Wenn man über soziologische Fachliteratur zum Thema Religion nachdenkt, fällt einem sofort Max Webers Untersuchung des Zusammenhangs zwischen protestantischer Ethik und dem „Geist“ des Kapitalismus ein, oder auch Emile Durkheims Werk über die Grundformen des religiösen Lebens. Allerdings kennen nur wenige Georg Simmel als Religionssoziologen. Doch dank der von Otthein Rammstedt neu verlegten und von 1989 bis 2004 heraus-gegebenen Gesamtausgabe von Simmels Œuvres erfährt sein Denken in jüngster Zeit eine erneute Renaissance. Obwohl Simmels Werk religionssoziologische Themen nicht in gleichem Umfang erörtert, wie z.B. die Arbeiten seiner Zeitgenossen Weber, Durkheim oder Troeltsch, kann und muss Simmel dennoch als einer der „Gründerväter“ der Religionssoziologie gesehen werden (vgl. Krech, 1998: S. 6).
Simmel hat keine Religionstheorie im Sinne eines ausgearbeiteten Systems hinterlassen. Seine Arbeiten zum Thema Religion zeichnen sich durch einen fragmentarischen und heterogenen Charakter aus. „Fragestellungen und Zugriffe wechseln häufig, einzelne Phänomene aus dem Bereich der Religion werden gleichsam phänomenologisch umkreist; eine einheitliche, konsistente Theorie scheint an keiner Stelle beabsichtigt“ (Krech, 1998 S. 5). Entsprechend widmet sich die Sekundärliteratur dem Religionsverständnis Simmels größtenteils aus nur je einer Rezeptionsperspektive; entweder wird der philosophische Ansatz herausgearbeitet oder die Rezeption stellt ausschließlich auf die soziologische Analyse ab.
In dieser Hausarbeit werden Simmels Ausführungen über Religion hauptsächlich aus einer soziologischen Perspektive betrachtet, d.h., es wird v.a. das Religiöse an verschiedenen Vergesellschaftungsprozessen analysiert.
Es ist jedoch unbedingt notwendig, bei der Rekonstruktion Simmels Religionsverständnisses auch das Gesamtwerk zu berücksichtigen. Eine Umgehung ist schon allein deshalb nicht möglich, weil zahlreiche Äußerungen zu Themen der Religion auf viele seiner Schriften verstreut sind. Aus diesem Grund wird daher innerhalb dieser Hausarbeit auch im möglichen Umfang auf Texte eingegangen, die sich nicht primär mit dem Thema Religion befassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundbegriffe und Entwicklung der Soziologie Simmels
- Einheit durch Wechselwirkung
- Wie ist Gesellschaft möglich?
- Form und Inhalt
- Diagnose zur religiösen und kulturellen Lage um 1900
- Zur Religionssoziologie Simmels
- Entstehung von Religion aus Sozialem
- Wie ist Religion möglich?
- Religion und Religiösität
- Die Beziehung zwischen Gottheit und Gläubigen
- Individuation und Sozialisation
- Entstehung von Religion aus Sozialem
- Zusammenhang zwischen Religionssoziologie und soziologischem Ansatz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Georg Simmels Religionssoziologie im Kontext seiner gesamten soziologischen Konzeption. Ziel ist es, Simmels Verständnis von Religion aus einer soziologischen Perspektive zu rekonstruieren und seine Bedeutung für die Entwicklung der Religionssoziologie aufzuzeigen. Dabei wird berücksichtigt, dass Simmels Ausführungen zur Religion über verschiedene Schriften verstreut sind und einen fragmentarischen Charakter aufweisen.
- Simmels Grundbegriffe der Soziologie
- Die religiöse und kulturelle Lage um 1900
- Simmels soziologische Analyse von Religion
- Der Zusammenhang zwischen Simmels Religionssoziologie und seinem Gesamtwerk
- Die Bedeutung von Simmels Werk für die Religionssoziologie
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung stellt Georg Simmel als einen wichtigen, aber oft übersehenen, Religionssoziologen vor und beschreibt die Herausforderungen bei der Rekonstruktion seines Denkens aufgrund des fragmentarischen Charakters seiner Schriften. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit.
Grundbegriffe und Entwicklung der Soziologie Simmels: Dieses Kapitel beleuchtet die zentralen soziologischen Konzepte Simmels, die für das Verständnis seiner Religionssoziologie unerlässlich sind.
Diagnose zur religiösen und kulturellen Lage um 1900: Hier wird der historische und kulturelle Kontext um 1900 dargestellt, in dem Simmels religionssoziologische Überlegungen entstanden sind.
Zur Religionssoziologie Simmels: Dieses Kapitel analysiert Simmels Ansichten zur Entstehung von Religion aus sozialen Prozessen, die Rolle von Individuation und Sozialisation und die Beziehung zwischen Gottheit und Gläubigen.
Schlüsselwörter
Georg Simmel, Religionssoziologie, Soziologie, Gesellschaft, Religion, Individuation, Sozialisation, Kultur, Form und Inhalt, Wechselwirkung, "Zur Soziologie der Religion", "Die Religion".
- Quote paper
- Dipl.-Soz. Gabriele Riedel (Author), 2005, Georg Simmels Religionstheorie im Kontext seiner soziologischen Gesamtkonzeption, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120331