abschließend soll erklärt werden welchen Platz die Logistikprozesskostenrechnung in der Unternehmenspraxis einnimmt und welchen Nutzen diese Methode bringen kann, wenn sie als Lösung integriert wurde.
2. Vorbemerkung zur Prozesskostenrechnung
2.1. Begriff und Entwicklung der Prozesskostenrechnung
Der Begriff „Prozesskostenrechnung“ leitet sich von der Vorgehensweise ab, kostenstellenübergreifende Aktivitäten und Prozesse in den indirekten Leistungsbereichen eines Unternehmens kostenrechnerisch abzubilden. In der Literatur und Praxis werden auch die Synonyme vorgangsund aktivitätsorientierte Kostenrechnung, oder prozessorientierte Kostenrechnung benutzt. Der Inhalt des Begriffs hat sich inzwischen weiterentwickelt. R. Mayer versteht unter Prozesskostenrechnung ein Verfahren zur Planung, Steuerung und Verrechnung von Prozessen in Organisationen und es wird deshalb heute ebenfalls der Ausdruck „Prozesskostenmanagement“ benutzt (Vgl. Mayer 1998, S. 5).
Mit größer werdender Unzufriedenheit über die Art der Verrechnung der Gemeinkosten, entstanden Bemühungen neue Kostenrechnungssysteme zu konzipieren. Trotz dieser schon über Jahre währenden Überlegungen dauerte es noch bis 1985 ehe die prozessorientierte Kostenrechnung auf ein breites Interesse stieß (Vgl. Horváth, Mayer 1989, S.216). In den USA sind zu dieser Zeit Gemeinkostenzuschlagssätze in der traditionellen Vollkostenrechnung von 1000% nicht ungewöhnlich und so beschäftigen sich Miller und Vollmann in einem Artikel für die Harvard Business Review mit dem Titel „The hidden factory“ mit diesem Problem. Miller und Vollmann vertreten die These, dass die Anzahl der in einem Unternehmen ablaufenden verschiedenen Transaktionen ursächlich für die Höhe der Gemeinkosten ist und nicht die physischen Produkte (Vgl. Miller, Vollmann 1985, S. 142ff). Allerdings waren ihre Überlegungen noch nicht soweit ausgereift, dass von einem neuen Kostenrechnungssystem gesprochen werden konnte. In den darauf folgenden Jahren waren es die Amerikaner Cooper und Kaplan die den Grundgedanken dieser Methodik zum Activity Based Costing maßgeblich weiterentwickelten (Vgl. Braun 1994, S. 5ff).
Erst 1987 wurde das erste Konzept zum Gemeinkostenmanagement, nach amerikanischem Vorbild, im Materialund Logistikbereich von Wäscher in Deutschland vorgestellt. Jedoch waren es Horváth und Mayer die Ende der achtziger Jahre das Activity Based Costing für deutsche Kostenrechnungszwecke zur Prozesskostenrechnung modifizierten (Vgl. Wikipedia - Prozesskostenrechnung). Es sind deshalb zwei verschiedene Methoden, weil die Prozesskostenrechnung Prozesse als Basis benutzt, die sich aus Aktivitäten ableiten lassen, wo hingegen das Activity Based Costing nur auf Grundlage von Aktivitäten basiert.
In der wissenschaftlichen Literatur wird die Prozesskostenrechnung kritisiert, wobei in der praxisorientierten Literatur ein positives Feedback überwiegt. Gerade in der Logistik und im Supply Chain Management hat sich diese ergänzende Methodik etabliert, weil das vorhandene Optimierungspotenzial nur mit einer differenzierten Betrachtung einzelner Prozesse und deren Kosten ausgeschöpft werden kann. Horváth entgegnet den Kritikern mit der Aussage, dass sich die Theorie zu weit von den tatsächlichen Anforderungen der Unternehmen an Kostenrechnungssysteme entfernt habe und die Praxis die Theorie überhole (Vgl. Horvath, Kieninger, Mayer, Schimank 1993, S. 609ff). Auf Grund dieser polarisierenden Wirkung, gehört das Thema Prozesskostenrechnung zu den meist diskutierten in der heutigen Betriebswirtschaft (Vgl. Braun 1994, S. 8).
