Die Kreuzzüge waren und sind immer noch ein viel diskutiertes Thema. Vor
allem in der heutigen Gesellschaft, die von Konflikten und Kriegen zwischen
Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugung geprägt ist, scheint die Bezeichnung
Kreuzzug vor dem Hintergrund eines Glaubenskrieges nicht unangebracht
zu sein. Religiöser Fanatismus führt auf der ganzen Welt, angefangen von
Nordirland über Israel bis zum Irak, immer wieder aufs Neue zu Spannungen und
blutigen Auseinandersetzungen. Wie vor 900 Jahren bei der Befreiung Jerusalems,
legitimiert auch heute noch der Glaube die Unterdrückung der vermeintlich
Ungläubigen. Es stellt sich nun die Frage, wie damals schon Glaube und Gewalt
miteinander verbunden werden konnten und wie demzufolge ein Kreuzzug
definiert ist. Die vorliegende Arbeit wird sich damit beschäftigen, wobei auf den
Verlauf der Kreuzzüge nicht näher eingegangen wird.
Was versteht man unter dem Begriff Kreuzzug und hat eventuell ein Bedeutungswandel
stattgefunden? Um diese Fragen zu klären, werden zunächst die vier
wichtigsten Quellen zum Kreuzzugsaufruf Urbans II. 1095 in Clermont eingehend
betrachtet. Was verstehen Fulcher von Chartres, Robert von Reims, Balderich von
Dol und Guibert von Nogent unter Kreuzzug, bzw. wie äußert sich der Papst dazu
in ihren Schriften? Im Anschluss wird Hans Eberhard Mayers Definition der
Kreuzzüge dargestellt, die den Darstellungen in den Quellen sehr ähnelt. Ernst-
Dieter Hehls Kritik an Mayers Definition bildet den folgenden Abschnitt und
zuletzt werden neue Erkenntnisse bezüglich des Kreuzzuggedankens näher beleuchtet
werden.
Neben den vier lateinischen Quellen zum Kreuzzugsaufruf stützt sich diese Arbeit
im Wesentlichen auf Hans Eberhard Mayers „Geschichte der Kreuzzüge“ und
Ernst-Dieter Hehls Aufsatz „Was ist eigentlich ein Kreuzzug?“. Darüber hinaus
werden weitere wichtige Monographien und Aufsätze verwendet, die im Literaturverzeichnis
aufgeführt sind.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist eigentlich ein Kreuzzug?
2.1 Darstellung des Kreuzzuggedankens in den Quellen
2.1.1 Fulcher von Chartres Überlieferung
2.1.2 Robert von Reims Darstellung
2.1.3 Balderich von Dols Schilderung
2.1.4 Guibert von Nogents Überlieferung
2.2 Definition der Kreuzzüge nach Hans Eberhard Mayer
2.3 Ernst-Dieter Hehls Kritik an Mayers Definition
2.4 Neue Erkenntnisse zur Kreuzzugsfrage
3. Zusammenfassung
4. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Kreuzzüge waren und sind immer noch ein viel diskutiertes Thema. Vor allem in der heutigen Gesellschaft, die von Konflikten und Kriegen zwischen Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugung geprägt ist, scheint die Be- zeichnung Kreuzzug vor dem Hintergrund eines Glaubenskrieges nicht unange- bracht zu sein. Religiöser Fanatismus führt auf der ganzen Welt, angefangen von Nordirland über Israel bis zum Irak, immer wieder aufs Neue zu Spannungen und blutigen Auseinandersetzungen. Wie vor 900 Jahren bei der Befreiung Jerusa- lems, legitimiert auch heute noch der Glaube die Unterdrückung der vermeintlich Ungläubigen. Es stellt sich nun die Frage, wie damals schon Glaube und Gewalt miteinander verbunden werden konnten und wie demzufolge ein Kreuzzug definiert ist. Die vorliegende Arbeit wird sich damit beschäftigen, wobei auf den Verlauf der Kreuzzüge nicht näher eingegangen wird.
Was versteht man unter dem Begriff Kreuzzug und hat eventuell ein Bedeutungs- wandel stattgefunden? Um diese Fragen zu klären, werden zunächst die vier wichtigsten Quellen zum Kreuzzugsaufruf Urbans II. 1095 in Clermont eingehend betrachtet. Was verstehen Fulcher von Chartres, Robert von Reims, Balderich von Dol und Guibert von Nogent unter Kreuzzug, bzw. wie äußert sich der Papst dazu in ihren Schriften? Im Anschluss wird Hans Eberhard Mayers Definition der Kreuzzüge dargestellt, die den Darstellungen in den Quellen sehr ähnelt. Ernst-Dieter Hehls Kritik an Mayers Definition bildet den folgenden Abschnitt und zuletzt werden neue Erkenntnisse bezüglich des Kreuzzuggedankens näher be- leuchtet werden.
