[...] Mittlerweile hat die EU mit der Ost-Erweiterung im Jahre 2004 den Großteil der
hier gemeinten Staaten in die Gemeinschaft integriert. Doch nicht erst seit der
Diskussion um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union stellt sich die
Frage nach den Grenzen der EU - und dies sowohl im geografischen und
kulturellen als auch strukturellen Sinne. Letztlich stellt sich diese Frage jedoch
nicht an den tatsächlichen Außengrenzen der Gemeinschaft, sondern bereits
innerhalb dieser.
Aufgrund der gewachsenen politischen Struktur Europas und seiner vielen
verschiedenen Völker befinden sich auf dem Kontinent im Unterschied zu z.B.
den Vereinigten Staaten zahlreiche souveräne Nationalstaaten auf engem
Raum, die mit aller Kraft versuchen ihre politische Identität zu behaupten. Auch
wenn dieses Verhalten nachvollziehbar und mehr als legitim ist, so erschwert es
doch den Aufbau einer einheitlichen europäischen Kraft, die als globaler Akteur
wahrgenommen wird und die ihr inhärenten Potenziale zu nutzen. Im Bereich
der Ökonomie und der Entwicklung und Anerkennung supranationaler
Rechtsrahmen scheint eine nachhaltige Kooperation der europäischen Staaten
auch unter Aufgabe vormals nationaler politischer Entscheidungsräume
erfolgreich vonstattenzugehen. Jedoch zeigt sich in anderen Bereichen, dass es
von einem gemeinsamen zu einem gemeinschaftlichen Handeln der Mitglieder
der Europäischen Union noch ein langer Weg ist. Besonders deutlich wird dies
im Rahmen der Betrachtungen der europäischen Außenpolitik. Es führt wohl
nicht zu weit zu behaupten, dass dieser Bereich der formell und institutionell am
wenigsten Ausgeprägte der Europäischen Union ist und aufgrund starker
einzelstaatlicher Interessen in den vergangenen Jahrzehnten europapolitisch
betrachtet eher ein bescheidenes Dasein geführt hat.
Die vorliegende Arbeit möchte in aller Kürze die Grundstrukturen der sich aus
dem EU-Vertrag ergebenden zweiten Säule der Europäischen Union, der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, darstellen und unter der
Berücksichtigung historischer Entwicklungen einen kurzen Ausblick in die nahe
Zukunft europäischer Außenpolitik wagen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die drei Säulen der EU
3 Aufbau der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
3.1 Historie der GASP
3.2 Aufgaben und Ziele
3.3 Instrumente
3.4 Akteure
3.4.1 Europäischer Rat
3.4.2 Rat
3.4.3 Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee
3.4.4 Generalsekretär und Hoher Vertreter der GASP
3.4.5 Kommission
3.4.6 Europäisches Parlament
3.4.7 Europäischer Gerichtshof
3.4.8 Mitgliedstaaten
4 Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
4.1 Geschichtliche Entwicklung der ESVP
4.2 Organe
4.3 Aktuelle Situation
5 Finanzierung
6 Ausblick und Schluss
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Das Drei-Säulen-Modell der EU nach EUV
1 Einleitung
In der Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges hat sich die Europäische Union als zentrales und friedenssicherndes Instrumentarium der europäischen Nationen herausgebildet. Wirtschaftlicher Wohlstand, freier Grenzverkehr und ein sich angleichendes und verbindliches Rechtssystem bescherten dem europäischen Kontinent nach Jahrhunderten kriegerischer Dominanzbestrebungen einzelner Völker Dekaden bis dato unbekannter Prosperität und friedfertigen Nebeneinanders.
Der Erfolg und die Begeisterung für die Europäische Union sind ungebrochen und zeigen sich unter anderem in dem starken Bestreben ehemaliger sowjetischer Staaten Teil dieser Gemeinschaft zu werden.
Mittlerweile hat die EU mit der Ost-Erweiterung im Jahre 2004 den Großteil der hier gemeinten Staaten in die Gemeinschaft integriert. Doch nicht erst seit der Diskussion um den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union stellt sich die Frage nach den Grenzen der EU - und dies sowohl im geografischen und kulturellen als auch strukturellen Sinne. Letztlich stellt sich diese Frage jedoch nicht an den tatsächlichen Außengrenzen der Gemeinschaft, sondern bereits innerhalb dieser.
Aufgrund der gewachsenen politischen Struktur Europas und seiner vielen verschiedenen Völker befinden sich auf dem Kontinent im Unterschied zu z.B. den Vereinigten Staaten zahlreiche souveräne Nationalstaaten auf engem Raum, die mit aller Kraft versuchen ihre politische Identität zu behaupten. Auch wenn dieses Verhalten nachvollziehbar und mehr als legitim ist, so erschwert es doch den Aufbau einer einheitlichen europäischen Kraft, die als globaler Akteur wahrgenommen wird und die ihr inhärenten Potenziale zu nutzen. Im Bereich der Ökonomie und der Entwicklung und Anerkennung supranationaler Rechtsrahmen scheint eine nachhaltige Kooperation der europäischen Staaten auch unter Aufgabe vormals nationaler politischer Entscheidungsräume erfolgreich vonstattenzugehen. Jedoch zeigt sich in anderen Bereichen, dass es von einem gemeinsamen zu einem gemeinschaftlichen Handeln der Mitglieder der Europäischen Union noch ein langer Weg ist. Besonders deutlich wird dies im Rahmen der Betrachtungen der europäischen Außenpolitik. Es führt wohl nicht zu weit zu behaupten, dass dieser Bereich der formell und institutionell am wenigsten Ausgeprägte der Europäischen Union ist und aufgrund starker einzelstaatlicher Interessen in den vergangenen Jahrzehnten europapolitisch betrachtet eher ein bescheidenes Dasein geführt hat.
