In der Diskussion um die Potenziale des Lehrens und Lernens mit neuen Medien werden regelmäßig neue Entwicklungen aufgegriffen. Seufert (2007) sieht in der kritischen Reflexion der aktuellen Trends („Trend Catching“) eine wichtige Aufgabe der Bildungsverantwortlichen verschiedenster Bildungseinrichtungen (S.2).
„Podcasting“ stellt einen dieser neuen Trends dar. Nach einer Umfrage des Essener Instituts für Medien- und Kompetenzforschung erwarten vier von fünf Experten eine steigende Akzeptanz von Podcasts in der beruflichen Weiterbildung (MMB, 2006, S.2). Viele erhoffen sich von dieser Entwicklung auch neue Impulse für das Lehren und Lernen mit neuen Medien im Sinne eines so häufig angemahnten „Paradigmenwechsels im Lernen [...], das heißt hin zu einer lernerzentrierten Perspektive und zum Lernen als aktiven, sozialen Prozess“ (Brahm, 2007, S.24).
In der wissenschaftlichen Diskussion wird derzeit die Frage thematisiert, welche pädagogischen und ökonomischen Potenziale Podcasts als Medien des Web 2.0 für ein effektiveres Lernen besitzen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich insbesondere auf den pädagogischen Teil dieser Fragestellung. Sie zielt darauf ab, didaktische Potenziale und Grenzen von Podcasts zu analysieren und darauf aufbauend ein Rahmenkonzept für einen didaktisch-methodisch sinnvollen Einsatze dieser innovativen Audiomedien zu entwickeln. Es wird daher nicht näher auf die offensichtlichen technischen Vorteile von Podcasts eingegangen, wie z.B. die effektive und bequeme Distribution der Lehrmaterialien. Vielmehr geht es darum, aus einer pädagogischen Perspektive zu diskutieren, wie Podcasts Lehr-Lern-Prozesse verbessern können. Dabei wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, der auf Erkenntnisse der Kognitiven Psychologie, der Pädagogischen Psychologie, der Pädagogik und der Medien- und Kommunikationswissenschaft zurückgreift. Insbesondere wird dabei auf die besonders relevanten Prozesse des Hörens, Zuhörens und Lernens eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Podcasting – Was ist das?
1.2 Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten von Podcasts in der Aus- und Weiterbildung – Vision und Realität
1.3 Problemstellung
2 Theoretische Grundlagen für den Einsatz von Podcasts in pädagogischen Kontexten
2.1 Kognitionspsychologische Grundlagen – Konzepte auditiver Wahrnehmung, auditiver Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung
2.2 Von der Psychologie des Hörens zur Pädagogik des Zuhörens
2.2.1 Vom Hören zum Zuhören
2.2.2 Das Zuhören - Implikationen für das Lehren und Lernen
2.3 Didaktische Umsetzung – Storytelling als Möglichkeit eines Einsatzes von Podcasts im Rahmen von Blended Learning
3 Entwicklung von Kriterien zur Bewertung und effektiven Ausgestaltung von Podcasts – Pädagogische Perspektive
3.1 Grundlagen der Gestaltung und Bewertung von textbasierten Lernangeboten
3.2 Sprachliche und strukturelle Gestaltung von Podcasts
3.2.1 Zuhörerorientierte Texte – Wortwahl, Satzgestaltung, Textstruktur
3.2.2 Zuhörerorientierte Strukturierung von Podcasts auf einer Makroebene nach pädagogischen Prinzipien
3.3 Inhaltliche Gestaltung von Podcasts
3.4 Förderung von Zuhörfertigkeiten durch Podcasts
3.5 Kriterienkatalog für die Bewertung und Ausgestaltung von Podcasts aus einer pädagogischen Perspektive
4 Erstellen eines Podcasts für den Einsatz in der beruflichen Weiterbildung unter Anwendung des erarbeiteten Kriterienkatalogs – „Spannungen beim Thema Klima“
4.1 Rahmenbedingungen für die Produktion und den Einsatz des Podcasts
4.2 Didaktisch-methodische Ausgestaltung anhand des Kriterienkatalogs
4.2.1 Makro-strukturelle Textgestaltung
4.2.2 Inhaltliche Textgestaltung
4.2.3 Die abschließende Ausgestaltung des Podcasts unter Berücksichtigung der sprachlichen Anforderungen an zuhörerorientierte Texte
5 Zusammenfassung und Ausblick
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Dichotisches Hören (Styles, 2005, S.188)
Abbildung 2: Broadbents Flaschenhalsmodell der Aufmerksamkeit (modifiziert und vereinfacht nach Broadbent, 1958, S.299)
Abbildung 3: Kahnemans Kapazitätsmodell (1973; aus Trini, 2005, S.17)
Abbildung 4: Übersicht über die Wirkungszusammenhänge der erörterten Konzepte
Abbildung 5: Atkinson und Shiffrins Modell des menschliches Gedächtnisses (1968; vereinfachte Darstellung aus Styles, 2005, S.245)
Abbildung 6: Brownells HURIER Model of Listening (1986; aus Brownell, 1994, S.5)
Abbildung 7: Vollständige Übersicht über die Wirkungszusammenhänge der vorgestellten Konzepte und die abgeleiteten Gestaltungsprinzipien für das Storytelling
Abkürzungsverzeichnis
RSS Real Simple Syndication
XML eXtensible Markup Language
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kriterienkatalog zur Gestaltung von Geschichten für Podcasts
Tabelle 2: Sequenzierung der Lerninhalte für den Podcast
1 Einleitung
1.1 Podcasting – Was ist das?
In der Diskussion um die Potenziale des Lehrens und Lernens mit neuen Medien werden regelmäßig neue Entwicklungen aufgegriffen. Seufert (2007) sieht in der kritischen Reflexion der aktuellen Trends („Trend Catching“) eine wichtige Aufgabe der Bildungsverantwortlichen verschiedenster Bildungseinrichtungen (S.2).
