Dies ist eine schriftliche Lehrprobenausarbeitung an einer Berufsfachschule für Pflege zum Thema "Plegerische Versorgung bei erworbenen Hirnschädigungen - Schädel-Hirn-Trauma". Sie enthält eine Bedingungsanalyse, eine Einordnung des bisherigen Unterrichts, eine Sachanalyse, die Beschreibung der didaktisch-methodischen Struktur, eine Erläuterung der Ziele der Lehrprobe sowie das Artikulationsschema.
Inhaltsverzeichnis
1 Bedingungsanalyse
1.1 Lernende
1.2 Lehrende
1.3 Schule
1.4 Beziehung zur Lerngruppe
2 Bisheriger Unterricht
2.1 Einordnung der Unterrichtseinheit im Lehrplan und Curriculum
2.2 Überblick über die curriculare Einheit und Überleitung zur Lehrprobe
3 Sachanalyse
4 Didaktisch-methodische Struktur
4.1 Didaktische Analyse nach Wolfgang Klafki
4.2 Konsequenzen für die methodische Gestaltung der Unterrichtseinheit
4.3 Auswahl der einzelnen Lehr-Lern-Methoden
4.4 Wichtige Scharnierstellen und Übergänge
5 Ziele der Lehrprobe
6 Artikulationsschema
7 Reflexion
7.1 Zu den Lernsituationen
7.2 Zur Person der Lehrenden
7.3 Zu den Lernenden
7.4 Zeitplanung
7.5 Verständnis/ Transfer
7.6 Methoden und Medien
7.7 Für das nächste Mal
8 Literaturverzeichnis
9 Tabellenverzeichnis
10 Anhangsverzeichnis
Teile des Anhangs wurden aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Anmerkung zur vorliegenden Arbeit
Die nachfolgende Herangehensweise und Analyse der geplanten Unterrichtseinheit zur Lehrprobe orientiert sich an Oelke und Meyer (Oelke & Meyer, 2014, S. 261-269).
1 Bedingungsanalyse
1.1 Lernende
Die Zielgruppe der Lerneinheit ist der Kurs PF 20/23 A, die sich aktuell im zweiten Ausbildungsdrittel der Generalistischen Pflegeausbildung zur Pflegfachfrau oder zum Pflegefachmann befinden. Zum Kurs gehören 26 Auszubildende, 8 männliche und 18 weibliche. Die Altersspanne liegt zwischen 17 und 26 Jahren und beträgt im Mittel 21,3 Jahre. Alle Lernenden sind ledig und wohnen in Regensburg oder im nahen Umland. Bis auf zwei Auszubildende (Syrer und Bulgarin) besitzen alle die deutsche Staatsbürgerschaft. Bis auf der Lernende mit syrischer Staatsbürgerschaft, gibt es keine sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten und alle können dem Unterrichtsgeschehen zu jeder Zeit folgen. Der Lernende aus Syrien fragt bei unverständlichen Inhalten bei der Lehrkraft eigenständig nach. 24 Auszubildenden gehören der christlichen, einer der muslimischen und eine der orthodoxen Konfession an.
Die Lernenden haben am 1. September 2020 die Generalistische Pflegeausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann begonnen.
Der Kurs PF 20/23 A ist eine verhältnismäßig heterogene Lerngruppe. Das Leistungsniveau ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Schulabschlüsse sind unterschiedlich verteilt; eine Lernende besitzt den Hauptschulabschluss ohne Quali, 16 Auszubildende besitzen die mittlere Reife, vier haben die fachgebundene Fachhochschulreife und fünf einen allgemeinen Hochschulabschluss. Eine Auszubildende und ein Auszubildender haben die Ausbildung zum Krankenpflegehelfer/ -in vorher bereits absolviert und waren einige Jahre in der stationären Akutpflege tätig. Eine weitere Lernende hat vorher als Sozialbetreuerin/ Pflegefachhelferin und eine zweite als Medizinische Fachangestellte in einer Arztpraxis gearbeitet. Zwei angehende Pflegefachkräfte haben vor Beginn der Generalistischen Pflegeausbildung ein Studium im Bereich Betriebswirtschaft begonnen, aber nicht beendet.