2.2. Erster methodischer Überblick der Prozesskostenrechnung
Die Prozesskostenrechnung ist als ein ergänzendes Instrument der bestehenden Kostenrechnungsverfahren anzusehen. Einsatzgebiete sind die indirekten Leistungsbereiche eines Unternehmens deren Kosten nicht direkt den Kostenträgern zugerechnet werden können und so Gemeinkosten darstellen. Die Kostenverrechnung erfolgt in zwei Schritten. Als erstes werden die Gemeinkosten der betreffenden Kostenstellen auf die Prozesse zugerechnet, um dann, gemäß der Prozessinanspruchnahme, auf Produkte (Herstellkosten) und Markteinheiten (Deckungsbeitragsrechnung) verteilt werden zu können (Vgl. Abbildung 1, Vergleich traditionelle Kostenrechnung und Prozesskostenrechnung, S. 3). Wichtig für ein Unternehmen ist die Ergebnistransparenz, die durch die Prozesskostenrechnung realisiert werden kann (Vgl. Mayer 2001, S. 29).
Abbildung 1: Vergleich traditionelle Kostenrechnung und Prozesskostenrechnung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: o. V.: http://www.ibwl.unikassel.de/vahrenkamp/Lehre/Logistikcontrolling/ Prozesskostenrechnung.pdf.
3. Grundlagen der Kostenrechnung in der Logistik
3.1.Logistik
Unter dem Begriff „Logistik“ und „Supply Chain Management“ wird häufig das Gleiche verstanden, jedoch müssen sie inhaltlich unterschieden werden. In erster Linie betrachtet die Logistik die Transport und Lagervorgänge in einem Unternehmen. Das SCM hingegen geht zum einem über die Unternehmensgrenzen hinaus, indem es externe Lieferanten und Kunden in die strategische Planung mit einbezieht und zum anderen die Unternehmensfunktionen Produktion, Controlling, etc. mit der Logistik verbindet (Vgl. Wikipedia - Supply Chain Management). Fazit ist also, dass das SCM mehr leisten kann als die Logistik, aber durchaus als Weiterentwicklung dieser verstanden werden darf.
3.2.Logistikkostenrechnung
Durch die stetig wachsende strategische Bedeutung der Logistik für Unternehmen und des immer bedeutender werdenden Anteils der Logistikkosten an den gesamten Gemeinkosten, ist eine speziell auf die Logistik ausgerichtete Kostenrechnung notwendig. Die Aufgaben der so genannten Logistikkostenrechnung sind die Kosten zu erfassen, die aufgrund des Material-, Warenund Informationsflusses in einem Unternehmen verursacht werden. Damit das Logistikmanagement seiner Planungs-, Kontrollund Steuerungsaufgabe nachkommen kann, muss die Logistikkostenrechnung eine Kostentransparenz schaffen. Durch diese Transparenz können Verbesserungspotenziale frühzeitig aufgezeigt werden und unterstützen so eine kurze Reaktionsfähigkeit.
3.3.Logistikkosten
In erster Linie hängt es von den Unternehmen ab, welche Kosten sie der Logistik zuordnen. Auch bei Unternehmen der gleichen Branche ist es erstaunlich in wieweit es hier Unterschiede in der Abgrenzung gibt. Allgemein umfassen Logistikkosten aber alle bewerteten Produktionsfaktorverbräuche einer Periode, die für die logistische Abwicklung angefallenen (Istkosten) oder geplant (Plankosten) sind (Vgl. Delfmann, Reihlen, Wickinghoff 2003, S. 61). Auf Grund der ganzheitlichen Betrachtungsweise der Logistik, können die gesamten Logistikkosten nach den Teilsystemen der Logistikkette Beschaffung, Produktion, Distribution und Entsorgung differenziert werden.
