Die Rhetorik des Aristoteles
Aristoteles versteht Politik als den Ort, an dem die Vervollkommnung von Menschen nur wirksam sein kann, wenn sie nicht nur sprachlich anleitet werden, sondern auch substantiell sprachlich politische Ideale vermittelt bekommen.
Diese ethisch-politische Dimension stellt die Besonderheit der aristotelischen Rhetorik
„Es ist Aufgabe des Wissenden bei jedem, was er weiß, selbst den Trug zu meiden, und den, der ihm verfällt, entlarven zu können.“7
Dazu bedarf es einer Theorie, einer Struktur, die Aristoteles mit seiner Lehre zur Verfügung stellt. Ob der Redner dann erfolgreich überzeugt, kann er nicht garantieren, nur dass er auf eine Rechte Weise argumentiert. Die zweite Besonderheit der aristotelischen Konzeption ist, dass die aufgestellten Argumente nicht nur Sachverstand erkennen lassen, sondern auch den Charakter des Redners und des Publikums, die allgemein-vorherrschenden Meinungen und Gefühle berücksichtigen.
Der Gegenstandsbereich der Rhetorik ist das Wahrscheinliche, Dinge, deren Existenz vom Handeln abhängig sind, ein Bereich also, der sich auch anders verhalten kann. Dieser Bereich des menschlichen Handelns, der nur eine relative Sicherheit und Gewißheit bietet, beinhaltet trotz aller Ungewißheit Wissen.
Die Vorstellung, dass Wahrheit und Stringenz vom untersuchten Gegenstand bestimmt wird, gilt nach Aristoteles für die Rhetorik, da die Argumentation ihrem jeweiligen Gegenstand, Publikum, Redner und Ort angemessen sein muss.
Die Besonderheiten der politisch-ethischen Dimensionen innerhalb der aristotelischen Rhetorik nachzuweisen, ist das Ziel dieser Arbeit, d.h. wie Aristoteles die politisch-ethische Zuordnungen bestimmt und realisiert.
GLIEDERUNG
Einleitung: Die Rhetorik des Aristoteles
1. Geschichtlicher Hintergrund der Entstehung der Rhetorik
2. Ausgangspunkte der aristotelischen Überlegungen
3. Die Rhetorik des Aristoteles
4. Vorgehen
Teil I: Die Schrift zur Rhetorik des Aristoteles
1. Bestimmung der Rhetorik
2. Die Dialektik
2.1 Gemeinsamkeiten zwischen Rhetorik und Dialektik
2.2 Die Form der Rhetorik
3. Gegenstand der Rhetorik
4. Die Redegattungen
5. Ethos
6. Pathos
6.1 Die Affekte
6.2 Das Ethos des Hörers
7. Logos
7.1 Das Enthymen
7.2 Das Wahrscheinliche
7.3 Die Meinung (endoxa)
7.4 Die Indizien
7.5 Das Beispiel (Paradigma)
7.6 Die Sentenz als Teil des Entyhmem
7.7 Das Argument
8. Das Verhältnis von ethos, pathos und logos
Teil II: Analyse der Rhetorik von Aristoteles
1. Rhetorik bei Platon, den Sophisten und Aristoteles
2. Voraussetzungen der aristotelischen Rhetorik
2.1 Die Rhetorik als techne
2.2 Die aristotelische Wissenschaftseinteilung
2.3 Praktische Philosophie und apodiktische Wissenschaften
2.3.1. Gegenstand der praktischen Philosophie
2.3.2 Rhetorik und praktischen Philosophie
3. Analyse der Grundbestimmungen der Rhetorik
3. 1 Die Sachbezogenheit der Rhetorik
3.2 Ethos
3.3 Pathos
3.4 Logos
3.5 Zusammenfassung
4. Problemstellung: Rhetorik als Methode der politischen Wissenschaften?
4.1 Die aristotelische Dialektik
4.2 Verwendungsweisen der Dialektik
4.3 Wahrscheinlichkeiten und Meinungen
4.4 Zusammenfassung
4.5 Die Topoi
4.4.1 Die Rolle der Topoi in der Rhetorik
4.5.2 Zusammenfassung
5. Schlussbetrachtung
5.1 Ergebnisse der Analyse
6. Anhang
6.1 Siglenverzeichnis
6.2. Literaturverzeichnis
Einleitung: Die Rhetorik des Aristoteles
1. Geschichtlicher Hintergrund der Entstehung der Rhetorik
Die Entstehung der antiken Rhetorik ist auf Verhandlungen über Wiedergutmachungen nach der Zeit der tyrannischen Herrschaft [1] zurückzuführen. Nach deren Beseitigung und der Errichtung der Demokratie [2] wurden Streitigkeiten vor den Gerichten vorgebracht. Dadurch entwickelte sich eine Systematik von Reden und der Berufsstands des Rhetors, der als Kundiger des Gesetzes, Bürger vor Gericht verteidigte.