Die Lehrende wird von den Lernenden in der Sie-Form angesprochen, die Lernenden duzen sich untereinander. Die cand. Pflegepädagogin spricht die Auszubildenden mit ihren Vornamen und in der Sie-Form an, das war der Wunsch der Lernenden aufgrund der teilweise schwierigen Familiennamen.
Das Klima innerhalb der Klasse wird von KollegInnen der Berufsfachschule als schwierig beschrieben. Aufgrund der einerseits langen Homeschooling-Phase am Anfang des ersten Ausbildungsdrittels, und nun des langen Einsatzes in der ambulanten Langzeitpflege, stationären Altenpflege und in den Sozialstationen hatte der Kurs PF 20/23 A keine Möglichkeit gehabt ein gutes Klassengefüge aufzubauen. Die Gruppe befindet sich immer noch in der Findungsphase. Auch in den letzten vier Wochen mussten immer wieder Auszubildende coronabedingt in Quarantäne geschickt werden. Bei einem guten Allgemeinbefinden, trotz Coronaerkrankung, nahmen die Lernende jedoch regelmäßig per Microsoft Teams am angebotenen Hybrid-Unterricht teil.
Im Unterricht sind sieben Auszubildende durch ihre mündliche Beteiligung am Unterricht sehr aktiv. Drei TeilnehmerInnen wirken sehr unauffällig und nehmen an Diskussionen und Gruppengesprächen kaum teil. Durch eine gezielte Ansprache können diese Lernenden in das Unterrichtsgeschehen mit einbezogen werden.
Die Auszubildenden zeigen eine starke Gruppenbildung. Bei Gruppenarbeiten werden immer dieselben PartnerInnen, meist nur die BanknachbarInnen, gewählt. Der Klassensprecher ist ein großes Bindeglied zwischen den Gruppen und zeigt sich als loyal und aufgeschlossen gegenüber MitschülerInnen und Lehrkräften. Die TeilnehmerInnen des Kurses zeigen eine ausgeprägte Anspruchshaltung an die PädagogInnen in Bezug auf den Ablauf des Unterrichts. Von allen drei Kursen im 2. Ausbildungsdrittel zeigt die Klasse PF 20/23 A das größte Interesse an digitalen Medien. Fast die Hälfte der Auszubildende möchte den Gebrauch von digitalen Medien im Unterricht nutzen, indem ihnen die Unterrichtsmaterialien per Microsoft Teams zur Verfügung gestellt werden. Sie bearbeiten diese auf ihren Tablets; Mitschriften und Präsentationen finden in digitaler Form statt.
Des Weiteren fordert der Kurs ein transparentes Verständnis für die Umsetzung der vermittelten, theoretischen Lerneinheiten in die Praxis. Sobald ein ausgeprägter Praxisbezug durch die PädagogInnen gegeben wird, zeigt die TeilnehmerInnen großes Interesse und es kommt zu einem sehr guten Austausch zwischen Auszubildenden und Lehrenden.
In der Klasse befinden sich drei „StörerInnen“, die immer wieder versuchen einige MitschülerInnen vom Unterrichtsgeschehen abzulenken. Diese geben bei Ansprache jedoch immer sehr gute und fachlich begründete Antworten. Es wird deutlich, dass diese Personen in der Pflegeausbildung unterfordert sind und sich langweilen. Wird das störende Verhalten angesprochen, versuchen die drei Lernenden meistens das Reden einzustellen.
