Knapp 870 Millionen Hungernde gab es im Jahr 2007 in 80 Ländern der Welt1. Das entspricht ungefähr jedem siebten Menschen. In den westlich geprägten Ländern zeige eine von hundert Personen Symptome einer Ess-Störung. In zahlreichen Ländern der Welt sterben Menschen auf Grund von Nahrungsmittelknappheit.
In den westlich geprägten Ländern hat sich seit Ende des 19.
Jahrhunderts ein „neues“ Krankheitsbild entwickelt: die Magersucht (Anorexia nervosa). Dabei hungern sich Menschen trotz ausreichend vorhandener Nahrung selbst aus, teilweise zu Tode. „15% aller Magersüchtigen sterben an ihrer Krankheit, Heroinsüchtige haben eine höhere Überlebenschance“, berichtete das Magazin „Der Spiegel“ im September 2006.
Anorexia nervosa ist eine Variante der psychsomatischen Ess-Störungen. Als Krankheit beschrieben wurde sie Ende des 19. Jahrhunderts5. Seitdem steigt die Zahl der Anorektiker. Die Datenlage zu diesem Thema ist sehr lückenhaft. Der Spiegel berichtete 1985 von einer Verdreifachung der Ess-
Gestörten in Deutschland innerhalb eines Jahrzehnts. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlen weiterhin steigen. Laut Schätzungen seien 90% der Betroffenen Mädchen oder Frauen.
Anorexiekranke unterdrücken ihr Hungergefühl bewusst. Angetrieben sind sie dabei oft von einem tiefen Verlangen, mager zu sein. Selbstaushungerung ist ein paradoxes Phänomen mit morbiden
Zügen. In der Vergangenheit tauchten jedoch immer wieder Varianten der bewussten Nahrungsverweigerung auf: Religiöses Fasten, Hungerkünstler oder Hungerstreiks.
Heute treffen sich Anorexie-Kranke in Internet-Foren. Neben Selbsthilfegruppen, die versuchen konstruktiv gegen die Krankheit vorzugehen, gibt es auch so genannte Pro-Ana-Seiten. Dort bilden
Anorektiker Gemeinschaften und isolieren sich von der Außenwelt. Gemeinsam glorifizieren sie die Krankheit und ernennen sie zum Lifestyle.
Innerhalb eines Jahres, zwischen Februar 2006 und Februar 2007, starben drei Models an den Folgen ihrer Ess-Störung, die ihnen den Lebensunterhalt sicherte: Ana Carolina Reston, Eliana
Ramos und ihre Schwester Luisel.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Anorexia nervosa – eine Krankheit auf dem Vormarsch
- Die Krankheit Anorexia nervosa
- Arten von Ess-Störungen
- Exkurs: Der Body-Mass-Index
- Die Magersüchtigen
- Auswirkungen und Folgen der Anorexia nervosa im gesellschaftlichen Kontext
- Ursachen der Anorexia nervosa
- Essen und Körper im kulturellen Kontext
- Essen und Kultur
- Der Körper - zwischen Kultur und Natur
- Körperbilder
- Identität, Macht und der Blick der Anderen
- Medien und Körper
- Anorexia nervosa im Internet
- Pro-Ana
- Wiederkehrende Elemente in Pro-Ana-Foren
- Öffentliche Reaktionen auf Magersucht
- „Zweiunddreißig Kilo“ – eine Fotoserie von Yvonne Thein
- Modewelt und Magersucht
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen der Ess-Störungen, insbesondere der Anorexia nervosa, und ihrer kulturellen Einbettung. Sie untersucht die Ursachen und Folgen der Krankheit, sowie die Rolle von Kultur und Medien in ihrer Entstehung und Verbreitung.
- Die verschiedenen Formen von Ess-Störungen und ihre Symptome
- Die Bedeutung von Körperbildern und kulturellen Normen für die Entstehung von Ess-Störungen
- Der Einfluss von Medien auf die Wahrnehmung des Körpers und die Verbreitung von Ess-Störungen
- Die Rolle des Internets und von Pro-Ana-Foren in der Gemeinschaft von Anorexiekranken
- Öffentliche Reaktionen auf Magersucht und die (Körper-)politische Diskussion um Ess-Störungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Ess-Störungen ein und beleuchtet die wachsende Bedeutung der Anorexia nervosa als Krankheit in westlich geprägten Ländern. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Anorexia nervosa im Detail, beschreibt ihre Symptome und Ursachen und geht auf die Auswirkungen der Krankheit im gesellschaftlichen Kontext ein. Im dritten Kapitel wird der Zusammenhang zwischen Essen, Körper und Kultur betrachtet, wobei insbesondere die Rolle von Körperbildern und Medien in der Entstehung von Ess-Störungen beleuchtet wird. Das vierte Kapitel widmet sich der Anorexia nervosa im Internet und der Entstehung von Pro-Ana-Foren, die von Anorexiekranken genutzt werden. Das fünfte Kapitel zeigt öffentliche Reaktionen auf Magersucht auf, wie beispielsweise die Fotoserie „Zweiunddreißig Kilo“ von Yvonne Thein.
Schlüsselwörter
Ess-Störungen, Anorexia nervosa, Magersucht, Körperbild, Kultur, Medien, Internet, Pro-Ana, öffentliche Reaktionen, Modewelt, (Körper-)politik.
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- Alexandra Appel (Autor), 2008, Verhungern im Überfluss, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118995