Die Aufgabe und Ziele der Rhetorik wurde unterschiedlich ausgelegt: Isokrates (* 436 v. Chr., † 338 v. Chr.) eröffnete in Athen die Schule für Redner und wollte durch Reden eine politische und erzieherische Wirkung erzielen; Cicero (*106 v. Chr.; † 43 v. Chr.) römischer Politiker, Anwalt, Philosoph, strebte durch seine Reden literarischen Ruhm, rhetorische Belehrung und politische Wirkung an; Gorgias (*480 v. Chr.; † 380 v. Chr.) ein Hauptvertreter der Sophisten, definierte die Rhetorik als die Herstellerin sowohl der Überredung als auch der Überzeugung. Ähnlich definierte Platon diese im „Phaidros“ als eine „Lenkung der Seelen durch Reden.“ Aristoteles hingegen bestimmte die Rhetorik als die „Fähigkeit, bei jedem Gegenstand das Überzeugende zu erkennen.“ Anders als die Stoiker, für die die Rhetorik lediglich ein Wissen war, gut zu reden. [3]
Die wesentliche Struktur und Methode der Rhetorik wurde in der Antike entwickelt [4] und ist in dieser Form bis heute Leitbild.
Der Begriff „Rhetorik“
Der griechische Begriff „techne rhetorike“ beinhaltet Theorie und Praxis der menschlichen Beredsamkeit. Das heißt nicht nur zu reden, sondern auch wirkungsvoll zu reden und das in politisch-rechtlicher wie auch in privater Belangen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein variiert seine Wortbedeutung – von der Fähigkeit des „Gut-Reden-Könnens“ bis hin zu einer rein technischen Methode. Auffällig ist, daß im Laufe der Geschichte die theoretischen Überlegungen vor allem innerhalb der Politik stark an Bedeutung verloren. [5]
2. Ausgangspunkte der aristotelischen Überlegungen
Als Aristoteles die Theorie der Rhetorik niederschrieb befand sich die griechische polis inmitten einer Krise. Der Zerfall der Adelsethik führte zu einer der Vergrößerung der Entscheidungsmöglichkeiten der Bürger und begünstigte damit die Ausbildung von Rhetoriklehrern ebenso aber auch die Verbreitung von Demagogen. [6]
Bei seinen Überlegungen für eine gerechtere Gestaltung der polis ging er von zwei Grundannahmen aus:
1. Erstens betonte er die Fähigkeit des Menschens zur sprachlichen Verständigung über gemeinsame Werte durch den Besitz von Sprache und logos (gr. zoon logon echon). [7]
2. Zweitens nahm er selbstverständlich an, dass der Mensch als ein von Natur aus staatsbildendes Wesen (gr. physei zoon politikon [8] ) ist, der von Natur aus auf die staatliche Gemeinschaft [9] bezogen ist. Insofern verstand er den Staat nicht als ein Kunstprodukt, sondern ein natürliches Gebilde indem der Mensch seine wahre Natur verwirklicht [10], der in seinem Meinungen und Handelungen immer schon an die gegebenen Sitten, Institutionen und Gesetze einer polis-Gemeinschaft gebunden ist.
Da nicht nur die Verfassung und Sozialordnung auf die polis einwirken, sondern auch Wirtschaftskräfte und die Mentalität der Bürger eines existierenden Staates, ist es für die Politik unentbehrlich, ein Hilfsmittel zu haben, mit denen Überzeugungsmittel herausgearbeitet werden können um das Ideal einer politischer Gemeinschaft realisieren: [11]
„Man muss eine solche Staatsordnung einführen, zu der sich die Bürger von den bestehenden Verfassungen aus leicht überreden lassen und an der sie von den bestehenden Verfassungen leicht teilnehmen können.“ [12]
Damit ist gleichzeitig das Ziel dieser Arbeit formuliert: wie können rhetorisch staatsphilosophische Ziele zum Wohl der Bürger in einer gemäßigten Demokratie, in der der Mittelstand staatstragend ist, umgesetzt werden. [13]
3. Die Rhetorik des Aristoteles
Aristoteles versteht Politik als den Ort, an dem die Vervollkommnung von Menschen nur wirksam sein kann, wenn sie nicht nur sprachlich anleitet werden, sondern auch substantiell sprachlich politische Ideale vermittelt bekommen. [14]
Diese ethisch-politische Dimension stellt die erste Besonderheit der aristotelischen Rhetorik dar. Demgemäß ist derjenige eher in der Lage das Rechte in der polis zu verwirklichen, der von einer normativ richtigen Theorie der Rhetorik geleitet ist und weiß, wie und mit welchen Mitteln er andere überzeugt kann und wie ethisch-politisch falsche Ratschläge und Argumente erkannt werden können.
„Es ist Aufgabe des Wissenden bei jedem, was er weiß, selbst den Trug zu meiden, und den, der ihm verfällt, entlarven zu können.“7 [15]
Dazu bedarf es einer Theorie, einer Struktur, die Aristoteles mit seiner Lehre zur Verfügung stellt. Ob der Redner dann erfolgreich überzeugt, kann er nicht garantieren, nur dass er auf eine Rechte Weise argumentiert. Das sich das „Richtige“ durchsetzt, ist für Aristoteles keine Frage der Technik, sondern abhängig von Vielerlei, daß er in seiner Rhetorik zusammenfaßt, ein methodisches Wissen von Ursachen und Gründen des Überzeugens, um Urteile des Rechten besser durchsetzen zu können. [16]
Die zweite Besonderheit der aristotelischen Konzeption ist, dass die aufgestellten Argumente nicht nur Sachverstand erkennen lassen, sondern auch den Charakter des Redners, die allgemeinen Meinungen und Gefühle ansprechen und berücksichtigen.