Dennoch steckt in diesem Kurs ein großes Potenzial an zukünftigen Pflegefachkräften. Es gibt einen Großteil an sehr klugen und wissbegierigen Menschen, die sich rege am Unterrichtgeschehen beteiligen. Wenn die Auszubildenden sich sicher fühlen und merken, dass sie durch die Lehrkraft viel Wissen erfahren können, entsteht ein sehr guter fachlicher Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden. Einige Nutzen, wenn sie Lust haben, ihre Vorerfahrungen, geben diese preis und hinterfragen sogar Lehraspekte.
Im Kurs PF 20/23 A wurden bis jetzt viele Partner- und Gruppenarbeiten sowie auch klassischer Frontalunterricht durchgeführt. Im fachpraktischen Unterricht wurden ihnen Pflegetechniken gezeigt, die sie dann in Kleingruppen bzw. Partnerarbeit selbständig geübt haben.
Die Auszubildenden konnten bereits erste Erfahrungen zu den Themen Anatomie und Physiologie des zentralen und peripheren Nervensystems machen. Im bereits absolvierten Zeitraum ihrer Ausbildung haben die Lernenden keine PatientInnen mit mittelschwerem oder schwerem Schädel-Hirn-Trauma betreut, da der Einsatz auf Stroke Unit oder Intensivstation erst für das 3. Ausbildungsdrittel vorgesehen ist. Zwei Lernende haben bereits Erfahrungen, in ihrer vorherigen Tätigkeit im stationären Akutpflegebereich oder absolvierter Praktika, im Umgang mit Menschen mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma machen können. Da das bereits bestehende Fachwissen jedoch nicht unbedingt korrekt sein muss, muss dies möglicherweise während der Lerneinheit korrigiert werden.
1.2 Lehrende
Die Lehrende absolvierte 2010 ihr Examen zur Gesundheits- und Krankenpflegerin bei den Weißeritztal-Kliniken, im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Von 2010 bis 2020 arbeitete sie auf einer anästhesiologischen Intensivstation im Städtischen Klinikum München Neuperlach und vertiefte dort ihr fachliches Wissen. Von 2012 bis 2014 nahm die angehende Lehrkraft an der Fachweiterbildung für Anästhesie- und Intensivpflege teil. Anschließend schloss sie erfolgreich die Weiterbildung zur PraxisanleiterIn ab. Während ihrer Tätigkeit auf Intensivstation übernahm die Lehrende bereits die praktische Anleitung und Betreuung von neuen MitarbeiterInnen, FachweiterbildungsteilnehmerInnen, Auszubildenden, PraktikantInnen und HospitantInnen. Im März 2020 nahm sie die Tätigkeit als Zentrale PraxisanleiterIn im Krankenhaus Barmherzige Brüder gemeinnütziges Krankenhaus GmbH in Regensburg auf. Der Antritt der neuen Stelle brachte neue Aufgabenfelder mit sich: die konzeptionelle und curriculare Entwicklung von Lerninhalten, das Generieren von Lernsituationen, didaktische Aufarbeitung von kompetenzorientierten Lernangeboten und die Sicherstellung der praktischen Anleitung am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg. Im Hinblick auf die Aufgabengebiete in der Praxisanleitung konnten bereite vermittelte Lerninhalte des Pflegepädagogikstudiums angewandt werden.
Die Lehrende hat durch ihre langjährige Arbeit auf einer anästhesiologischen Intensivstation viele PatientInnen mit divers erworbenen Schädelverletzungen, von der Aufnahme bis zur Verlegung auf die chirurgische Wachstation oder die Frührehabilitation, betreut. Aus diesem Grund kann die Lehrkraft das Unterrichtsthema anschaulich, durch viele Beispiele aus ihrer praktischen Arbeit, darstellen und fühlt sich sicher im Thema. Die Auszubildenden werden während der Bearbeitung des Themas erkennen, dass der Umgang mit PatientInnen mit erworbenen Schädelverletzungen sehr komplex und viele Aspekte in der pflegerischen Versorgung beachtet werden müssen.
