Der erste Castor – Transport nach Gorleben im Spiegel öffentlicher Medien


Facharbeit (Schule), 2020

21 Seiten, Note: 1,3

Henriette Buhlrath (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Historischer Kontext

3 Überregionale Medien
3.1 Die Zeit:,, Die Wut im Forst von Gorleben“
3.2 , Gewaltfreie Proteste“ (vgl., taz“)
3.3 ,,Heiße Fracht: Der erste Castor – Transport“ (NDR)
3.4 ,,Die Tagesschau“ am 25.4.1995 und 26.4.1995

4 Die ,,taz“ ein neutraler Berichterstatter?

5 Regionale Medien
5.1 Proteste gegen Castor nehmen an Schärfe zu (Cellesche Zeitung)
5.2 Vergleich der Berichterstattung vom 24.4.1995 zur ,,taz“
5.3 ,,Pistole gezogen“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung)
5.4 ,,Erster Castor steht in Gorleben“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung)
5.5 ,,Molotow – Cocktails geworfen“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung)
5.6 ,,Straßen mehrfach blockiert“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung) .
5.7 ,,Vorwurf: Unverhältnismäßig reagiert“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung)
5.8 ,,Geistliche kritisieren Journalisten“ (Elbe – Jeetzel – Zeitung)

6 Leserbriefe vom 28.4.1995 in der Elbe – Jeetzel – Zeitung.
6.1 ,,Polizist schlug mit Schutzschild zu“
6.2 ,,Castor um Castor, Auge um Auge“
6.3 ,,Polizisten aggressiv“
6.4 ,,Was zurückbleibt, ist Wut“
6.5 Auswertung der Leserbriefe

7 Fazit

8 Anhang
8.1 Anhang 1 (Strecke des Castors – Transports auf der Karte)
8.2 Anhang 2 (Bilder)
8.3 Anhang 3 (Diagramm aus der ,,taz“)

9 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

,,Die komplizierte Suche nach einem Endlager“ lautete am 22.4.2019 die Überschrift des Tagesspiegels.1 Artikel wie diese stellen mir die Frage, wo der Atommüll am Ende gelagert werden soll? Im Jahre 20222 würden laut der Bundesregierung die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen, doch niemand möchte als Endlagerstandort infrage kommen. In meinem Landkreis, genauer gesagt in Gorleben, befindet sich ein Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle. Trotz großer Widerstände kam es am 25. April 19953 zum ersten Castor – Transport nach Gorleben. Die kleine Gemeinde wurde deutschlandweit bekannt und erweckte ein riesiges nationales Interesse. Wegen der unzähligen Demonstrationen, des großen Polizeiaufgebots und der Kritik an die Politik ist es sehr interessant einen Blick auf den ersten Castor- Transport nach Gorleben im Spiegel öffentlicher Medien zu werfen. Wie wurde der erste Transport damals medial dargestellt? Gab es gewaltfreie Proteste oder wurde Gewalt in den Berichterstattungen willens ignoriert? Gab es Unterschiede in der regionalen und überregionalen Berichterstattung? Wie ist die Glaubwürdigkeit einzelner Medien zu beurteilen?

Medien sind Träger von Informationen und dienen der zwischenmenschlichen Kommunikation. Sie sind keine Abbildungen der Wirklichkeit, sondern zeigen immer nur einen bestimmten Ausschnitt dieser. Um diese Ausschnitte besser bewerte zu können, werde ich regionale Medien von überregionalen Medien unterscheiden, da die Motive von der Notwendigkeit für ein Endlager, bis zum Wunsch eines freien Wendlands die mediale Berichterstattung beeinflussen können.

Überregionale Medien sind national vertrieben und unterscheiden sich von den regionalen Medien unter anderem durch den größeren Umfang an Informationen vor allem aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Regionale Medien sind vorwiegend in einer bestimmten Region verbreitet und behandeln neben der allgemeinen aktuellen Berichterstattung vor allem lokale und regionale Themen. Insbesondere diese Art von Medien werde ich aus dem Gorleben-Archiv in Lüchow beziehen. Die jeweiligen Berichterstattungen werden in der Facharbeit zusammengefasst und analysiert, sodass am Ende ein Vergleich von Artikeln der unterschiedlichen Medien möglich ist.

