Im ersten Kapitel werde ich auf die Biographie von Wolfgang Koeppen eingehen. Aber es geht mir hauptsächlich nicht um Daten- und Ortsangaben. Vielmehr möchte ich versuchen, das Geheimnis um die Person dieses Autors ein wenig zu lüften. Aus diesem Grund werde ich viele von seinen Selbstaussagen zitieren, die Sybille Brantl für das Buch „Wolfgang Koeppen: Ich?“ ausgesucht hat.
Im zweiten Kapitel werde ich auf Koeppens Buch „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ eingehen. Dabei werde ich zuerst zur Editionsgeschichte der „Aufzeichnungen“ einige Worte sagen und wieso es 1992, als Koeppen seine Autorschaft zu diesem Buch bekannte, es fast zu einem Skandal gekommen wäre. Einen Teil dieses Kapitels werde ich der Person Jakob Littner und der Suche nach seinem Buch widmen. Dabei stütze ich mich auf die Recherchen von Roland Ulrich und Reinhard Zachau, die Littners Manuskript „Mein Weg durch die Nacht“ ausfindig machten und veröffentlichten. Selbstverständlich werde ich die beiden Bücher, „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ von Wolfgang Koeppen und „Mein Weg durch die Nacht“ von Jakob Littner miteinander vergleichen, um die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede festzustellen und hervorzuheben. Abschließend werde ich mich der „Lüge“ im koeppenschen Text widmen und mich dabei auf Ruth Klüger und ihren Aufsatz „Zeugensprache: Koeppen und Andersch“ beziehen.
Zum Schluss werde ich meine Stellung zu den „Aufzeichnungen“ beziehen und begründen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Biographie von Wolfgang Koeppen
2. „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ von Wolfgang Koeppen: „Roman“ oder „Lüge“
2.1. Editionsgeschichte
2.2. Auf der Suche nach dem Urtext
2.2.1. Der Mensch Jakob Littner
2.3. „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ von Wolfgang Koeppen und „Mein Weg durch die Nacht“ von Jakob Littner im Vergleich
2.3.1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Urtext von Littner und dem Text von Koeppen
2.3.2. Was ist „Lüge“ im Text von Wolfgang Koeppen?
2.3.3. „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ doch ein Roman?
Schlussfolgerungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
Bei meiner Arbeit stand ich vor einem großen Problem: Ich musste eine Entscheidung darüber treffen, ob Wolfgang Koeppens am meisten kritisiertes und umstrittenes Buch „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ eine „Lüge“ oder ein „Roman“ sei.
Die erste Lektüre des Buches hat mich verwirrt, weil ich mir den darin beschriebenen Juden Jakob Littner leibhaftig überhaupt nicht vorstellen konnte. Außerdem wusste ich zu wenig über Koeppens Person. Wer war dieser Mann tatsächlich? Ich hatte schon Schwierigkeiten, eine Biographie über ihn zu finden, die auch tatsächlich der Wahrheit entsprach, weil der Mann selbst oft als „Lügner“ bezeichnet wurde.
Nachdem ich nun einiges über den Mann doch erfahren konnte, schien für mich das Problem gelöst zu sein. Da ich jetzt wusste, dass Koeppen kein verfolgter Jude und auch nie in einem Ghetto war, stand für mich fest, dass es sich bei diesem Buch um einen Roman, der auf Tatsachen beruht, handeln musste, wobei es Stellen und Meinungsäußerungen gab, die ich mit dem Ich-Erzähler nicht in Einklang bringen konnte.
Dann tauchte wieder ein Name auf: Jakob Littner. Aber diesmal nicht als „fiktive Romanfigur“ in Koeppens Buch, sondern als wirklicher Mensch, der tatsächlich gelebt, den Holocaust überlebt und sogar ein Buch darüber geschrieben hat. Wer war der „wahre“ Littner und in wieweit unterscheidet sich sein Text von dem von Wolfgang Koeppen? Nachdem mir diese Unterlagen zugänglich wurden, Littners Biographie und sein Buch „Mein Weg durch die Nacht“, konnte ich die beiden Texte miteinander vergleichen und meine Schlussfolgerungen ziehen.
Meine Arbeit ist meinen Überlegungen und meiner Vorgehensweise ähnlich aufgebaut.
