Die Beurteilung der Markomannenkriege unter Marc Aurel in der Zeit von 166 bis 180 n. Chr. ist aus heutiger Sicht problematisch, und die Auffassungen verschiedener Historiker sind in vielen Fragen zueinander widersprüchlich. Angesichts spärlicher Quellen, deren Verlässlichkeit umstritten ist, kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen, wenn man die Motivation und Intention beurteilen will, mit der diese Kriege geführt wurden.
Diese Hausarbeit soll sich insbesondere mit der Frage befassen, ob Marc Aurel die Absicht hatte, zwei neue römische Provinzen nördlich der Donau, Markomannia und Sarmatia, einzurichten oder nicht.1 Da der Kaiser kurz vor einem möglichen Kriegsende am 17.3.180 starb und sein Sohn Commodus umgehend Frieden mit den Barbaren schloss, steht die Frage zur Disposition, ob tatsächlich die Expansion des Reiches beabsichtigt war oder ob der Krieg mit dem Ziel der Grenzsicherung als Strafexpedition geführt worden war.
Aufschluss können dabei neben Münzen, Inschriften und Urkunden lediglich drei Hauptquellen geben; die fragmentarischen Überlieferungen der römischen Geschichte von Cassius Dio, die Marcusvita der Historia Augusta sowie die Marcussäule auf der Piazza Colonna in Rom.
Die römische Geschichte des aus Bithynien stammende Senators und Geschichtsschreibers Cassius Dio beschränkt sich heute auf die in byzantinischer Zeit verfassten Epitome seines Werkes. Trotzdem gelten diese Überlieferungen als weitgehend verlässlich, da Cassius Dio in der Geschichtsforschung als Autor gilt, der sich seiner Verantwortung als Historiker bewusst war und Auslassungen und problematische Passagen seiner Geschichte gekennzeichnet hat.2 Für die Aussagekraft der Quelle spricht auch die zeitliche Nähe, die der im Anschluss an die Markomannenkriege als Statthalter von Oberpannonien wirkende Historiker zu den Ereignissen hatte. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung, Fragestellung, Quellen
2. Die Markomannenkriege (166-180)
2.1 Ursachen und Ausbruch des Krieges
2.2 Einfall der Barbarenstämme in das Römische Reich (166-171)
2.3 Die römische Gegenoffensive (172-175)
2.3 Expansion oder Strafexpedition? (178-180)
3. Fazit
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung, Fragestellung, Quellen
Die Beurteilung der Markomannenkriege unter Marc Aurel in der Zeit von 166 bis 180 n. Chr. ist aus heutiger Sicht problematisch, und die Auffassungen verschiedener Historiker sind in vielen Fragen zueinander widersprüchlich. Angesichts spärlicher Quellen, deren Verlässlichkeit umstritten ist, kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen, wenn man die Motivation und Intention beurteilen will, mit der diese Kriege geführt wurden.
Diese Hausarbeit soll sich insbesondere mit der Frage befassen, ob Marc Aurel die Absicht hatte, zwei neue römische Provinzen nördlich der Donau, Markomannia und Sarmatia, einzurichten oder nicht.[1] Da der Kaiser kurz vor einem möglichen Kriegsende am 17.3.180 starb und sein Sohn Commodus umgehend Frieden mit den Barbaren schloss, steht die Frage zur Disposition, ob tatsächlich die Expansion des Reiches beabsichtigt war oder ob der Krieg mit dem Ziel der Grenzsicherung als Strafexpedition geführt worden war.
Aufschluss können dabei neben Münzen, Inschriften und Urkunden lediglich drei Hauptquellen geben; die fragmentarischen Überlieferungen der römischen Geschichte von Cassius Dio, die Marcusvita der Historia Augusta sowie die Marcussäule auf der Piazza Colonna in Rom.
Die römische Geschichte des aus Bithynien stammende Senators und Geschichtsschreibers Cassius Dio beschränkt sich heute auf die in byzantinischer Zeit verfassten Epitome seines Werkes. Trotzdem gelten diese Überlieferungen als weitgehend verlässlich, da Cassius Dio in der Geschichtsforschung als Autor gilt, der sich seiner Verantwortung als Historiker bewusst war und Auslassungen und problematische Passagen seiner Geschichte gekennzeichnet hat.[2] Für die Aussagekraft der Quelle spricht auch die zeitliche Nähe, die der im Anschluss an die Markomannenkriege als Statthalter von Oberpannonien wirkende Historiker zu den Ereignissen hatte.[3]
Problematischer ist die Heranziehung der Historia Augusta. Sie gilt als Fälschung eines Autors des ausgehenden 4. Jhs., der die Vorstellung suggeriert, das Werk sei von sechs Autoren der diokletianisch-konstantinischen Zeit verfasst worden.[4] Trotzdem gelten zumindest die Viten der regierenden Kaiser von Hadrian bis Caracalla als verlässliche primäre Biographien, „denen gegenüber die Viten der Mitregenten und Usurpatoren keinen eigenständigen Wert besitzen“.[5]
Die Marcussäule bietet als dritte Quelle einen Bilderfries mit der Darstellung von 116 Szenen, die interessanterweise lediglich die Ereignisse des Krieges während der römischen Offensive der Jahre 172 bis 175 enthalten. Diese Datierung ergibt sich daraus, dass weder Lucius Verus noch Commodus auf der Säule vorkommen und die erste Szene die Donauüberquerung der römischen Soldaten zeigt. Sie wurde Ende des 2. Jh. fertig gestellt und stellt nur Szenen dar, die sich auf ein direktes Wirken des Kaisers bei den Truppen beziehen.[6] Aber auch ohne eine nähere ikonographische Deutung vornehmen zu müssen, ist die Säule allein durch ihre bloße Existenz äußerst aufschlussreich, da sie in Kontinuität zur Trajanssäule stehen könnte. Sie wurde 113 zu Ehren des Kaisers Trajan errichtet, nachdem dieser sieben Jahre zuvor die neue Provinz Dakien erobert und eingerichtet hatte.[7]
Eine nähere Betrachtung dieser drei Hauptquellen, verbunden mit der Darstellung der unterschiedlichen Ansichten der heutigen Forschung, soll zunächst den Verlauf des Krieges verdeutlichen, damit abschließend beurteilt werden kann, ob Marc Aurel ein ähnliches Ziel wie Trajan 73 Jahre zuvor verfolgt und die Einrichtung neuer Provinzen geplant hat.
