Ist Glückseligkeit durch Freundschaft nach Aristoteles und Epikur zu Zeiten der Corona Pandemie möglich? Die Arbeit setzt sich mit dieser Fragestellung auseinander, wobei der Ausarbeitung die These zugrunde liegt, dass Glückseligkeit durch Freundschaft während der Pandemie nicht möglich ist. Diese These wird im Verlauf der Arbeit auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Hierbei bilden die Begriffe Glück, respektive Glückseligkeit und Freundschaft die Schwerpunkte der Auseinandersetzung.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Glückseligkeit- das Ziel der Menschen
2.1 Der Glücksbegriff
2.2 Glück in verschiedenen Kulturen
2.3 Arten von Glück
2.3.1 Zufallsglück
2.3.2 Wohlfühlglück
2.3.3 Glück der Fülle
2.4 Wege zum Glück
3 Freundschaft
3.1 Der Freundschaftsbegriff
3.2 Ähnlichkeit, Reziprozität und Zufriedenheit als Grundlage von Freundschaft
3.3 Das Fehlen von Freundschaft - Einsamkeit
3.4 Glücklich durch Freundschaft
4 Glück und Freundschaft bei Aristoteles
4.1 Glückseligkeit als höchstes Gut
4.1.1 Drei Lebensformen
4.1.2 Das Ergon-Argument - Worin besteht das Glück?
4.1.3 Die Mechanik der Seelenteile
4.1.4 Tugenden und Disposition zur Mitte - Wie wird man glücklich?
4.1.5 Äußere, körperliche und seelische Güter
4.2 Freundschaft
4.2.1 Drei Arten von Freundschaft
4.2.2 Die Notwendigkeit von Freundschaft für ein glückliches Leben
5 Glück und Freundschaft bei Epikur
5.1 Glückseligkeit durch katastematische Lust
5.1.1 Drei Arten von Unlust
5.2 Freundschaft
6 Corona Pandemie
6.1 Allgemeine Betrachtung der Corona Pandemie
6.2 Glückseligkeit während einer Pandemie?
6.2.1 Sport
6.2.2 Freizeitaktivitäten
6.2.3 Freundschaften
6.3 Die Aktualität von Aristoteles und Epikur
6.4 Eigene Bewertung von Freundschaft in der Corona Pandemie
7 Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
1 Einleitung
What do I do when my love is away?
Does it worry you to be alone?
How do I feel by the end of the day?
Are you sad because you're on your own?
No, I get by with a little help from my friends
Mm, get high with a little help from my friends
Mm, gonna try with a little help from my friends
In dem Song „With a little help from my friends“ aus dem Jahr 1967 singt die britische Band The Beatles über Einsamkeit und schwierige Zeiten, die sie mit der Hilfe von Freunden überstehen können. Denn diese unterstützen sich - in den Tiefen und Höhen des Lebens. Ein solches Tief stellt die Corona Pandemie dar, die seit März 2020 massive globale Auswirkungen auf die gesamte Menschheit hat. Welche Bedeutung hat Freundschaft in dieser Krise? Kann diese trotz Einschränkungen in allen Bereichen des Lebens glücklich machen?
„In almost every nation, from the United States, Greece, and Slovenia to South Korea, Argentina, and Bahrain, when asked what they want most in life, people put happiness at the top of their lists“ (Lyubomirsky 2008: 23). Glück wird weltweit zwar als Endziel definiert, jedoch variiert die Bedeutung des Glücks in verschiedenen Ländern stark. Es wird nicht nur zwischen verschiedenen Arten des Glücks differenziert, sondern auch zwischen unterschiedlichen Wegen und Methoden, wie dieses erreicht werden kann. Ein wichtiger Faktor ist die Freundschaft. Schon Epikur erkannte ihren Wert für die Glückseligkeit: „Von allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft das bei weitem Wichtigste“ (Epikur, Kyriai Doxai, XXVII: 159). Auch Aristoteles definiert Freundschaft als ein wichtiges Gut: „[Freundschaft ist] äußerst notwendig für das Leben. Denn niemand würde wählen, ohne Freunde zu leben, auch wenn er alle übrigen Güter hätte“ (NE VIII 1155a5 - 7).
Ist Glückseligkeit durch Freundschaft nach Aristoteles und Epikur zu Zeiten der Corona Pandemie möglich? Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dieser Fragestellung auseinander, wobei der Ausarbeitung die These zugrunde liegt, dass Glückseligkeit durch Freundschaft während der Pandemie nicht möglich ist. Diese These wird im Verlauf der Arbeit auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Hierbei bilden die Begriffe Glück, respektive Glückseligkeit und Freundschaft die Schwerpunkte der Auseinandersetzung.
Im Zuge dieser Erarbeitung soll zunächst der Glücksbegriff genauer betrachtet werden. Nach einer allgemeinen Definition und Deutung soll Glück im Kontext verschiedener Kulturen betrachtet werden, um einen Eindruck für die Vielfalt dieses Konzepts zu erhalten. Im Anschluss daran folgt eine Erläuterung der drei Arten von Glück, sodass daraufhin Wege dargestellt werden, wie dieses erreicht werden kann. Im zweiten Teil dieser Arbeit wird aufgezeigt, welche Facetten der Freundschaftsbegriff hat und welche Komponenten die Grundlage von Freundschaft sind. Die Bedeutung des Fehlens dieser Konzeption bildet neben der Darstellung, in welcher Weise Freundschaft glücklich machen kann, den Abschluss dieses Kapitels.