Im ersten Kapitel werde ich auf die Biographie von Wolfgang Koeppen eingehen. Aber es geht mir hauptsächlich nicht um Daten- und Ortsangaben. Vielmehr möchte ich versuchen, das Geheimnis um die Person dieses Autors einwenig lüften. Aus diesem Grund werde ich viele von seinen Selbstaussagen zitieren, die Sybille Brantl für das Buch „Wolfgang Koeppen: Ich?“ ausgesucht hat.
Im zweiten Kapitel werde ich auf Koeppens Buch „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ eingehen. Dabei werde ich zuerst zur Editionsgeschichte der „Aufzeichnungen“ einige Worte sagen und wieso es 1992, als Koeppen seine Autorschaft zu diesem Buch bekannte, es fast zu einem Skandal gekommen wäre. Einen Teil dieses Kapitels werde ich der Person Jakob Littner und der Suche nach seinem Buch widmen. Dabei stütze ich mich auf die Recherchen von Roland Ulrich und Reinhard Zachau, die Littners Manuskript „Mein Weg durch die Nacht“ ausfindig machten und veröffentlichten. Selbstverständlich werde ich die beiden Bücher, „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ von Wolfgang Koeppen und „Mein Weg durch die Nacht“ von Jakob Littner miteinander vergleichen, um die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede festzustellen und hervorzuheben. Abschließend werde ich mich der „Lüge“ im koeppenschen Text widmen und mich dabei auf Ruth Klüger und ihren Aufsatz „Zeugensprache: Koeppen und Andersch“ beziehen.
Zum Schluss werde ich meine Stellung zu den „Aufzeichnungen“ beziehen und begründen.
1. Biographie von Wolfgang Koeppen
Um die Werke von Wolfgang Koeppen besser verstehen zu können, muss man sich erst mit seiner Person beschäftigen, weil in jedem seinem Buch sich seine Persönlichkeit stark widerspiegelt. Deswegen möchte ich am Anfang meiner Arbeit die Biographie des Autors in groben Zügen darstellen.
Wolfgang Koeppen wurde am 23. Juni 1906 in Greifswald als uneheliches Kind der Maria Köppen und des Augenarztes und Dozenten Reinhold Halben geboren. Seine Vaterlosigkeit war bestimmend für seine Entwicklung und für die Erfahrungsmuster seiner zentralen Romanfiguren, nämlich die soziale Deklassierung und das Außenseiterdasein. Mit zwei Jahren kam Koeppen mit seiner Mutter in das Haus seines Onkels, des Baumeisters Theodor Wille, den er als pedantisch beschrieb, zuerst nach Thorn, dann Ortelsburg in Masuren. Im Haus seines Onkels wuchs das Kind auf umgeben von zwei Frauen, seiner Mutter „Mary“, der lustigen, von aller Welt verlassenen „Schauspielerin“, und seiner Tante Emilie, einer dunklen, schönen, strengen und geheimnisvollen Person. Koeppen entwickelte einen scharfen, genauen Blick für die dumpfe und engstirnige Welt der wilhelminischen Kleinstadt, die ihn, als uneheliches Kind, ausgrenzte. Er entzog sich jeglicher gesellschaftlich nützlichen Tätigkeit. Seine Mutter begriff nicht, dass ihr Kind kein Standesbewusstsein hatte, nichts anstrebte, jedenfalls keinen bürgerlichen Beruf, sondern in allen Daseinsformen nur Verkleidungen sah, die ihm nicht stehen würden. Er liebte Ungebundenheit, lehnte den Zwang und den bürgerlichen Lebensplan ab.1 Der einzige Ausweg aus diesem Leben war die Literatur. Koeppen selbst äußerte sich folgendermaßen dazu: „Der geborene Leser, für den ich mich halte, hatte das Glück, schon bevor er lesen lernte und die Kraft erwarb, nie ganz verloren zu sein, Bücher geschenkt oder geliehen zu bekommen, sie in der Hand zu wiegen, sie rundherum zu stapeln, eine Burg nicht aus Sand, und eine literarische Welt, das unermessliche Reich der Gedanken, der Phantasie und der energischen Gefühle neben oder über der Erde der vernünftigen Leute zu ahnen. Meine Mutter liebte Märchen und wurde, während sie mir Märchen erzählte, selbst zu einer Gestalt der Märchenbücher, Scheherazade der Tausendundeinen Nacht. (…) Ich hing an den Lippen meiner Mutter. Ich war vier Jahre alt. Meine Mutter schenkte mir Aladins Wunderlampe. Ich besitze sie noch. Ich habe sie nie verloren.“2