Der Gegenstandsbereich der Rhetorik ist das Wahrscheinliche, Dinge, deren Existenz vom Handeln abhängig sind, ein Bereich also, die sich auch anders verhalten kann [17]. Dieser Bereich des menschlichen Handelns, der nur eine relative Sicherheit und Gewißheit bietet, beinhaltet trotz aller Ungewißheit Wissen.
Die Vorstellung, dass Wahrheit und Stringenz vom untersuchten Gegenstand bestimmt wird, gilt nach Aristoteles für die Rhetorik, da die Argumentation ihrem jeweiligen Gegenstand, Publikum, Redner und Ort angemessen sein muss. [18]
Die Besonderheiten der politisch-ethischen Dimensionen innerhalb der aristotelischen Rhetorik nachzuweisen, ist das Ziel dieser Arbeit, d.h. wie Aristoteles die politisch-ethische Zuordnungen bestimmt und realisiert.
4. Vorgehen
Der erste Teil der Arbeit bestimmt das Wesen und den Charakter der aristotelischen Rhetorik. Methodisch wird im ersten Schritt die Rhetorik zu anderen Disziplinen abgegrenzt; im zweiten Schritt erfolgt die Bestimmung des Gegenstands der Rhetorik.
Die Abgrenzung konzentriert sich auf folgende Fragen: Welche Bedeutung hat die Dialektik für die Rhetorik; welche Relevanz haben Ethik und Politik für die Rhetorik; und welche Bedeutung haben die Überzeugungsmittel logos, ethos und pathos [19].
Die anschließenden Erörterungen der Redegattungen beantwortet die Fragen: Wie kann ein Redner überzeugen und welche Mittel stehen ihm für die öffentliche Rede zur Verfügung? Die technische Eingrenzung erfolgt die Methode des logos, die durch die Überzeugungsmittel, dem Enthymem und dem Beispiel bewiesen wird.
Teil I: Die Schrift zur Rhetorik des Aristoteles
Formal gliedert sich das Werk in drei Bücher: Buch I handelt von der Rede, ihren Formen und Gattungen; Buch II erörtert die Überzeugungsmittel und -wirkungen und Buch III schließt mit der Ausdrucksweise und den Redeteilen.
Ausgangspunkt der Überlegungen zur Rhetorik ist die Auseinandersetzung mit Platon Überlegungen zur Rhetorik, der Postulate der Rhetorik formuliert und an die Aristoteles anknüpft und gleichzeitig das Ziel seiner Schrift festlegt: Die Rhetorik als techne zu sichern. [20]
1. Bestimmung der Rhetorik als techne
Im ersten Buch der Rhetorik erörtert Aristoteles die Rede zunächst Formen und Gattungen und beginnt sein Werk mit der ersten Definition der Rhetorik:
„Die Theorie [21] der Beredsamkeit ist das korrespondierende Gegenstück [22] zur Dialektik; denn beide beschäftigen sich mit Gegenständen solcher Art, deren Erkenntnis auf eine gewisse Weise allen gemeinsam ist und nicht einer speziellen Wissenschaft. Daher haben auch alle auf irgendeine Weise Anteil an beiden; denn alle bemühen sich bis zu einem gewissen Grade, ein Argument zu prüfen bzw. zu stützen sowie sich zu verteidigen oder anzuklagen.“ [23]
Aristoteles grenzt damit seine Konzeption der Rhetorik deutlich zur Dialektik ab.
2. Die Dialektik
Der Begriff Dialektik [24] bezeichnet ein Sich-Unterreden zweier Personen. Als akademische Gesprächskunst hat sie die Aufgabe, Dialoge zu untersuchen und Probleme menschlichen Sprechens zu analysieren. Bedeutend für die Rhetorik ist die Dialektik hinsichtlich ihrer Argumentationslehre. [25]
2.1 Gemeinsamkeiten zwischen Rhetorik und Dialektik
Die erste Gemeinsamkeit zwischen Rhetorik und Dialektik ist, daß beide keiner Wissenschaft zugehörig und in ihrem Anwendungsbereich unbegrenzt sind. [26] Ausgehend von dem Wahrscheinlichen suchen beide aus dem Vorrat an allgemeinen Meinungen Argumente und prüfen diese auf die Anwendbarkeit zur Verteidigung eines Standpunktes. [27] Bezugspunkt beider ist ein Gegenüber: in der Dialektik der Gesprächspartner, in der Rhetorik der Zuhörer. Aufgabe des Redners ist es, Glaubwürdiges zu erkennen und zu vermitteln. [28] Da es jedoch dem Redner nicht immer gelingt, sein Publikum zu überzeugen, ebenso wie ein Arzt nicht in jedem Fall die Gesundheit seines Patienten wiederherstellen kann, [29] steht nicht das Ergebnis einer Rede im Vordergrund.