1.3 Schule
Die Lehrprobe findet an der privaten Berufsfachschule für Pflege statt. Die Berufsfachschule befindet sich auf dem Gelände des Klinikums der Barmherzigen Brüder gemeinnütziges Krankenhaus GmbH in Regensburg. Die Barmherzigen Brüder tragen Verantwortung für sechs Krankenhäuser: das Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg mit der Klinik St. Hedwig, das Paul-Gerhard-Haus in Regensburg, das Krankenhaus Barmherzige Brüder in München, das Krankenhaus St. Barbara in Schwandorf und das Klinikum St. Elisabeth in Straubing. Die private Berufsfachschule für Pflege bietet unter anderem die dreijährige Generalistische Pflegeausbildung zur staatlich geprüften Pflegefachfrau und zum staatlich geprüften Pflegefachmann an. Ausbildungsstart ist immer zum 1.
September. Im Jahr 2020 haben zum 1. September jeweils drei Kurse mit a 30 Auszubildenden begonnen. Insgesamt stehen 300 Ausbildungsplätze zur Verfügung. Im April 2020 und 2021 wurden die Kurse, aufgrund der seit 2020 in Kraft getretenen Pflegeberufereform und der daraus resultierenden neuen Entwicklung eines schulinternen Curriculums, ausgesetzt. Derzeit befinden sich drei Kurse in der auslaufenden Ausbildungsform zur/ zum Gesundheits- und KrankenpflegerIn und ein Kurs im Schulversuch der Generalistischen Ausbildung zur/ zum Pflegefachfrau/ Pflegefachmann. Die auslaufenden Kurse haben die Möglichkeit parallel zur Ausbildung den Studiengang Pflege Dual an der OTH in Regensburg zu absolvieren. An der Berufsfachschule sind derzeit 23 Lehrkräfte, eine Sekretärin und ein Sekretär beschäftigt. Vier der Lehrkräfte sind weitergebildete KollegInnen, die restliche Lehrerschaft hat einen akademischen Abschluss, entweder als Bachelor oder Master für Pflegepädagogik und Gesundheits- und Pflegewissenschaft. Fünf KollegInnen arbeiten in Vollzeit, die anderen sind teilzeitbeschäftigt. Eine Kollegin befindet sich momentan noch in Elternzeit. Zusätzlich gibt es noch eine Ärztin für die Themen Anatomie und Physiologie. Nebenamtliche DozentInnen aus der stationären Pflege und anderen Gesundheitsberufen unterstützen zusätzlich das Lehrerteam.
Die private Berufsfachschule wurde 1932 erbaut und fühlt sich besonders der Tradition der Vermittlung des christlichen Menschen- und Wertebildes verpflichtet (Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, 2021). Ziel ist es, während der Ausbildungszeit die Lernenden in allen menschlichen Dimensionen zu schulen.
Aufgrund des steigenden Bedarfs an zukünftigen Ausbildungsplätze in der Krankenpflege und des bereits sehr alten Schulgebäudes ist für 2024 ein Schulneubau, neben der aktuellen Schule, vorgesehen. Im Gebäude sollen dann die Schulen für Pflege, die operationstechnischen und anästhesietechnischen Assistenzberufe, sowie die Weiterbildungsberufe gemeinsam untergebracht werden. Geplant sind auch mehrere Simulationsräume für die theoretische und praktische Ausbildung.
In der Berufsfachschule gibt es fünf Unterrichtsräume und im Krankenhaus stehen noch weiter Seminarräume zur Verfügung. Die Klassenräume sind jeweils mit einer Tafel, einem Beamer, einem internetfähigen Computer, einer Dokumentenkamera und einer Pinnwand ausgestattet. Die Klassenräume sind schlicht, aber zweckmäßig eingerichtet.