Daraufhin sollen die Konzepte Glück und Freundschaft zunächst bei Aristoteles und daraufhin bei Epikur genauer untersucht werden. Aristoteles bezeichnet Glückseligkeit als das höchste Gut, das zuerst dargelegt wird. Nachdem die drei von ihm formulierten Lebensformen behandelt wurden, soll die Analyse des Ergon-Arguments die Frage beantworten, worin das Glück besteht. Im Anschluss daran werden die Mechanik der Seelenteile, die Tugenden, die Disposition zur Mitte und die äußeren, körperlichen und seelischen Güter erläutert. Das Kapitel zu Epikur umfasst eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Lust in Bezug auf die Glückseligkeit und die drei Arten der Unlust. Der Freundschaftsbegriff wird im Zuge dessen ebenfalls dargelegt. Schließlich soll der Blick auf die Corona Pandemie gerichtet werden. Dazu wird diese zunächst allgemein dargestellt. Daraufhin wird die Frage diskutiert, inwieweit Glückseligkeit während einer Pandemie möglich ist. Ein besonderer Fokus liegt auf den Aspekten Sport, Freizeitaktivitäten und Freundschaften.
Den Abschluss der Arbeit bilden ein Urteil über die Aktualität der Positionen von Aristoteles und Epikur in Bezug auf Glück und Freundschaft, sowie eine eigene Bewertung von Freundschaft in der Corona Pandemie. Die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse erfolgt schlussendlich in Form eines Fazits. Dieses wird abschließend die Aktualität von Glückseligkeit durch Freundschaft nach Aristoteles und Epikur feststellen.
2 Glückseligkeit- das Ziel der Menschen
Für den einen ist es das größte Glück, das lachende Gesicht des eigenen Kindes zu sehen, andere spüren das größte Glück, wenn sie auf dem Gipfel eines zuvor erklommenen Berges stehen. Wiederum andere sind glücklich, wenn sie nach einem anstrengenden Tag den Abend mit Freunden und gutem Essen genießen können. Einen gemeinsamen Nenner gibt es in diesen persönlichen Situationen jedoch immer - das Empfinden von Glück.
Es gibt keinen Begriff des Glücks, unter dem rund um den Planeten alle Menschen das Gleiche verstehen würden. Das Glück ist hermeneutisch aufgeladen, abhängig von Deutungen wie kaum etwas sonst (Schmid 2012: 35).
Neben unterschiedlichen Begriffsdefinitionen sollen im folgenden Kapitel das Glück in verschiedenen Kulturen, unterschiedliche Arten des Glücks und Wege, wie dieses erreicht werden kann, eingehender betrachtet werden.
2.1 Der Glücksbegriff
Der 2007 erschienene Film Das Streben nach Glück ist ein autobiographisches Filmdrama von Gabriele Muccino, in dem die Lebensgeschichte von Chris Gardner verfilmt wurde. Dieser ist durch Hartnäckigkeit, Fleiß, Hingabe und dem Wunsch, seinem Sohn ein besseres Leben zu bieten, vom Obdachlosen zum Multimillionär aufgestiegen, indem er trotz immenser finanzieller Schwierigkeiten und Sorgen ein unbezahltes Praktikum in einer Firma gemacht hat, die ihm eine Aussicht auf eine Festanstellung gab (vgl. filmstarts: Das Streben nach Glück). Die Geschichte Gardners ist der Inbegriff des amerikanischen Traums. Das Verfolgen der eigenen Träume und das Streben nach dem persönlichen Glück sind zudem die Verwirklichung der Worte der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. In der Declaration of Independence vom 4. Juli 1776 wird das Streben nach Glück als Menschenrecht aufgeführt.
We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness (National Archives: Declaration of Independence).
Dieser Erklärung zufolge hat jeder Mensch das Recht, den eigenen Freuden nachzugehen und ein Leben zu führen, das ihn oder sie glücklich macht - Glück als Gesetz. Glück bezeichnet in diesem Zusammenhang folglich einen andauernden, positiven Zustand eines Menschen und kann genauer mit dem Begriff Glückseligkeit beschrieben werden, auf dem der Fokus dieser Arbeit liegt.
Der Begriff Glück ist ein Homonym und hat zwei unterschiedliche Bedeutungen. Zum einen bezeichnet Glück einen „günstigen Zufall, den unverdienten Erfolg oder das überraschende Gelingen“ (Horn 1998: 65), auf das der Mensch jedoch keinen Einfluss hat. Auf der anderen Seite bezeichnet der Begriff Glück die Glückseligkeit - kongruent zu dem griechischen Wort eudamonia - ein generelles Glücklichsein, respektive einen glücklichen Zustand. Als Synonyme gibt das Wörterbuch Duden die Begriffe Freude, Frohsinn und Hochgefühl an (vgl. Duden online: Glück). Glück ist folglich ein äußerst positiv konnotierter Begriff.