Darin liegt das Wesen der Rhetorik begründet: Sie ist ein Vermögen, dynamis, für deren Anwendung die Beherrschung der techne, einer Kunst, entscheidend ist [30]. Aristoteles definiert die Rhetorik aus dem Blickwinkel des Redners, versteht sie aber nicht als eine Überredungstechnik, sondern als eine bestimmte Art und Weise des Erkennens und Untersuchens. [31]
„Rhetorik stelle das Vermögen dar, bei jedem Gegenstand das möglicherweise Glaubenerweckende zu erkennen. ... und an jedem vorgegebenen Gegenstand zu untersuchen.“ [32]
Es ist nicht Aufgabe der Rhetorik zu lehren, sondern das Überzeugende zu erkennen und die Situation gerecht zu untersuchen. [33]
Rhetorik kann sowohl für als auch gegen einen Sachverhalt argumentieren, [34] sich glaubwürdiger oder auch scheinbar glaubwürdiger Argumente bedienen. [35] Die Überzeugung durch scheinbar glaubwürdige Argumente - wie bei den Sophisten – beruht auf der Absicht zu täuschen. Da die Täuschung ein menschliches Phänomen ist, bedarf der Mensch geeignete Erkenntnismittel, um diese zu entlarven. Die Rhetorik wie auch die Dialektik sind ein Hilfsmittel für Erkenntnis.
Ihre Gemeinsamkeit beschränkt sich auf dem Finden von Erkenntnis. [36]
Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Methode: [37]
1. Die Dialektik kann gleichermaßen theoretisch wie praktisch angewandt werden; [38] die Rhetorik hingegen kann theoretisch angewandt werden, ist aber tatsächlich auf den praktischen, ethisch-politischen Bereich beschränkt. [39]
2. Die Dialektik behandelt allgemeine Probleme [40], die Rhetorik hingegen bezieht sich auf konkrete Sachverhalte. [41]
3. Die Dialektik besteht aus der Frage-Antwort-Methode; die Rhetorik aus einer zusammenhängenden Rede.
Ihr Hauptunterschied liegt in der Ausrichtung begründet: Die Rhetorik ist auf die publikumswirksame Rede ausgerichtet und unmittelbar auf Dinge ausgerichtet, die die polis berühren. [42]
2.2 Die Form der Rhetorik
Aufgrund der strukturellen Gemeinsamkeiten, steht die Rhetorik der Dialektik sehr nahe. Daher bezeichnet Aristoteles die Rhetorik zu Anfang seiner rhetorischen Lehre als Gegenstück zur Dialektik. Als Hilfsdisziplin ist sie ein „Seitenspross der Dialektik und derjenigen Art wissenschaftlicher Untersuchungen, die sich mit den Charakteren beschäftigt und zu Recht politisch genannt wird.“ [43]
An einer anderen Stelle heißt es, die Rhetorik habe teils Ähnlichkeit mit der Dialektik, teils mit den sophistischen Argumentationsanweisungen. [44] Die Dialektik und ein bestimmter Teil der politischen Wissenschaft sind nach diesen Stellen für die Rhetorik konstitutiv. Denn für die argumentativen Überzeugungsmittel, welche die Rhetorik erörtert und zur Anwendung bereitstellt, u.a. für den rhetorischen Syllogismus, das sog. Enthymen, greift die Rhetorik auf die Ergebnisse der Dialektik zurück.
Der Zweck der Rhetorik ist die Überzeugung, wobei es sich nicht um beliebige Überzeugungen oder Meinungen handelt, sondern um solche, die auf irgendeine Weise den Endzweck der politischen Wissenschaft befördern, da die Rhetorik ja Hilfsdisziplin dieser sein soll. [45]
Es zeigt sich, dass die Rhetorik nicht isoliert betrachtet werden kann.
3. Gegenstand der Rhetorik
Die Rhetorik kann prinzipiell jedes Thema behandeln. [46] Ausgegrenzt sind wissenschaftliche Diskurse, da die Rede allgemein verständlich sein soll.
„Je mehr jemand nun aber die ... Rhetorik nicht als Fähigkeit, sondern als Wissenschaft auszubilden versucht, desto mehr wird man unvermerkt ihre eigentliche Natur gerade dadurch vernichten, dass man durch Überschreiten ihres Gebietes sie zu Wissenschaften von irgendwelchen bestimmten Inhalten ausbildet, statt von Worten allein.“ [47] So sind die Gegenstände der rhetorischen Beratung diejenigen Angelegenheiten, für die keine systematische Wissenschaft zuständig ist. [48]
Ihre Gegenstände sind Dinge, „über die wir uns beraten,“ [49] Dinge, die unentschieden sind und über die argumentiert wird, um zu einem Urteil zu gelangen. Diese liegen im Bereich des menschlichen Handelns, der nicht exakt wissenschaftlich messbar ist und im Wahrscheinlichen liegt, [50] das die Möglichkeit des Andersseins in sich birgt.
