Bei Joseph II. kann man beim ersten Hinsehen den Eindruck bekommen, es handle sich
um einen Herrscher, der ,beseelt von den Ideen der Aufklärung, sein Bestes tat, um das
österreichische Volk in diesem Sinne in die Glückseligkeit zu führen. Ein derartiger,
geradezu romantischer Idealismus wäre jedoch erst nachzuweisen. Vielmehr kann man
wohl davon ausgehen, dass er im Rahmen der territorialen Konflikte seiner Zeit, ebenso
wie Maria Theresia schon, aus pragmatischen Gründen bestimmte Umgestaltungen des
Reiches in Angriff nahm, um eine Festigung der Staatsstrukturen vor allem nach außen
zu gewährleisten 1.
Im Folgenden wird der Versuch unternommen, zu erörtern, inwieweit Joseph II. dem
absolutistisch geprägten Geist der Zeit folgend, die Gesellschaft weitgehend unter staatliche
Kontrolle bringen, sie geradezu neu gestalten wollte, und inwiefern dabei Reformen
der Aufklärung, des Idealismus wegen in Angriff genommen wurden. Hierbei wird
versucht werden, das Thema durch die Teilaspekte der Verwaltungs- und Justizreformen
weitgehendst zu begrenzen.
1 Fejtö, François: „Joseph II., Porträt eines aufgeklärten Despoten“, Matthes & Seitz Verlag GmbH, München 1987,
S. 246
Inhaltsangabe
I. Einleitung
II. Reformen
1. Anfänge unter Maria Theresia
1a) Verwaltung unter Maria Theresia
1b) Militär und Wirtschaft unter Maria Theresia
1c) Justiz unter Maria Theresia
2. Joseph II.
2a) Verwaltung unter Joseph II.
2b) Justiz unter Joseph II.
III. Fazit
Bibliographie
I. Einleitung
Bei Joseph II. kann man beim ersten Hinsehen den Eindruck bekommen, es handle sich um einen Herrscher, der ,beseelt von den Ideen der Aufklärung, sein Bestes tat, um das österreichische Volk in diesem Sinne in die Glückseligkeit zu führen. Ein derartiger, geradezu romantischer Idealismus wäre jedoch erst nachzuweisen. Vielmehr kann man wohl davon ausgehen, dass er im Rahmen der territorialen Konflikte seiner Zeit, ebenso wie Maria Theresia schon, aus pragmatischen Gründen bestimmte Umgestaltungen des Reiches in Angriff nahm, um eine Festigung der Staatsstrukturen vor allem nach außen zu gewährleisten[1].
Im Folgenden wird der Versuch unternommen, zu erörtern, inwieweit Joseph II. dem absolutistisch geprägten Geist der Zeit folgend, die Gesellschaft weitgehend unter staatliche Kontrolle bringen, sie geradezu neu gestalten wollte, und inwiefern dabei Reformen der Aufklärung, des Idealismus wegen in Angriff genommen wurden. Hierbei wird versucht werden, das Thema durch die Teilaspekte der Verwaltungs- und Justizreformen weitgehendst zu begrenzen.
II. Reformen
1. Anfänge unter Maria Theresia
Den Anfang der Herrschaft Maria Theresias (1717-1780) bestimmten außenpolitische Misserfolge, wie der Verlust Schlesiens in zwei Kriegen gegen Preußen (1740-42) und (1743-45) und einiger Gebiete in Italien während des Österreichischen Erbfolgekriegs (1741-48). Diese Niederlagen dürften bei Maria Theresia zu einer Art politischem Trauma geführt haben, zumal es Friedrich der Große war, der sich Schlesiens bemächtigte. Im gleichen Jahr wie Maria Theresia auf den Thron gestiegen (1740), lief bei Friedrich, unter anderem auf Kosten Österreichs und damit Maria Theresias, alles viel reibungsloser. Nicht zuletzt deswegen, also von einer Art Konkurrenz in Hinsicht auf regentschaftlicher Kompetenz angetrieben, machte sich Maria Theresia daran, ihr Reich zu reformieren. H.M. Scott beschreibt dies wie folgt: „Prussia’s emergence and her victories convinced Maria Theresia and her advisers that reform was essential…At least until 1780 it was not a program but a reaction…”[2] Besonders die Feststellung, dass die angegangenen Neuerungen aus pragmatischen Gründen, aus einer Reaktion heraus erfolgten, ist für diese Arbeit von Bedeutung, da durchlaufend insgesamt auf den utilitaristisch-pragmatischen Charakter dieser Reformen abgestellt werden wird. Denn das Ziel, das man vor Augen hatte, war die Sanierung der Staatsfinanzen, um sich von den Kosten der Kriege und dem Wegfall Schlesiens mit seiner lukrativen Textilindustrie, die zudem unter der Herrschaft Friedrichs wesentlich gewinnbringender funktionierte[3], zu erholen, und dadurch die Finanzierung eines großen Heeres von 108 000 Mann zu gewährleisten.[4]
Die Staatsreform Maria Theresias wurde unter der Leitung von Friedrich Wilhelm Graf Haugwitz (1702 - 1765) durchgeführt, der das Vorgehen der Preußen von dem bei Österreich verbliebenen Teil Schlesiens aus beobachten und der Herrscherin entsprechende Vorschläge unterbreiten konnte. Im Folgenden werden die Grundzüge der Reformen hauptsächlich in Bezug auf die Verwaltung geschildert.