„Podcasting“ stellt einen dieser neuen Trends dar. Podcasts sind Audiodateien (z.B. im MP3-Format), die über das Internet verbreitet werden. Die Besonderheit von Podcasts besteht darin, dass sie gewöhnlich regelmäßig aktualisiert werden und über einen RSS-Feed[1]abonniert werden können. Ein geeignetes Programm, ein sogenannter „Podcatcher“, ruft die neuesten Inhalte bei Bedarf automatisch ab. Podcasting[2]wird aufgrund dieser Charakteristika auch als Internetradio-on-demand bezeichnet (Meier, 2007, S.90-91).
Der Begriff Podcasting ist aus dem Namen des populärsten MP3-Players, dem iPod von Apple, sowie dem englischen Wort „to broadcast“ („funken“ oder „senden“) abgeleitet worden. Grundsätzlich hat Podcasting aber nichts mit dem iPod zu tun. Podcasts können auf jedem MP3-Player oder einfach auf dem Computer abgespielt werden (Rubens, 2006, S.IX).
In den letzten Jahren entwickelte sich Podcasting zunehmend zu einem Massenphänomen. Erzielte eine Google-Suche zu diesem Begriff im September 2004 gerade einmal 26 Treffer, so ist die Anzahl der Einträge innerhalb von zwei Jahren auf über 120 Millionen Einträge angestiegen (Rubens, 2006, S.XI).
Der größte Teil der veröffentlichten Podcasts ist eine Art hörbarer Weblog[3], die Bestandteil des vielzitierten „Web 2.0“[4]sind. Mit neuen Technologien wird versucht, die ursprüngliche Idee eines interaktiven Internets besser als bisher zu realisieren. Benutzerfreundliche Tools sollen es jedem ermöglichen, unkompliziert Beiträge für das Internet zu verfassen (Brahm, 2007, S.21). Neben Privatnutzern entdecken auch immer mehr Unternehmen sowie private und öffentliche Bildungsträger diese Technologien. So erwarten nach einer Umfrage des Essener Instituts für Medien- und Kompetenzforschung vier von fünf Experten eine steigende Akzeptanz von Podcasts in der beruflichen Weiterbildung (MMB, 2006, S.2). Viele erhoffen sich von dieser Entwicklung auch neue Impulse für das Lehren und Lernen mit neuen Medien im Sinne eines so häufig angemahnten „Paradigmenwechsels im Lernen [...], das heißt hin zu einer lernerzentrierten Perspektive und zum Lernen als aktiven, sozialen Prozess“ (Brahm, 2007, S.24).
In der wissenschaftlichen Diskussion wird derzeit die Frage thematisiert, welche pädagogischen und ökonomischen Potenziale Podcasts als Medien des Web 2.0 für ein effektiveres Lernen besitzen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich insbesondere auf den pädagogischen Teil dieser Fragestellung. Dazu wird zunächst der aktuelle Stand der (pädagogischen) Forschung zum Thema Podcasts umrissen. Zudem wird die Art und der Umfang des derzeitigen Einsatzes von Podcasts in der pädagogischen Praxis beleuchtet.
1.2 Potenziale und Anwendungsmöglichkeiten von Podcasts in der Aus- und Weiterbildung – Vision und Realität
Die Diskussion um den Einsatz von Podcasts als Bildungsmedien geht einher mit der Vision einer neuen Dimension des Lernens. Ketterl, Schmidt, Mertens und Morisse (2006) heben vor allem die mobilen Einsatzmöglichkeiten von Podcasts hervor. War das Lernen und Lehren mit neuen Medien bisher an den Einsatz eines Computers oder Laptops gebunden, so erreicht es durch den Einsatz neuer mobiler Technologien wie MP3-Playern und multimediafähigen Handys eine neue Mobilität. Das Lernen erobert bildlich gesprochen „die Straße als neuen Lernraum“ (S.1).
Campbell (2005) unterstreicht außerdem das (vermeintliche) Potenzial von Podcasts zur Verbesserung der Qualität des Lernens (S.34):
„Imagine a liberal-arts university supplying its community, and the world, with ‚profcasts’ of classes and presentations delivered by its talented instructors — not to give away intellectual property but to plant seeds of interest and to demonstrate the lively and engaging intellectual community created by its faculty in each course. “
Campbell sieht Podcasts gar als interaktive Medien, die Freizeit- und Lernaktivitäten integrieren und das Lernen dadurch revolutionieren könnten.