In den jeweiligen Bereichen setzten sich die Logistikkosten aus spezifischen Logistikkosten und logistischen Zusatzkosten zusammen (Vgl. Gudehus 2005, S.148). Als spezifisch werden Logistikkosten bezeichnet, wenn sie bei operativen Aufgaben verursacht werden wie Transport, Umschlag, Lagern, Kommissionieren und Bereistellen. Diese Tätigkeiten sind die Kosteneinflussfaktoren der einzelnen Teilsysteme in der Logistikkette, wobei der Transportvorgang als Bindeglied verstanden werden kann. Die Zusatzkosten fallen zum einen durch so genannte „Value Added Services“ (Mehrwertleistungen) an. Diese können z.B. Versandverpackung, Etikettieren und Konfektionieren sein. Sowie administrative Logistikkosten, die durch notwendige Nebentätigkeiten wie Planung, Disposition und Auftragsbearbeitung verursacht werden.
Die aufgeführten Leistungen werden in den meisten Fällen aber nicht nur innerbetrieblich erbracht und deshalb müssen die Logistikkosten grundsätzlich in zwei Gruppen unterteilt werden. Die primär entstehenden Logistikkosten, sind i.d.R. logistische Fremdleistungen, die außerhalb des Unternehmens anfallen. Dies können auch die Logistikkosten, sein die ein Lieferant in seinem Verkaufspreis einkalkuliert hat. Die Höhe hängt dann von den Lieferbedingungen wie „Frei Haus“ oder „Ab Werk“ ab. Sie sind den Kostenträgern direkt zurechenbar und deshalb Einzelkosten. Anders verhält es sich bei den sekundären Logistikkosten, die durch logistische Eigenleistungen im Unternehmen verursacht werden. Sie sind Gemeinkosten die auf Kostenstellen oder Prozesse verursachungsgerecht verteilt werden müssen (Vgl. Weber 2002, S. 179).
Die gesamten Logistikkosten setzen sich aus unterschiedlichen Bestandteilen wie Personalkosten, Raumund Flächenkosten zusammen, die in den meisten Fällen von der Kostenrechnung differenziert erfasst werden (Vgl. Gudehus 2005, S. 148). Diese müssen dahingehend unterschieden werden, wo im Unternehmen sie angefallen sind und vom wem. So werden direkte Logistikkosten unmittelbar in den Bereichen verursacht die logistische Leistungen erstellen und diese gesondert erfassen. Indirekte Logistikkosten werden z.B. von der Planungsabteilung und der Geschäftsführung verursacht und nicht gesondert erfasst. Die Bestandteile der Logistikkosten werden dann noch einmal in fixe Kosten, also beschäftigungsunabhängige und variable Kosten, die beschäftigungsabhängig sind, unterteilt. Allerdings ist diese Trennung nicht immer so leicht wie es zuerst scheint, so können z.B. Personalkosten durchaus variabel sein, wenn sie der Beschäftigung angepasst werden können (Vgl. Gudehus 2005, S. 150f). Fixe Bestandteile sind unter anderem Abschreibungen, feste Mieten und Leasingkosten für Gebäude und Fahrzeuge. Variable Bestandteile können Wartungsund Kraftstoffkosten für Transportmittel sein.
