Leo et catulus simul exterminabunt onagrum - „Der Löwe und sein Welpe werden gemeinsam den
Wildesel vertreiben.“
In der Relatio de legatione Constantinopolitana des Liutprand von Cremona spielt dieser Satz eine
entscheidende Rolle und bildet zugleich die Spitze einer thematischen Klimax, die die Niedertracht
des byzantinischen Kaisers auf der einen, die Glorie des liudolfingisch-ottonischen Herrscherhauses
auf der anderen Seite darzulegen beabsichtigt.
Was auf den ersten Blick trivial erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als überaus
vielschichtig und fassettenreich. Bischof Liutprand, der zwecks der Vermittlung einer kaiserlichen
Heirat nach Konstantinopel geschickt worden war, gibt in den Kapitel 39-41 nicht nur einen
weiteren unmissverständlichen Eindruck seiner politischen Loyalität, sondern transferiert eine
byzantinische Apokalyptik in den katholischen Westen, die dort bis dahin weitgehend unbekannt
war.
Seit dem neunzehnten Jahrhundert wurde der Gesandtschaftsbericht des Cremonenser Bischofs
unter dem Gesichtspunkt seiner historischen Authentizität betrachtet. Zeitweise sogar, als für die
Geschichtswissenschaft nicht zu gebrauchen, abgetan, fand in diesem vornehmlich die Polemik des
Verfassers gegen den byzantinischen Kaiser Nikephoros II. Phokas Beachtung. Allzu häufig wurden
hierbei Liutprands Beschwerden über die byzantinischen Speisen als pars pro toto zitiert.
Die Darlegung, Kommentierung und Interpretation griechischer und römischer Visiones fanden in
der Forschung dagegen wenig Aufmerksamkeit. Einzig Johannes Koder und Thomas Weber
(Liutprand von Cremona in Konstantinopel. Untersuchungen zum griechischen Sprachschatz und zu
realienkundlichen Aussagen in seinen Werken), sowie der 2000 erschienener Aufsatz von Wolfgang
Brandes „Liudprand von Cremona (Legatio Cap. 39-41) und eine bisher unbeachtete west-östliche
Korrespondenz über die Bedeutung des Jahres 1000 A. D.“ beschäftigten sich eingehender mit der
Problematik der Prophetie.
Inhaltsverzeichnis
- 2. Die Relatio de Legatione Constantinopolitana und ihre Einbettung in die Historie
- 3. Kapitel 37-38 - Der Tiergarten und das Geschenk des Kaisers
- 4. Leo et catulus contra onagrum – Die Prophetien in den Kapiteln 39-41
- 4. 1. Kapitel 39 – Nikephoros' Krieg gegen die Araber
- 4. 2. Kapitel 40 – Der Löwe und sein Welpe
- 4. 3. Kapitel 41 – Liutprandi Cremonensis episcopi interpretationem
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Kapitel 39-41 der Relatio de Legatione Constantinopolitana von Liutprand von Cremona. Sie zielt darauf ab, die in diesen Kapiteln enthaltenen Prophezeiungen zu interpretieren und deren Bedeutung für Liutprands politische Loyalität und die west-östliche Korrespondenz im 10. Jahrhundert zu beleuchten.
- Interpretation der Prophezeiungen im Kontext der historischen Situation
- Liutprands Deutung der Prophezeiungen und seine Motive
- Die Rolle der byzantinischen Apokalyptik im Westen
- Die politische und ideologische Dimension der Gesandtschaftsreise
- Liutprands Verhältnis zu Kaiser Nikephoros II. Phokas
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 39 beschreibt Nikephoros II. Phokas' Krieg gegen die Araber und interpretiert diesen im Kontext einer Prophezeiung. Kapitel 40 beleuchtet die Prophezeiung vom Löwen und seinem Welpen, die den byzantinischen Kaiser als den Wildesel deutet. Kapitel 41 bietet Liutprands eigene Interpretation der Prophezeiungen und verweist auf die Bedeutung des Jahres 1000 A. D.
Schlüsselwörter
Liutprand von Cremona, Relatio de Legatione Constantinopolitana, Prophezeiungen, Apokalyptik, Byzanz, Byzantinisches Reich, Nikephoros II. Phokas, Otto I., Otto II., West-Östliche Beziehungen, 10. Jahrhundert, Geschichte.
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- Janis Witowski (Author), 2008, Polemik und Prophetie bei Liutprand von Cremona, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118804