Aristoteles verwendet den Begriff eudaimonia, in seinem Werk Nikomachische Ethik im Sinne der Bedeutung von Glückseligkeit und definiert diese als das höchste Gut im Sinne eines gelingenden Lebens (vgl. Rapp 2001: 18). Glückseligkeit ist Aristoteles zufolge nicht vom Zufall abhängig. Der Mensch selbst ist für die eigene Glückseligkeit verantwortlich und kann diesem Zustand durch seine Handlungen näher kommen. Diese Betrachtungsweise soll im vierten Kapitel dieser Arbeit eingehend dargestellt werden. Dieser antiken Auffassung von Glück als einer Art Erfüllungsglück, lässt sich die moderne Perspektive gegenüberstellen, nach der Horn zufolge jener Begriff als Empfindungsglück gedeutet wird (vgl. Horn 1998: 65). Die Beschäftigung mit der Semantik von Glückseligkeit hat eine seit der Antike andauernde Relevanz.
Seneca gibt in seinen Schriften praktische Anweisungen, wie ein gutes Leben geführt werden kann und befasst sich mit der Tugend als höchstem Gut. Seinen Anweisungen folgend kann die Erkenntnis über den „rechten“ Weg gewonnen werden, der über Verzicht, Zurückhaltung und Leidenschaftslosigkeit zu einem glücklichen Leben führt (vgl. Pieper 2003: 214 ff.).
Epikur hingegen plädiert für eine Lebensform, die das Glück in jener Seelenruhe findet, die sich einstellt, wenn ein Mensch frei von Schmerzen ist und diesen Zustand lustvoll genießt. Durch das Befriedigen von geistigen und körperlichen Bedürfnissen ist es möglich, eben jene Seelenruhe zu erfahren, die den Menschen mit Glück erfüllt (vgl. Ebd.: 47 f.).
Eine aktuelle Definition nimmt Sonja Lyubomirsky, Professorin für Psychologie, vor. Sie bestimmt den Begriff Glück als Gefühl, dass das eigene Leben „great, meaningful and worthwhile“ (Lyubomirsky 2008: 22 ff.) ist. Zudem sind die Begriffe „experience of joy, satisfaction“ und „well-being“ (Ebd.) von zentraler Bedeutung in ihrem Werk. Lyubomirsky thematisiert vor allem die eigene Einstellung in Bezug auf das Leben. Sie erläutert, dass Dankbarkeit die Intensivität des Empfindens von positiven Lebenserfahrungen verstärkt. Durch das Annehmen des Lebens als Geschenk ist es möglich, größtmögliche Zufriedenheit und Glück aus den jeweiligen aktuellen Lebensumständen zu ziehen (vgl. Ebd.: 96).
Auch in der Dichtkunst und der Schriftstellerei nimmt das Glück einen hohen Stellenwert ein. „Gott, was ist Glück! Eine Grießsuppe, eine Schlafstelle und keine Schmerzen - das ist schon viel“, so Theodor Fontane. Der französische Schriftsteller Edmond Goncourt schreibt: „Unverfälschtes Glück: Die Salzluft des Meeres!“ (Bucher 2018: 20). Auch Albert Einstein äußert sich zum Thema Glück und merkt an, dass Geld nicht glücklich macht: „Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt“. Goethe verbindet Liebe und Glück und schreibt im Gedicht Freudvoll und leidvoll: „Glücklich allein / Ist die Seele, die liebt.“ Cicero hingegen verknüpft die Termini Glück und Freundschaft: „Secundas res splendidiores facit amicitia“, was mit „Glück wird noch strahlender durch Freundschaft“ übersetzt werden kann. Diese Sichtweisen befassen sich mit einer Betrachtung von Glück, die nicht nur auf Bescheidenheit, sondern auch auf der Besinnung auf das Wesentliche im Leben in Form von Liebe und Freundschaft beruht.
Wilhelm Schmid, deutscher Philosoph, versucht im Gegensatz zu all den genannten Dichtern, Philosophen, Psychologen und Wissenschaftlern, keine Definition von Glück oder Glückseligkeit vorzunehmen, da es ihm zufolge „keine verbindliche, einheitliche Definition des Glücks [gibt]. Was darunter zu verstehen ist, legt letztlich [jeder Mensch] für sich selbst fest“ (Schmid 2018: 9). Die Philosophie kann allerdings unterstützend tätig werden und bei der Klärung folgender Frage helfen: Was bedeutet Glück für mich?
Diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen zeigen, dass eine allgemeingültige, allzeit geltende Definition und Deutung der Begriffe Glück und Glückseligkeit utopisch ist. Allerdings stellt Stefanie Duttweiler heraus, dass der Versuch einer Bestimmung meistens zwei Komponenten umfasst. Zum einen betont sie das körperliche Element von Glück, das sich mit der Gesundheit, dem Wohlbefinden und dem Genuss befasst. Dem gegenüber stellt die Autorin das geistige Glück, das einem inneren Reichtum entspringt und sich darin zeigt, ob das Leben als sinnvoll erlebt wird und ob die eigenen Ziele erreicht werden (vgl. Duttweiler 2011: 309). Dass der Glücksbegriff ein hohes Maß an Komplexität aufweist, stellt sich auch bei seiner Betrachtung im Kontext verschiedener Kulturen heraus.