3.4. Allgemeine Schwierigkeiten der Kostenrechnung mit Logistikkosten
Die Abgrenzung, Erfassung und Verrechnung von Logistikkosten in Kostenrechnungssystemen wird auf Grund der Querschnittsfunktion der Logistik in Unternehmen erheblich erschwert (Vgl. Weber 1995, S. 156). Zu bestimmen, wo logistische Leistungen anfangen und wo sie aufhören ist die zentrale Fragestellung. Gehört z.B. die Lagerzeit, in der das Produkt auf Grund eines Reifeprozesses noch nicht ausgeliefert werden darf zum Produktionsprozess, oder ist es schon eine Lagerleistung? Allgemein lassen sich Logistikleistungen jedoch als „Output“ eines Unternehmens an vollzogenen Prozessen der Raumund Zeitveränderung von Gütern und dazugehörigen Informationen einer Periode definieren (Vgl. Isermann 1998, S. 34). Da der Begriff aber nicht eindeutig bestimmt werden kann, müssen Unternehmen den jeweiligen Umständen entsprechend die Abgrenzung für sich selber vornehmen. Ist aber erstmal eine Abgrenzung im Unternehmen erfolgt, sollte diese beibehalten werden, um verschiedene Perioden miteinander vergleichen zu können (Vgl. Weber 1995, S. 158).
Beim Erfassen von Logistikleistungen ergeben sich weitere Probleme. Die Vielzahl verschiedener Logistikleistungen und deren Dienstleistungscharakter führen dazu. Im Gegensatz zu Sachleistungen die unmittelbar erfasst werden können, ist der Ausweis von Logistikleistungen auf Grund ihrer Immaterialität dagegen schwerer (Vgl. Delfmann, Reihlen, Wickinghoff 2003, S. 64f). Als Maßeinheiten (auch Cost- Driver) können z.B. Paletten, Tonnen oder Aufträge herangezogen werden. Allerdings lassen sich Qualitätsmerkmale wie Zuverlässigkeit nur schwer erfassen, müssen aber im Prinzip berücksichtigt werden, da sie sich positiv auf den Unternehmenserfolg auswirken können. Die verschiedenen logistischen Leistungen unterscheiden sich auch nach ihrem Umfang. Daraus resultiert die Frage in wieweit ist eine genaue Erfassung wirtschaftlich? Da DV-Systeme im Materialfluss i.d.R. nicht jeden noch so kleinen Bewegungsoder Ruhevorgang erfassen, wäre eine Abgrenzung in den meisten Fällen unwirtschaftlich (Vgl. Weber 2002, S. 101). Dies führt allerdings dazu, dass ein gewisser Teil der Logistikosten den Produktionskosten zugerechnet wird. Wie sich daraus erkennen lässt, führt das Erfassungsproblem zu einer ungenauen Verrechnung von Logistikkosten. Viele Logistikaktivitäten laufen (vor allem in Industriebetrieben) ohne korrespondierende Zahlungen, als Kuppelproduktion oder im Verbund mit nichtlogistischen Tätigkeiten ab (Vgl. Delfmann, Reihlen, Wickinghoff 2003, S. 65). Signifikant ist dieser Umstand im dispositiven Bereich, z.B. verursacht der Prozess „Materialbeschaffung“ nicht nur Kosten im Bereich Einkauf, sondern auch im Logistikbereich. Auf Grund des immer größer werdenden Anteils der Logistikkosten an den Gesamtkosten kann eine Aufteilung der Kosten aber durchaus rentabel sein. In den meisten Fällen werden sie aber willkürlich verrechnet und können nicht Verursachungsgerecht verteilt werden.
Logistikkosten stehen in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu den Logistikleistungen. Welche Kosten aber Logistikleistungen verursachen hängt nicht nur von den materiellen Produktionsfaktoren und Maßgrößen ab, sondern auch davon wie effektiv diese von den Verantwortlichen eingesetzt werden. So ist z.B. gut ausgebildetes Personal in der Lage Tätigkeiten schneller und besser auszuführen als anderes Personal.
Ziel einer Kostenrechnung ist es auch Verbesserungspotenzial aufzuzeigen. Durch die Querschnittsfunktion muss aber darauf geachtet werden, dass Senkungen der Kosten in einem Teilsystem der Logistikkette zu Steigerungen in einem anderen Bereich führen können. Deshalb sollte eine Gesamtkostenoptimierung angestrebt werden (Vgl. Delfmann, Reihlen, Wickinghoff 2003, S. 65).