Die beiden meistdiskutierten (möglichen) Potenziale von pädagogischen Podcasts sind aber die Mobilität dieser Medien und ihre Möglichkeiten für eine Verbesserung der Lernqualität. Die Forschung in diesem Bereich steht noch am Anfang.[5]Es lassen sich bisher kaum wissenschaftliche Artikel zu diesem Thema finden. Die wenigen Veröffentlichungen beschränken sich zumeist auf Einschätzungen der Potenziale von Podcasts, auf einzelne Projektberichte (Brahm, 2007, S.31) bzw. auf Aspekte der technischen Umsetzung (vgl. z.B. Ketterl et al., 2006).
Trotz einer unzureichenden wissenschaftlichen Fundierung werden Podcasts bereits in der Bildungspraxis genutzt. Vor allem an einigen Universitäten sind Podcasts schon fester Bestandteil des medialen Angebots an Bildungsmaterialien. Als Vorreiter in diesem Bereich sind dabei die Duke University und die Standford University in den USA zu nennen. Hier werden im Rahmen eines umfassenden Mediacastings[6]unter anderem Aufzeichnungen von Vorlesungen, Sprachkurse, Audiobücher und Sendungen über verschieden Veranstaltungen an der Universität bereitgestellt (Meier, 2007, S.94-95). Im deutschsprachigen Raum bemühen sich vor allem die Universität St. Gallen und die Universität Osnabrück um eine nachhaltige Integration von Podcasts in die Lehre (Meier, 2007; Ketterl et al., 2006).
Die derzeit bereitgestellten universitären Podcasts sind zumeist nur Aufzeichnungen von Vorlesungen. Reine Audio-Podcasts[7]stoßen hier an ihre Grenzen, da Vorlesungen in vielen Fachbereichen zumeist durch visuelle Materialien (Folien, PowerPoint-Präsentationen) unterstützt werden. Wenn sich der Lehrende aber auf diese Materialien bezieht, so lassen sich die Inhalte für den Lerner aus dem akustischen Vortrag allein nur schwer erschließen. Audio-Podcasts scheinen sich daher nur für den Einsatz bei Veranstaltungen zu eignen, in denen die Sprache im Vordergrund steht (Ketterl et al., 2006, S.6). Der Münchener Informatik-Professor Broy hält deshalb das Phänomen Podcasting für einen weiteren fruchtlosen Hype. Die Vorstellung, man könne beim Joggen Informatik lernen, hält er für vollkommen abwegig (Gertz, 2006, S.33). Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass Lerner in einer Vorlesung aufmerksamer zuhören, als beim angestrebten „lernen unterwegs“, da sie sich ausschließlich auf den Vortrag des Lehrenden konzentrieren können.
1.3 Problemstellung
Podcasts werden zwar große didaktische Potenziale zugeschrieben, gleichzeitig scheinen ihre Anwendungsmöglichkeiten aber begrenzt zu sein. Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, diese Potenziale und Grenzen zu analysieren und darauf aufbauend ein Rahmenkonzept für einen didaktisch-methodisch sinnvollen Einsatze dieser innovativen Audiomedien zu entwickeln. Es wird daher nicht näher auf die offensichtlichen technischen Vorteile der Podcasts eingegangen, wie z.B. die effektive und bequeme Distribution der Lehrmaterialien. Vielmehr geht es darum, aus einer pädagogischen Perspektive zu diskutieren, wie Podcasts Lehr-Lern-Prozesse verbessern können. Dabei wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, der auf Erkenntnisse der Kognitiven Psychologie, der Pädagogischen Psychologie, der Pädagogik und der Medien- und Kommunikationswissenschaft zurückgreift. Insbesondere wird dabei auf die besonders relevanten Prozesse des Hörens, Zuhörens und Lernens eingegangen.
Nach einer Einführung in die Thematik werden im zweiten Abschnitt zunächst kognitionspsychologische Grundlagen der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung erörtert, die insbesondere für das Hören von Bedeutung sind. Anschließend wird aufbauend auf Arbeiten der pädagogischen Psychologie ein Konzept des Zuhörens entwickelt, das die Basis für Überlegungen zu den didaktisch-methodischen Potenziale von Podcasts bildet. Aus den Ergebnissen wird schließlich ein Grobkonzept für den pädagogischen Einsatz von Podcasts erarbeitet.
In Abschnitt drei gilt es, das Einsatzkonzept didaktisch-methodisch auszufüllen. Dazu werden zunächst technische und ökonomische (Mindest-) Anforderungen skizziert, bevor ausführlich auf die pädagogische Notwendigkeit einer speziellen sprachlichen, strukturellen und inhaltlichen Gestaltung von Podcasts eingegangen wird. Die wichtigsten Erkenntnisse werden in einem integrativen Kriterienkatalog zusammengefasst.
Abschnitt vier thematisiert an einem Beispiel die Produktion eines Podcasts anhand des Kriterienkatalogs. Dieser Podcast könnte Bestandteil eines neu zu entwickelnden curricularen Gesamtkonzepts für die Zusatzqualifikation Kaufmann/Kauffrau in der Energie- und Wasserwirtschaft sein.
In Abschnitt fünf werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und die Möglichkeiten weiterer Forschungen diskutiert.