Koeppen liebte Märchen, die ihm die Mutter vorlas. Das hat eine tiefe Spur in seiner Entwicklung hinterlassen. Alle seine Romane zitieren Märchenwelt. Er hat die Geschichte und sein eigenes Leben als Märchen erlebt: „Ich hatte früh erkannt, dass mein Leben ein Märchen ist. Ich habe meinem Märchen vertraut und so auch dem Bösen, das mir widerfahren konnte und geschah. Ich kam zu einem Beruf, der ein nie erreichbares Ideal will und kein Beruf ist. Ich fühle mich gleich dem König, gleich dem Bettler und gleich dem Frosch ewiger Wandlung ausgesetzt. Jeder Roman ist ein Märchen. Jeder, der schreibt, webt weiter am großen Märchenteppich der Welt.“3
Ein weiteres Erfahrungsmoment, das Auswirkungen auf Koeppens Leben und Wirken hatte, waren Architekturphantasien der „Carceri“ von Piranesi: Träume, die sich hinter der Fassade von Pflicht, Pedanterie, Fleiß verbergen; das bewundernswerte grausame Labyrinth; die Gewalt des Ästhetischen, des Spiels; Ausweglosigkeit, Verschlungenheit. Dieses „grausame Labyrinth“ bedeutete für ihn Mauer nach außen und die Unendlichkeit nach innen. Er glaubte an die Welt des Imaginären, an die Realität der Mythologie, was auch immer wieder in seinen Romanen auftaucht.4
Das wichtigste Ereignis im Leben von Wolfgang Koeppen war, dass er lesen lernte: „Seit ich lesen gelernt hatte, las ich, was mir erreichbar war. Bücher zogen mich unwiderstehlich an. Ich war der Schrecken der Bibliothekare und der Buchhändler. Bald verschuldete ich mich. Die eigene Lektüre war mir wichtiger als der Unterricht. Die Schule bot mir nicht viel. Ich blieb lieber im Bett und las.“5
In Ortelsburg erlebte der junge Koeppen den ersten Weltkrieg und die Zerstörung der Stadt, die revolutionären Wirren und die Fememorde. Er bewahrte seine anarchistisch-pazifistische Haltung. Er blieb sein Leben lang ein Pazifist. 1934, als der Nazi-Terror zunahm, den Koeppen mehrfach direkt miterlebt hat, reiste er nach Holland mit seinen jüdischen Freunden und kehrte erst vier Jahre später wieder nach Deutschland zurück. Er pflegte Kontakt zu Klaus und Erika Mann und anderen Emigranten. Weil er nicht als Soldat in Hitlers Krieg gehen wollte, tauchte er unter und überlebte den Krieg in einem Kellerloch mit englischer Literatur und rohen Kartoffeln, das letztere ist aber umstritten. Max Tau, der Mann, der in Koeppen den Dichter entdeckte, sagte über ihn in den Zeiten des Nationalsozialismus: „Seine wachen Augen sahen mehr als die anderer Zeitgenossen. Er sprach es nicht aus, aber manche Andeutungen verrieten mir seine Angst vor kommenden Katastrophen, von denen ich nicht einmal zu träumen wagte.“6 Koeppen selbst äußerte sich später folgendermaßen dazu: „Ich glaube, dass ich als Schriftsteller, wie wohl jeder Schriftsteller, immer eine Kassandra bin, nur hat auf Kassandra niemals jemand gehört.“7