Zur Bearbeitung werde ich zum größten Teil analoge Medien nutzen, aber auch auf einige digitale Medien eingehen. Des Weiteren liegt der Bearbeitungsschwerpunkt auf der letzten Teilstrecke des Transports in Lüchow-Dannenberg, wobei sowohl auf Reaktionen während des Transports, sowie vor und nach jenem eingegangen wird.

2 Historischer Kontext

Die Suche nach einem Endlager für insbesondere Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle ist nicht neu. Im Jahre 19774 sei zum ersten Mal die Gemeinde Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg als Standort für eine nukleares Entsorgungszentrum ins Gespräch gekommen. Das Ziel sei es gewesen, eine Wiederaufarbeitungsanlage und ein Endlager für Atommüll fertigzustellen. Im Jahre 19835 wurde eine oberirdische Betonhalle fertiggestellt, in welcher der Atommüll gelagert werden sollte, bis ein Endlager zur Verfügung stünde. Aufgrund von Streitigkeiten zwischen der Bundesregierung und dem Land Niedersachsen verzögerten sich die Transporte. Im November 19946 hätte der erste Castor-Transport stattfinden sollen, ,,Castor“ ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung "cask for storage and transport of radioactive material". Die sechs Meter langen Behälter dienen der Lagerung und dem Transport hoch radioaktiver Materialien.7 Das Lüneburger Verwaltungsgericht schaffte es aber die Fahrt zu stoppen, da der Castor nicht vorschriftsgemäß beladen worden sei.

Im Februar 19958 ordnet Angela Merkel, die damalige Umweltministerin, dem niedersächsischen Umweltministerium an, den Castor-Transport nach Gorleben zuzulassen. In jener Zeit amtierte Gerhard Schröder (SPD) als niedersächsischer Ministerpräsident. Während dieser Zeit wuchs die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland massiv. Umwelt-Aktivisten protestierten bereits Monate vor dem Transport, organisierten Demos und Straßenblockaden. Die Polizei hätte mit massiven Widerständen gerechnet, weshalb für den "Tag X" Tausende Polizisten und Beamte des Bundesgrenzschutzes aus Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin zur Verfügung gestellt worden.

Am 24. April 19959 begann der Castor - Transport sich seinen Weg nach Gorleben zu bahnen. Je näher der Zug dem Zwischenlager in Gorleben kam, desto häufiger gab es Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten.

(Strecke des Castors von Philippsburg nach Gorleben auf der Karte; Anhang 1)10

3 Überregionale Berichterstattungen

3.1 Die Zeit , 28 April 1995 ,,Die Wut im Forst von Gorleben“ - Constanze Stelzenmueller

Der erste Castor – Transport nach Gorleben wird in ,,Die Zeit“ am 28 April 1995 als ,,der aufwendigste Transport in der Geschichte der Bundesrepublik“ beschrieben. Die Polizei hätte Schlagstöcke und Wasserwerfer einsetzen müssen, um die Demonstranten und Steinewerfer zu beseitigen. Der Transport benötigte am Ende fünf Stunden für ca. 20 Kilometer. Es wurden viele Verletzte gemeldet, dennoch hätten Polizei, Politik und Demonstranten angekündigt, Beim nächsten Mal verhalten wir uns genauso wie heute.“. Laut Constanze Stelzenmueller, hätte sich die noch damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel unter Druck gesetzt gefühlt:

,,Das Atomgesetz verlangt einen Entsorgungsnachweis für den in deutschen AKWs produzierten radioaktiven Müll - und die große Halle im Wald südlich von Gorleben ist das einzige betriebsbereite deutsche Zwischenlager. Außerdem müssen spätestens ab nächstem Jahr auch die - als Notlösung - in die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague geschickten Brennelemente zurückgenommen werden. “.