2. Die Markomannenkriege (166-180)
2.1 Ursachen und Ausbruch des Krieges
Die Darstellung des Markomannenkrieges folgt in der Historia Augusta Marcus Antoninus unmittelbar auf die Siegesfeierlichkeiten zum gewonnenen Partherkrieg. Nach den Ausführungen des Biographen hatte dieser neue Krieg sich offensichtlich bereits abgezeichnet. „Während der Partherkrieg noch im Gang war, entstand der Keim zu einem Markomannenkrieg, dessen Ausbruch dank der Geschicklichkeit der Verantwortlichen so lange hinausgeschoben wurde, dass der Markomannenkrieg erst nach Beendigung des orientalischen geführt zu werden brauchte.“[8]
Dobesch hinterfragt, wie es möglich war, diesen Krieg zu verzögern und die drohenden Völker hinzuhalten, obwohl die Donaugrenze nur unzureichend gesichert war, weil die dort stationierten Legionen während des Partherkriegs abgezogen worden waren. Er kommt in seinen Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Donauvölker „ursprünglich durchaus keinen Krieg wollten, dass sie vielmehr ein „recipere“ verlangten, als von anderen Stämmen Vertriebene, die eine Existenzgrundlage suchten“.[9] Denn die Völkerschaften an der Donau - die Historia Augusta nennt hier die Victualen und die Markomannen - die „alles aufrührten“, wurden im Norden von Stämmen bedrängt, die sich als Vorboten der großen Völkerwanderung zu diesem Zeitpunkt erstmalig bemerkbar machten.[10] Durch diplomatisches Geschick wurde die Hoffnung der Stämme auf Landzuweisungen innerhalb des römischen Gebietes genährt und damit die Entstehung eines primären Kriegswillen zunächst erfolgreich verhindert. Darüber hinaus verfügte Rom über bewährte Mittel, einen Krieg hinauszuzögern, indem es Streitigkeiten unter den Stämmen schürte oder Jahresgelder (stipendia) zahlte, wie sie seit Domitian bereits die Markomannen in Böhmen und die Quaden in den Westkarpaten erhielten.[11]
Fraglich bleibt, ob Marc Aurel zu diesem Zeitpunkt überhaupt beabsichtigte, einen Krieg im Norden zu führen. Der Bitte nach Landzuweisung in großem Umfang zu entsprechen war keine mögliche Option der kaiserlichen Regierung, da dies bedeutet hätte, dass fremde, wilde und unbekannte Stämme aus den Tiefen Germaniens in romanisierte Provinzen verpflanzt würden.[12]
Vielmehr stand die Politik des Hinhaltens zunächst in Kontinuität zur Politik des Vorgängers Antoninus Pius. Ein Krieg war zu diesem Zeitpunkt von Marc Aurel nicht intendiert. „Als es zum Krieg kam, war dieser defensiv, ihm von außen aufgezwungen.“[13]
2.2 Einfall der Barbarenstämme in das Römische Reich (166-171)
Der offene Ausbruch des sich anbahnenden Konfliktes erfolgte im Verlauf des Jahres 166 mit dem Einfall von sechstausend Langobarden und Obiern, die den Ister überschritten hatten.[14] Dieser erste Angriff konnte allerdings von Iallius Bassus, dem Statthalter von Pannonien, rasch zurückgeschlagen werden und versetzte nach dem Bericht Cassius Dios die Barbaren in Furcht und Schrecken.
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[1] Klaus Rosen, Marc Aurel, 114
[2] Martin Hose, Erneuerung der Vergangenheit, 356ff.
[3] Pavel Oliva, Zur Bedeutung der Markomannenkriege, in: R. Klein (Hrsg.), Marc Aurel, 123
[4] Werner Dahlheim, Geschichte der römischen Kaiserzeit, OGG 3, 156
[5] Ebd., 160
[6] Klaus Stemmer, Kaiser Marc Aurel und seine Zeit, 109
[7] Theodor Mommsen, Römische Geschichte, Band 6, 204f.
[8] HA, MA 12,13
[9] Gerhard Dobesch, Aus der Vor- und Nachgeschichte der Markomannenkriege, in: Anzeiger der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 90
[10] HA, MA 14,1
[11] Klaus Rosen, 86
[12] Gerhard Dobesch, 98
[13] Ebd., 98
[14] CD 72, 3, 1a
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