2.2 Glück in verschiedenen Kulturen
Glück ist nicht nur im europäischen Raum von einem sehr subjektiven Empfinden geprägt, sondern bedeutet der interkulturellen Forschung zufolge in verschiedenen Ländern und Kulturen auch etwas gänzlich Unterschiedliches. Liest man, dass Finnland im Jahr 2021 zum vierten Mal in Folge (vgl. World Happiness Report 2021) das glücklichste Land der Welt ist, stellt sich die Frage, woran dieses Ergebnis gemessen wird. Wer setzt einen internationalen Maßstab für die Einheit Glück fest? Ein Vergleich scheint eigentlich unmöglich, wenn man die verschiedenen Arten Glück zu empfinden in unterschiedlichen Ländern betrachtet.
Bedeuten Beerdigungen in westlichen Ländern etwas sehr Trauriges, zu denen sich die Trauernden schwarz kleiden und die Toten beweinen, so ist dies in China ein Tag, um glücklich zu sein. Chinesinnen und Chinesen bereiten sich jahrelang auf ihren eigenen Beerdigungstag vor und empfinden Glück bei der detailgenauen Planung (vgl. Swanson 2016). Die Beerdigungsgäste tragen im Gegensatz zu der Kleidung in westlichen Kulturen die Farbe weiß. Ist der Verstorbene älter als 80 Jahre alt geworden, sollen die Gäste sogar die Farbe rosa tragen, um die Langlebigkeit des Toten gemeinsam zu feiern. Jährlich wird am 5. April das Qingming Fest, ein Totengedenkfest, zelebriert, an dem die Hinterbliebenen für ihre Vorfahren beten und um Schutz bitten, der jenen Glück bringen soll. Das Fest wird dem Reiseführer China Rundreisen zufolge als sehr bedeutsam dargestellt (vgl. China Rundreisen). Ein für unser Empfinden außergewöhnlicher Bestattungsritus ist die Himmelbestattung in tibetischen und mongolischen Gebieten. Bei dieser werden die Leichen der Verstorbenen aufgeschnitten, sodass sie von Geiern gefressen werden. Als ein besonderes Glück wird es empfunden, wenn der Körper des Verstorbenen danach gänzlich verschwunden ist. Die vollständige „Aufzehrung des Körpers bedeutet, dass der Tote keinerlei Sünden in seinem Leben begangen hat“ (Ebd.). Es zeigt sich, dass etwas, das für uns das größte Leid bedeutet, in diesen Ländern mit Glück verbunden ist.
Ikigai, eine japanische Lebensphilosophie, gilt als „vielschichtige, umfassende, erhellende und inspirierende [...] Lebenskunst“ (Yamamoto-Müller 2020: 3). Ihr zufolge wird, wer im Einklang mit sich und seiner Umwelt agiert, ein langes, von andauerndem Glück begleitetes Leben führen können. Diese Konzeption hat ihren Ursprung auf der japanischen Insel Okinawa (vgl. Ebd.). Wenig verwunderlich scheint es, dass grade diese Insel zu den fünf „Blue-Zones“ der Welt gehört. Die so genannten Blauen Zonen sind Regionen auf der gesamten Welt, in denen die Menschen eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung haben. Neben Okinawa zählen zu diesen Regionen die italienische Insel Sardinien, die Nicoya Halbinsel in Costa Rica, Ikaria in Griechenland und Loma Linda in Kalifornien (vgl. Blue Zones). Ikigai führt, so die Autorin Yamamoto-Müller, nicht nur zu einem glücklichen, sondern auch zu einem langen Leben (vgl. Yamamoto-Müller 2020: 4). Die Blue-Zones Statistik bestätigt, was man im Volksmund sagt: Glückliche Menschen leben länger.
Die Ergebnisse des World Happiness Reports zeigen, dass Menschen in westlichen Ländern glücklicher sind, wenn sie über ein höheres Einkommen verfügen (vgl. World Happiness Report). In östlichen Ländern lässt sich diese Tatsache selten feststellen, sodass in diesen Kulturen andere Faktoren das Glücksniveau beeinflussen müssen. In Indien sind die Menschen im Jahr 2018 unglücklicher als im Jahr 2015, obwohl das durchschnittliche Einkommen gestiegen ist.
This is despite the report’s finding that India’s per capita gross domestic product (GDP), a measure of the standard of living, and healthy life expectancy, a marker of wellbeing, have trended upwards over the last three years (Bahri 2018).
Länderübergreifend lässt sich feststellen, dass zwischenmenschliche Beziehungen, wie Freundoder Partnerschaften und familiäre Verbundenheit einen großen Einfluss auf das Empfinden von Glück haben (vgl. World Happiness Report). Die Bedeutung von Glück in unterschiedlichen Kulturen und Ländern zeigt, wie vielfältig der Begriff ist und wie antithetisch die Auffassungen von diesem sind. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass den unterschiedlichen Arten von Glück ein differierendes Maß an Bedeutung beigemessen wird. Diese Arten werden im Folgenden dargestellt.
