Das Thema „Armut und Reichtum“ bzw. „Arme und Reiche“ hat ein besonderes Gewicht im Evangelium des Lukas. Kein anderer Evangelist zeigt so großes Interesse an der Beschäftigung mit der Sozialen Frage. Dies wird u. a. daran deutlich, dass in den Evangelien nur bei Lukas die öffentliche Verkündigung Jesu mit der Predigt in Nazareth beginnt , die besagt, Jesus sei von Gott gesandt, um den Armen das Evangelium zu verkündigen .
Das lukanische Interesse zeigt sich in den verschiedensten Aussagen über dieses Thema im Lukasevangelium und in der Apostelgeschichte. Zum einen beurteilt Lukas die Armen oft positiv, z. B.: „Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer“ und weiterhin an zahlreichen anderen Stellen . Zum anderen übt er häufig Kritik an den Reichen, dem Reichtum an sich und warnt vor Habsucht . Diese Kritik nimmt später LUTHER auf, wenn er, als einer der ersten Theologen, die den beginnenden Frühkapitalismus wahrnehmen, in einer Katechismuspredigt zum ersten Gebot die Gegenüberstellung von Gott und Geld vornimmt und sagt: „Du wirst wenige finden, die nicht dem Mammon zum Gott haben. Sie trauen Gold mehr als Gott […]“ .
Weiterhin betont Lukas oft den Besitzverzicht der Jünger in der Nachfolge Jesu sowie auch die strengen Ausrüstungsregeln der Boten Jesu. So werden nach BÖTTRICH „die Boten des Evangelium […] mit ihrem radikalen Verzicht nicht auf ein Ideal verpflichtet, sondern zu zeichenhaftem Verhalten aufgefordert“ . Außerdem finden sich im lukanischen Doppelwerk zahlreiche Aussagen zur Freigiebigkeit . Letztlich ist Lukas der einzige der neutestamentlichen Autoren, der die Gütergemeinschaft in der Urgemeinde beschreibt . MINESHIGE stellt dazu fest, dass „diese Stellen [...] zwar meistens nicht von Lukas selbst“ stammen, „sondern aus Traditionen, aber schon die Tatsache, dass Lukas in einem auffallenden Ausmaß Traditionsstoffe über Armut und Reichtum übernommen hat, macht sein besonderes Interesse an diesem Thema deutlich“ .
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Soziale Schichten zur Zeit der Entstehung des lukanischen Doppelwerkes
- Römisches Imperium
- Neutestamentliche Zeugnisse
- Das lukanische Verhältnis zu Armut und Reichtum
- Die Armen
- Die Reichen
- Arm und Reich - Umkehrung der Verhältnisse
- Lobgesang der Maria
- Seligpreisungen und Weherufe
- Der reiche Mann und arme Lazarus
- Exegese zu Lk 16, 14 - 31
- Synchrone Exegese
- Diachrone Exegese
- Das Ziel des Textes
- Ergebnisse der Untersuchungen
- Besitzverzicht
- Gütergemeinschaft der Urgemeinde
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema „Armut und Reichtum“ im Lukasevangelium und der Apostelgeschichte. Sie untersucht das lukanische Verhältnis zu Armen und Reichen, analysiert seine Bewertung von Armut und Reichtum und zeichnet das Idealbild der Gütergemeinschaft in der Urgemeinde.
- Das lukanische Verständnis von Armut und Reichtum
- Die soziale Situation zur Zeit der Entstehung des lukanischen Doppelwerkes
- Die Rolle von Besitzverzicht und Gütergemeinschaft in der Nachfolge Jesu
- Die Exegese von Lukas 16, 19-31 als Beispiel für das lukanische Verhältnis zu Armen und Reichen
- Die Bedeutung des Themas für die heutige Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema „Armut und Reichtum“ im Lukasevangelium ein und beleuchtet die besondere Bedeutung dieses Themas für Lukas.
Kapitel 2 beschreibt die soziale Situation im Römischen Reich zur Zeit der Entstehung des lukanischen Doppelwerkes und zeigt die verschiedenen sozialen Schichten und die Bedeutung von Reichtum und Armut in diesem Kontext.
Kapitel 3 analysiert das lukanische Verhältnis zu Armut und Reichtum und beleuchtet die positive Bewertung der Armen und die Kritik an den Reichen im Lukasevangelium.
Kapitel 4 untersucht die Umkehrung der Verhältnisse zwischen Arm und Reich im Lukasevangelium anhand der Seligpreisungen und Weherufe sowie der Parabel vom reichen Mann und armen Lazarus.
Kapitel 5 und 6 behandeln die Themen Besitzverzicht und Gütergemeinschaft in der Urgemeinde und zeigen, wie Lukas diese Themen mit der lukanischen Botschaft von der Nachfolge Jesu verbindet.
Schlüsselwörter
Armut, Reichtum, Lukas, Evangelium, Apostelgeschichte, Besitzverzicht, Gütergemeinschaft, soziale Gerechtigkeit, Nachfolge Jesu, Exegese, Lk 16, 19-31.
- Quote paper
- Gunnar Schulze (Author), 2002, Das lukanische Verhältnis zu den Armen und den Reichen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118734