Der Begriff “Frühförderung“ ist erst im Jahre 1974 durch die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ zum übergeordneten Begriff der frühen Hilfen in Deutschland geworden. Er fungiert als Oberbegriff für die Gesamtaufgabe der Früherkennung, Diagnostik, Therapie/Förderung, Elternberatung und Vernetzungsarbeit im komplexen System Frühförderung (vgl. THURMAIR & NAGGL 2000, 14).
Sie bezieht sich also hauptsächlich auf Kinder mit Beeinträchtigung und / oder
Entwicklungsstörungen, die in der allgemeinen Früherziehung nicht angemessen
gefördert werden können“ (VERNOOIJ 2005, 121).
Inhaltsverzeichnis
1. Frühförderung in Deutschland
1.1 Einführung
1.2 Aufgabenbereiche der Frühförderung
1.2.1 Frühdiagnostik
1.2.2 Früherkennung und Früherfassung
1.2.3 Therapie und Förderung
1.3 Institutionen
1.3.1 Kinderärzte in freier Praxis
1.3.2 Frühförderstellen
1.3.3 Sozialpädiatrische Zentren
2. Möglichkeiten
2.1 „Frühe Hilfen sind wirksame Hilfen“
2.2 Beratung und Unterstützung der Familie
2.3 Soziale Integration
3. Probleme
3.1 Zusammenarbeit mit den Eltern
3.2 Probleme auf Seiten der Eltern bzw. der Mutter
3.3 Probleme auf Seiten des Therapeuten
3.4 Probleme auf Seiten des Vaters bzw. der gesunden Geschwister
3.5 Probleme bezüglich der Zusammenarbeit mit sozial schwachen Familien
3.6 Probleme auf der emotionalen und sozialen Ebene des Kindes
4. Resumée und Ausblick
5. Literatur
1. Frühförderung in Deutschland
1.1 Einführung
Der Begriff “Frühförderung“ ist erst im Jahre 1974 durch die Empfehlungen des Deutschen Bildungsrates „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ zum übergeordneten Begriff der frühen Hilfen in Deutschland geworden. Er fungiert als Oberbegriff für die Gesamtaufgabe der Früherkennung, Diagnostik, Therapie/Förderung, Elternberatung und Vernetzungsarbeit im komplexen System Frühförderung (vgl. THURMAIR & NAGGL 2000, 14).
Sie bezieht sich also hauptsächlich auf Kinder mit Beeinträchtigung und / oder Entwicklungsstörungen, die in der allgemeinen Früherziehung nicht angemessen gefördert werden können“ (VERNOOIJ 2005, 121).
Besonderer Wert wird auch auf die Ganzheitlichkeit mit Einbeziehung der Familie und die Interdisziplinarität als Grundleitlinien der Frühförderung in Deutschland gelegt.
Frühförderung ist ein Angebot von verschiedenen spezifischen, fachlichen und menschlichen Hilfen für Kinder im Säuglings- , Kleinkind – und Kindergartenalter (vgl. ebd.). Fachkräfte verschiedener Bereiche arbeiten kooperativ miteinander. Außerdem soll Frühförderung Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie soll auch Eltern helfen, deren Kinder Entwicklungsstörungen im kognitiven, motorischen, sensorischen, kommunikativen, emotionalen Bereich haben.
Ich werde in dieser Arbeit das Frühfördersystem in Deutschland vorstellen, ebenso die Möglichkeiten, die es zweifellos für betroffene Familien bietet, aber auch auf die Probleme, die gerade durch die Frühförderung verstärkt auftreten können.
1.2 Aufgabenbereiche der Frühförderung
Die Aufgabenfelder der Frühförderung spiegeln sich vielfältig in den einzelnen Berufsgruppen der ärztlichen, medizinisch-therapeutischen, psychologischen, pädagogischen und sozialen Fachkräfte wider. Die fachlichen Einzelaufgaben müssen jedoch in ein Gesamtkonzept zusammengeführt werden, um der ganzheitlichen Förderung des Kindes gerecht werden zu können.
1.2.1 Frühdiagnostik
Sonderpädagogische bzw. Psychologische Diagnostik zielt darauf ab, einen Überblick über den allgemeinen Entwicklungsstand des Kindes zu erhalten, in den Bereichen Motorik, Wahrnehmung, Denken, Sprache und sozio-emotionale Muster (vgl. VERNOOIJ 2005, 149f). Die Frühförderung wendet sich also an Kinder, die beispielsweise nicht- oder nur wenig sprechen, wenig Interesse am Spiel zeigen, oder ständig das Gleiche spielen, die Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht haben, berührungsempfindlich sind, extrem ängstlich oder sehr unruhig. Sie wendet sich auch an Kinder, die zu früh geboren sind bzw. die durch komplizierte Schwangerschaft von Behinderung bedroht sind (vgl. FORNEFELD 2000, 89).
