In der Bundesrepublik Deutschland ist aktueller denn je eine kritische Debatte über die Auswirkungen „Kultureller Vielfalt“ im Gange. Es scheint, dass auf der einen Seite kulturelle Vielfalt als Chance, als Bereicherung für ein Land wie die BRD gesehen wird, auf der anderen Seite als eine die eigene kulturelle Identität zerstörende Bedrohung. Vor aktuellem gesellschafts-politischen Hintergrund ist zu beobachten, dass Phänomene wie kulturelle Vielfalt, oder Multikulturalität eine „Bedeutungsverschiebung von ihrem tragenden Harmoniegedanken und Integrationsgedanken zunehmend zu einem Gegeneinander erfahren“ (Thiele 2003). Blickt man zurück so zeigt sich, dass schon Huntington damals eine These vom „Kampf der Kulturen“ aufstellte. Seine Kritiker warfen ihm Oberflächlichkeit vor, da er „sich auf die Alternative Kampf oder Dialog konzentriert hat“ und somit die Optionen „Übernahme“ der anderen Kultur, oder „Anpassung“ bzw. Assimilation außen vor ließ (Schöfthaler 2006). Zu dem Thema Assimilation äußerte sich Anfang des Jahres der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan:
In seiner Rede sagt Erdogan, türkische Immigranten „haben hier einerseits gearbeitet, andererseits aber haben sie sich bemüht ihre Identität, ihre Kultur und ihre Tradition zu bewahren“ und behauptet „Assimilation sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (Welt Online 2008). Aus dieser Sicht kann eine Integration von Zuwanderern in der Bundesrepublik nur misslingen. Zudem wird dadurch das häufig vorgebrachte Argument gestärkt, in Deutschland entwicklen sich „Parallelgesellschaften“ (vgl. Halm/Sauer 2006).
Assimilation wird auch auf der Ebene des organisierten Sports erwartet (vgl. Sonnenschein 1999). Von den traditionellen deutschen Vereinen und vom DSB wird eine Assimilation der Migranten, also eine „Anpassung an bzw. Unterordnung unter die etablierte Sportkultur der deutschen Aufnahmegesellschaft“ gefordert (ebd.).
Die in letzter Zeit zunehmenden Gründungen von ethnischen Sportvereinen scheinen dieser Erwartung die Stirn zu bieten, indem sie bewusst ein Gegenmodell zum deutschen Sportverein stellen, in dem die Bedürfnisse auch religiöser und kultureller Anbindung seitens der Migranten befriedigt werden (vgl. Halm/Sauer 2006).
Ist diese ethnische Separierung im Bereich des organisierten Sports eventuell schon eine bewusste Abkehr von der Aufnahmegesellschaft und führt sie letztlich zu einer Spaltung der Nation, zu einer „Ghettobildung“, wie u.a. Bröskamp vermutete (Bröskamp1994)?
Inhalt:
1 Problemstellung
2 Kulturelle Vielfalt – Ein Definitionsversuch
2.1 Zwischen unterschiedlichen (nationalen) Kulturen
2.2 Im Innern einer Kultur
2.3 Im Innern eines Einzelnen
3 Kulturelle Vielfalt und ihre Bedeutung für Europa
4 Entwicklung einer Parallelgesellschaft?
4.1 Definition einer Parallelgesellschaft
4.2 Existenz einer Parallelgesellschaft in Deutschland?
5 Sport als Spiegel der Gesellschaft
6 Der ethnische Sportverein
6.1 Geschichte und Entstehung
6.2 Bedeutung und Entwicklung
6.3 Integrationsbarrieren durch Exklusionsmechanismen
7 Zusammenfassung
8 Literaturverzeichnis
1 Problemstellung:
In der Bundesrepublik Deutschland ist aktueller denn je eine kritische Debatte über die Auswirkungen „Kultureller Vielfalt“ im Gange. Es scheint, dass auf der einen Seite kulturelle Vielfalt als Chance, als Bereicherung für ein Land wie die BRD gesehen wird, auf der anderen Seite als eine die eigene kulturelle Identität zerstörende Bedrohung. Vor aktuellem gesellschafts-politischen Hintergrund ist zu beobachten, dass Phänomene wie kulturelle Vielfalt, oder Multikulturalität eine „Bedeutungsverschiebung von ihrem tragenden Harmoniegedanken und Integrationsgedanken zunehmend zu einem Gegeneinander erfahren“ (Thiele 2003). Blickt man zurück so zeigt sich, dass schon Huntington damals eine These vom „Kampf der Kulturen“ aufstellte. Seine Kritiker warfen ihm Oberflächlichkeit vor, da er „sich auf die Alternative Kampf oder Dialog konzentriert hat“ und somit die Optionen „Übernahme“ der anderen Kultur, oder „Anpassung“ bzw. Assimilation außen vor ließ (Schöfthaler 2006). Zu dem Thema Assimilation äußerte sich Anfang des Jahres der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan:
In seiner Rede sagt Erdogan, türkische Immigranten „haben hier einerseits gearbeitet, andererseits aber haben sie sich bemüht ihre Identität, ihre Kultur und ihre Tradition zu bewahren“ und behauptet „Assimilation sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (Welt Online 2008). Aus dieser Sicht kann eine Integration von Zuwanderern in der Bundesrepublik nur misslingen. Zudem wird dadurch das häufig vorgebrachte Argument gestärkt, in Deutschland entwicklen sich „Parallelgesellschaften“ (vgl. Halm/Sauer 2006).
Assimilation wird auch auf der Ebene des organisierten Sports erwartet (vgl. Sonnenschein 1999). Von den traditionellen deutschen Vereinen und vom DSB wird eine Assimilation der Migranten, also eine „Anpassung an bzw. Unterordnung unter die etablierte Sportkultur der deutschen Aufnahmegesellschaft“ gefordert (ebd.).
Die in letzter Zeit zunehmenden Gründungen von ethnischen Sportvereinen scheinen dieser Erwartung die Stirn zu bieten, indem sie bewusst ein Gegenmodell zum deutschen Sportverein stellen, in dem die Bedürfnisse auch religiöser und kultureller Anbindung seitens der Migranten befriedigt werden (vgl. Halm/Sauer 2006).
Ist diese ethnische Separierung im Bereich des organisierten Sports eventuell schon eine bewusste Abkehr von der Aufnahmegesellschaft und führt sie letztlich zu einer Spaltung der Nation, zu einer „Ghettobildung“, wie u.a. Bröskamp vermutete (Bröskamp1994)?
Erdogan habe klar gemacht, dass in Deutschland eine „Klein-Türkei“ errichtet werden solle, mit der „nationale türkische Ziele“ verfolgt würden, so Markus Söder in der Süddeutschen Zeitung (Süddeutsche 2008). Ähnlich lautet auch das Ergebnis einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa (2007), die das Verhältnis zwischen in Deutschland lebenden Türken und der einheimischen Bevölkerung untersuchte, nämlich, dass „viele türkische Jugendliche offen für nationalistisches Gedankengut seien“ (Stern 2008). Die Studie brachte auch hervor, dass die Demokratie von beiden Seiten geschätzt wird, sich viele junge Türken allerdings stark mit ihrem Herkunftsland verbunden fühlen. Ein Drittel der 14-19-Jährigen ist der Meinung, es solle „eigene Wohnviertel“ geben und 40% sehen Erdogan als „ihren“ Regierungschef an (vgl. Stern 2008).