Da der Bereich des „Wahrscheinlichen“ sehr weitläufig ist und zahlreiche Ausprägungen des Andersseins zulässt, ist auch die konkrete Ausprägung der Rhetorik entsprechend vielfältig. Aristoteles kategorisiert diese Ausprägungen in seiner Abhandlung über die „Redegattungen.“
4. Die Redegattungen
Aristoteles unterscheidet drei Arten von Redegattungen, [51] denen jeweils ein unterschiedlicher Gegenstandsbereich obliegt:
1. die politische Beratungsrede [52] bezieht sich auf ethische und politische Verhältnisse, deren „Beeinflussung in unserer Macht stehen“. Sie behandelt nur Mögliches und solches, das auf uns zurückgeführt werden kann und dessen Grund bei uns liegt. Ihre Hauptanwendungsgebiete sind Haushalt, Ökonomie, Verteidigung, Krieg und Frieden und Gesetzgebung. [53] Aufgabe der Rhetorik ist es nicht, detaillierte, inhaltliche Untersuchungen oder Kenntnisse der historischen staatlichen Verhältnisse über ihren zu behandelnden Gegenstand durchzuführen; dies ist Aufgabe der politischen Wissenschaften. Aufgabe der politischen Beratungsrede ist das Zu- und Abraten von Nützlichem bzw. Schädlichem bezogen auf ein Publikum. Dazu ist es notwendig, dass der politische Redner erstens Kenntnisse über die Grundlagen menschlicher Motivation besitzt; beispielsweise dessen Streben nach Glückseligkeit, um dann das Gute und Nützliche abzuwägen; zweitens muss er die Staatsverfassung, deren Wesen, Sitten und Gesetze gut kennen.
2. Die forensische Rede, die Gerichtsrede, behandelt v.a. vergangene Taten, die einen Urteilsspruch notwendig machen. Zweck der Gerichtsrede ist entweder Anklage oder Verteidigung von Recht bzw. Unrecht. Sie bezieht sich auf allgemeine Fragen der Verantwortung menschlichen Handelns dh. Wissen über äußere Gründe für eine Tat wie Zufall und Freude, Zwang, Zorn. Wichtig ist es, Ursachen des Recht bzw. Unrechttuns zu kennen, die seelische Beschaffenheit sowie die Arten und Motive der Täter und Opfer.
3. Die epideiktische Rede, die Lobrede, bezieht sich auf Gegenwärtiges, das keine unmittelbare Entscheidung fordert. Ihr Zweck ist das Lob oder der Tadel des Schönen und Hässlichen. Auch für die epideiktischen Rede (Lobrede) fordert Aristoteles vom Redner hinreichende Kenntnis über menschliche Tugende wie Gerechtigkeit, Mut, Vernunft, Freigiebigkeit und Laster.
Die Redegattungen [54]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Einordnung der Redegattungen zeigt, dass Aristoteles in seiner Lehre vor allem jene Argumentation behandelt, die in einem institutionalisierten, gesellschaftlichen Kontext steht.
Anders als in der Lobrede geht es in der Gerichts- und Ratsrede um eine Entscheidung, der ein agon, ein Wettstreit, vorausgeht und die von einer beurteilenden Instanz gefällt wird, die nicht am agon beteiligt ist. Hier entscheidet ein Richter für die beste Sache oder Partei aufgrund eines in Reden ausgetragenden agon, ebenso wie in der Rats- und Gemeinderede in der es um die Auseinandersetzung mit der These des Gegners geht. [55]
Die heutige politische Rede ist geprägt durch Elemente der epdeiktischen Rede, wobei sich die Redner sich weitesgehend ihren Zuhörern anpassen, damit ihre politische Einstellung bestätigt wird und Konflikten aus dem Wege gegangen. Die Inhalte der politische Rede werden in formelhaften Sprache präsentiert, die funktionalisiert ist für Werbung, Demonstration, Alibi, Rechthaberei, Anklage, Gesang der Lagertreue, Beharrung im Neinsagen; kurzum: sie sind zwar engagiert, jedoch nicht mehr kreativ.
Der Redner wird nur dann überzeugen, wenn er Argumente aus dem gesellschaftlichen Kontext verwendet und den Gegenstand [56] mit
1. der ethischen Haltung des Redners (ethos) [57]
2. der Verfassung des Hörers (pathos)
a. hinsichtlich der Affekte
b. hinsichtlich des ethischen Charakters [58]
3. den Argumentationsformen (logos)
überzeugend verbindet.
5. Ethos
Der Begriff „ethos“ [59] bedeutet „Verhaltensgewohnheit“ im allgemeinen oder typische Verhaltensgewohnheiten bestimmter Personen/Gruppen.
„Dass der Redner in einer bestimmten Verfassung erscheine, ist besonders nützlich bei der Beratung, und der Hörer in einer bestimmten Weise disponiert sei, ist vorteilhaft bei Gerichtsverhandlungen, denn ... die Ansichten sind entweder ganz und gar oder hinsichtlich ihrer Gewichtigkeit verschieden.“ [60]
Das in einer Rede zu Sagende stellt somit keine absolute, sondern eine relative Größe dar, da die Rede auf eine bestimmte Personengruppe gerichtet ist. Diese kann nur überzeugt werden, [61] wenn die Überzeugungskraft durch Sachverstand geleitet ist, bezogen auf den Gegenstand und die charakterliche Integrität des Redners und das Wohlwollen des Publikums unter Beweis stellt. [62] Dazu bedarf es Wissen über Tugende [63] und Freundschaft.
Dieses bietet Aristoteles dem Redner: Wissen über Charakter- und Tugendlehre, da letztlich die die Disposition des Redners über den Erfolg der Rede entscheidet [64] neben Sachkenntnis, pathos und logos.
