Mein Name ist Haimon; ich bin tot. Ich war der Thronfolger Thebens, denn mein Vater ist Kreon, der
Herrscher von Theben – und wäre es anders gekommen, hätte ich selbst früher oder später der Herrscher
Thebens sein können [...]
Charakterisierung – Haimon
13. September 2007
Mein Name ist Haimon; ich bin tot. Ich war der Thronfolger Thebens, denn mein Vater ist Kreon, der Herrscher von Theben – und wäre es anders gekommen, hätte ich selbst früher oder später der Herr- scher Thebens sein können. Leite ich einen Menschen, so tu’ ich das den Interessen desjenigen ent- sprechend, denn nur so ernte ich Ruhm; denn nur so ist es des geführten Menschen Glück. Doch leite ich nicht ausschließlich dem Willen dieses Menschen entsprechend, ich führe ihn unter Berücksichti- gung der Gesetze der Götter und der Polis. Ich ehre die göttlichen Gesetze; sie sind mächtiger als sterbliches Wort, denn jeder Gesetzesbruch wird von den Göttern bestraft. Mit mir als Herrscher von Theben würde das Recht der Götter respektiert und die Polis zum Vorteil des Volkes geführt werden, denn ein Staat gehört nicht nur einem allein und kann somit auch nicht zum Wohle eines Einzelnen geführt werden.
Doch so ist es auch mit der Familie… Wär’ ich nicht gestorben, hätte ich später sicher Kinder gehabt, die ich nach den gleichen Grundsätzen erzogen hätte. Meine Familie ist mir sehr wichtig; sie verdient Ehre und Respekt. Auch Antigone hätte bald zu meiner Familie gehört; mein Verhältnis zu ihr war eher distanziert und trotzdem fühle ich mich emotional an sie gebunden. Zwar wurd’ ständig von der Liebe gesprochen, doch fühlte ich, dass sie diese Empfindungen nicht so intensiv hegte wie ich es tue, denn immer, wenn wir zusammen waren, spürte ich sie nicht so, wie man jemanden spürt, der in Reichweite ist: Sie war wie abwesend. Wie sehr der Sinn meines Lebens von meiner Liebe zu ihr ab- hängig war, bemerkte ich erst, als ich direkt mit ihrem Tode konfrontiert wurde. Voller Zorn über all das, stach ich mit eignem Schwerte nach meinem Vater – doch er flüchtete. Im selben Moment wur- de mir dann bewusst, dass ich trotz der Entwicklungen meinen Vater noch liebte. Zerrissen von all den widersprüchlichen Gefühlen, tötete ich mich selbst; auch zum Schutze meines Vaters.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist Haimon in dieser Charakterisierung?
Haimon ist der Sohn Kreons, des Herrschers von Theben, und somit der Thronfolger. Er ist tot und spricht aus der Perspektive des Verstorbenen.
Wie beschreibt Haimon seine Rolle als potenzieller Herrscher?
Haimon betont, dass er als Herrscher die Interessen des Volkes und die Gesetze der Götter respektieren würde. Er glaubt, dass ein Staat nicht zum Wohle eines Einzelnen geführt werden darf.
Welche Bedeutung hat die Familie für Haimon?
Die Familie ist für Haimon sehr wichtig. Er hätte seine Kinder nach den gleichen Grundsätzen erzogen und findet, dass die Familie Ehre und Respekt verdient.
Wie war Haimons Beziehung zu Antigone?
Haimons Verhältnis zu Antigone war distanziert, obwohl er sich emotional an sie gebunden fühlte. Er spürte ihre Liebe nicht so intensiv, wie er es sich gewünscht hätte.
Wie kam Haimon zu Tode?
Nach Antigones Tod versuchte Haimon, seinen Vater Kreon zu töten, da er diesen für ihren Tod verantwortlich machte. Im selben Moment realisierte er jedoch, dass er seinen Vater immer noch liebte und tötete sich stattdessen selbst. Seine Mutter beging danach auch Selbstmord.
Was ist Haimons Kritik an seinem Vater Kreon?
Haimon kritisiert seinen Vater dafür, vom rechten Weg abgekommen zu sein und sich übernommen zu haben. Er wirft ihm Starrsinn vor und glaubt, dass es nicht zu den tragischen Ereignissen gekommen wäre, wenn Kreon aufnahmefähiger für andere Denkweisen gewesen wäre.
Welche Rolle spielen die göttlichen Gesetze in Haimons Charakterisierung?
Haimon betont die Bedeutung der göttlichen Gesetze und die Bestrafung durch die Götter bei Gesetzesbruch. Er sieht es als seine Pflicht als Herrscher, die göttlichen Gesetze zu respektieren.
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- Ersin Erdem (Author), 2007, Sophokles - Antigone - Charakterisierung von Haimon, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119395