Der „Stern“ betitelte bereits vor über zehn Jahren eine ihrer Ausgaben mit „Gefährlich fremd – Das Scheitern einer multikulturellen Gesellschaft“ (Stern 1997). Die aufgezeigten aktuellen Trends, begleitet von weiteren Debatten wie um die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen von Westergaard (vgl. Spiegel 2008), oder die Proteste nach der Ermordung des niederländischen Regisseurs Theo van Gogh 2004 (sein Film „Submission“ zeigte Koranverse auf nackter Haut (ebd.)) scheinen zu einer „neuen Welle der Entfremdung zwischen Nord und Süd“ zu führen (Schöfthaler 2006). Und angesichts des „diffusen Gefühls der Bedrohung und der vermuteten Intoleranz des Islam“ – unterstützt durch das stets aktuelle Thema um die Abschiebung straffälliger jugendlicher Migranten und Sendeverbote in den Medien wie zum Beispiel der Film „Drachenläufer“, oder die Tatortserie „Wem Ehre gebührt“ – sinke die Bereitschaft der Deutschen, ihrerseits Toleranz gegenüber dem muslimischen Glauben zu üben (vgl. Schöfthaler 2006).
Halm/Sauer (2004) versuchen in ihrer Studie eine empirisch fundierte Antwort auf die Frage zu geben, ob es in Deutschland so etwas wie „Parallelgesellschaften“ gibt und was die Existenz einer „Parallelgesellschaft“ für die gesamtgesellschaftliche Integration ihrer Angehörigen bedeutet. Auf die Ergebnisse der Studie soll im weiteren Verlauf der Arbeit näher eingegangen werden.
Es soll nun vor aktuellem Hintergrund auf der Ebene des Sports untersucht werden in welchem Maße sich die Gründungen von ethnischen Sportvereinen als Zeichen einer kulturellen Spaltung der BRD interpretieren lassen. Ich werde mich dabei weitestgehend auf die Betrachtung der türkischen Migranten und türkischen Sportvereine beschränken, da türkische Sportvereine heute den größten Teil der ethnischen Organisationen im deutschen Sport stellen, wahrscheinlich „analog zu dem Fakt, dass 1,912 Millionen Türken mit 26,1 % den größten Anteil an der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland besitzen“ (Blecking 2006).
2 Kulturelle Vielfalt – Ein Definitionsversuch:
Um den Begriff „Kulturelle Vielfalt“ näher definieren zu können ist es entscheidend, aus welcher Perspektive, oder besser auf welcher Ebene man das Phänomen betrachtet. Die Definition ist in Anlehnung an Heitmeyer gedacht, der von mehreren „Konfliktlinien“ ausgeht, die durch ökonomische, soziale und kulturelle Desintegrationsprozesse entstanden sind und die sich innerhalb der Mehrheitsgesellschaft, zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten und zwischen Minderheiten befinden (vgl. Klein 1998 nach Heitmeyer). Eine weitere Ebene soll hinzugefügt werden, nämlich die „im Innern des Einzelnen und seinem sozialen Kontext“, um ein möglicherweise differenzierteres Bild aufzeigen zu können. Ich betrachte kulturelle Vielfalt somit auf den folgenden Ebenen:
1. zwischen unterschiedlichen (nationalen) Kulturen
2. zwischen unterschiedlichen (Klassen-) Kulturen im Innern einer nationalen Kultur
3. im Innern des einzelnen Menschen und seiner gesellschaftlichen Rationalität(en)
In den folgenden Abschnitten werde ich nun näher auf die Bedeutung von kultureller Vielfalt auf den vorgestellten Ebenen eingehen.
2.1 Zwischen unterschiedlichen (nationalen) Kulturen:
Wie schon eingangs erwähnt erfahren derzeit Phänomene wie kulturelle Vielfalt, Multikulturalität u.a. eine „Bedeutungsverschiebung von ihrem tragenden Harmoniegedanken (bloßes Nebeneinander) und Integrationsgedanken (Miteinander) zunehmend zu einem Gegeneinander“ (Thiele). Dies scheint für die Metaebene, also zwischen den (nationalen) Kulturen und Europa, für die eigene Gesellschaft und auch für die „sub- und alltagskulturellen Lebensformen“ zuzutreffen (Thiele).
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