2
Theoretische Grundlagen für den Einsatz von Podcasts in pädagogischen Kontexten
2.1 Kognitionspsychologische Grundlagen – Konzepte auditiver Wahrnehmung, auditiver Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung
Bereits Donald Broadbent, einer der Vorreiter auf dem Gebiet der Hörforschung, beklagte 1958 „how far the study of hearing by psychologists has lagged behind that of vision“ (S.1). Hinsichtlich der Quantität der Veröffentlichungen hat sich daran bis heute wenig geändert. Nicht zuletzt ausgelöst durch die Arbeiten von Broadbent hat die Hörforschung seither dennoch bedeutende Fortschritte gemacht. Das Hören gilt nach dem Sehen als der wahrscheinlich am besten erforschte Sinn (Styles, 2005, S.132).
Die Aufnahme von auditiven Sinneseindrücken unterscheidet sich grundlegend von der visuellen Wahrnehmung. Styles beschreibt unter anderem folgende Unterschiede:
- „You miss something in the visual environment, you can look again to check [...]. The patterns of acoustic vibrations that produce the sounds we recognise in speech [...] are distributed over time. If we miss them we cannot go back and listen to them again.“ (2005, S.131)
- „If we want to ignore a visual stimulus we can shut our eyes, or look away. However, this is not the case with the auditory environment. [...] We cannot shut our ears or move them around.“ (2005, S.185)
Diese Besonderheiten der auditiven Wahrnehmung werden im Folgenden näher beschrieben. Sie dienen als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines theoretischen Bezugsrahmens für den Einsatz von Podcasts in der Wirtschaftspädagogik.
Phänomene aus dem Alltag des Hörens: Der Cocktail-Party-Effekt
Selbst auf einer lauten Feier und umgeben von vielen anderen sprechenden Personen ist es für zwei Menschen gewöhnlich ohne besondere Anstrengungen möglich, sich zu unterhalten und der Stimme des Gesprächspartners zu folgen (Pashler, 1998, S.37). Aus dieser Beobachtung heraus stellt sich eine Frage: Wie ist es möglich, das Hören auf einzelne Objekte oder in einzelne Richtungen der auditiven Umwelt zu richten? Diese Aspekte des Hörens wurden vor allem im Rahmen der Aufmerksamkeitsforschung behandelt. Bevor die Ergebnisse dieses Forschungsfeldes thematisiert werden, sind zunächst dessen zentrale Begriffe Aufmerksamkeit und Konzentration näher zu bestimmen .
Aufmerksamkeit und Konzentration
Es besteht keine allgemein anerkannte Definition der Konstrukte Aufmerksamkeit und Konzentration. Sie werden zum Teil sogar synonym verwendet, was sicherlich auch darin begründet ist, das in der angloamerikanische Literatur der Terminus „attention“ nicht zwischen Aufmerksamkeit und Konzentration differenziert (Imhof, 1995, S.23). Rapp (1982) unterscheidet in Anlehnung an Moray allein sechs Bedeutungen für den Begriff Aufmerksamkeit (S.11-13). Für den Einsatz und die Gestaltung von Audiomedien für das Lernen werden davon drei als besonders wichtig erachtet:
- Selektive Aufmerksamkeit.Eine Person ist einem ständigem Strom von Informationen ausgesetzt und muss entscheiden, welche davon weiterverarbeitet werden und wie gegebenenfalls reagiert wird.
- Aktivierung.[8]Dieser Zustand der neuro-physischen Wachheit oder Erregung wird auch mit dem angloamerikanischen Terminus „arousal“ beschrieben. Eine aktivierte Person ist bereit, (erwartete) Informationen aufzunehmen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
- Geistige Konzentration.Eine Person arbeitet konzentriert, wenn sie alle ihre Tätigkeit möglicherweise störenden inneren und äußeren Reize ausschaltet.
Bereits in diesen Begriffsbestimmungen werden die Termini Aufmerksamkeit und Konzentration nicht klar getrennt. Rapp ist der Meinung, dass aufgrund der engen Verwandtschaft der Begriffe eine eindeutige Trennung nicht endgültig gelingen kann (Rapp, 1982, S.23). Dennoch soll hier der Versuch gemacht werden, die Konstrukte zumindest in eine Beziehung zu setzen.
Im Versuch einer Definition bezeichnet Rapp Aufmerksamkeit als einen „Prozess der Auseinandersetzung mit realen oder vorgestellten Objekten, der durch externe Reizmerkmale (Neuigkeit, Überraschung) oder durch interne Prozesse (Einstellungen, willentliche Entscheidungen) ausgelöst wird und der die Funktion der Auswahl (aus dem Reizangebot), der Intensivierung der realen oder kognitiven Tätigkeiten oder ihrer Produkte hat“ (Rapp, 1982, S.21). Dieser Begriff integriert unter anderem die Bedeutung der Aufmerksamkeit für andere psychische und motorische Prozesse (und deren Qualität) sowie die Funktion der Selektion.
Imhof (1995) sieht in der Konzentration ein im Vergleich zur Aufmerksamkeit komplexeres Konstrukt. Konzentration setzt Aufmerksamkeit voraus, zeichnet sich selbst aber durch ein höheres Maß an intentionaler (personaler) Steuerung, eine größere Aktiviertheit[9]und eine höhere Selektivität aus (S.57). Wo Aufmerksamkeit zu Konzentration wird, kann nicht ohne weiteres festgestellt werden. Im Verlauf dieser Arbeit wird unter dem Hinweis auf bestehende Unterschiede weitestgehend einheitlich der Begriff Aufmerksamkeit verwendet, da wegen des angestrebten „Lernraums Straße“ ein Lernen unter Nebentätigkeiten betrachtet wird. Solche Nebentätigkeiten schließen eine hochgradige Selektivität (wahrscheinlich) aus.