Zusätzlich befindet sich ein kleines Skills Lab für den Theorie-Praxis-Transfer im Untergeschoss der Schule. Darin befindet sich ein Pflegebett mit einer Erwachsenen- Demopuppe, einem Kinderbett mit Baby-Demopuppe und Materialschränke. Des Weiteren befinden sich ein EDV-Raum mit 9 Computern und eine Bibliothek im Schulgebäude. Die Bibliothek ermöglicht den Zugang zu Pflegefachbüchern und - zeitschriften. Im gesamten Schulgebäude steht den Lernenden das freie Klinik- WLAN-Netz zur Verfügung. Im ersten Stock befinden sich die Lehrerbüros, die Büros der Schulleitungen, ein Lehrerzimmer und das Sekretariat. Im zweiten Stock befinden sich weitere Büros der Lehrkräfte sowie die Räumlichkeiten der Fachweiterbildung. Alle Lehrerbüros und die Klassenzimmer haben Zugang zum Netzwerk des Klinikums. Aufgrund von Sicherheitsbestimmungen können keine externen Datenquellen verwendet werden, der Internetzugang ist ebenfalls begrenzt nutzbar. Damit die Lernenden und auch Lehrenden ihre privat erarbeiteten Inhalte präsentieren bzw. korrigieren können, verwendet die Berufsfachschule die Software Microsoft Teams. Dadurch können Skripte bereits vor dem Unterricht hochgeladen und für die Lernenden bereitgestellt werden; aber auch während des Unterrichts können erarbeitete Dokumente und Ausarbeitungen für alle Lernenden zugänglich gemacht werden. Die Lernenden und ein Teil der Lehrkräfte fühlen sich sicher in der Anwendung des Programms Microsoft Teams.
1.4 Beziehung zur Lerngruppe
Die Lehrende lernt die Klasse am ersten Tag ihres fünfwöchigen Praktikums kennen und hospitierte beim Großteil ihrer Zeit in diesem Kurs bei verschiedenen Lehrkräften der Berufsfachschule. Darüber hinaus wurden vor der Lehrprobe bereits vier Unterrichtseinheiten bei der Zielgruppe abgehalten. Dadurch konnten sich Lernende und die Lehrende einen gegenseitigen Eindruck voneinander bilden. Ein ausführliches Kennenlernen zwischen Lernenden und Lehrender sowie die Dynamik und Beziehung in der Lerngruppe fand statt. Die im Voraus beschriebene Klassenstruktur und das teilweise sehr anstrengende Verhalten der Lernenden, erfuhr die Lehrende in ihrer ersten Unterrichtsdoppelstunde ebenso. Die Auszubildenden hatten die erste halbe Stunde kein Interesse sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen und ließen die Lehrkraft im Unterrichtsgespräch im Stich. Als allerdings der praktische Anteil mit pflegerischen Aspekten in der Unterrichtseinheit anstand, war eine rege Beteiligung der Klasse erkennbar und das „Eis war gebrochen“. In den nachfolgenden Lerneinheiten nahm die Lehrende eine homogene Klasse war, die Lust hatte ihren Ausführungen und Unterrichtsmethoden zu folgen. Sie zeigten sich als sehr wissbegierig, wenn es um Ausführungen aus der Praxis ging. In den weiteren Hospitationen und auch, dass die Lernenden das Gespräch mit der Lehrkraft suchten, um in den Diskurs zu gehen, gaben der Lehrkraft Zuversicht, dass eine guter Beziehungsaufbau stattgefunden hatte. Dies konnte durch ein schnell entstandenes, vertrauensvolles und wertschätzendes Verhältnis zwischen den Lernenden und der Lehrenden bestätigt werden. Die Kommunikation zwischen beiden Parteien war stets höflich und durch Respekt gekennzeichnet.