Die vorliegende Arbeit möchte in aller Kürze die Grundstrukturen der sich aus dem EU-Vertrag ergebenden zweiten Säule der Europäischen Union, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, darstellen und unter der Berücksichtigung historischer Entwicklungen einen kurzen Ausblick in die nahe Zukunft europäischer Außenpolitik wagen.
2 Die drei Säulen der EU
Dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahre 1992 zufolge setzt sich die Europäische Union institutionell aus drei Säulen zusammen.
Als erste Säule bezeichnet man die in den Artikeln 8 bis 10 des EU-Vertrages (EUV) genannten Verträge und deren Änderungen zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EWKS) und Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom), allgemein Gemeinschaftsrecht genannt.
Die zweite Säule beschäftigt sich mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Union, geregelt in den Artikeln 11 bis 28 EUV. Anders als die erste und im Ansatz mittlerweile auch die dritte Säule ist die GASP immer noch intergouvernemental ausgestaltet.1
Die dritte Säule, geregelt in den Artikeln 29 bis 42 EUV, befasst sich mit der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS).2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Das Drei-Säulen-Modell der EU nach EUV 3
3 Aufbau der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
Traditionell ist die Außenpolitik elementarer Bestandteil der Souveränität von Nationalstaaten. Die Aufgabe eigenständiger außenpolitischer Entscheidungsgewalt bedeutet die Aufgabe nationalstaatlicher Gestaltungsspielräume. Somit ist eine überstaatliche Zusammenarbeit auf diesem Gebiet schwer zu erreichen. Die Europäische Gemeinschaft verfolgt dieses Ziel trotz allem bereits seit über 50 Jahren.4
3.1 Historie der GASP
Erstmals 1952 versuchte der französische Ministerpräsident René Pleven eine Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) durchzusetzen, was letztlich jedoch am Votum der französischen Nationalversammlung zwei Jahre später scheiterte. Ein weiterer Versuch eine gemeinsame europäische Außenpolitik durchzusetzen war der 1962, größtenteils auf Hinwirken des Fouchet I-Initiators de Gaulle, vorgelegte Plan Fouchet II, der neben einer gemeinschaftlichen Wirtschafts- und Kulturpolitik auch eine gemeinsame Außenpolitik vorsah. Doch auch dieser Plan scheiterte. Insbesondere an der geforderten supranationalen Struktur durch Frankreich, die von den übrigen Mitgliedsstaaten mehrheitlich zugunsten einer intergouvernementalen abgelehnt wurde.
Die ersten erfolgreichen Schritte in Richtung einer gemeinsamen, politischen Zusammenarbeit tat der belgische Diplomat Etienne Davignon 1969 im Auftrag des Haager Gipfels.
Der sogenannte Davignon-Bericht, genauer der „Luxemburger Bericht“, der am 27.Oktober 1970 von den Außenministerien der damals sechs Mitgliedsstaaten unter dem Vorsitz von Davignon verabschiedet wurde, leitete den Aufbau der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ), der Vorläuferin der GASP, ein. Ziel war es, Perspektiven aufzuzeigen, mittels derer in der Europäischen Gemeinschaft bessere Fortschritte bei der politischen Einigung erzielt werden könnten. Diese bestanden in erster Linie in Konsultationen der Mitgliedstaaten in außenpolitischen Fragen und regelmäßigen Treffen der Außenminister. Das erste Treffen dieser Art fand am 19. November 1970 in München statt.
Zudem legte der Luxemburger Bericht den Grundstein für ein ständiges Sekretariat für die Europäische Politische Zusammenarbeit, das jedoch erst im Zuge der Umsetzung der Einheitlichen Europäischen Akte 1986 seine tatsächliche Wirkung entfaltete. Zu diesem Zeitpunkt existierte lediglich ein politisches Komitee, das sich regelmäßig zur Vorbereitung der Außenministertreffen zusammenfand. Echte Teilnahmerechte der Kommission oder der Europäischen Parlamentarischen Versammlung existierten nicht.
In den darauffolgenden Jahren wurden diese Grundlagen weiter vertieft und verfestigt. Das Leitmotiv des Kopenhagener Berichtes von 1973 lässt sich mit dem Ausdruck der engeren Vernetzung des eingeschlagenen Weges der intergouvernementalen außenpolitischen Koordination beschreiben.