Im Folgenden werden in Anlehnung an die oben angeführten Bedeutungen der Aufmerksamkeit wichtige Erkenntnisse der Psychologie vorgestellt, die insbesondere für das Hören wichtig sind.
Auditive Wahrnehmung und Informationsverarbeitung
Eine der ersten empirischen Untersuchungen zu dem Phänomen der selektiven Aufmerksamkeit führte Cherry Anfang der 1950er Jahre durch (Styles, 2005, S.187). Er nutzte dazu eine Technik, die „dichotisches Hören“ genannt wird. Dabei wurde den Versuchspersonen über einen Stereokopfhörer an jedes Ohr eine andere Nachricht übermittelt. Die Versuchspersonen hatten nun die Aufgabe, die Nachricht auf dem einen Ohr begleitend nachzusprechen und die andere zu ignorieren (Anderson, 2001, S.76, siehe Abbildung 1). Diese Aufgabe wurde gewöhnlich problemlos ausgeführt. Cherry stellte unter anderem fest, dass die Probanden keine Aussagen zum Inhalt der ignorierten Nachricht machen konnten. Lediglich starke Veränderungen der physikalischen Eigenschaften dieser Nachricht (Geschlecht des Sprechers, Tonhöhe) wurden wahrgenommen (Pashler, 1998, S.39-40). Cherry schloss daraus, dass eine Selektion von Reizen anhand physikalischer Merkmale (z.B. Ort; akustischen Eigenschaften von Stimmen) erfolgt, nicht aber anhand von semantischen Merkmalen (Styles, 2005, S.188).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Dichotisches Hören (Styles, 2005, S.188)
Auch Broadbents (1954) führte Experimente zum dichotischen Hören durch. In seinen „split-span“-Studien präsentierte er seinen Versuchspersonen sechs Ziffern. Die Ziffern wurden in drei Paare aufgeteilt (z.B. 8 – 7; 2 – 4; 1 – 9). Über Kopfhörer wurden jeweils simultan eine Ziffer auf dem rechten und eine auf dem linken Ohr eingespielt. Nachdem alle drei Paare präsentiert wurden, sollten die Probanden die Ziffern wiedergeben. Broadbent stellte fest, dass die Trefferquote bei der Wiedergabe aufgeteilt nach dem Kanal (hier: Ohr) deutlich höher war, als im Fall der Wiedergabe nach Ziffernpaaren (also 8, 2, 1 – 7, 4, 9). Er argumentierte, dass die Selektion im Filter nach Kanälen (als idealisierte Form der physikalischen Eigenschaft Ort) erfolgen würde. Die Probanden geben die Ziffernfolge des einen Ohrs wieder, die Ziffernfolge des zweiten Ohr wartet im sensorischen Speicher auf den Abruf (Styles, 2005, S.188). Wenn die Ziffernwiedergabe aber nach Paaren erfolgen soll, erfordert das ein wiederholtes hin- und herschalten zwischen den Kanälen. Diese Kanalwechsel verbrauchen selbst schon Ressourcen im Verarbeitungssystem mit begrenzter Kapazität, was folgerichtig zu einer langsameren und schlechteren Verarbeitung führt (Imhof, 1995, S.64).
Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen entwickelte Broadbent 1958 sein „Flaschenhalsmodell der Aufmerksamkeit“ (Abbildung 2). Broadbent integrierte den Aspekt der Reizselektion in einem Gesamtmodell der Informationsverarbeitung (Imhof, 1995, S.62). In diesem Modell erfolgt der Wahrnehmungsprozess auf zwei qualitativ unterschiedlichen Ebenen. Auf der ersten Ebene werden alle eingehenden Reize (parallel) auf ihre physikalischen Eigenschaften hin analysiert und diese Informationen in einem sensorischen Kurzzeitspeicher mit unbegrenzter Kapazität zwischengelagert. Auf der zweiten Ebene werden dann komplexere Eigenschaften (etwa semantische Bedeutungen) der Reize in einem Verarbeitungssystem mit begrenzter Kapazität identifiziert (Driver, 2001, S.56). Die Wahrnehmung wird dort „bewusst“. Das Verarbeitungssystem mit begrenzter Kapazität arbeitet streng seriell. Es wird von einem selektiven Filter vor Überlastung geschützt, der die Reizinformationen anhand von physikalischen Eigenschaften vorsortiert. Die limitierte Verarbeitungskapazität der zweiten Stufe bildet den „Flaschenhals“ des Modells. Über diese Kapazität hinausgehende Informationen werden blockiert, bis der aktuelle Verarbeitungsprozess abgeschlossen ist (Styles, 2005, S.189). Erst dann können weitere Informationen aus dem sensorischen Speicher abgerufen werden. Da der sensorische Speicher die Reizinformationen aber immer nur wenige Sekunden hält bevor sie verfallen (Imhof, 1995, S.62), ist die Leistungsfähigkeit des Systems eingeschränkt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Broadbents Flaschenhalsmodell der Aufmerksamkeit (modifiziert und vereinfacht nach Broadbent, 1958, S.299)
Broadbents Arbeiten brachten eine neue Dynamik in die Aufmerksamkeitsforschung und auch weiterhin stand das Hören im Mittelpunkt der Untersuchungen. Das Besondere an Broadbents Modell ist, dass es klare Voraussagen macht. In den Jahren nach seiner Veröffentlichung 1958 wurden viele Experimente durchgeführt, die das Ziel hatten, das Modell zu widerlegen (Driver, 2001, S.56). Schon bald gab es Forschungsergebnisse, die nicht mit den Aussagen des Modells vereinbar waren. So zeigten etwa Studien von Moray (1959), die ähnlich aufgebaut waren wie die Experimente von Cherry, dass Versuchspersonen oft ihren eigenen Namen erkannten, wenn er auf dem unbeachteten Kanal präsentiert wurde. Dies widerspricht aber Broadbents Annahme zur Funktionsweise des selektiven Filters, der Reize allein aufgrund physikalischer Eigenschaften selektiert. Verschiedene weitere Studien bestätigten die Ergebnisse Morays. Vor allem für die Personen besonders relevante Worte scheinen regelmäßig durch den selektiven Filter zu brechen (Styles, 2006, S.22).