2 Bisheriger Unterricht
2.1 Einordnung der Unterrichtseinheit im Lehrplan und Curriculum
Die private Berufsfachschule der Barmherzigen Brüder Regensburg unterrichtet derzeit nach zwei Lehrplanrichtlinien. Seit dem Jahr 2020 gelten für die Lernenden mit Ausbildungsbeginn im Jahr 2020 die geforderten Inhalte des in Kraft getretenen Pflegeberufegesetz und der dafür geltende Rahmenausbildungsplan in Bayern. Die zweite Variante ist die auslaufende Lehrplanrichtlinie für die Berufsfachschulen für Krankenpflege und Kinderkrankenpflege in Bayern. Die Zielgruppe wird auf Grundlage der Bundesrahmenpläne der Fachkommission nach dem Pflegeberufegesetz ausgebildet. Aufgrund des neuen Pflegeberufegesetz von 2020 hat die private Berufsfachschule für Pflege in Regensburg ein eigenes schulinternes Curriculum entwickelt. Das neue Pflegeberufegesetz fordert eine kompetenzorientierte Pflegeausbildung, die in den Pflegeschulen durch entsprechend ausgerichtete Schulcurricula umgesetzt wird.
Die vorbereitete Lehrprobe ist Teil des Themenkomplexes „Pflege bei neurodegenerativen Erkrankungen“, der in der Curricularen Einheit (CE) 09 verortet ist. Das CE 09 beschäftigt sich mit „Menschen in der Lebensgestaltung lebensweltorientiert unterstützen“. Der Themenkomplex umfasst insgesamt 22 Stunden: sechs Stunden „neurodegenerativen Veränderungen ab dem jungen Erwachsenalter bis zum höheren Lebensalter“ (SHT, Hirnödem, Hirnblutungen, Becker-Kiener, Epilepsie als Unfallfolge, Meningitis, Multiple Sklerose, Chorea Huntington, Korsakow), acht Stunden „Pflege bei neurodegenerativen Erkrankungen“, inklusive Assessments und acht Stunden „Fallbezogene Pflege; Pflege bei Querschnitt, Pflege bei HIV, Coping, Beziehungsgestaltung, Biografiearbeit, Hilfsmittelversorgung, Lebensqualität, Familie als System“. Diese Inhalte werden in der Mitte bis zum Ende des 2. Ausbildungsdrittels vermittelt.
Tabelle 1: Lehrplanrichtlinien für die Berufsfachschule für Pflege - Curriculare Einheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Intention und Relevanz
Über die gesamte Lebensspanne sind Menschen zu einer individuellen und selbstbestimmten Gestaltung ihres Lebens aufgefordert. Die Individualität von Lebenswelten findet ihren Ausdruck in individuellen Lebensentwürfen und in einer individuellen Lebensgestaltung, die in einem hohen Maße von der persönlichen Lebensgeschichte bestimmt wird. Diese ist wiederum in historische, gesellschaftliche und kulturelle Gesamtzusammenhänge eingebunden und ohne diese nicht zu verstehen.
In Folge unterschiedlicher entwicklungsbedingter, funktionaler und/ oder gesundheitsbedingter Herausforderungen erleben und erleiden Menschen Veränderungen oder gar Zusammenbrüche ihrer filigranen Lebenswelten vielfach dann, wenn bislang bewährte Kompensationsmechanismen wegfallen. Lebenskrisen wie Pflegebedürftigkeit beeinflussen den Wissenserwerb, die soziale Integration, das Erleben von Solidarität und die Entwicklung personaler Identität. Vor diesem Hintergrund stellen auch ein Wechsel oder notwendige Umgestaltungen des Wohnraums und Wohnumfelds bedeutsame Zäsuren dar, in deren Folge Teile der individuellen Lebenswelt zusammenbrechen können und neugestaltet werden müssen. Ebenso müssen pflegende Bezugspersonen die eigenen Lebensentwürfe und die ihres Familiensystems neu ausrichten und situativ anpassen. Biografisch gewachsene Familiendynamiken verändern sich prozesshaft durch den Eintritt von Pflegebedürftigkeit.