2.3 Arten von Glück
Die Etymologie des Begriffs Glück zeigt, dass das mittelhochdeutsche Wort g(e)lücke erstmalig in der frühhöfischen Dichtung um 1160 aufkommt und sich mit der höfisch-ritterlichen Kultur vom Rhein aus über das deutsche Sprachgebiet verbreitet (vgl. Pfeifer 1989: 581). Es bedeutet zunächst
Schicksal, Geschick, Ausgang eines Geschehens oder einer Angelegenheit (sowohl zum Guten als auch zum Bösen) und tritt als Schicksalsbegriff in Konkurrenz mit [den mittelhochdeutschen Begriffen] sslde und heil, den älteren Ausdrücken für Segen, Heil, Glück (Ebd.).
Durch einen engeren Begriffsgebrauch im Sinne von „günstiger Ausgang eines Geschehens“ entwickelt sich das Wort Glück zur Bezeichnung eines „wünschenswerten Zustandes starker innerer Befriedigung und Freude“ (Ebd.).
Obwohl der Wortschatz der deutschen Standardsprache auf etwa 500.000 Wörter geschätzt wird (Duden 2007: 13), gibt es lediglich ein Wort, das verschiedene Arten von Glück beschreibt: Glück. Bereits in der Antike wurden mit dem griechischen Wort Tychë und dem lateinischen Begriff Fortuna der Zufall oder das Schicksal bezeichnet (vgl. Schmid 2018: 10). Der antike griechische Begriff eudaimonia setzte sich aus den Worten „eu“ (gut) und „daimon“ (Dämon, Geist) zusammen, bedeutet „mit einem guten Dämon verbunden“ und bezeichnet den in Kapitel 2.1 erwähnten dauerhaften „glücklichen Zustand“. In der englischen Sprache wird das Zufallsglück im Sinne von „Glück haben“ mit „luck“ bezeichnet. Einen Glücksmoment zu erleben beschreibt man mit dem Wort „pleasure“ und das dauerhafte Glücklichsein, die Glückseligkeit, mit happiness (vgl. Glücksarchiv). Der Wortschatz vieler Sprachen bietet mehrere, sich semantisch unterscheidende Worte für den Begriff Glück. Im deutschen Sprachraum gibt es lediglich den Glücksbegriff, der die unterschiedlichen Glücksarten bezeichnet, die im Folgenden dargestellt werden.
2.3.1 Zufallsglück
Der Begriff Zufall kann in verschiedenen Bedeutungszusammenhängen gebraucht werden. Was ein Zufall, dass wir uns hier sehen. Viele Menschen haben diesen Satz schon einmal gesagt oder zumindest gedacht. Dass man Bekannte oder Freunde im Supermarkt, im Restaurant oder sogar in anderen Städten trifft, wird als Zufall bezeichnet, da dieser Umstand von beiden Personen unbeabsichtigt geschehen ist. Hat eine Produktionsmaschine ein einzelnes Produkt falsch etikettiert, spricht der Werkstattmeister von einem Zufall, wenn er keine Ursache für das Geschehene finden kann. Ist ein Patient auf unerklärliche Weise von seiner Krebserkrankung geheilt, sprechen Ärzte von einem glücklichen Zufall. Nicht, weil es keine Ursache für diesen Umstand gibt, sondern vielmehr, weil es keine bekannten Ursachen gibt (vgl. Erbrich 1988: 12). „Zufällig ist alles, was in der Intention von niemandem und nichts liegt. Zufall bedeutet Absichtslosigkeit“ (Ebd.: 13).
Die bereits benannte Definition des Zufallsglücks harmoniert mit Erbrichs Definition des Zufalls, da das Zufallsglück durch ein überraschendes Gelingen gekennzeichnet ist, das nicht beeinflussbar ist. Beeinflussbar ist jedoch die Haltung, die ein Mensch dem Zufallsglück gegenüber einnehmen kann. „Er kann sich öffnen oder verschließen für den Zufall einer Begegnung, einer Erfahrung, einer Information“ (Schmid 2018: 13). Diese Haltung kann sich positiv auf das persönliche Glück auswirken, denn dieses macht Schmid zufolge, „dort Station, wo es sich gut aufgehoben fühlt, [...] ganz so, als wäre der Zufall ein Wesen, das genau spürt, wo es willkommen ist und wo nicht“ (Ebd.: 14). Wer nie Lotto spielt, kann auch nicht auf einen Gewinn hoffen, der sich durch das Zufallsglück ergibt. Jedoch würden sich mit solch einem materiellen Gewinn lediglich die äußeren Bedingungen des Lebens verbessern. Die innere Bereitschaft, Details des eigenen Lebens zu verändern, um eine andere, dauerhafte Art von Glück finden zu können, wird durch das Zufallsglück nicht gefördert. Aus diesem Grund kann sich ein Zufallsglück im Laufe der Zeit noch als Unglück erweisen, ein Unglück aber umgekehrt auch als Glück (vgl. Ebd.: 15).