Treisman kam bei ihren Untersuchungen Anfang der 1960er Jahren zu ähnlichen Ergebnissen. Demnach können Informationen den selektiven Filter auch durchbrechen, wenn ein Bedeutungszusammenhang zwischen den Nachrichten auf dem beachteten und dem irrelevanten Kanal existiert (Anderson, 2001, S.78). In Reaktion auf diese Ergebnisse entwickelte Treisman ihr abgeschwächtes Filtermodell. Sie nimmt an, dass der Filter die Nachricht auf dem irrelevanten Kanal nicht komplett blockiert sondern nur abschwächt. Ob ein Wort erkannt wird hängt erstens von seiner Bedeutung für die jeweilige Person ab. Diese Bedeutung ist etwa beim eigenen Namen besonders hoch. Zweitens beeinflussen die vorher erkannten Wörter die Identifikationswahrscheinlichkeit. Es werden Wörter erwartet, die im jeweiligen Kontext einen Sinn ergeben (Treisman, 1964, S.14). Die nach diesen Kriterien analysierten abgeschwächten Reize können unter bestimmten Bedingungen den eigentlich zu beachtenden Reizen vorgezogen werden und das Verhalten der Person beeinflussen (Imhof, 1995, S.66). Pashler (1998) gibt zu bedenken, dass dies insbesondere der Fall ist, wenn die Nachricht auf dem beachteten Kanal keinen Sinn ergibt. Das müsse aber nicht zwangsläufig heißen, die Nachricht auf dem nichtbeachteten Kanal würde ständig in der Form analysiert, wie sie Treismans Modell beschreibt (S.49).
In Konkurrenz zu den Modellen von Broadbent und Treisman, die von einer Selektion in einem frühen Stadium der Reizanalyse ausgehen, scheint das Modell der späten Selektion von Deutsch und Deutsch zu stehen. (Imhof, 1995, S.68). Ausgangspunkt ihrer Überlegungen waren unter anderem Studien von Gray und Wederburns (1960) zum dichotischen Hören. Ähnlich wie in der oben beschriebenen Versuchsanordnung von Broadbent wurden in Experimenten den Versuchspersonen drei Itempaare vorgespielt. Allerdings wurde nicht nur mit Ziffern gearbeitet, sondern mit Paaren aus Ziffer und Wörtern (z.B. Dear – 3; 5 – Aunt; Jane – 4). Interessanterweise ordneten die Probanden die Items bei der Wiedergabe bevorzugt nach dem Sinn (Dear, Aunt, Jane – 3, 5, 4), was den Voraussagen von Broadbents Modell widerspricht (Solso, 2005, S.86). Deutsch und Deutsch gehen daher davon aus, dass alle Reize höhere Stufen der Verarbeitung erreichen, auch wenn sie nicht aktiv beachtet werden (Deutsch & Deutsch, 1963, S.82).
Norman entwickelte diesen Ansatz weiter. Seinen Überlegungen zufolge wird die Reizselektion von zwei Mechanismen gesteuert. Der erste Mechanismus verarbeitet alle eingehenden sensorischen Reize und aktiviert automatisch die ihnen zugeordneten (mentalen) Repräsentationen im Langzeitgedächtnis. Der zweite Mechanismus analysiert die vorher eingegangenen Reize auf einer höheren semantischen Ebene. Auf der Grundlage von Erwartungen hinsichtlich sinnvoller Folgereize werden weitere Gruppen von relevanten Repräsentationen aktiviert. Zudem umfasst der zweite Mechanismus eine besondere Verstärkung bestimmter Reizmuster, die für das Individuum eine permanente Bedeutung haben. Bei den eingehenden Reizen, die aufgrund der Aktivierungsprozesse beider Mechanismen am stärksten stimuliert werden, erfolgt eine Weiterverarbeitung (Norman, 1973, S.51-53). Obwohl dieses Modell exzellent Phänomene wie das Aufhorchen beim unerwarteten Hören des eigenen Namens erklären kann, erscheint die Selektion auf einer so späten Stufe des Verarbeitungsprozesses wenig ökonomisch. Es müssen viele irrelevante Reize analysiert werden, bevor der Verarbeitungsprozess fortgesetzt werden kann (Imhof, 1995, S.69).