Neben den vier lateinischen Quellen zum Kreuzzugsaufruf stützt sich diese Arbeit im Wesentlichen auf Hans Eberhard Mayers „Geschichte der Kreuzzüge“[1] und Ernst-Dieter Hehls Aufsatz „Was ist eigentlich ein Kreuzzug?“.[2] Darüber hinaus werden weitere wichtige Monographien und Aufsätze verwendet, die im Literatur- verzeichnis aufgeführt sind.
2. Was ist eigentlich ein Kreuzzug?
2.1 Darstellung des Kreuzzugsgedankens in den Quellen
Um dort zu beginnen, wo die Kreuzzüge ihren Ausgangspunkt nahmen, werden in den folgenden Abschnitten die vier wichtigsten Quellen zum Kreuzzugsaufruf Urbans II. näher betrachtet werden. Urban verbrachte das Jahr vom August 1095 bis September 1096 in seiner Heimat Frankreich, um die Kirchenreform zu überwachen aber auch um den Kreuzzug zu predigen.[3] Am 27. November 1095 rief er in Clermont zum Kreuzzug auf, danach zog er weiter durch Frankreich um diese Botschaft weiter zu verbreiten. Mit seinem Kreuzzugsaufruf reagierte er auf eine Bitte der Griechen acht Monate zuvor, ihnen Hilfe zu bringen gegen die Invasion der Türken. Ein weiterer Grund für den Kreuzzugsaufruf mögen die Fehden der Christen untereinander gewesen sein, was in den folgenden Abschnitten zur Sprache kommen wird.[4]
Fulcher von Chartres, Balderich von Dol, Guibert von Nogent und Robert von Reims haben über das Konzil von Clermont geschrieben, sie scheinen auch vor Ort gewesen zu sein und die Worte des Papstes mit eigenen Ohren gehört zu haben. Zwar gibt es bei den vier Fassungen der Rede beträchtliche Unterschiede im Wortlaut, die Argumentationsweise des Papstes ist jedoch aus allen gleicher- maßen deutlich herauszulesen.[5]
2.1.1 Fulcher von Chartres Überlieferung
Der vielleicht glaubwürdigste Verfasser der Kreuzzugsrede ist Fulcher von Chartres, der selbst am ersten Kreuzzug teilnahm und bis zu seinem Tod 1127 Kanoniker der Grabeskirche in Jerusalem war.[6] Aufgrund seiner Nähe zum Königshaus und der langjährigen Verbundenheit zum Heiligen Land, wird er von der Forschung für eine zuverlässige Quelle gehalten. In seiner „Historia Hiero- solymitana“ schildert er den Beginn und Verlauf des ersten Kreuzzuges, sowie die ersten 28 Jahre des Bestehens des Königreichs Jerusalem.[7] Für uns ist jedoch nur die Stelle der Kreuzzugsrede von Clermont von Bedeutung, das dritte Kapitel des ersten Buches.[8]
Darin überliefert Fulcher die Aufforderung des Papstes an die Versammelten, selbst tätig zu werden und ihren Brüdern im Orient Hilfe zu bringen: „Necesse est enim, quatinus confratribus vestris in Orientali plaga conversantibus, auxilio vestro iam saepe acclamato indigiis, accelerato itinere succuratis.“[9] Den Grund für die Notwendigkeit der Hilfeleistung äußert Urban II. im folgenden Satz. Die Türken sind schon bis zum Mittelmeer vorgedrungen und haben viele Christen getötet, gefangen genommen, Kirchen zerstört und das Reich Gottes verwüstet. Mit den Worten „Quos quidem si sic aliquandiu in quiete siveritis, multo latius fideles Dei supergredientur“[10] macht der Papst deutlich, dass die Expansion der Türken nicht schweigend hingenommen werden darf. Im Anschluss stellt er klar, dass nicht er, sondern der Herr die Versammelten auffordert, unabhängig von ihren Besitzverhältnissen, dieses nichtsnutzige Geschlecht zur rechten Zeit zu vertreiben, und zwar „de regionibus nostrorum“.[11] Damit sind die Länder Kleinasiens gemeint, die schon seit langer Zeit von Christen bewohnt sind und jetzt von den Türken unterdrückt werden.[12] Der Papst sieht sie als Eigentum der Christen, die die Vertreibung der Türken rechtfertigen. Hierauf kommt Urban II. auf die Belohnung zu sprechen. Alle, die am Kreuzzug teilnehmen und dabei ihr Leben verlieren, erhalten die „remissio peccatorum“,[13] also die Vergebung der Sünden. Hagenmeyer bemerkt dazu, dass diese Aussicht allein für viele Leute ausschlaggebend war, am Kreuzzug teilzunehmen.[14] Am Ende seiner Rede fordert der Papst seine Zeitgenossen auf in den Kampf gegen die Ungläubigen zu ziehen. Sein Appell richtet sich an diejenigen, die bisher untereinander Krieg geführt haben. Den Wandel des Kriegszweckes offenbart Urban II. deutlich in folgenden Worten: „Nunc fiant Christi milites, qui dudum existerunt raptores“.[15] Sie sollen nun zu Recht gegen Barbaren kämpfen, während sie vorher ihre Brüder und Bluts- verwandte bekriegt haben. Dafür wird ihnen eine zweifache Ehre zuteil: Sie dür- fen gegen die Feinde der Christen kämpfen und erhalten dafür einen ewigen Lohn. Waren sie bisher traurig und arm, werden sie bei dieser Aufgabe fröhlich und reich, von Gottes Feinden zu seinen Freunden. Zuletzt ordnet der Papst an, nicht zu zögern und schon kommenden Frühling aufzubrechen.
