Die vermehrten Wanderbewegungen bringen es mit sich, dass
Dolmetschen bei Gericht und Behörden heute in der westlichen
multikulturellen Welt eine der größten Subgruppen im Rahmen der
Dolmetschertätigkeit darstellt. Diese geht somit weit über den
diplomatischen und den Konferenzbereich hinaus und macht das
gerichtliche Dolmetschen zu einem wesentlichen Bereich der
Dolmetscherwissenschaft.
Der Bedarf an Gerichtsdolmetschen der letzten Jahrzehnte in den
westeuropäischen Ländern gründet sich vorwiegend auf die
ausgeprägte Arbeitsmigration, die bereits in den 50er Jahren einsetzte.
Die Familienzusammenführung der 80er Jahre machten aus den
Gastarbeitern zunehmend Arbeitnehmer mit unbefristetem Aufenthalt
oder neue Staatsbürger. In den 90er Jahren erhöhte sich die
Immigration aus Osteuropa infolge der Welle von Kriegsflüchtlingen
sowie aus den Entwicklungsländern. Auch die wachsende Mobilität
innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist hierbei ein wichtiger
Faktor. All diese zugewanderten Menschen beherrschen die Sprache
des Gastlandes bzw. ihrer neuen Heimat nur bedingt. Wenn sie mit
Behörden in Berührung kommen, sind sie in der Regel auf die Dienste
der Dolmetscher angewiesen.
Mit dem steigenden Bedarf an Dolmetschertätigkeit bei Gericht
erwachte allmählich ein Problembewusstsein, das schließlich auch zu
einem verstärkten wissenschaftlichen Interesse führte. Der
Schwerpunkt der thematischen Auseinandersetzung lag in den letzten
Jahren in Bereichen wie Dolmetscherstandards, Arbeitsbedingungen,
Ausbildungsprogramme und ethische Fragestellungen, was den
Schluss zulässt, dass dieses Gebiet sowohl in der praktischen
Ausübung als auch Forschung noch in Entwicklung begriffen ist.
Zunächst soll kurz auf den Grundsatz des „fair trial“ eingegangen
werden. Danach wird ein Blick auf den Forschungstand im angloamerikanischen
sowie im europäischen Rechtskreis geworfen. Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet jedoch die Tätigkeit eines Dolmetschers in der Bundesrepublik Deutschland. Zunächst werden die gesetzlichen Grundlagen erläutert. In einem weiteren Schritt wird aufgezeigt, weshalb die Hinzuziehung eines Dolmetschers von so großer Bedeutung ist. Als nächstes soll auf den Begriff der
Verhandlung eingegangen und im kurzen die verschiedenen
Dolmetschtechniken aufgezeigt. Weiterhin wird die Auswahl des
Dolmetschers erläutert, sowie was in einer mündlichen Verhandlung
zu beachten ist. Abschließend werden einige Punkte von Hafez
Balaeis Befragung aufgeführt.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundsatz des „fair trial“
- a. Anspruch auf rechtliches Gehör
- b. Grundsatz der Waffengleichheit
- c. Grundsatz der Öffentlichkeit
- 3. Forschung im anglo-amerikanischen Rechtskreis
- 4. Forschung im europäischen Rechtskreis
- 5. Gesetzliche Grundlagen §§ 184 ff. GVG
- 6. Hinzuziehung eines Dolmetschers
- 7. Begriff der Verhandlung
- 8. Dolmetschtechnik
- a. Simultandolmetschen
- b. Konsekutivdolmetschen
- c. Flüsterdolmetschen
- d. Verhandlungsdolmetschen
- 9. Auswahl des Dolmetschers
- 10. In der mündlichen Verhandlung
- 11. Umfang der Übersetzungstätigkeit
- 12. Der Dolmetscher nach Ansicht der Praxis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit bietet eine exemplarische Einführung in das gerichtlich Dolmetschen, unter Berücksichtigung kultureller und kultureller Differenzen. Die Arbeit untersucht den Bedarf an Gerichtsdolmetschern im Kontext von Migration und Mobilität und beleuchtet die rechtlichen Grundlagen und praktischen Aspekte des Dolmetschens im Gerichtsverfahren.
- Der Grundsatz des „fair trial“ und seine Bedeutung für den Einsatz von Dolmetschern
- Die rechtlichen Grundlagen für die Hinzuziehung von Dolmetschern im deutschen Recht (§§ 184 ff. GVG)
- Verschiedene Dolmetschtechniken und deren Anwendung im Gerichtsverfahren
- Die Auswahl und die Rolle des Dolmetschers in der Praxis
- Der Forschungsstand zum Thema Gerichtsdolmetschen im anglo-amerikanischen und europäischen Rechtskreis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beschreibt den wachsenden Bedarf an Gerichtsdolmetschern in multikulturellen Gesellschaften. Die Kapitel 2 bis 4 befassen sich mit dem "fair trial"-Grundsatz und dem Forschungsstand im anglo-amerikanischen und europäischen Rechtsraum. Kapitel 5 behandelt die gesetzlichen Grundlagen in Deutschland. Die Kapitel 6 bis 10 erörtern die Hinzuziehung von Dolmetschern, den Begriff der Verhandlung, verschiedene Dolmetschtechniken, die Auswahl des Dolmetschers sowie dessen Rolle in der mündlichen Verhandlung. Kapitel 11 und 12 beleuchten den Umfang der Übersetzungstätigkeit und die Sichtweise der Praxis auf den Dolmetscher.
Schlüsselwörter
Gerichtsdolmetschen, „fair trial“, §§ 184 ff. GVG, Dolmetschtechnik (Simultandolmetschen, Konsekutivdolmetschen, Flüsterdolmetschen, Verhandlungsdolmetschen), Kulturdifferenz, Migration, Rechtsvergleichung, Ausbildung, Berufsethik.
- Quote paper
- Sevim Kurt (Author), 2007, Der Dolmetscher im Gerichtsverfahren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119275