Die bisher vorgestellten Filtermodelle eignen sich nur wenig zur Erklärung von Mehrfachtätigkeiten mit ihren teilweise sehr unterschiedlichen Interferenzmustern (Wickens, 2002, S.159-160). Nachfolgend wird auf die Besonderheiten eingegangen, die das gleichzeitige Ausführen mehrerer Aufgaben auf die Wahrnehmung und die Informationsverarbeitung erfordert.
Wahrnehmung und Informationsverarbeitung bei Mehrfachtätigkeiten
Mehrfachtätigkeiten sind im Alltag häufig anzutreffen. Allerdings zeigen Erfahrungen des Alltags ebenso, dass Menschen verschiedene Handlungen oft nicht ohne Leistungsverlust gleichzeitig ausführen können. Wie schafft es also ein Autofahrer, zumindest in Situationen ruhiger Verkehrslage, neben seiner fahrerischen Tätigkeit auch noch den Nachrichten im Radio zu folgen? Wie lässt sich Aufmerksamkeit teilen? Einen Lösungsansatz für solche und ähnliche Fragestellungen bietet Kahnemans Kapazitätsmodell.
Kahneman (1973) postuliert in seinem Modell (Abbildung 3) eine begrenzte, unspezifische Verarbeitungskapazität des Menschen. Diese Kapazität lässt sich grundsätzlich auf verschiede Aufgaben verteilen. Sie ist „keine feste Größe, sondern variiert interindividuell und intraindividuell“ (Imhof, 1995, S.74). Kahneman integriert in seinem Modell als „a model of mind“ (Styles, 2006, S.156) verschiedene Faktoren, die seiner Meinung nach das Angebot und die Verteilung der Aufmerksamkeitskapazitäten beeinflussen. Demnach stellt die Aktiviertheit (Arousal) die wichtigste Determinante für das momentane Kapazitätsangebot dar. Die Aktiviertheit wird von verschiedenen äußeren Faktoren beeinflusst. Dauerhafte Dispositionen, aktuelle Intentionen und vor allem die Beurteilung der kognitiven Anforderungen beeinflussen wiederum die Zuteilung der Kapazität (Trini, 2005, S.16-17).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kahnemans Kapazitätsmodell (1973; aus Trini, 2005, S.17)
Kahnemans Überlegungen zufolge ist es aufgrund von Unterschieden in der aktuellen Aktiviertheit durchaus möglich, dass ein Lerner an einer relativ einfachen Aufgabe scheitert, eine schwierigere Aufgabe aber lösen kann - wenn ihm nämlich aufgrund erhöhter Aktiviertheit mehr Verarbeitungskapazität zur Verfügung steht bzw. der Aufgabe mehr Verarbeitungskapazität zugewiesen wird. Aus diesem Prinzip lassen sich Schlussfolgerungen für das Lehren und Lernen ableiten: „Lulled into a pleasant state of drowsiness by his teacher’s voice, the schoolboy does not merely fail to pay attention to what the teacher says; he has less attention to pay“ (Kahneman, 1973, S.3, zit. in Imhof, 1995, S.75). Grundsätzlich ist es Kahnemans Modell zufolge ohne weiteres möglich, zwei Aufgaben nebeneinander auszuführen. Erst wenn die gesamte verfügbare Verarbeitungskapazität überschritten wird, wirkt sich das negativ auf die Ausführungsqualität einer Aufgabe (oder beider Aufgaben) aus.
Einige empirische Untersuchungen zur Ausführung von Doppelaufgaben, etwa die Studien von Posner und Boies (1971), scheinen die Annahmen und Voraussagen des Modells zu bestätigen (vgl. dazu z.B. Imhof, 1995, S.78-79).
Styles (2006) kritisiert die Modellannahmen Kahnemans allerdings dahingehend, dass eine höhere Aktiviertheit nicht unbedingt immer mit einer höheren Verarbeitungskapazität einhergehen muss. Vielmehr sei ab einem gewissen Aktiviertheitslevel von einer Verminderung der Leistungsfähigkeit auszugehen, da dann verstärkt Ablenkungseffekte auftreten (S.157). Eine überhöhte Aktiviertheit drückt sich z.B. durch starke Angstgefühle oder Stress aus (Imhof, 1995, S.203).
Kahnemans Modell einer zentralen Kapazität eignet sich sicher besser als die Filtermodelle zur Erklärung von Mehrfachtätigkeiten und den damit verbundenen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprozessen. Bestimmte Phänomene lassen sich durch das Modell jedoch nicht vorhersagen. So wies etwa McLeod (1978) nach, dass nicht nur die Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen, sondern auch die Mechanismen zur Reaktion auf diese Reize Einfluss darauf haben, wie erfolgreich Doppelaufgaben ausgeführt werden können. So kann unter Umständen eine manuelle Reaktion (z.B. ein Handzeichen) auf einen Signalreiz den Erfolg einer parallel ausgeführten Aufgabe beeinflussen, während eine sprachliche Reaktion (z.B. ein Signalwort) sich nicht auf die Parallelaufgabe auswirkt (Styles, 2005, S.215-216). Dass ein bestimmter Reiz-Reaktionsmechanismus den Aufgabenerfolg beeinflusst, ein anderer aber nicht, lässt sich mit dem Modell einer einzigen, unspezifischen Kapazität nicht erklären. Navon und Gopher (1979) und Wickens (1980) postulieren daher die Existenz verschiedener spezifischer Ressourcen. Wickens zufolge kommt es zu Interferenzen bei der Ausführung von Mehrfachausgaben, wenn auf der Ebene der Informationsverarbeitung, bei der Wahrnehmung und Reaktion durch eine bestimmte Modalität (visuell, akustisch, motorisch) oder bei der Enkodierung bzw. Dekodierung der Reize auf die gleichen Ressourcen zugegriffen wird. Werden hingegen unterschiedliche Ressourcen beansprucht, wirkt sich das gleichzeitige Lösen mehrerer Aufgaben nicht auf die Bearbeitungsleistung aus (vgl. genauer Wickens, 2002, S.163-167).