Die Diagnostik in der Frühförderung umfasst die medizinisch-therapeutische, die psycho-logisch-pädagogische und die heilpädagogische Diagnostik. Durch Vorsorgeuntersuchungen bzw. bei regelmäßigen Entwicklungskontrollen soll hier eine mögliche Abweichung von der Norm festgestellt werden. Medizinisch gesehen bedeutet Diagnose die zweifelsfreie Zuordnung einer gesundheitlichen Störung zu einem Krankheitsbegriff. Unter dem psychologischen Aspekt bedeutet Diagnose die Feststellung und Klassifikation von bestimmten Verhaltensauffälligkeiten und den zugrundeliegenden Ursachen und Symptomen (vgl. VERNOOIJ 2005, 147).
Die diagnostische Verantwortung sollte nicht nur einer Berufsgruppe allein zugeschrieben werden, da ein kontinuierliches Zusammenwirken der verschiedenen Berufsgruppen in Bezug auf die diagnostischen Sichtweisen von großer Bedeutung ist. So ist eine interdisziplinäre Diagnostik erforderlich, da die Komplexleistung der Früherkennung und Frühförderung die Grundlage für die Erstellung eines Förder- und Behandlungsplanes darstellt, außerdem sind in der frühen Kindheit die physische und die psychische Ebene eng miteinander verknüpft. Bevor aber gezielte Frühfördermaßnahmen möglich sind, ist eine gründliche Erfassung der Störungen und ihrer Ursachen nötig, dann kann eine "Eingangsdiagnostik" bzw. "Aufnahme -
diagnostik" erstellt werden. Die Diagnostik prüft auch die Fördertätigkeit und begleitet den Prozess der Frühförderung, in diesem Zusammenhang spricht man von "Verlaufs- oder Entwicklungsdiagnostik“. Vor dem Übergang in die Schule oder andere Institutionen wird noch eine "Abschlussdiagnostik" erstellt. Die Aufgaben des Arztes im Bereich der Diagnostik sind, die medizinische Betreuung, die medikamentöse Behandlung, die Verordnung von Diäten und konservative oder operative Maßnahmen in der Behandlung von Seh- und Hör-störungen. Heute wird außerdem Wert darauf gelegt, dass die Ganzheitlichkeit des Kindes berücksichtigt wird und des Prozess der Diagnose nicht so defizitorientiert ist, um die Autonomie und Selbstgestaltung zu berücksichtigen wurden Formen der "alltagsorientierten Förderdiagnostik" und "verstehenden Diagnostik" in den Vordergrund gestellt. Diese richten sich nicht vorrangig auf Krankheitssymptome des Kindes, sondern hebt "übersehene" Kompetenzen des Kindes hervor. Es sind also multivariate Diagnoseansätze erforderlich, die die individuelle Situation des Kindes in seiner Familie und seiner unmittelbaren Lebenswelt in besonderer Weise berücksichtigen.
1.2.2 Früherkennung und Früherfassung
Früherkennung von Entwicklungsverzögerungen sowie von drohenden oder bestehenden Behinderungen ist Vorraussetzung dafür, dass die erforderlichen therapeutischen und pä-dagogischen Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden können (vgl. SCHMUTZLER 2000, 115).
Den größten Teil der Vorsorgeuntersuchungen führen die niedergelassenen Kinderärzte durch, deshalb kommt ihnen bei der Früherkennung die primäre Rolle zu. Aber auch Eltern, Angehörige und alle an der Frühförderung beteiligten Fachleute und Einrichtungen wirken mit. Die Untersuchungen in den ersten beiden Lebensjahren sind seit 1971 im Bundesgesetz festgelegt. Sie umfassen zehn Untersuchungen. Für alle Kinder ist das Programm zwar kostenlos, aber nicht verpflichtend. Die erste Untersuchung wird unmittelbar nach der Geburt vorgenommen. Die körperliche und die geistige Entwicklung des Kindes wird bei den Untersuchungen geprüft. Ärzte achten also u.a. auf: Störungen in der Neugeborenenperiode, Angeborene Stoffwechselstörungen, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Sinnes-, Atmungs-, und Verdauungsorgane, Zähne, Kiefer und Mund, Skelett und Muskulatur. Neben den Vorsorgeuntersuchungen sollten zwei Screeninguntersuchungen bei allen Kindern durchgeführt werden, die erste ist ein Stoffwechseltest auf Phenylketonurie (PKU) und Schilddrüsenerkrankungen, die am fünften Lebenstag des Säuglings durchgeführt wird und die zweite Screeninguntersuchung ist die Hüftsonografie, die im Alter von der vierten bis zur sechsten Lebenswoche durchgeführt werden sollte.
Dennoch werden die Vorsorgeuntersuchungen oftmals von den Familien nicht wahr-genommen. Ursache dafür ist, dass die aktive Mitarbeit der Eltern erfordert wird, da sie die Praxen aufsuchen müssen, bei den Familien aus unterprivilegierten Schichten mangelt es oftmals an der nötigen Initiative die freiwilligen Angebote in Anspruch zu nehmen (vgl. VERNOOIJ 2005, 145). Die Tatsache der fehlenden Vorsorgeuntersuchungen wird allerdings auch in den mittleren und oberen Schichten beobachtet. Ein weiteres Problem ist, dass die Qualität der Vorsorgeuntersuchungen von der Qualifikation des Untersuchenden abhängt. Defizite bestehen diesbezüglich noch in der ärztlichen Aus- und Weiterbildung. Außerdem werden 20% der Früherkennungsuntersuchungen mangels Kinderärzten in ländlichen Gebieten häufig von Allgemeinärzten durchgeführt, die weder Vergleichsmöglichkeiten noch die notwendigen Erfahrungen haben, um Entwicklungsverzögerungen des Kindes rechtzeitig erkennen und behandeln zu können .