1a) Verwaltung unter Maria Theresia
Die Ausschaltung des ständischen Einflusses stand hierbei im Vordergrund, da nur dadurch eine bessere Steuerabschöpfung durch Zentralisierung möglich war. Man musste sich weitgehend aus dem „...Zusammenspiel ständischer und fürstlicher Machtsphären...“[5], dem „...Kompetenzwirrwarr...“[6] befreien.
Mit den Ständen wurden Vereinbarungen über längerfristige Steuerbewilligungen getroffen, die Umstrukturierung der Zentralbehörden und der Aufbau eines administrativen Unterbaus auf mittlerer und unterer Ebene wurde in Angriff genommen, um Kontrolle über die Steuerverwaltung zu bekommen. Dies wurde unumgänglich, weil die Eintreibung der Steuern nicht der Zentralgewalt zustand, sondern von den regionalen Fürsten vollzogen wurde, wobei zuvor auch noch über die Höhe dieser Steuern gefeilscht wurde, was nichts mit steuerlicher Hoheit des Hofes zu tun haben kann und für die Ineffizienz der steuerlichen Abschöpfung im Vergleich mit Preußen verantwortlich war.[7] Die Steuerbefreiung für den Adel und Klerus wurde weitgehend aufgehoben und das wichtigste Zentralorgan für die innere Verwaltung und Finanzen, das Directorium in Publicis et Cameralibus, gegründet (1751). Das Directorium war unter anderem für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rechnungskontrolle und politische Administration zuständig, während ständische Behörden auf die Rechtspflege in unteren und mittleren Instanzen reduziert wurden. Auf die Einrichtung einer ersten Justizstelle wird später noch eingegangen werden, jedoch ist hier schon hervorzuheben, dass aus pragmatischen Gründen, eine Trennung von Verwaltung und Justiz vollzogen worden ist.[8]
Weiter wurden Landesfürstliche Mittelstellen (Deputationen, später Representationen und Cammern), Kreisämter mit Kreishauptleuten, die ständische Beamten kontrollieren sollten, eingerichtet, was gänzlich neu und ständisch unabhängig war. Dadurch war erstmals der direkte Zugriff auf die Untertanen möglich und die Untertanen konnten den Herrscher erreichen, um auf eventuelle herrschaftliche Übergriffe durch Grundherren aufmerksam zu machen. Auch dies hatte pragmatische Gründe, da es nicht die agrarische Produktivität fördert, wenn Bauern unterdrückt werden.[9] Kreishauptleute inspizierten zudem das Religionswesen, die Sitte, Ordnung und öffentliche Sicherheit. Die landesfürstliche Mittelstellen bekamen Agenden der Politik, Finanzen und des Verwaltungsrechts zentral zugewiesen.
Durch all diese Maßnahmen entstand ein zentral kontrollierter österreichisch-böhmischer Kernstaat, da die österreichische und die böhmische Hofkanzlei in dem neu geschaffenen Directorium aufgingen. Ungarn und die österreichischen Niederlande wurden außen vor gelassen, da aufgrund ihrer relativen Eigenständigkeit und allgemeinen Sonderrolle ein solcher Zusammenschluss zu radikal gewesen wäre. Hier stellt sich natürlich die Frage nach dem Erfolg dieser Zentralisationskampagne[10], wozu jedoch erst später Stellung genommen werden wird.
Für die neu geschaffenen Ämter wollte auch Maria Theresia möglichst genau für diese Stellen ausgebildete Beamten haben, weswegen hier auch die Gründung des Collegium Theresianums zu erwähnen ist (1746). Interessant ist, dass diese Verwaltungsfachschule schon sehr früh, noch vor dem Anlaufen der eigentlichen Verwaltungsreformen gegründet wird, womit man Maria Theresia wohl auch eine Bereitschaft zur Reform und gewisse Weitsicht zugestehen muss, zumal sie allzu oft als fast schon starrsinnige Reformgegnerin dargestellt wird.[11] Schon vor der Gründung des Directoriums in Publicis et Cameralibus hatte die Herrscherin zur Förderung der Industrialisierung eine Univeralcommerzdirection gegründet, die später natürlich in dem Directorium aufging.[12]
1b) Militär und Wirtschaft unter Maria Theresia
Was die Grundmotivation, die Aufstellung eines Heeres von 100 000 Mann betrifft, so wurde Leopold Graf Daun (1705 – 1766) ab 1748 mit der Reorganisation der Armee beauftragt, was dazu führte, dass endlich einheitliche Uniformen, Übungen, Fahnen etc. eingeführt wurden, um eine bessere Koordination unter den Regimentern zu schaffen, die sonst den jeweiligen Fürsten unterstellt waren.[13] 1751 wurde einen Cadettenanstalt für den Offiziersnachwuchs gegründet, die fähige und modern ausgebildete Offiziere liefern sollte.