6. Pathos
Durch pathos [65] überzeugt der Redner, wenn er seine Zuhörer in eine bestimmte Verfassung bringt. Im Einleitungskapitel der Affektenlehre legt Aristoteles die Arten von Affekten dar, die für den Redner günstig sind, um den Zuhörer von einer Sache zu überzeugen.
6.1 Die Affekte
Da die jeweilige Stimmung eines Menschen sein Urteil, um dessentwillen die Rede gehalten wird, [66] entscheidend beeinflusst, [67] hat die innere Einstellung des Hörers wesentlichen Anteil am Überzeugungsprozess. Deshalb ist es für den Redner notwendig, die verschiedenen menschlichen Affekte zu kennen. Zu den Affekten zählen: Zorn und Verachtung, Besänftigung, Furcht und Mut, Scham, Freundlichkeit und Wohlwollen, Mitleid, gerechter Unwille, Neid und Missgunst, Rivalität und Eifersucht. [68] Nach drei Gesichtspunkten muss der Redner hierbei unterscheiden, um Affekte ausfindig machen zu können: Indem der Redner fragt, in welcher Verfassung sich der Hörer befindet, z.B. ob er zornig oder freundlich ist. Zudem sollte er sich fragen, gegen wen d.h. auf welches Objekt, richtet sich z.B. der Zorn und durch welchen Anlass wird er ausgelöst. [69] Wenn sich der Redner auf diese Affekte einwirken will, muss er affekterregende, pathetische Mittel anwenden.
Der Gebrauch von emotionsgerichteten Überzeugungsmitteln ist dann gerechtfertigt, wenn sie aus der Rede selbst hervorgehen. [70]
6.2 Das Ethos des Hörers
Für Aristoteles ist es selbstverständlich, dass der Redner die typischen Verhaltensweisen seines Publikums kennen muss, um in seiner Rede überzeugen zu können.
Deshalb muß er die charakteristischen Eigenschaften der Zuhörer kennen. Hierzu gehören Tugenden und Laster, Jugend und Greisenalter, glückliche oder unglückliche Lebensumstände, wie etwa edle Herkunft, Reichtum, Macht oder ihr Gegenteil. [71] Die Beachtung des ethos bedeutet die Einbeziehung der Affekte. [72]
[...]
[1] Christian Meier hebt hervor, dass die politische Bedeutung mit dem Abnehmen adliger
Gefolgschaften mit dem Fehlen von Parteien zusammenhängt. Vgl. Demos.; ZfP 25; 1978; S. 26f.
[2] J. Schindel untersuchte den Zusammenhang zwischen demokratischen Hochkulturen und
Redetheorien. Er stellte fest, dass die Demokratie als Entstehungsbasis für die Rhetorik ist, nicht im Sinne eines schöpferischen Aktes, sondern aufgrund der Wechselwirkung von Praxis und Theorie, Nützlichkeit und Erfahrung. aus: C. J. Classen/J. Müllenbrock: Die Macht des Wortes; 1992;
[3] Vgl. G. Ueding/B. Steinbrink: Grundriss der Rhetorik; 1994; S. 11ff.
[4] aus: Ueding, G./Steinbrink, B.: Grundriss der Rhetorik;1994; S. 21ff.
[5] Vgl. Robling, F.-H.; aus: Historisches Wörterbuch der Rhetorik; Hrsg: Ueding, G.; 1992; “Beredsamkeit“
[6] Vgl. Ritter, J.: Philosophisches Wörterbuch; 1969; S. 211
[7] Der Hinweis auf die Sprache ist deshalb so aufschlussreich, weil damit die Möglichkeit bloßer
Instinktsteuerung und bloßem kognitivem Lernen ausgeschlossen ist, d.h. der Mensch kann sein
Dasein durch Kommunikation besser bewältigen. Vgl. Nusser, Karl-Heinz: Studienbrief Ethik; 1998; S. 15ff.;
Syntaktische Fragen stellten sich für Aristoteles nicht, da für ihn Sprache noch kein isolierter Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung war. Die moderne Betrachtung der Sprache als relativ autonomes System von Zeichen und Regeln war ihm fremd. Vgl. H. Flashar; Doxographie, 1983; Logik und Sprache; S. 323ff.
[8] Vgl. Politik 1253a3
[9] Diese ist nach Aristoteles bestimmt als Gemeinschaft der freien Bürger: „Wenn man bei
Lebewesen aber die Seele für einen wesentlicheren Teil als den Körper hält, so muss man auch
bei Staaten für wesentlichere Bestandteile als die, welche bloß für die Befriedigung des
Notdürftigen hinarbeiten, folgende halten: den Krieger- und Richterstand, und dazu den
beratenden Stand.“ Vgl. Politik 1291a24
[10] Vgl. Nusser, Karl-Heinz: Studienbrief Ethik, Stark Verlag 1998, S. 15f.
[11] Vgl. Sprute, J.: Philosophie und Rhetorik bei Platon und Aristoteles; 1992; S.29-45
[12] Vgl. Politik, 1289a1-2
[13] Vgl. Sprute, J.: Philosophie und Rhetorik bei Platon und Aristoteles; 1992; S.29-45
[14] Vgl. in dieser Arbeit, Fußnote 7
[15] Vgl. Rhetorik 1357a5ff.