1.2.3 Therapie und Förderung
In den vergangenen Jahren wurden viele Förderkonzepte entwickelt, derzeit gibt es je nach Berufsgruppe eine große Vielfalt der medizinisch - therapeutischen, psychologischen und pädagogischen Methoden ( vgl. SCHMUTZLER 2000, 116f./ 134ff). Sie richten sich an die Wahrnehmung, die Motorik und die Sprache des Kindes, durch sie soll die Forderung nach einer ganzheitlichen Förderung realisiert werden. In der Praxis wählen die Pädagogen aus der Fülle von Konzepten die aus, die ihm für die kindliche Entwicklung am geeignetsten erscheinen und passen sie an die individuellen Erfahrungen und Lebenssituation des Kindes an. Die Medizinisch-therapeutischen Fördermethoden gliedern sich in Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Mototherapie.
Die Aufgabe der Physiotherapie (der Krankengymnastik) konzentriert sich auf die Sensormotorik mit Haltungskontrolle und motorischem Lernen, die Koordination, die Atmung, Nahrungsaufnahme, Eigenregulation und Durchblutung. Außerdem die Beweglich- keit, Kraft und Ausdauer, die Schmerzlinderung, sowie die Hilfsmittelversorgung, -anpassung und – schulung (vgl. THURMAIR & NAGGL 2000, 152).
In der Ergotherapie, (Beschäftigungstherapie) steht die Entwicklung der feinmotorischen Fähigkeiten und der Wahrnehmung im Mittelpunkt. Die Förderziele richten sich auf die Alltagsbewältigung und Handlungskompetenz, die Selbständigkeit; die Grob- und Feinmotorik, Koordination, Kraft und Ausdauer. Auch die Wahrnehmungsverarbeitung, eigene Körperwahrnehmung und die Sensibilität, sowie kognitive Funktionen, sozio - emotionale Kompetenzen, Interaktionsfähigkeit und Ausdrucksverhalten werden geschult (vgl. THURMAIR & NAGGL 2000, 153).
Die Logopädie (Sprachtherapie) zielt auf die Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit des Kindes ab. Dabei lernt das Kind, wie es seine Gefühle und Bedürfnisse durch Gestik, Mimik und Sprache ausdrücken kann. Hauptaufgaben der Logopäden liegen in der Atmung, der Haltung, dem Tonus, der Sprech- und Schluckmotorik und Wahrnehmung sowie der Artikulation und Lautbildung, dem Sprechablauf, dem Sprachverständnis und der Sprach-produktion. Des weiteren sollen die Hirnleistung und Konzentration, das Sprachgedächtnis und die Kommunikationsfähigkeit gefördert werden (vgl. THURMAIR & NAGGL 2000, 153).
Die Mototherapie ist eine Form der Pädagogik, die sich als Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse versteht. Sie richtet sich auf die Erweiterung der Bewegungs-möglichkeiten des Kindes und die Vergrößerung seines Erfahrungs- und Handlungs-spielraums.
Die psychologische Behandlung umfasst den Aufbau kognitiver Kompetenzen und Lernförderung, den Aufbau von Handlungskompetenz und Alltagsfertigkeiten und die allgemeine Entwicklungsförderung. Außerdem werden einzelne differenzierte und vertiefte Therapien verwendet, wie die Spieltherapie, zur Entwicklung der Spielfähigkeit und zur Behandlung psychosozialer Störungen, zur Wiederherstellung des emotionalen Erlebniszusammenhanges über die Wahrnehmung und Akzeptanz der eigenen Gefühle und der Gefühle anderer.
Die Musiktherapie, z.B. als ein Zusatzverfahren zur Entwicklung des Körperschemas und der Raumorientierung oder als ein Weg für die Unterstützung der Mutter-Kind-Bindung durch frühe musikalische Intervention. Und die Schwimmtherapie, hierbei werden die hydraulischen Eigenschaften des Wassers, also weniger Kraftaufwand für das Kind, zur Nutzung der Bewegungsförderung herangezogen (vgl. SCHMUTZLER 2000,171f).
In der Frühförderungspraxis handelt es sich bei den pädagogischen Fördermaßnahmen viel-fach um die heilpädagogische Entwicklungsförderung (vgl.THURMAIR&NAGGL 2000, 153f).
Einige Arbeitsschwerpunkte wären zum Beispiel der Schwerpunkt „Bewegung“, welcher eine psychomotorische Entwicklungsförderung darstellt, diese Form der Förderung soll Bewegungsfreude vermitteln, Bewegungskompetenz, Gelenkigkeit, Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer, Schnelligkeit und eine richtige Atmung und Haltung (vgl.SCHMUTZLER 2000, 154).
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