Diese Arbeit hat das Ziel, die verschiedenen Formen (politischer) Sprachkritik auf Grundlage ihres theoretischen Fundaments zu hinterfragen und anhand von Textmaterial zum ′Semantikkampf′′typische′ Argumentationsmuster herauszuarbeiten. Da sich sprachkritische Argumentationsstrategien mehr oder weniger explizit auf unterschiedliche Zeichentheorien stützen, halte ich es an dieser Stelle für angebracht, auf die wichtigsten von ihnen in Form einer allgemeinen Übersicht einzugehen, ihre Vor- und Nachteile darzulegen sowie jeweils Rückschlüsse auf die von ihnen abgeleitete ′Spielart′ der Sprachkritik zu ziehen. Weiterhin werde ich erkenntnistheoretische Aspekte in meine Arbeit einfließen lassen, da die Beantwortung der Frage nach dem ′Charakter′ von Zeichen, bzw. von Wortbedeutungen, eng mit dem jeweils eingenommen erkenntnistheoretischen Standpunkt verwoben ist, und die entwickelten Zeichentheorien ohne Kenntnis desselben nicht angemessen eingeordnet werden können. Abbildtheoretische Zeichentheorien1 basieren grundsätzlich auf drei Annahmen: (1)Es existiert (unabhängig von menschlicher Wahrnehmung2) eine objektive Wirklichkeit. (2)Diese Wirklichkeit ist durch den Menschen erkennbar, d.h., menschliche Wahrnehmungsdaten liefern unmittelbar Information über die tatsächliche Realität. Und (3) die Erkenntnisse, die der Mensch auf Grundlage dieser Wahrnehmungsdaten erlangt, stehen in einem direkten Abbildverhältnis zur ′Welt-ansich′. Diese eigentlich erkenntnistheoretischen (und anzweifelbaren- vgl. Kapitel 5) Prämissen bilden das Fundament einer Theorie, die erklären soll, durch welche Eigenschaften es Wörter vermögen, für Dinge in der Wirklichkeit zu stehen3, d.h., zu erläutern, wie es gelingt, mit Wörtern über (scheinbar) objektiv gegebene Tatsachen zu kommunizieren. Die Frage, die es zu beantworten gilt, ist: welche Kriterien ein Wort erfüllen muß, damit ein Hörer verstehen kann, was der Sprecher4 aussagen will?
Die Antwortmöglichkeit, die im "Kratylos"-Dialog angeboten wird, hat zum Inhalt, daß die Wörter selbst schon Strukturen der Wirklichkeit enthalten. Worte stehen nach dieser Theorie in einem mimetischen Abbildverhältnis zur Realität und können daher an deren Stelle gebraucht werden. Der Hörer versteht demnach deshalb die Sprecheräußerung, weil die Relation Wort-Realität eindeutig und somit jedem Sprachteilnehmer gleichermaßen zugänglich ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Vorbetrachtung: Zeichentheorien und Sprachkritik
- 2 Abbildtheorie
- 3 Bekleidungstheorie
- 4 Gebrauchstheorie der Bedeutung
- 4.1 Kritik der Gebrauchstheorie aus Sicht des Konstruktivismus
- 5 Erkenntnis und Konstruktivismus
- 5.1 Das Problem der Erkenntnis
- 5.2 Konstruktivismus und Transzendentalphilosophie
- 5.3 Abbildung durch Adaption?
- 5.4 Zusammenfassung
- 6 Sprachkritische Relevanz
- 6.1 Abbildtheoretische Argumentationsstrategie
- 6.2 Bekleidungstheoretische Argumentationsstrategie
- 6.3 Der Sprache-Denken-Dualismus
- 6.4 Schlußbemerkung
- 7 Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht verschiedene Formen politischer Sprachkritik, indem sie deren theoretische Grundlagen hinterfragt und anhand von Textmaterial zu "Semantikkämpfen" typische Argumentationsmuster herausarbeitet. Die Analyse bezieht Zeichentheorien und erkenntnistheoretische Aspekte mit ein, um die Verbindung zwischen Wortbedeutungen, Erkenntnis und Sprachkritik aufzuzeigen.
- Analyse verschiedener Zeichentheorien und deren Einfluss auf Sprachkritik
- Untersuchung der Abbildtheorie und ihrer erkenntnistheoretischen Grundlagen
- Behandlung des Konstruktivismus und seiner Relevanz für die Sprachkritik
- Erörterung unterschiedlicher Argumentationsstrategien in der Sprachkritik
- Analyse des Sprache-Denken-Dualismus
Zusammenfassung der Kapitel
1 Vorbetrachtung: Zeichentheorien und Sprachkritik: Diese Einleitung erläutert das Ziel der Arbeit: die Hinterfragung verschiedener Formen politischer Sprachkritik auf Basis ihres theoretischen Fundaments und die Herausarbeitung typischer Argumentationsmuster anhand von Textmaterial zum "Semantikkampf". Es wird die Relevanz von Zeichentheorien für sprachkritische Argumentationsstrategien betont und ein Überblick über wichtige Zeichentheorien angekündigt, sowie die Einbeziehung erkenntnistheoretischer Aspekte, da die Frage nach dem Charakter von Zeichen eng mit dem eingenommenen erkenntnistheoretischen Standpunkt verwoben ist.