2.3.2 Wohlfühlglück
Das Konstrukt des subjektiven Wohlbefindens bezieht sich auf die Zufriedenheit von Menschen in bestimmten Situationen. Ob ein Mensch zufrieden ist, hängt von subjektiven Standards ab. Häufige positive Affekte wie „Freude, Überschwang, Heiterkeit [und] authentischer Stolz“ (Bucher 2018: 31) beeinflussen jene und wirken sich auf das Wohlbefinden der betroffenen Person aus. Suchen Menschen in moderner Zeit nach Glück, steht das Erleben von positiven, angenehmen Erfahrungen, die die genannten positiven Affekte hervorrufen, im Vordergrund. Die Suche resultiert in dem so genannten Wohlfühlglück. Eine analoge Sichtweise vertritt John Locke, der 1690 in seiner Abhandlung An Essay Concerning Humane Understanding äußerte, dass „das Streben nach Glück und de[r] Widerwille gegen Leid“ (Schmid 2018: 16) naturgegeben sind und dass Glück die „größtmögliche Lust“ (Ebd.) darstellt. Auch Jeremy Bentham schließt sich dieser Auffassung in seinem Werk Einführung in die Prinzipien der Moral und die Gesetzgebung im Jahr 1789 an und erläutert, dass Glück eine „Maximierung von Lust sowie Minimierung oder besser noch Eliminierung von Schmerz“ (Ebd.: 18) sei. Allerdings ist diese Art von Glück Wilhelm Schmid zufolge von einer Kurzfristigkeit geprägt.
Der Mensch hat die Möglichkeit Augenblicke des Glücks in Form von schönen Erfahrungen zu erleben und kann diese durch das Wissen, welche Tätigkeiten und Erlebnisse diese Augenblicke auslösen, wiederholen. Schmid äußert, dass eine Lustmaximierung kontraproduktiv auf das Wohlfühlglück wirkt, da diese sogleich zu einer Maximierung der Unlust führt. Er plädiert für eine Lustoptimierung, bei der jeder das subjektiv richtige Maß an Glücksmomenten finden muss, um einer zu Unglück führender Dauerlust entgegenzuwirken (vgl. Ebd.: 22).
So ein Glücksmoment ist eine aromatisch duftende, wohlschmeckende Tasse Kaffee. Oder ein schöner Film, der zelebriert wird [...]. Oder das vertraute Gespräch, in dem Liebende und Freunde sich miteinander gelegentlich selig verlieren, denn die Aufmerksamkeit des Anderen tut so gut, dass es dabei kaum je zur Sättigung kommt. Auch die Herausforderung, die bewältigt wird, die neue Erkenntnis, die neue Erfahrung, der unbekannte Weg [...]. Und durchweg die Vorfreude auf all das, das Verlangen und Begehren danach, das oft mehr Glück vermittelt als das Genießen selbst [...] (Ebd.: 19 f.).
Ein Problem des Wohlfühlglücks ist eine zu große Erwartungshaltung. „Je größer die Erwartung an ein positives Leben, desto schwieriger wird es, mit einer negativen Realität leben zu können“ (Ebd.: 24). Schmid stellt zudem die Wichtigkeit der menschlichen Erkenntnis darüber heraus, dass sich positive Erfahrungen nie identisch wiederholen lassen (vgl. Ebd.: 25). Dies soll der Enttäuschung darüber vorbeugen, dass diese kurzfristigen Momente nicht auf dieselbe Weise erlebt werden und dadurch nicht dieselben Emotionen herbeiführen können, die zum Empfinden des Wohlfühlglücks beitragen.
2.3.3 Glück der Fülle
Das Glück der Fülle hingegen bezieht sich nicht auf kurzfristige Momente der Glücksempfindung, sondern auf eine geistige Haltung zum gesamten Leben. Diese Art des Glücks bezieht sich nicht nur auf die positiven, angenehmen und lustvollen Momente des Lebens, sondern umfasst auch alles Negative, Unangenehme und Schmerzliche, das es ebenfalls anzuerkennen gilt (vgl. Ebd.: 29). Die Erfahrung schmerzlicher Ereignisse ist ein Teil des Lebens, den niemand umgehen kann. Durch die Akzeptanz dieser Polarität ist die Erfahrung des Glücks der Fülle möglich, die auf einer Dankbarkeit für und Freude an dem Leben beruht. Das Glück der Fülle ist umfassender und dauerhafter, als das Zufalls- oder Wohlfühlglück, da es nicht von günstigen oder ungünstigen Zufällen, beziehungsweise Wohlgefühl oder Unwohlsein anhängig ist. Es ist die immer aufs neue zu findende Balance durch das gesamte Leben hinweg (vgl. Ebd.: 31).
Nicht nur Gelingen, auch Misslingen; nicht nur Lust, auch Schmerz; nicht nur Gesundheit, auch Krankheit; nicht nur Fröhlichsein, auch Traurigsein; nicht nur Zufreidensein, auch Unzufriedensein. Nicht nur erfüllte, sondern auch leere Tage, denn hundert Tage, die als leer und langweilig empfunden werden sind vollkommen gerechtfertigt für einen einzigen der überfordernden Fülle (Ebd.: 31).