Koeppen lebte das Leben eines Bohemiens, studierte, übte die verschiedensten Tätigkeiten aus, schrieb Artikel für Zeitungen, später kamen Buchrezensionen hinzu, essayistische Artikel, Prosaartikel und Erzählungen. Mit dem Schreiben der Romane tat er sich allerdings sehr schwer: „Das Schreiben ist schwer. Ich habe außerdem Angst vor dem Schreiben, und wenn ich eine Gelegenheit habe, dem Schreiben zu entfliehen, tue ich das nur allzu gern. Bevor ich ein Buch schreibe oder zu schreiben beginne, gehe ich durch die Städte oder durch die Stadt, in der ich lebe, und denke darüber nach. Ich muss dann allein sein, ich nehme auch nicht teil an dem Leben der Stadt, ich gehe als ein Außenseiter durch die Straßen, sitze in den Lokalen und beobachte die Menschen. Das ist meine produktive Zeit. (…)“8
Koeppens zentrale Leidenserfahrung war, dass die Gesellschaft ein gänzlich ungebundenes Leben nicht zulässt. Seine Texte und Romane sprechen von einer Sehnsucht nach Freiheit, nach einem Dasein ohne äußeren Zwang. Auf die Frage,
wieso er Schriftsteller geworden ist, antwortete Koeppen: „Ich bin Schriftsteller geworden, weil ich kein Handelnder sein wollte. In meinen Büchern geht es um die Einsamkeit des Menschen. Um die Einsamkeit jedes Menschen. (…) Der Schriftsteller ist vogelfrei. Gesellschaftlich gesehen gehört er zu den Asozialen, den Bettlern, den Landstreichern, den Verrückten. Ich habe mich dieser Klasse nie geschämt. Vielleicht ist es eine Auszeichnung. Der Schriftsteller arbeitet ohne Netz. In einem Versicherungsstaat ist er ungeschützt. Er hat kein Pensionsalter, es erwartet ihn keine Rente; so bleibt er jung. Ich bejahe für mich das Schreiben zum Tod. Aber das ist nicht jedem gegeben, das wäre Gnade, das hält nicht jeder aus.“9
Vogelfrei bedeutete für ihn auch das viele Reisen nach Italien, nach Holland, nach Frankreich, nach Spanien, nach England, nach Polen, in die Sowjetunion, in die USA, nach Griechenland. Dazu äußerte er sich: „ (…) Ich reise gern, bin gern in fremden Ländern, sehr gern Ausländer. Das entspricht meinem Wesen, der Haltung des Beobachters. Ich bin zu Gast. Mehr will ich nicht sein. Ich will keinen Besitz. Ich scheue ihn. Zuweilen bin ich ein staunender Gast. So geriet mir nicht alles schwarz in schwarz. Es gibt nicht nur eine Wahrheit, und meine Wahrheit ist die Wahrheit meines Augenblicks.“10
Eben um diese andere Wahrheit, um die Wahrheit von Wolfgang Koeppen, wird es in dem folgenden Kapitel gehen. Es behandelt Koeppens umstrittenen Roman „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ und die Frage, ob das Buch nun eher als „Roman“ oder als „Lüge“ zu bezeichnen sei.
2. „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ von Wolfgang Koeppen: „Roman“ oder „Lüge“
2.1. Editionsgeschichte
Das Buch wurde 1948 im Münchener Kluger Verlag unter dem Verfassernamen Jakob Littner „Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ erstveröffentlicht. Wenn man den Recherchen von Stefan Eggert, der ein Buch über Wolfgang Koeppen geschrieben hat, Glauben schenkt, so soll der Erst-Verleger Herbert Kluger Jakob Littner persönlich gekannt, sich die Orte, Namen und Daten seiner ungeheuerlichen Geschichte notiert und die Unterlagen an Koeppen weitergereicht haben.11
Wolfgang Koeppen schrieb dann die Geschichte dieses Juden, dem er nie persönlich begegnet ist, in Romanform auf und bekam dafür zwei Carepakete monatlich als Honorar. Die Erstveröffentlichung wurde als Tatsachenbericht allerdings kritisiert und abgewertet und fand keinen Absatz.
1985 erschien eine weitere Ausgabe des Littner-Buches im Berliner Kupfergraben Verlag, wurde allerdings von der Gesellschaft nicht angenommen.