Diese curriculare Einheit fokussiert solche Lebenssituationen, in denen beruflich Pflegende, die zu pflegenden Menschen und ihre Bezugspersonen bei der Bewältigung von Entwicklungsherausforderungen begleiten, unterstützen und beraten, um eine individuelle Lebensgestaltung zu ermöglichen. Die Anerkennung individueller Lebenswelten erfordert von den beruflich Pflegenden die Anknüpfung an de individuelle Lebensgeschichte, die Berücksichtigung der Selbsteinschätzung der Lebenssituation durch die zu pflegenden Menschen als Grundlage für eine Pflegepraxis, die sich an den individuellen Bedeutungszusammenhängen der zu Pflegenden orientiert und deren Selbstbestimmung respektiert. Pflegerische Beziehungsgestaltung und Aushandlungsprozesse sind durch die Einbindung der primären und sekundären sozialen Netze komplex und anspruchsvoll. Nicht selten stehen der stützenden und schützenden Funktion, insbesondere durch die primären sozialen Netze, Belastungen, Überlastungen und Rollenkonflikten der pflegenden Bezugspersonen gegenüber. Sie resultieren u. a. aus einer Rollenumkehr gegenüber Eltern und Schwiegereltern und in der SandwichGeneration aus den vielfältigen Ansprüchen aus Kindererziehung, Familie, Beruf und Pflege. Der Eintritt von Hilfs- und Pflegebedürftigkeit in Paarbeziehungen geht ebenfalls mit Herausforderungen einher, die eine Neuausrichtung der gemeinsamen Lebensentwürfe und Lebensgestaltung erfordern. Eine gelingende Balance zwischen den Ressourcen und positiven Wirkungen von sozialen Netzen einerseits und dem Belastungserleben und den Überforderungen andererseits ist entscheidend für eine tragfähige, langfristige und stabile familiale Pflegesituation und für den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden des gesamten Familiensystems.
In den ersten beiden Ausbildungsdritteln steht vor allem eine
lebensweltorientierte Pflegeprozessgestaltung mit dem zu pflegenden Menschen unter Berücksichtigung seines familialen Umfelds im Fokus. Schwerpunkte des letzten Ausbildungsdrittels sind
darüber hinaus das Unterstützungspotenzial durch Bezugspersonen und primäre sowie sekundäre soziale Netze. Dies erfordert eine Orientierung am Sozialraum und an den wichtigen Einrichtungen und Diensten, die Beratung und Unterstützung anbieten, um möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben im vertrauten und gewohnten Umfeld weiterzuführen. Für Angehörige der Pflegeberufe eröffnen sich hier - etwa in der Pflegeberatung - neue Handlungsfelder.
Die Lebensphasen von Kindern und Jugendlichen im Gegenstand der curricularen Einheit 10 „Entwicklung und Gesundheit in Kindheit und Jugend in Pflegesituationen fördern“. Zur Vermeidung größerer Schnittmengen sind diese Altersstufen nicht erneut Gegenstand der curricularen Einheit 09. Die curriculare Einheit 09 fokussiert vielmehr die unterschiedlichen Altersstufen vom jungen Erwachsenenalter bis in das höhere und hohe Lebensalter.
Bildungsziele
1./ 2. Ausbildungsdrittel
Die Auszubildenden reflektieren den Widerspruch zwischen Nah sein in der Pflegebeziehung und Fremdheitserleben in der Konfrontation mit Lebensentwürfen und Lebenswelten anderer Menschen. Sie setzen sich mit vorgeprägten Menschen- und Familienbildern sowie mit sog. Normalbiografien auseinander.
3. Ausbildungsdrittel
Die Auszubildenden entdecken das Spannungsverhältnis zwischen Erwartungen der Bevölkerung an das Gesundheits- und Sozialsystem bei Eintritt von Pflegebedürftigkeit und den gesellschaftlichen Erwartungen an die eigene und familiale Pflegebereitschaft.
Kompetenzen - 1./ 2.Ausbildungsdrittel (Anlage 1 PflAPrV)
Die Auszubildenden
- integrieren in ihr Pflegehandeln lebensweltorientierte Angebote zur Auseinandersetzung mit und Bewältigung von Pflegebedürftigkeit und ihren Folgen (I.1.g).