[16] Vgl. Eggs, E: Die Rhetorik bei Aristoteles; 1984
[17] Vgl. Rhetorik 1357a5ff
[18] In der NE behandelt Aristoteles den Gedanken zwischen Gegenstand und Rede auch auf den Exaktheitsgrad der jeweiligen Wissenschaft: „Darauf zielt „Wir werden uns aber mit demjenigen Grade von Bestimmtheit begnügen müssen, der dem gegebenen Stoffe entspricht. Denn man darf nicht bei allen Fragen die gleiche Präzision verlangen, wie man es ja auch nicht im Handwerklichen tut. Das Edle und Gerechte, das der Gegenstand der politischen Wissenschaft ist, zeigt solche Unterschiede und solche Unbeständigkeit, dass man vermuten könnte, es beruhe nur auf dem Herkommen und nicht auf der Natur. Dieselbe Unbeständigkeit besteht auch im bezug auf die Güter; (...) Da wir nun über solche Dinge und unter solchen Voraussetzungen reden, müssen wir damit zufrieden sein, in groben Umrissen das Richtige anzudeuten; und wenn wir bloß über das zumeist Vorkommende reden und von solchen ausgehen, so werden auch die Schlussfolgerungen dieser Art sein. Auf dieselbe Weise hat nun aber auch der Hörer alles, was wir sagen werden, aufzunehmen. Denn es kennzeichnet den Gebildeten, indem einzelnen Gebiet nur so viel Präzesion zu verlangen, als es die Natur des Gegenstandes zulässt. Andernfalls wäre es, wie wenn man von einem Mathematiker Wahrscheinlichkeitsgründe annehmen und vom Redner zwingende Beweise fordern würde.“ Vgl. NE 1094b11ff.
[19] Ethos, logos und pathos stellen die aristotelischen Überzeugungsmittel dar. In dieser Arbeit wird ethos für ethos des Redners, pathos für die Verfassung des Hörers, und Logos als schlussfolgernde Rede des zum Ausdruck kommenden Denkens verwendet. Vgl. Eggs, E.: Die Rhetorik bei Aristoteles; 1984; S. 216ff; Weitere Ausführungen siehe Teil II; Kapitel 7.1. Entyhmem
[20] Vgl. Sieveke, F. G.: Aristoteles Rhetorik; 1995; S. 314f.
[21] Vgl. Rhetorik 1354a 1ff. nach der Übersetzung von Sieveke, F.G.
[22] Aristoteles spielt hier auf die Auseinandersetzung mit Platon an. Mit der Formulierung „Gegenstück“ lehnt Aristoteles sich an Platons Bemerkung im Gorgias (465D 7f.) an. Dort hatte Platon die verschiedenen Künste und Scheinkünste in geometrische Proportionen zueinander gesetzt: die Medizin und Gerichtsbarkeit zu deren „Schattenbildern“, der Kochkunst und Rhetorik. Aristoteles greift die Beziehung von Platon auf und setzt sie als Programm gleich zu Beginn seiner Abhandlung. Der Unterschied zu Platon ist in der Zielsetzung begründet: Aristoteles betrachtet das Verhältnis pragmatisch, nicht normativ wie Platon. Dieser führt Rhetorik auf eine Schmeichelkunst zurück, Aristoteles hingegen begründet die Rhetorik als techne, die Platon ihr streitig gemacht hatte. Vgl. Hellwig, A.: Untersuchungen zur Theorie der Rhetorik bei Platon und Aristoteles; 1973; S. 44
[23] Vgl. Rhetorik I;1.Kap.;1
[24] „dialektos“: die Unterredung
[25] Vgl. Robling, F.-J.; Historisches Wörterbuch der Rhetorik; Ueding, G.; 1992; Begriff „Dialektik“
[26] Vgl. Rhetorik 1354a1-3
[27] Vgl. Ebd. 1355a31-33
[28] Vgl. Rhetorik 1355b10-11
[29] Vgl. Topik 101b5-10; Übersetz: E. Rolfes
[30] Vgl. NE 1112b10-11; Für Aristoteles beschäftigt sich eine techne nicht mit dem telos selbst, sondern nur mit der Überlegung, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Vgl. Sieveke, F. G.: Aristoteles Rhetorik; 1995; Fußnote 3; S. 228
[31] Vgl. Rhetorik 1355b10; 1355b26; 1355b33
[32] Vgl. Ebd. 1355b35f.
[33] Vgl. Ebd. 1355b25f.
[34] Vgl. Ebd. 1355a33-35
[35] Vgl. Rhetorik II, 2 Kap.;12
[36] Der Grund beruht auf dem allgemeinen Charakter des dialektischen Schlussverfahrens: Das dialektische Schließen wie das rhetorische Argumentieren ist immer an andere Mitmenschen gerichtet und von daher von dessen Bestimmung abhängig. Vgl. Sieveke, F. G.: Aristoteles Rhetorik; 1995; S.226. Siehe auch diese Arbeit: Teil II; Kapitel 2.1.Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Dialektik und Rhetorik
[37] „Beide (Rhetorik und Dialektik) sind in gleicher Weise mit im Gegensatz Stehenden beschäftigt. Die zur Behandlung stehenden Sachverhalte verhalten sich jedoch nicht in gleicher Weise, sondern .. sind immer das besser zu beweisende.“
[38] Vgl. Topik 104b1-17
[39] Vgl. Rhetorik 1355b26-27
[40] Vgl. Topik 105 b19ff
[41] Vgl. Rhetorik 1356a25-27
[42] Vgl. Hellwig, A.; Untersuchungen zur Theorie der Rhetorik bei Platon und Aristoteles; 1973; S. 43ff.