Im Gegensatz zu den beiden bereits genannten Glückarten ist das Glück der Fülle nicht episodisch, sondern epochal. Eine subjektive Bewertung dieses Glücks ist erst in der Retrospektive möglich. Schmid erläutert, dass ein Blick aus der Distanz am Ende des Lebens nötig ist. Erst dann fügt sich das Leben zu einem Zusammenhang, „mit all den lichten Stellen und Schattierungen, die den Reichtum eines erfüllten Lebens zwischen Geburt und Tod ausmachen“ (Ebd.: 35), zusammen.
2.4 Wege zum Glück
Glücklich zu sein ist der Wunsch der meisten Menschen. Wie ist es jedoch möglich, glücklich zu werden? Anleitungen lassen sich in Ratgebern, Zeitschriften und im Internet zu genüge finden. Pauschalisieren lassen sich solche Leitfäden jedoch nicht, da Glück - wie bereits beschrieben - äußerst subjektiv ist. Diese Subjektivität bezieht sich nicht nur auf die Aspekte, die einen jeden glücklich machen, sondern auch auf das Vorgehen, wie ein dauerhaft glücklicher Zustand im Sinne einer Glückseligkeit erreicht werden kann. Die volkstümliche Redewendung Jeder Mensch ist seines Glückes Schmied bezieht sich auf diesen subjektiven Weg zum Glück. Der Mensch ist motiviert, eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens im Hinblick auf den gewünschten Endzustand vorzunehmen. Mit der Motivation einhergehende Zustände wie beispielsweise Streben, Wollen, Bemühen, Wünschen oder Hoffen haben als Gemeinsamkeit die Komponente „einer aktivierenden Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand“ (Rheinberg 2004: 15). Aus diesem Zustand heraus lassen sich unterschiedliche Strategien und verschiedene Vorstellungen entwickeln, die dazu beitragen, das zuvor formulierte Ziel zu erreichen. Völlig unbegrenzte Selbstverwirklichung und Zielerreichungen sind allerdings nicht möglich, da Handlungen durch soziale Normen, Gesetze und Regeln beschränkt werden.
Viele Menschen nehmen an, dass sie glücklicher sind, wenn der positive Zielzustand ein höheres Gehalt, eine bessere Position im Beruf oder mehr Erfolg ist und knüpfen ihr persönliches Glücksempfinden an Bedingungen. Dass Erfolg glücklich macht, ist jedoch ein Trugschluss. Das Gegenteil ist der Fall. Shawn Achor, ein amerikanischer Autor und Redner, erläutert, dass glückliche Menschen erfolgreicher sind. Dem Autor zufolge arbeitet das Gehirn in einem glücklichen Zustand besser: Die Intelligenz nimmt zu, die Kreativität wird gefördert und das Energielevel ist höher. Das Gehirn ist durchschnittlich 31% produktiver als im unglücklichen Zustand. Achor bezieht dies zusätzlich auf verschiedene Berufsgruppen und erläutert, dass glückliche Ärzte zu 19% schneller und Verkäufer bis zu 37% besser arbeiten und höhere Umsätze generieren (vgl. Achor 2012). Das Fazit lautet, dass Menschen ohne Erfolg glücklich sein können. Dies ist Achor zufolge durch fünf Schritte möglich: Dankbarkeit für alles Positive eines Tages spüren, Tagebuch führen und Erfahrungen notieren, in denen man glücklich war, durch Bewegung gesund bleiben, durch Meditation Stress reduzieren und andere Menschen freundlich behandeln (vgl. Ebd.).
Ein ähnliches Konzept verfolgt der Psychologe Martin Seligman in seinem Buch Flourish, in dem er seine „Theorie des Wohlbefindens“ (Seligman 2011: 32) darstellt, die sich mit der Frage beschäftigt, welche Elemente das Leben lebenswerter machen und zu einem gesteigerten Wohlbefinden, welches grundlegend für die Empfindung von Glück ist, führen (vgl. Ebd.: 34). Diese Elemente fasst er unter dem Schlagwort PERMA zusammen. Die Bezeichnung ist ein Akronym und steht fürPositive Emotions,Engagement,Relationships,Meaning undAccomplishment.
Positive Emotionen sind Seligman zufolge alle positiv konnotierten Gefühle, wie zum Beispiel Freude, Dankbarkeit, Glück, Lust, Behaglichkeit oder Wärme. Diese Gefühle empfinden zu können, ist ein wesentliches Element der subjektiven Lebenszufriedenheit (vgl. Ebd.: 35). Unter Engagement versteht der Autor das Einbringen und Anwenden der individuellen Stärken und Kompetenzen, sodass ein „Flow“ herbeigeführt werden kann (vgl. Ebd.: 46). Flow ist ein erlebtes Gefühl, das einen Zustand bezeichnet, in dem jemand vollkommen in seiner Tätigkeit aufgeht und diese intensiv erlebt (vgl. Bucher 2018: 131 f.). Ein Beispiel für Flow ist das so genannte „Runners High“ bei Läuferinnen und Läufern. Durch die Laufbewegung wird das Gehirn besser durchblutet, sodass wichtige biochemische Substanzen besser transportiert werden können. Zu diesen Substanzen zählen die Hormone Cortisol, Dopamin und Endorphin. Cortisol wird als Stresshormon bezeichnet und durch sportliche Tätigkeiten schneller aus dem Gehirn abtransportiert. Dopamin wird durch Sport langsamer abgebaut und führt somit dazu, dass Aufmerksamkeit, Konzentration und andere geistige Fähigkeiten für längere Zeit auf einem hohen Niveau gehalten werden können. Zudem wird das Hormon Endorphin freigesetzt, das nach einer erschöpfenden sportlichen Leistung Glücksgefühle hervorruft (vgl. Ansorg 2018: 145). Durch diese biochemischen Prozesse wird ein extremer Zustand der Euphorie hervorgerufen, der Bucher zufolge, zu einer grundsätzlich glücklicheren Gestimmtheit führt (vgl. Bucher 2018: 136).