Wenn auch nicht eigentliches Thema dieser Arbeit, lässt sich die Wirtschaft nicht gänzlich vernachlässigen, so es denn vor allem auch wirtschaftliche Gesichtspunkte waren, die zu den Reformbestrebungen der Kaiserin führten. Das Directorium zielte in erster Linie darauf ab, wirtschaftlich so weit einzugreifen, dass, ganz im Sinne des Kameralismus, Luxusgüter möglichst im eigenen Lande hergestellt und exportiert, importierte Luxusgüter mit hohen Zöllen versehen, importsubstituierende Manufakturen gefördert und ggf. sogar Ein- und Ausfuhrverbote ausgesprochen wurden. Bei dem sehr heterogenen Herrschaftsgebiet der Habsburger spielten natürlich auch Binnenzölle eine große Rolle, weswegen 1766 eine allgemeine Zollordnung für die österreichischen Erblande erlassen wird. Erst 1775 kommen die anderen Gebiete, mit Ausnahme Ungarns, in diese Zollunion. Auch zu erwähnen wäre die Förderung von größeren Unternehmen und Vernachlässigung zunftgebundener kleinerer Unternehmen, wobei man sogar oftmals soweit ging bestimmte Berufe zunftfrei zu erklären.[14]
Inzwischen hatte Wenzel Anton Graf Kaunitz (* 1711 Wien, † 1794) in einer Verwaltungsreform (1761) ein neues innenpolitisches Zentralorgan bei der Kaiserin durchgesetzt: der Staatsrat. Im Laufe des Jahres 1761 wird beschlossen, die Steuereintreibung und Verwaltung wieder traditioneller zu gestalten, wodurch das Haugwitzsche Modell und sein Directorium massiv an Macht verlieren.[15] Das Directorium wird nun Böhmisch – Österreichische Hofkanzlei genannt, während die eigentliche Macht beim Staatsrat lag.
1c) Justiz unter Maria Theresia
Für die später unter Joseph II. fortzuführenden rechtlichen Reformen legte Maria Theresia den Grundstein, in dem sie die Kodifizierung des Zivil- und Strafrechtes in Gang setzte. Hierzu richtete sie das höchste Justizrevisorium ein (1746), was in gewisser Weise die mehr organisch erfolgenden Anfang der Loslösung der Justiz von der Verwaltung markierte.[16] Nach zehn Jahren Beratungszeit war dann auch der Codex Theresianus, das neue Zivilgesetzbuch, erstellt.[17] Es folgte das Strafgesetzbuch, die Nemesis Theresiana, aus dem Jahr 1769[18], in welchem die Folter jedoch noch als legitimes Mittel der Kriminalitätsbekämpfung aufgeführt war. Nach langjährigen Disputen und Einsatz Josephs II. wurde die Folter 1776 in den Erblanden, im Banat und in Galizien aufgehoben.[19] Weiter wurde durch die Kreation der Obersten Justizstelle eine letzte Instanz der Rechtsprechung geschaffen, wie auch die Trennung der Justiz von der sonstigen Verwaltung vollzogen.
[...]
[1] Fejtö, François: „ Joseph II., Porträt eines aufgeklärten Despoten“, Matthes & Seitz Verlag GmbH, München 1987, S. 246
[2] Scott, H.M.: “Reform in the Habsburg Monarchy, 1740 – 90“ in “Enlightened Absolutism, Reform and Reformers in Later Eighteenth-Century Europe”, Hrs. H.M. Scott, The University of Michigan Press, Hong Kong 1990, S.150
[3] Dillmann, Edwin: „Maria Theresia“, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2000, S.51
[4] Scott, H.M.: ebenda S.151
[5] Dillmann, Edwin: ebenda S.62
[6] ebenda
[7] Scott, H.M.: ebenda, S.153
[8] Dillmann, Edwin: ebenda, S.67 f
[9] ebenda, S.66 ff
[10] Scott, H.M.: ebenda, S. 155
[11] ebenda, S.68f
[12] Scott, H.M.: ebenda, S.151
[13] Dillmann, Edwin: ebenda, S.71 f
[14] ebenda, S. 73 ff
[15] Scott, H.M.: ebenda, S. 157
[16] Bradler-Rottmann, Elisabeth: „Die Reformen Kaiser Josephs II.“, Verlag Alfred Kümmerle, Göppingen 1973, S. 39 ff
[17] Gutkas, Karl: „Kaiser Joseph II., Eine Biographie“, Paul Zsolnay Verlag, Wien – Darmstadt 1989, S. 147
[18] Scott, H.M.: ebenda, S.159
[19] Gutkas, Karl: ebenda, S. 148 f
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