Norman und Bobrow (1975) zufolge wird die Leistungsfähigkeit bei der Aufgabenbearbeitung nicht nur durch begrenzte Verarbeitungskapazitäten eingeschränkt (resource-limited), sondern auch von der Qualität der zu verarbeitenden Daten (Styles, 2005, S.214). Bei solchen datenbegrenzten (data-limited) Prozessen wird die maximale Leistung bereits mit dem Einsatz eines Teils der Kapazitäten erreicht (Wickens, 2002, S.161). Zum Beispiel kann ein Mensch akustische Signale außerhalb seines Hörbereichs nicht verarbeiten, ganz gleich wie viel er von seiner zentralen Verarbeitungsfrequenz auch einsetzt. Akustische Signale innerhalb des menschlichen Hörbereichs werden hingegen zumeist zuverlässig und unter geringem Kapazitätseinsatz verarbeitet (Imhof, 1995, S.81).
[...]
[1]Ein RSS-Feed („Real Simple Syndication“) ist eine Art digitaler Umschlag für eine Datei und enthält Informationen (z.B. Publikationsdatum, Titel, nähere Beschreibungen) in einer XML-Struktur, die einen automatischen Abruf bei Aktualisierung ermöglichen.
[2]Der Begriff Podcasting umfasst den gesamten Prozess der Produktion und Verbreitung von Audiodateien über das Internet. Der Terminus Podcast hingegen repräsentiert die eigentliche Audiodatei inklusive des RSS-Feed als besonderes Merkmal. Da speziell die Audiodatei im Zentrum des didaktisch-methodischen Handelns steht, wird im Verlauf der Arbeit hauptsächlich der Begriff Podcast verwendet.
[3]Weblogs oder kurz Blogs sind in kurzen Zeitabständen durch die Nutzer aktualisierte Webseiten, die häufig die Form eines digitalen Tagebuchs oder eines Journals haben. Über eine Software werden die Aktualisierung direkt im Browser vorgenommen und unmittelbar veröffentlicht (vgl. für genauere Ausführungen Brahm, 2007, S.70)
[4]Der Begriff Web 2.0 fasst eine besondere Gruppe von Internet-Applikationen zusammen, die es dem Nutzer ermöglichen, relativ unkompliziert Inhalte zu erstellen und mit anderen Nutzern zu tauschen. Zu diesen Applikationen gehören neben Podcasts und traditionellen Weblogs unter anderem auch sogenannte Wikis (offene Enzyklopädien).
[5]Eine ausführliche Darstellung des aktuellen Standes der Forschung zum Web 2.0 findet sich bei Brahm, 2007, S.20-39.
[6]Mediacasting ist eine allgemeine Bezeichnung, welche die Distribution von Audio- und Videodateien mittels RSS-Technologie umfasst (Meier, 2007, S.91)
[7]Neben reinen Audio-Podcast gibt es noch sogenannte „Enhanced Podcast“, bei denen die Audiodatei mit weiteren Informationen wie z.B. Bildern oder Internetlinks angereichert werden sowie „Video Podcasts“, die anstelle einer Audiosendung einen Videoclip beinhalten (Ketterl et al, 2006, S.3). Diese Podcastformen erscheinen als Medien für den „Lernraum Straße“ ungeeignet und werden in dieser Arbeit daher nicht näher betrachtet.
[8]Im Verlauf der Arbeit wird statt des hier verwendeten Begriffs der Aktivierung der TerminusAktiviertheitverwendet, der neben der Aufnahmebereitschaft für Informationen noch einen Kapazitätsaspekt beinhaltet. Die Kapazität ist ein Maß für die Menge der Informationen, die verarbeitet werden können. Sie kann bei unterschiedlich hoher Aktiviertheit unterschiedlich groß sein.
[9]Prozesse der Aufmerksamkeit und Konzentration beinhalten immer auch eine energetische Komponente. Je höher das Niveau der Aktiviertheit, umso eher kommt es zu Sättigungs- und Ermüdungserscheinungen. Aufmerksamkeit und Konzentration können also nicht unbegrenzt aufrecht erhalten werden. In dieser Arbeit wird auf energetische Prozesse nicht speziell eingegangen, deshalb soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass sie die physiologische Grundlage sämtlicher kognitiver und psychomotorischer Aktivität darstellen.
- Quote paper
- Dipl.-Hdl. Christian Schmidt (Author), 2007, Podcasts. Potenziale und Einsatzmöglichkeiten innovativer Audiomedien in pädagogischen Kontexten und Implikationen für ihre effektive Ausgestaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118559
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.