[43] Vgl. Rhetorik 1356a25-27
[44] Vgl. Ebd. 1359b9-12
[45] Vgl. Eggs, E.: Die Rhetorik bei Aristoteles; 1984; S. 56ff.
[46] Vgl. Ebd. 1355b25-27
[47] Vgl. Ebd. I; Kap; 4
[48] Vgl. Ebd. 1357a 1-2
[49] Vgl. Ebd. 1357a2
[50] Vgl. Ebd. 1357a25-27
[51] Vgl. Rhetorik I, Kap. 2-3
[52] Vgl. Ebd. I, Kap. 4-8
[53] Vgl. Ebd. 1359b20ff.
[54] Vgl. Flashar, H.: Doxographie, 1983; S. 367
[55] vgl. Flashar, H.: Doxographie; 1983; S. 376f. und vgl. M. Rassem; Zivilisierte Adamskinder; 1997; S. 179 ff. Der agon-Aspekt hat sich hierbei tendenziell in die Medien verlagert.
[56] Vgl. Rhetorik 1355b25
[57] Vgl. Rhetorik 1354aff.
[58] Vgl. Rhetorik 1408a25f; Als Charakter bezeichnet Aristoteles Lebensweise und Verhalten, wonach ein jeder im Leben als ein Bestimmter erschient. Denn nicht jedem Verhalten zufolge erscheinen die Lebensweisen als ganz bestimmte. Wenn man also die dem eigenen entsprechenden Worte gebraucht, so wird man den Charakter zum Ausdruck bringen. Vgl. Hellwig, A.: Untersuchungen zur Theorie der Rhetorik bei Platon und Aristoteles; 1973
[59] Entsprechend der rhetorischen und philosophischen Tradition wird im nachfolgenden von Ethos als „sich auf menschliche Verhaltensgewohnheiten beziehend“ verwendet.
[60] Vgl. Ebd. II, Kap. 1,1
[61] Vgl. Rhetorik 1356b28
[62] Vgl. Ebd. 1378a8-9
[63] Vgl. Ebd. 1378a16-18
[64] Vgl. Rhetorik II, Kap. 7,6
[65] Vgl. Ebd. Kap. 2-11
[66] Vgl. Ebd. 1377b21-22
[67] Vgl. Ebd. 1377b24-28
[68] Vgl. Ebd. 1378a20-23
[69] Vgl. Ebd. 1378a23-25
[70] Vgl. Ebd. 1356a9
[71] Vgl. Rhetorik 1388b34-89b2
So neigen etwa junge Menschen zur Begierde, während ältere Menschen zwar einerseits argwöhnisch und übelwollend sind(1380a2-4; 1380b29-30), andererseits aber auch leicht Mitleid empfinden (1385b25-26).Jedoch nicht nur das Alter, sondern auch Besitzverhältnisse beeinflussen nach aristotelischer Auffassung den Charakter eines Menschen wesentlich. (1390b33-34); Als Beispiele führt Aristoteles an: Freundschaft kann der Redner dadurch entwickeln, indem er darauf hinweist, das er ähnliche Vorlieben oder Abneigungen hat wie das Publikum, da solchen Menschen Freundschaft entgegen gebracht wird (1381a29-31). Mitleid erweckt der Redner, wenn er das ihm zu Unrecht widerfahrene Unheil aufzeigt und darüber hinaus darauf hinweist, dass solches auch den Hörer treffen kann. Der Affekt Mitleid wird bestimmt als ein schmerzliches Gefühl über ein offensichtliches vernichtendes und schmerzbringendes Übel, das jemanden trifft, der es nicht verdient, das man auch für sich selbst oder einen der Angehörigen erwarten muss. (1358b13-16). Um Mitleid zu erregen ist es also besonders wichtig, die Verbindung zwischen dem vertretenden Fall und dem Hörer herzustellen, damit sich dieser mit dem vorgetragenen Schicksal identifizieren kann. Ferner muss der Redner beachten, dass man vor allem solchen Menschen Mitleid entgegenbringt, die uns hinsichtlich des Alters, des Charakters, der Gewohnheit, des Ansehens und der Herkunft ähneln (1386a25-26). Entgegengesetzte Überlegungen können dazu verwendet werden, dem Gegner die Gunst der Hörer vorzuenthalten oder zu entziehen. So werden diese kein Mitleid empfinden, wenn der Redner glaubhaft macht, dass entweder sein Gegner selbst oder die von ihm als bemitleidenswert dargestellten Dinge dieses Gefühl nicht wert sind. (1387b16-20).
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- Mag Brigitte Vrochte (Author), 2001, Rhetorik und Politik bei Aristoteles , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120202
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