2 Abbildtheorie: Dieses Kapitel untersucht die abbildtheoretischen Zeichentheorien, die auf drei Annahmen basieren: (1) Existenz einer objektiven Wirklichkeit unabhängig von menschlicher Wahrnehmung; (2) Erkennbarkeit dieser Wirklichkeit durch den Menschen; und (3) ein direktes Abbildverhältnis zwischen den Erkenntnissen des Menschen und der "Welt-an-sich". Die Arbeit kritisiert diese erkenntnistheoretischen Prämissen und hinterfragt, wie Wörter für Dinge in der Wirklichkeit stehen und wie Kommunikation über scheinbar objektiv gegebene Tatsachen funktioniert. Der Fokus liegt auf den Eigenschaften der Wörter selbst als Träger der Bedeutung, im Gegensatz zu deren Verwendung. Die Grenzen und Schwächen dieser Theorie bei der Erklärung der Bedeutung abstrakter Begriffe werden aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Sprachkritik, Zeichentheorie, Abbildtheorie, Konstruktivismus, Erkenntnis, Bedeutung, Semantikkampf, Argumentationsstrategie, Sprache-Denken-Dualismus.
Häufig gestellte Fragen zu: Sprachkritik und Zeichentheorien
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert verschiedene Formen politischer Sprachkritik. Sie untersucht die theoretischen Grundlagen dieser Kritik und arbeitet anhand von Textbeispielen zu „Semantikkämpfen“ typische Argumentationsmuster heraus. Dabei werden Zeichentheorien und erkenntnistheoretische Aspekte einbezogen, um den Zusammenhang zwischen Wortbedeutungen, Erkenntnis und Sprachkritik aufzuzeigen.
Welche Zeichentheorien werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Abbildtheorie und den Konstruktivismus. Die Abbildtheorie wird kritisch beleuchtet, ihre erkenntnistheoretischen Grundlagen hinterfragt und ihre Grenzen bei der Erklärung der Bedeutung abstrakter Begriffe aufgezeigt. Der Konstruktivismus bietet eine alternative Perspektive auf Erkenntnis und Bedeutung.
Was ist die zentrale These der Arbeit?
Die zentrale These der Arbeit liegt in der kritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Ansätzen der Sprachkritik. Sie zeigt, wie die zugrundeliegenden Zeichentheorien und erkenntnistheoretischen Positionen die Argumentationsstrategien in der Sprachkritik beeinflussen. Der Fokus liegt auf der Verbindung zwischen Wortbedeutungen, Erkenntnis und den unterschiedlichen Arten, wie Sprachkritik geübt wird.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Eine Vorbetrachtung zu Zeichentheorien und Sprachkritik, ein Kapitel zur Abbildtheorie, ein Kapitel zur Bekleidungstheorie (obwohl nicht im Detail beschrieben), ein Kapitel zur Gebrauchstheorie der Bedeutung (inklusive konstruktivistischer Kritik), ein Kapitel zu Erkenntnis und Konstruktivismus, ein Kapitel zur sprachkritischen Relevanz verschiedener Theorien und ein Literaturverzeichnis.
Wie wird der Konstruktivismus in die Analyse einbezogen?
Der Konstruktivismus wird als Gegenposition zur Abbildtheorie präsentiert und seine Relevanz für die Sprachkritik erörtert. Er bietet eine alternative Perspektive auf Erkenntnis und Bedeutung, die die Grenzen der abbildtheoretischen Ansätze aufzeigt.
Welche Argumentationsstrategien werden analysiert?
Die Arbeit analysiert abbildtheoretische und bekleidungstheoretische Argumentationsstrategien in der Sprachkritik. Sie untersucht, wie diese Strategien mit den zugrundeliegenden Zeichentheorien zusammenhängen und wie sie in „Semantikkämpfen“ eingesetzt werden. Der Sprache-Denken-Dualismus wird ebenfalls als relevantes Thema behandelt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Sprachkritik, Zeichentheorie, Abbildtheorie, Konstruktivismus, Erkenntnis, Bedeutung, Semantikkampf, Argumentationsstrategie, Sprache-Denken-Dualismus.
- Quote paper
- Jana Kullick (Author), 1996, Bedeutung, Wirklichkeit, Kommunikation - Erkenntnistheorie, Konstruktivismus und Sprachkritik - Versuch einer Synthese, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11858