(...) man saget daz nie kint gewan
einen lîp sô gar dem wunsche gelîch:
und waere si gewesen rîch,
sô engebraeste nihit ir lîbe
ze lobelîchem wîbe.
ir lîp schein durch ir salwe wât
alsam diu lilje, dâ si stât
under swarzen dornen wîz.
ich waene got sînen vlîz
an si hâte geleit
von schoene und von saelekeit.(...)
Diese Textstelle, die am Anfang des Romans steht, beschreibt Enites unübertreffliche
Schönheit. Hartmann beschreibt ihren Körper schwanenweiß und einer Lilie gleich.
Doch setzt er im Gegensatz dazu ihre schäbige Kleidung, welche der Schönheit
jedoch nicht im Geringsten einen Abbruch tut.
Dass die Schönheit einer Dame auch zugleich moralische Vollkommenheit
bedeutete, wird im Erec Roman sehr bald deutlich. Die Dame soll eine wichtige
gesellschaftliche Funktion erfüllen, indem sie die Werte, die sie repräsentiert an den
Mann weiter vermittelt.
Durch Enite scheint Erec auch wirklich sogleich eine Entwicklung anzustreben, die
den Handlungsverlauf vorwärts treibt. Sowohl gute, als auch schlechte
Entwicklungen begleiten von nun an das Paar. Erec gewinnt zunächst seine "êre"
wieder um sie aber bald darauf erneut zu verlieren. Enite spielt dabei die größte Rolle
und vor allem ihre Schönheit scheint im Zentrum dieses Vorgangs zu stehen.
Die Aufgabe der Seminararbeit soll es sein die Wirkungen Enites Schönheit auf den
Handlungsverlauf zu untersuchen, um als Ergebnis die positiven und negativen
Auswirkungen abwägen zu können.
[...]
Inhaltsverzeichnis:
Einleitung:
1. Der Schönheitsbegriff im Mittelalter
1.1 Das Schönheitsideal
2. "êre" und Prestigegewinn im Zusammenhang mit Schönheit
2.1 "êre" Gewinn und Verlust
2.2 Prestigegewinn
3. Die Schönste dem Besten
3.1 Schönheit und Tapferkeit
3.2 Schönheit als Kraftspender
Schluss:
Literatur- und Quellenverzeichnis
Einleitung:
(...) man saget daz nie kint gewan
einen lîp sô gar dem wunsche gelîch:
und waere si gewesen rîch,
sô engebraeste nihit ir lîbe
ze lobelîchem wîbe.
ir lîp schein durch ir salwe wât
alsam diu lilje, dâ si stât
under swarzen dornen wîz.
ich waene got sînen vlîz
an si hâte geleit
von schoene und von saelekeit.(...)[1]
Diese Textstelle, die am Anfang des Romans steht, beschreibt Enites unübertreffliche Schönheit. Hartmann beschreibt ihren Körper schwanenweiß und einer Lilie gleich. Doch setzt er im Gegensatz dazu ihre schäbige Kleidung, welche der Schönheit jedoch nicht im Geringsten einen Abbruch tut.
Dass die Schönheit einer Dame auch zugleich moralische Vollkommenheit bedeutete, wird im Erec Roman sehr bald deutlich. Die Dame soll eine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen, indem sie die Werte, die sie repräsentiert an den Mann weiter vermittelt.
Durch Enite scheint Erec auch wirklich sogleich eine Entwicklung anzustreben, die den Handlungsverlauf vorwärts treibt. Sowohl gute, als auch schlechte Entwicklungen begleiten von nun an das Paar. Erec gewinnt zunächst seine "êre" wieder um sie aber bald darauf erneut zu verlieren. Enite spielt dabei die größte Rolle und vor allem ihre Schönheit scheint im Zentrum dieses Vorgangs zu stehen.
Die Aufgabe der Seminararbeit soll es sein die Wirkungen Enites Schönheit auf den Handlungsverlauf zu untersuchen, um als Ergebnis die positiven und negativen Auswirkungen abwägen zu können.
Die beiden Grafenepisoden und der Sperberkampf eignen sich besonders gut um die Wirkung ihres Aussehens herauszuarbeiten, doch werden auch einzelne andere Stellen, wie zum Beispiel das Treiben am Artushof, wichtige Ergebnisse liefern.
Einzige Quelle und wichtigste Literatur, für diese Seminararbeit, ist natürlich der Roman selbst. Doch auch die Werke von Joachim Bumke, wieHöfische Kultur 2[2]undDer Erec Hartmanns von Aue. Eine Einführungwerden für die Arbeit wichtig sein, um zum Beispiel das Schönheitsideal des Mittelalters zu definieren.