1992 erscheint das Buch „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ unter dem Verfassernamen Wolfgang Koeppen im neu gegründeten Jüdischen Verlag bei Suhrkamp mit einem auf das Jahr 1991 datierten Vorwort. Erst als Koeppen sich öffentlich dazu bekannte, der Autor dieses Buches zu sein, wurde das Buch anerkannt und dem Vergessen entrissen. Es tauchten aber viele andere Fragen auf, die sich besonders auf die stoffliche Herkunft und vor allem auf Koeppens Autorenrolle bezogen, die weder Autor noch Verlag beantworteten. Nur dem Vorwort des Autors von 1991 kann man einige Anhaltspunkte entnehmen: „Zu dem neuen Verleger kam ein Mann aus einer deutschen Hölle. Einst ein angesehener Bürger seiner Stadt, ein Briefmarkenhändler mit internationaler Reputation, dann ein Jude, der verschleppt wurde, in Ghettos und Vernichtungslagern gequält, vor der Tür des Todes gestanden und in Erschießungsgräben auf die schon Toten geblickt hatte. (…) Zurückgekommen in seine, von Bomben seiner Befreier zerstörte Stadt, meinte er Mörder zu sehen. Er wollte schreien, es würgte ihn aber nur. Er wollte sprechen und blickte in Gesichter, die alles gebilligt hatten. (…) Der Jude erzählte dem neuen Verleger, dass sein Gott die Hand über ihn gehalten habe. Der Verleger hörte zu, er notierte sich Orte und Daten. Der Entkommene suchte einen Schriftsteller. Der Verleger berichtete mir das Unglaubliche. Ich hatte es geträumt. Der Verleger fragte mich: ’Willst du es schreiben?’ Der misshandelte Mensch wollte weg, er wanderte aus nach Amerika. Er versprach mir ein Honorar, zwei Carepakete jeden Monat. Ich aß amerikanische Konserven und schrieb die Leidensgeschichte eines deutschen Juden. Da wurde es meine Geschichte.“12
Doch erst nach jahrelangen Recherchen tauchte das Originalmanuskript zu Koeppens „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ auf. Es heißt aber „Mein Weg durch die Nacht“ und ist ein Erlebnisbericht aufgezeichnet von Jakob Littner. Erst 2002 erschien das Originalmanuskript bei Metropol Verlag Berlin.
2.2. Auf der Suche nach dem Urtext
Das Buch von Wolfgang Koeppen „Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch“ beschreibt das Schicksal von Jakob Littner, einem polnischen, doch schon lange assimilierten Juden, der in München lebt. Als Hitler an die Macht kommt, wird Littners Geschäft zerstört, er selbst verhaftet und nach Polen deportiert. Dort kommt er in ein Ghetto, erlebt Pogrome, Erschießungen, die massenweise Vernichtung der Juden, der er auf abenteuerliche Weise mehrmals entkommen kann. Zuletzt lebt er bis zu seiner Befreiung durch die sowjetische Armee monatelang in einem Erdloch und geht dann nach München zurück, wandert später nach Amerika aus.
Als Koeppen sich 1991/1992 zu dem Buch bekannte, bedeutete es höchstwahrscheinlich auch, dass die „Aufzeichnungen“ nur „ausgedacht“ und Jakob Littner selbst nur eine „fiktive Romanfigur“ sein könnten. Reinhard Zachau äußerte dazu seine Bedenken: „Als ich 1995 mich zum ersten Mal systematisch mit Koeppens Buch ’Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch’ und dessen Rezeption befasste, schien es für mich schlicht unmöglich, dass Koeppen die vielen Einzelheiten des Textes erfunden haben konnte. Diese Überzeugungen wurden von Franz Josef Görtz` Recherchen bestätigt (…). Görtz fand im Einwohnermeldeamt der Stadt München heraus, dass Jakob Littner wirklich gelebt hatte. (…)“13
[...]
1 Vgl. Hielscher, Martin: Wolfgang Koeppen. Verlag Beck, München, 1988, S.
2 Vgl. Pils, Richard (Hrsg.): Wolfgang Koeppen: Ich?, Porträts von Nomi Baumgartl, Selbstaussagen, ausgewählt von Sybille Brantl. Verlag publication PN° 1 Bibliothek der Provinz, Wien, 1997, S. 111.
3 Ebd., S. 122.
4 Vgl. Hielscher, a. a. O., S.
5 Pils, a. a. O., S. 73.
6 Hielscher, a. a. O., S.
7 Pils, a. a. O., S. 71.
8 Ebd., S. 62.
9 Ebd., S. 64 f.
10 Ebd., S. 63.
11 Eggert, Stefan: Wolfgang Koeppen. Edition Colloquium, 1998, S. 36 ff.
12 Koeppen, Wolfgang: Jakob Littners Aufzeichnungen aus einem Erdloch. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1992, S. 5 f.
13 Ebd., S. 175 f.
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