- erheben soziale und biografische Informationen des zu pflegenden Menschen und seines familiären Umfelds und identifizieren Ressourcen in der Lebensund Entwicklungsgestaltung (I.5.a).
- nutzen Angebote für Menschen verschiedener Altersgruppen zur sinnstiftenden Aktivität, kultureller Teilhabe, zum Lernen und Spielen und fördern damit die Lebensqualität und die umfassende Entwicklung in der Lebensspanne (I.5.b).
- berücksichtigen bei der Planung und Gestaltung von Alltagsaktivitäten die Bedürfnisse und Erwartungen, die kulturellen und religiösen Kontexte sowie die Lebens-und Entwicklungsphasen der zu pflegenden Menschen (I.5.c).
- identifizieren die Potenziale freiwilligen Engagements in verschiedenen Versorgungskontexten (I.5.d).
- wahren das Selbstbestimmungsrecht des zu pflegenden Menschen, insbesondere auch, wenn dieser in seiner Selbstbestimmungsfähigkeit eingeschränkt ist (I.6.a).
- verfügen über grundlegendes Wissen zu familiären Systemen und sozialen Netzwerken und schätzen deren Bedeutung für eine gelingende Zusammenarbeit mit dem professionellen Pflegesystem ein (I.6.d).
- bauen kurz- und langfristige Beziehungen mit Menschen unterschiedlicher Altersphasen und ihren Bezugspersonen auf und beachten dabei die Grundprinzipien von Empathie, Wertschätzung, Achtsamkeit und Kongruenz (II.1.b).
- erkennen grundlegende, insbesondere gesundheits-, alters- oder kulturbedingte Kommunikationsbarrieren und setzen unterstützende Maßnahmen ein, um diese zu überbrücken (II.1.e).
- beteiligen sich an der Organisation pflegerischer Arbeit (III.1.d).
- beteiligen sich an einer effektiven interdisziplinären Zusammenarbeit in der Versorgung und Behandlung und nehmen Probleme an institutionellen Schnittstellen wahr (III.3.a).
- verfügen über grundlegendes Wissen zu rechtlichen Zuständigkeiten und unterschiedlichen Abrechnungssystemen für stationäre, teilstationäre und ambulante Pflegesektoren (IV.2.d).
- begründen und reflektieren das Pflegehandeln kontinuierlich auf der Basis von ausgewählten zentralen pflege- und bezugswissenschaftlichen Theorien, Konzepten, Modellen und evidenzbasierten Studien (V.1.c).
- verstehen die Zusammenhänge zwischen den gesellschaftlichen, soziodemografischen und ökonomischen Veränderungen und der Berufsentwicklung (V.2.f).
Kompetenzen - 3.Ausbildungsdrittel (Anlage 2 PflAPrV)
Die Auszubildenden
- entwickeln mit Menschen aller Altersstufen und ihren Bezugspersonen und dem sozialen Netz altersentsprechende lebensweltorientierte Angebote zur Auseinandersetzung mit und Bewältigung von Pflegebedürftigkeit und ihren Folgen (I.1.g).
- erheben soziale, familiale und biografische Informationen sowie Unterstützungsmöglichkeiten durch Bezugspersonen und soziale Netzwerke bei Menschen aller Altersstufen und identifizieren Ressourcen und Herausforderungen in der Lebens- und Entwicklungsgestaltung (I.5.a).
- entwickeln gemeinsam mit Menschen aller Altersstufen und ihren Bezugspersonen Angebote zur sinnstiftenden Aktivität, zur kulturellen Teilhabe, zum Lernen und Spielen und fördern damit die Lebensqualität und die soziale Integration (I.5.b).
- berücksichtigen bei der Planung und Gestaltung von Alltagsaktivitäten die
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- Vivien Fankhänel (Author), 2022, Pflegerische Versorgung bei erworbenen Hirnschädigungen. Schriftliche Lehrprobenausarbeitung an einer Berufsfachschule für Pflege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1190557
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