1. Der Schönheitsbegriff im Mittelalter
1.1 Das Schönheitsideal
Bevor man sich mit dem Thema "Schönheit im Mittelalter" befasst muss man sich klar sein, dass der Schönheitsbegriff im Mittelalter sich sehr stark von unserem heutigen Verständnis unterscheidet. Wir sprechen hier von einem neuen Bild der Schönheit, welches die höfischen Dichter entgegen der fest verankerten Vorstellungen von der Minderwertigkeit und Schlechtigkeit des weiblichen Geschlechts setzten. Die Fiktivität des höfischen Frauenpreises stand im Gegensatz zur traditionellen Frauenfeindlichkeit, welche im Christentum wurzelte.
Die Dichter folgten einem festen Kanon von Schönheitsprädikaten, angefangen bei der Beschreibung des Gesichts, der Haare und des Halses. Danach über die Hände und Füße bis hin zu einer ausführlichen Kleiderbeschreibung. Das Ideal bestand in weißer Haut, roten Lippen, weissen Zähnen und durchsichtiger Kehle. Doch war das nicht das Einzige was die Schönheit einer Frau ausmachte. Durch die äußere Schönheit offenbarte sich die innere Tugend der Frau. Diese Harmonie der äusseren und inneren Schönheit machte das höfische Frauenbild aus. Ohne die Güte einer Frau bedeutete auch die äussere Schönheit nichts, denn die Frau erfüllte dadurch eine wichtige Funktion am Hofe. Eine schöne Frau mit moralischer Vollkommenheit, gab ihre Werte an den Mann weiter, so dass sie gute Eigenschaften wie Güte und Tugend erfuhren.[3]
Neben der Gestalt und Tugendhaftigkeit zählte auch die Herkunft zur Schönheit einer Frau. Die "schwanenweiße" Haut stand für adelige Abstammung, da der Adel sich vor Sonne schützte und nicht wie die Bauern auf den Feldern in der Sonne arbeitete.
In der mittelalterlichen Dichtung kommen fast ausschließlich Adelige vor. Ihnen wurden alle rühmenswerten Eigenschaften zugeschrieben. Adel schloss Schönheit immer mit ein, da sie neben Ruhm, Reichtum, Tugendhaftigkeit und Stolz Bestandteil einer vorbildlichen, adeligen Person war.
Doch auch die Kleidung einer Frau hatte einen wichtigen Stellenwert im Bezug auf Schönheit, auch wenn sie nicht die Bedeutung von Tugendhaftigkeit und Herkunft hatte."Für die höfische Gesellschaft waren die prächtigen Kleider Ausdruck ihres Selbstbewusstseins und eines gesellschaftlichen Hochgefühls"[4]
Im Folgenden soll nun untersucht werden ob dieser hier erwähnte Zusammenhang von körperlicher Schönheit, höfischer Kleidung, adeliger Abstammung und Tugendhaftigkeit als Kriterium für Schönheit im höfischen Roman eine Entsprechung in Enite findet.
Enite wird ab ihrer ersten Erwähnung in Vers 308 als überwältigend schön beschrieben.
"Diu was ein diu schoeniste maget
Von der uns ie wart gesaget"[5]
"Ez was vrouwe Ênite
Diu aller schoeniste maget
Diu ie, sô man saget,
in des küneges hof kam"[6]
Dies sind nur wenige Beispiele für Lobeshymnen auf Enites Schönheit.
Zuerst soll hier die Herkunft Enites geklärt werden. Als Erec auf Koralus und seine Tochter trifft, wirken sie zwar ärmlich, aber Erec erkennt sofort ihre adelige Abstammung.
"sîn gebaerde was vil hêrlîch,
einem edeln manne gelîch."[7]
"dar an man mohte schouwen
daz er rîches muotes wielt,
daz er den gast sô arm enthielt."[8]
In Vers 333 erwähnt der Erzähler, dass nichts gegen eine wünschenswerte Partie sprechen würde, wenn Enite reich gewesen wäre. In den Versen davor hat er ihre unübertreffliche Schönheit beschrieben.
Auch im Erec beinhaltet Schönheit adelige Abstammung. Ob verarmter Adel oder reich scheint nicht vordergründig zu sein, Hauptsache das Blut ist edel.
Der Empfang, welcher Erec und Enite an dem Hof des ersten Grafen bereitet werden soll. ist ein weiteres Merkmal für die Verbindung zwischen Adel und Schönheit:
" jâ muget ir an er vrouwen
daz schoeniste wîp schouwen
die wir ie gesâhen.