Eine weitere Intensivierung und Institutionalisierung ergab sich aus dem Londoner Bericht vor 1981 und schließlich der Genscher-Colombo-Initiative aus demselben Jahr. Letztere war ein von der deutschen und italienischen Regierung gemeinsam eingeleitetes Programm einer „Europäischen Akte“, die die EPZ und EG enger miteinander verbinden und die Sicherheitspolitik in die EPZ eingliedern sollte. Diese Aspekte gingen in der Feierlichen Deklaration von Stuttgart vom 18. Juni 1983 auf.
Der entscheidende Schritt in Richtung einer koordinierten Außen- und Sicherheitspolitik der Gemeinschaft ereignete sich am 17. Februar 1986 in der Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA), die erstmals die EPZ vertraglich festschrieb. Faktisch bestand diese in einer Änderung der drei europäischen Verträge (EGKS, Euratom, EWG) hinsichtlich einer Zusammenarbeit in der Außenpolitik. Über die bis dato diskutierten Perspektiven einer gemeinsamen Außenpolitik hinausgehend ermöglichte die EEA die Formulierung gemeinsamer Standpunkte und die staatliche Selbstverpflichtung, diese auch durchzusetzen. Auch die Durchführung gemeinsamer Maßnahmen wurde in diesem Vertrag festgeschrieben.
Die nähere Aneinanderführung von EPZ und EG fand ihren Ausdruck in der Beteiligung der Kommission an den Außenministertreffen und die Festschreibung der engen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament. Zudem wurde am 1. Januar 1987 das bereits erwähnte ständige Sekretariat in Brüssel eingerichtet.
Zwar blieb die EPZ auch mit der EEA recht unkonkret, jedoch ermöglichte sie so bei internationalen Konferenzen oder Konferenzen der Vereinten Nationen die Bildung von EG-Gruppen, die gemeinschaftlich abgestimmte Positionen vertraten, was zur Folge hatte, dass die EG zunehmend als einheitlicher Akteur wahrgenommen wurde, wenn auch ohne eigene Botschaften.
Ihren aktuellen Namen erhielt die EPZ 1992 durch den EU-Vertrag von Maastricht5. An der offiziellen Bezeichnung Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wird ersichtlich, dass nun auch die ebenfalls traditionell nationalstaatlich durchgeführte Sicherheitspolitik als Notwendigkeit für eine starke Europäische Union begriffen wurde.6
In den 14-monatigen Verhandlungen im Vorfeld des Treffens des Europäischen Rates in Amsterdam am 16. und 17. Juni 1997 wurden zahlreiche zuvor intergouvernemental ausgerichtete Politikbereiche in die Zuständigkeit der Gemeinschaft überführt, jedoch vorwiegend im Bereich Justiz und Inneres, der nun den Namen Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen erhielt. Zwar stand auch die GASP weit oben auf der Revisionsagenda der Regierungskonferenz, jedoch konnten hier keine grundlegenden Änderungen erwirkt werden, obgleich die Notwendigkeit einer Erhöhung der Handlungsfähigkeit der GASP dringend notwendig erschien. Lediglich die Möglichkeit der Verabschiedung gemeinsamer Strategien, die zusätzliche Titulierung des Generalsekretärs des Rates als Hohen Vertreter für die GASP mit dem Resultat der Etablierung der so genannten „Troika“ bestehend aus der aktuellen und nachfolgenden Präsidentschaft, Hohem Vertreter für die GASP und Kommission und die partielle Änderung der entscheidungsnotwendigen Mehrheiten im Rat, einschließlich der Einführung eines nationalen Vetorechts flossen in denen Amsterdamer Vertrag ein.7 8
3.2 Aufgaben und Ziele
Die Ziele der GASP und Pflichten der Mitgliedstaaten werden in Titel V des EU- Vertrages in Art. 11 aufgeführt.
(1) Die Union erarbeitet und verwirklicht eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die sich auf alle Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik erstreckt und folgendes zum Ziel hat:
- die Wahrung der gemeinsamen Werte, der grundlegenden Interessen, der Unabhängigkeit und der Unversehrtheit der Union im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen;
- die Stärkung der Sicherheit der Union in allen ihren Formen;
- die Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit entsprechend den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen sowie den Prinzipien der Schlußakte von Helsinki und den Zielen der Charta von Paris, einschließlich derjenigen, welche die Außengrenzen betreffen;
- die Förderung der internationalen Zusammenarbeit;
- die Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
[...]
1 vgl. DEUTSCHER BUNDESTAG (2007)
2 vgl. STREINZ, R. (2005), S. 35
3 In Anlehnung an: STREINZ, R. (2005), S. 35
4 vgl. PFETSCH, F. R. (1997), S. 209 ff.
5 Der Vertrag wurde am 7. Februar 1992 unterzeichnet und trat zum 1. November 1993 in Kraft.
6 vgl. PFETSCH, F. R. (1997), S. 209 ff.
7 vgl. BURKARD, J. (2001), S. 44 f.
8 vgl. AUSWÄRTIGES AMT (1998), S. 1 ff.
- Quote paper
- Philipp Kardinahl (Author), 2007, Das Drei-Säulen-Modell der EU - Säule 2: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119406
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