3.5. Defizite bei der Verrechnung der Logistikkosten in traditionellen Kostenrechnungssystemen
Durch den globalen Wettbewerb und den dadurch entstehenden Wandel hin zum Käufermarkt hat sich das Nachfrageverhalten der Kunden geändert. Die Folge sind strukturelle Änderungen in der betrieblichen Logistikkette und der Ablauf bei der Erstellung logistischer Leistungen. Die zu bewältigenden Aufgaben sind auf Grund der Produktund Variantenvielfalt wesentlich komplexer und umfangreicherer geworden.
Hinzu kommt, dass die Automatisierung der Produktionsabläufe Arbeit durch Kapital ersetzt hat. Durch diese Umstände kam es zu einer Verschiebung der Kostenstruktur. Es werden immer mehr Gemeinkosten in den indirekten Bereichen verursacht und der Anteil der Einzelkosten (Fertigungslöhne, Fertigungsmaterial) aus den direkten Bereichen sinkt in Relation zu den Gesamtkosten. Aus diesem Grund stoßen die traditionellen Kostenrechnungssysteme bei dem Versuch eine Kostentransparenz zu schaffen an ihre Grenzen, da ihre Methodik einen hohen Einzelkostenanteil, zur verursachungsgerechten Verteilung der Kosten voraussetzt.
Unter den traditionellen Kostenrechnungssystemen sind vor allem die Vollkosten-, die Grenzkostenund die auf Ihr basierenden Deckungsbeitragsrechnung zu nennen (Vgl. Remer 2005, S. 17). Die Grenzkostenrechnung ist eine Teilkostenrechnung die zwischen variablen und fixen Kosten unterscheidet. Die Vollkostenrechnung macht dies nicht. Beide verteilen die verursachten Kosten auf Kostenstellen. Um die Gemeinkosten den Kostenträgern zuzuteilen, bedienen sie sich an den Einzelund Herstellungskosten als Bezugsgröße. Es werden so genannte Zuschlagssätze gebildet (Vgl. Anhang S. 29, Tabelle 11, Kalkulationssätze klassische Kostenrechnung). Diese Verfahrensweise beinhaltet zwei erhebliche Mängel. Der Anteil der Logistikkosten an den Selbstkosten kann nicht erkannt werden (Vgl. Delfmann, Reihlen, Wickinghoff 2003, S. 68). Die Logistikkosten sind vielmehr Bestandteil der Material, Fertigungs-, Vertriebsund ggf. Verwaltungsgemeinkosten. Für diese Bereiche wurden so genannte Hauptkostenstellen angelegt (Vgl. Anhang S. 26, Tabelle 8, Betriebsabrechnungsbogen (BAB) klassisch), auf die die Logistikkosten vorher verteilt wurden. Resultat ist eine Intransparenz der Logistikkosten. Außerdem werden einem Produkt umso mehr Gemeinund damit auch Logistikkosten zugerechnet, desto höher die Einzelund Herstellungskosten sind. Doch steht z.B. der Materialwert in keinem Verhältnis zu den Logistikkosten, da diese vielmehr von der Eigenschaft des Produktes, wie Gewicht und Volumen abhängen, oder von dem operativen und administrativen Aufwand. Fazit ist also das die Logistikkosten nicht verursachungsgerecht auf die Kostenträger verrechnet werden können.
Der Lösungsansatz von Weber schafft hier erste Abhilfe. Als erstes müssen seiner Auffassung nach die Logistikkostenstellen zu Endkostenstellen umgewandelt werden (Vgl. Anhang S. 27, Tabelle 9, Betriebsabrechnungsbogen (BAB) Logistikkostenrechnung), um den Anteil der Logistikkosten an den Gemeinkosten ersichtlich zu machen (Vgl. Weber 2002, S. 255). Außerdem müssen als Bezugsgrößen Gewicht, Volumen, Arbeitsvorgänge etc. gewählt werden, damit der Zuschlag der Gemeinkosten nicht mehr von den Einzelund Herstellungskosten abhängt, sondern von der Inanspruchnahme logistikkostentreibender Faktoren (Vgl. Anhang S. 29, Tabelle 12, Kalkulationssätze Logistikkostenrechnung nach Weber).
