„Ein Vorwort ist für ein Buch so wichtig und so hübsch wie ein Vorgarten für ein Haus.“ Erich Kästner gilt bis heute als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Kinderbuchautoren. Kästners nationaler und internationaler Erfolg wird wohl nur von den Gebrüdern Grimm und ihrer Sammlung deutscher Volksmärchen übertroffen. Seine Kinderbücher wurden in über 60 Sprachen übersetzt und erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit. Werke wie „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Das doppelte Lottchen“ oder die Nacherzählungen „Münchhausen“, „Till Eulenspiegel“ und „Der gestiefelte Kater“ haben weder an Aktualität der behandelten thematischen Stoffe noch an Spannung und Unterhaltsamkeit eingebüßt. Dass über seinen Erfolg als Kinderbuchautor, Kästners allgemeinliterarisches Werk oft in Vergessenheit gerät und er gerade im Ausland lediglich als Kinderbuchautor angesehen wird, ist in gewisser Weise bedauerlich, denn seine Zeitungsartikel, Gedichte, Chansons, Kabarettstücke und vor allem sein weltbekanntes Werk „Fabian. Die Geschichte eines Moralisten“, verdeutlichen die Vielfältigkeit und literarische Größe des Asphaltliteraten und Gebrauchslyrikers. Doch im rechten Licht betrachtet, schmälert dies keineswegs die literarischen Leistungen Erich Kästners, der mit Fug und Recht als ein exemplarischer Autor des 20. Jahrhunderts angesehen werden kann. Im Bewusstsein um sein vielseitiges Wirken als sprachgewandter Satiriker, Moralist, Gesellschaftskritiker und Utopist beschäftigt sich die vorliegende Arbeit dennoch primär mit Kästners Schaffen als Kinderbuchautor. Dies erfolgt im Kontext und unter Berücksichtigung der gesellschaftlich-moralischen und pädagogisch-politischen Vorstellungen die Kästner in seinen Kinder- und Jugendbüchern vermitteln wollte. Dass es Kästner dabei um mehr ging als einzig und allein unterhaltende Lektüre für Kinder zu verfassen, zeigt sich vor allem in seinen Kinder- und Jugendbüchern der Nachkriegszeit. So bilden diese Jahre auch den Rahmen für die Analyse der konzeptionellen Idee, die sich hinter den Werken Kästners verbirgt. Gerade in der Nachkriegszeit zeigt sich das Vakuum an anspruchsvoller und zeitgerechter Kinder- und Jugendliteratur, die mit modernen pädagogischen Konzepten und erzähltheoretischen Innovationen den Zeitgeist und Geschmack der Heranwachsenden einzufangen vermochte. Kästner gehört zu den wenigen Literaten der Zeit, die diesen Anforderungen im Großen und Ganzen gerecht werden konnten.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Situation der Kinder- und Jugendliteratur in der Nachkriegszeit
- 3. Zwischen Wandel und Kontinuität - Erich Kästner als Erzähler und Erzieher nach 1945
- 3.1. Erich Kästners Welt- und Menschenbild im Kontext seiner Kinder- und Jugendliteratur
- 3.2. Kästner als Erzähler: „Das doppelte Lottchen“
- 3.3. Kästner als Erzieher: „Die Konferenz der Tiere“ und die Zeitschrift „Pinguin“
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Schaffen Erich Kästners als Kinderbuchautor im Kontext der Nachkriegszeit. Sie analysiert seine Werke unter Berücksichtigung der gesellschaftlich-moralischen und pädagogisch-politischen Vorstellungen, die Kästner vermitteln wollte. Dabei wird insbesondere auf seine Kinder- und Jugendbücher der Nachkriegszeit fokussiert, die sich durch einen ungewohnt kritischen Moralismus und das Bestreben zur pädagogischen Erneuerung des Kinder- und Jugendliteraturwesens auszeichnen.
- Kästners Welt- und Menschenbild in seinen Kinder- und Jugendbüchern
- Die Rolle des Erzählers und Erziehers in Kästners Werken
- Die pädagogischen Konzepte und Ideen Kästners im Kontext der Nachkriegszeit
- Der Einfluss von Kästners Literatur auf die Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur
- Die Relevanz von Kästners Werken für heutige Leser
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung stellt Erich Kästner als einen der bedeutendsten deutschsprachigen Kinderbuchautoren vor und beleuchtet seine vielseitigen literarischen Leistungen. Sie erläutert die besondere Bedeutung von Kästners Kinder- und Jugendbüchern in der Nachkriegszeit und die Notwendigkeit, seine Werke im Kontext der damaligen gesellschaftlichen und pädagogischen Verhältnisse zu betrachten.
Kapitel 2: Die Situation der Kinder- und Jugendliteratur in der Nachkriegszeit
Dieses Kapitel beschreibt die komplexe Situation der Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Es analysiert die verschiedenen literaturpädagogischen Konzeptionen und die Herausforderungen, die sich aus dem materiellen Notstand und der politischen Re-education-Programme der Alliierten ergaben.
Kapitel 3: Zwischen Wandel und Kontinuität - Erich Kästner als Erzähler und Erzieher nach 1945
Dieses Kapitel untersucht Kästners Werke im Kontext seiner Rolle als Erzähler und Erzieher. Es analysiert sein Welt- und Menschenbild, seine erzählerischen Fähigkeiten und seine pädagogischen Ambitionen anhand von Beispielen wie „Das doppelte Lottchen“, „Die Konferenz der Tiere“ und der Zeitschrift „Pinguin“.
Schlüsselwörter
Erich Kästner, Kinder- und Jugendliteratur, Nachkriegszeit, pädagogische Erneuerung, Moralismus, Erzähler, Erzieher, „Das doppelte Lottchen“, „Die Konferenz der Tiere“, „Pinguin“, Welt- und Menschenbild, Zeitgeist, Re-education, Literaturpädagogik, Kinderbilder.
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- Torben Fischer (Author), 2008, Krieg, Zerstörung, Leid - und wer schreibt für die Kinder?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118677