(ir sult si schône emphâhen.)"[9]
Der Empfang soll sehr wahrscheinlich stattfinden, da Enites Schönheit ihre adelige Abstammung bezeugt. Man kann sagen, je schöner ein Mädchen, desto adliger ist sie auch. Adelige Abstammung erfordert natürlich einen standesgemäßen Empfang.
Wie vorhin erwähnt, ist neben der adeligen Abstammung auch die Gestalt einer Frau von Bedeutung. Es gibt keinen Zweifel: Enite ist eine schöne Erscheinung und dies wird immer wieder erwähnt. Ihre Haut ist schwanenweiss und ihr Körper einer Lilie gleich.
"er kumt iu selbe morgen
und bringet mit im eine maget
daz iu nieman ensaget daz er dehein schoener habe gesehen,
muoz er der wârheite jehen."[10]
Ebenso ihr Verhalten ist vorbildlich. Sie ist ihrem Vater gegenüber gehorsam und ordnet sich ihrem Mann ohne Widerspruch unter. Sie ist geduldig was ihre Leidensbereitschaft betrifft und steht ihrem Mann treu ergeben zur Seite. Dies zeichnet ihre Tugend und Vorbildlichkeit aus
Es ist aber schwierig festzustellen welchen Stellenwert das tatsächliche Aussehen einer Frau noch hatte, da es so viele Bestandteile für Schönheit gibt. Da in der höfischen Dichtung ein Idealbild der (fast ausschließlich adeligen) Gesellschaft dargestellt wurde, kann man nur schwer beurteilen ob Tugendhaftigkeit oder körperliche Schönheit wichtiger sind, da man als adelige Person meist alles ausreichend besaß. Doch Bumke schreibt:" Nur wenn die Frage gestellt wurde, ob höfische Vorbildlichkeit sich mehr in den äußeren oder mehr in den inneren Werten manifestierte, geriet die Schönheit gegenüber der Tugendhaftigkeit in eine nachgeordnete Position."[11]
Das Zusammenspiel dieser vieler Faktoren, welche zur Schönheit beitragen, kommt im Erec Roman immer wieder deutlich zum Vorschein und beeinflusst den Handlungsverlauf.
2. "êre" und Prestigegewinn im Zusammenhang mit Schönheit
2.1 "êre" Gewinn und Verlust
"dô hete si wünnengenuoc,
wan si ûf ir hant truoc
den gewunnen sparwaere:
daz was wol vreudebaere:
sus hâte diu maget
saeleclîche bejaget
von lobe michel êre"[12]
In diesem Abschnitt wird davon gesprochen, dass Enite durch den gewonnenen Sperberkampf Ehre erworben hat. Es gibt also einen Zusammenhang zwischen den Tugenden des Ritters und der seiner Frau. Die Dame, deren Mann sich im Kampf bewiesen hat und somit Ehre erfahren hat, kann so ebenfalls an Ehre und Schönheit gewinnen.
Doch kurz darauf "verligen" sich Erec und Enite in Karnant. Dieser Vorfall steigert die neugewonnene Ehre nicht sondern führt zu "unêre". Erec muss sofort seine verlorene Ehre wiederherstellen. Durch seine ersten erfolgreichen Kämpfe mit den Räubern gewinnt er wieder an Ehre, belastet Enite aber mit dem Pferdeknechtsdienst. Deshalb muss sie auch getrennt von Erec speisen und das nützt Graf Guivreiz, um mit Enite ins Gespräch zu kommen.
[...]
[1]zit. nach Hartmann von Aue: Erec, Mittelhochdeutscher Text und Übertragung, hrsg. von Thomas, Cramer, 26. Auflage, Frankfurt am Main 2005 V.331- 341
[2]Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Kultur im hohen Mittelalter II,
4.Auflage, dtv, Nördlingen 1987
[3] ebd. S. 451-454
[4]Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, 2 Bde. (4. Auflage) München 1987, S.187
[5]zit. nach Hartmann von Aue: Erec, Mittelhochdeutscher Text und Übertragung, hrsg. von Thomas, Cramer, 26. Auflage, Frankfurt am Main 2005 V 310f.
[6]ebd. V 1607- 1610
[7]ebd. V 288f.
[8]ebd. V 313- 315
[9]Hartmann, Erec V 3620-3624
[10]ebd. V 1255-1259
[11]Bumke, Höfisch, 1986 S. 452
[12]Hartmann, Erec V 1376- 1383
- Quote paper
- Veronika Prägert (Author), 2006, Enites Schönheit und ihre Wirkung im Erec Hartmanns von Aue, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118560
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