2.1.2 Robert von Reims Darstellung
Robert von Reims nahm angeblich auch am ersten Kreuzzug teil, höchstwahr- scheinlich um für die zuvor erfolgte Exkommunikation zu büßen.[16] Seine „Histo- ria Iherosolimitana“ besteht aus neun Büchern, in Prosa verfasst, und stellt eine überarbeitete Version der „Gesta Francorum qui ceperunt Jerusalem“ dar. In den ersten beiden Kapiteln des ersten Buches überliefert Robert von Reims den Kreuzzugsaufruf von Urban II.[17]
Am Anfang seiner Rede begrüßt der Papst die anwesenden Zuhörer und be- zeichnet sie als ein Geschlecht, das von Gott auserwählt und geliebt wird, das sich von allen übrigen Nationen durch ihre Stellung in der Welt, den katholischen Glauben und die Ehre der Heiligen Kirche abgrenzt. Mit diesen Worten schmeichelt Urban II. Seinen Zeitgenossen und er geht nun im Folgenden dazu über, die Bedrohung Jerusalems zu schildern, die nur jenes oben erwähnte Ge- schlecht abwerden kann. Die Türken beschreibt er im Gegensatz zu den Franken mit äußerst negativen Attributen. Sie seien eine „gens extranea, gens prorsus a Deo aliena, generatio scilicet quae non direxit cor suum, et non est creditus cum Deo spiritus ejus“.[18] Robert beschreibt daraufhin ebenso wie Fulcher die Ver- wüstungen der Türken, wobei er viel mehr ins Detail geht. So erzählt er, dass die Türken den Altar schänden und zerstören, das Blut der Christen auf diesen schüt- ten oder sogar ins Taufbecken. Die Männer werden auf grausamste Weise umge- bracht, über die Frauen will Robert nach eigener Aussage lieber nicht sprechen. All diese Untaten sollen die Franken bewegen und antreiben tätig zu werden. Besonders das Heilige Grab und die Heilige Stätte, die jetzt in den Händen von unreinen Geschlechtern sind und beschmutzt werden, sollten eine zusätzliche Antriebskraft sein.
[...]
[1] Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart; Berlin; Köln, 2000.
[2] Ernst-Dieter Hehl, Was ist eigentlich ein Kreuzzug?, in: Historische Zeitschrift 259/1994, S.297-335.
[3] Vgl. Jonathan Riley-Smith, The first crusade and the idea of crusading, London 1986, S.13.
[4] Vgl. Carl Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzuggedankens, Darmstadt 1980, S.312.
[5] Vgl. Nikolas Jaspert, Die Kreuzzüge, Darmstadt 2003, S.34.
[6] Vgl. Lexikon des Mittelalters IV, hg. von Robert-Henri Bautier, Robert Auty, München und Zürich 1989, S.1015.
[7] Vgl. Heinrich Hagenmeyer, Fulcheri Carnotensis. Historia Hierosolymitana, Heidelberg 1913, S.1.
[8] Im Folgenden beziehe ich mich auf: Recueil des Historiens des croisades. Historiens occidentaux III, Paris 1879, S.323 f.
[9] HDC III, S.323.
[10] HDC III, S.324.
[11] HDC III, S.324.
[12] Vgl. Hagenmeyer, Fulcheri Carnotensis, S.135.
[13] HDC III, S.324.
[14] Vgl. Hagenmeyer, Fulcheri Carnotensis, S.135.
[15] HDC III, S.324.
[16] Vgl. Lexikon des Mittelalters VII, hg. von Robert-Henri Bautier, Robert Auty, Norbert Angermann, München 1995, S.918 f.
[17] Im Folgenden beziehe ich mich im Wesentlichen auf: HDC III, S.727 ff.
[18] HDC III, S.727.
- Quote paper
- Markus Friedrich (Author), 2003, Neue Erkenntnisse in der Forschung zur Frage: Was ist eigentlich ein Kreuzzug?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119265
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