Allerdings wird auch hier ein entscheidender Punkt außer Acht gelassen. Grundsätzlich ist an den traditionellen Kostenrechnungssystemen zu bemängeln das sie eine, für die Logistik außerordentlich wichtige Sichtweise nicht berücksichtigen. Um die Logistikbzw. Gemeinkosten wirklich Transparent zu machen, muss prozessorientiert vorgegangen werden. Es soll also die Frage beantwortet werden können, welche Gemeinkosten von logistischen Prozessen verursacht werden. Da diese auch kostenstellenübergreifend stattfinden, sind die traditionelle Kostenrechnung und die ergänzende Vorgehensweise von Weber, die beide nach Kostenstellen gegliedert sind, nicht ausreichend. Gerade auf Grund der Querschnittsfunktion der Logistik ist dies bei einer Gesamtkostenoptimierung unerlässlich.
4. Merkmale der Prozesskostenrechnung in der Logistik
4.1. Eigenschaften der Logistikprozesskostenrechnung
Der Logistikleistungsbereich zeichnet sich durch seine Prozessorientiertheit aus und kann deswegen leicht in einer Prozesshierarchie abgebildet werden. Ein Kostenrechnungssystem wie die Logistikkostenrechnung sollte deswegen dem Prozessgedanken folgen und die Prozesskostenrechnung als zusätzliches Instrument integrieren, da es ansonsten schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit kommt. Es wird nun von der Logistikprozesskostenrechnung gesprochen, die durch die wesentlichen Merkmale der Prozesskostenrechnung gekennzeichnet ist.
4.2. Möglichkeiten der Logistikprozesskostenrechnung
Die Logistik leistet inzwischen einen nennenswerten Beitrag zur Wertschöpfung. Deshalb müssen Kostenrechnungssysteme für das Gemeinkostenmanagement angewandt werden, die nicht wie die traditionellen Systeme produktionsund fertigungsorientiert sind. Eine Logistikprozesskostenrechnung kann diesem Problem Abhilfe schaffen, sie setzt aber die präzise Erfassung der realisierten Kosten im Logistikleistungsbereich und die verursachungsgerechte Verteilung der Logistikkosten voraus (Vgl. Schweitzer, Küpper 2003 S. 372f).
Um Logistikkosten transparent zu machen, muss eine Identifizierung der Kostenentstehung stattfinden. Dies geschieht dadurch, dass nun die Kosten bei der Ressourcenbereitstellung zur Durchführung von logistischen Prozessen maßgeblich sind und nicht, wie bei traditionellen Kostenrechnungssystemen der Fokus auf der Kostenzuordnung liegt (Vgl. Remer 2005, S. 22). Die Kostentreiber führen die Kosten dieser Prozesse auf die erbrachten logistischen Leistungen zurück, welche die logistischen Prozesse auch tatsächlich in Anspruch genommen haben. Insgesamt schafft diese Methodik wie folgt die Möglichkeit, das Optimierungspotenzial des Leistungsbereiches Logistik aufzuzeigen. In der traditionellen Kostenrechnung wurden bislang die Kosten erfasst die nötig waren, um Kapazitäten bereitzustellen. Der wesentlich unterschied zu einer Logistikprozesskostenrechnung ist der, das nur noch die Kosten der tatsächlich genutzten Kapazitäten ausgewiesen werden. Die nicht genutzten Kapazitäten müssen dahingehend abgebaut oder umgelagert werden (Vgl. Remer 2005, S. 25).
Prozesse unterscheiden sich in ihrer Art und werden deshalb hierarchisch geordnet. Eine detaillierte Abbildung der Logistikprozesse kann so bereitgestellt werden.
[...]
- Quote paper
- Arne Temme (Author), 2008, Prozesskostenrechnung in der Logistik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120418