Das Element Relationships schließt verschiedene zwischenmenschliche Beziehungen ein, die unmittelbar mit dem eigenen Glücksempfinden korrelieren. Das Umgeben mit Freunden, der Familie oder dem Partner führt zu einem gesteigerten Wohlbefinden (vgl. Seligman 2011: 40). Seligman beschreibt diesen Umstand folgendermaßen:
Nur sehr wenig von dem, was positiv ist, ist einsam. Wann haben Sie das letzte Mal schallend gelacht? Wann haben Sie das letzte Mal unbeschreibliche Freude gefühlt? Wann haben Sie das letzte Mal Sinn und Bedeutung erfahren? Wann waren Sie das letzte Mal ungemein stolz auf eine Leistung? Auch ohne die näheren Umstände dieser Höhepunkte Ihres Lebens zu kennen, weiß ich doch, welche Form sie hatten: Sie alle ereigneten sich in Zusammenhang mit anderen Menschen (Ebd.).
Verbindungen und Beziehungen mit anderen Menschen verleihen dem Leben Sinn und Bedeutung (vgl. Ebd.: 36).
Der Aspekt Meaning befasst sich damit, Sinn in der eigenen Tätigkeit zu sehen, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und dem Leben eine Bedeutung zu geben (vgl. Ebd.: 35 f.).
Accomplishment ist das letzte Element des PERMA Modells, das sich mit der Zielerreichung beschäftigt. Das Gefühl, etwas erreicht zu haben, führt zu einem glücklicheren Zustand. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um berufliche, familiäre, sportliche oder andere Ziele, die man sich im Laufe des Lebens setzt, handelt. Allerdings wird die Erreichung dieser Ziele unter einem vorübergehenden Gesichtspunkt betrachtet (vgl. Ebd.: 38). Die Zielerreichung in der umfassenderen Erscheinungsform definiert Seligman als das „erfolgreiche Leben“ (Ebd.), das sich erst am Ende des Lebens überprüfen lässt.
Einen besonderen Einblick in Gedanken zum Thema Glück erhält die Australierin Bronnie Ware. Sie arbeitet als Palliativpflegerin und begleitet Menschen bis zum Tod (vgl. Ware 2013: 26). In Gesprächen mit den Sterbenden hört sie von Vorwürfen, die diese sich in Bezug auf ihr Leben machen und was sie glücklicher hätte machen können. In ihrem Buch 5 Dinge die Sterbende am meisten bereuen stellt sie eben jene vor. Neben dem Bereuen, zu viel gearbeitet zu haben, nicht das eigene Leben gelebt zu haben und nicht den Mut gehabt zu haben, die wahren Gefühle auszudrücken, schildert Ware zwei Fälle, in denen die Menschen sich des Glücks verwehrt haben. Die Autorin beschreibt eine Frau, die erst vor ihrem Tod realisiert, dass sie die Freiheit zu wählen hat. Zu wählen, welchen Weg sie gehen möchte, um ihr persönliches Glück zu finden (vgl. Ware). Diese Selbstbestimmtheit findet sich in Bellebaums Betrachtungsweise von Glück wieder. Dieser führt in seiner Glücksforschung Aktionismus als Weg zum Glücklichsein an und erklärt, dass Glück ein für jeden wählbares Gut und eine erlernbare Lebenskunst ist. Ein breites Spektrum verschiedener Verhaltensweisen und Aspekte unterstützten diesen Weg: Lachen, Musik hören, Akupunktur, Heirat, Freundschaft, Familie oder Askese (vgl. Bellebaum 2002: 30). Zudem beschreibt Ware eine Frau, die sich wünscht, dass sie den Kontakt zu Freunden aufrechterhalten und mehr Zeit in Freundschaften investiert hätte. Häufig sind es zwischenmenschliche Beziehungen, die eng mit dem persönlichen Glück verbunden sind.
It turns out that happiness brings with it multiple fringe benefits. Compared with their less happy peers, happier people are more sociable and energetic, more charitable and cooperative, and better liked by others. Not surprisingly then, happier people are more likely to get married and to stay married and to have richer networks of friends and social support (Lyubomirsky 2008: 33).
Inwieweit Glück und Freundschaft zusammenhängen, soll in Kapitel 3.4 näher betrachtet werden.
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- Quote paper
- Ronja Ernst (Author), 2022, Die Aktualität von Glückseligkeit durch Freundschaft nach Aristoteles und Epikur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191767
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