Mit diesen Worten erklärt die Autorin die Notwendigkeit eines Zwischenlagers und fehlende Optionen, die dann zu dem Standort Gorleben geführt hätten. Klaus Legner, der Bürgermeister der Samtgemeinde Gartow, zu der auch Gorleben gehört, erklärte ,,Irgendwo muss der Müll ja hin - und wir haben uns bereit erklärt, das auf uns zu nehmen, wenn die Sicherheit gewährleistet ist.". Auf diese Äußerung entgegnet ,,Die Zeit“, dass sich ein solcher Standpunkt aus finanzieller Sicht lohne, denn ,,Im lieblichen, aber seit jeher armen Elburstromtal fällt der Umkreis der Gemeinde Gorleben durch ostentativen Wohlstand auf. “.

Im Folgenden wird die Standortwahl Gorleben für die Gemeinde als etwas Positives dargestellt. Es gebe:

,,frischgeteerte Zufahrtsstraßen und Fahrradwege, liebevoll restaurierte Ziegelhäuser mit in Ton gehaltenen Satellitenantennen und eine Turnhalle, die nach Auskunft von Ortsbewohnern sieben Millionen Mark verschlungen hat. Die Quelle dieser Wohltaten: die Betreibergesellschaften des Atommüllagers Gorleben.“.

Dennoch spiegelt ,,die Zeit“ ebenfalls Meinungen von Widerstandsgruppen wider. Dazu gehören die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, die Initiative 60, die Bäuerliche Notgemeinschaft oder die Gorleben-Frauen. Laut ihnen sei die Atompolitik der Bundesregierung menschenverachtend, weil die Technologien nicht beherrschbar seien.

Am Ende des Artikels wird Bezug auf die von Demonstranten kritisierte, fehlende Volksnähe seitens Angela Merkel genommen:,, Diese Frau, die ihre Position dem Spruch, Wir sind das Volk` verdankt, ist hier mit dem Hubschrauber eingeflogen, hat sich die Anlagen angesehen und hat mit keinem von uns nur ein Wort gesprochen.". Des Weiteren wird Merkel eine gewisse Unwissenheit vorgeworfen, wie ein Bürger Stellung nimmt: Stellen Sie sich vor, als man sie nach Sicherheitsdefiziten bei der Castor-Beladung fragte, antwortete sie: Beim Kuchenbacken fällt ja auch mal Backpulver daneben. `!". Abschließend geht ,,die Zeit“ auf die Sicht der Polizei ein, viele Beamte hätten sich als Prügelknaben der Politik gefühlt, ,,Mir würde das wohl auch nicht passen, wenn ich von hier wäre", sagte ein Zugführer. ,,Wir sind doch Ende der Sechziger von der Atomlobby in diese Sache reingedrängt worden.". Es wird auf die Kosten des Einsatzes verwiesen, knapp 28 Millionen Mark allein für das Land Niedersachsen plus 55 Millionen für den Transport. Wenn man all das auf die Kilowattstunde umrechnet, ist der Strom schon nicht mehr so billig.". Es wird die offene Frage gestellt, wie weit der Widerstand gehen dürfe? Laut ,, Die Zeit“ würden die meisten Lüchow-Dannenberger jede Form von Gewalt ablehnen, in einen Bauern- oder Bürgerkrieg gegen den Atommüll würde keiner von ihnen ziehen wollen.

(Die Zeit ist eine überregionale deutsche Wochenzeitung)

3.2 In einem Castor Behälter sollen zum ersten Mal hochradioaktive Brennelemente nach Gorleben transportiert werden. Die Gegnerinnen bereiten gewaltfreie Aktionen vor; taz 17.11.1994

Die ,,taz“ schrieb am 17.11.1994 von Vorbereitungen gewaltfreier Aktionen. Es wird beschrieben, wie Bürger mit einem „Bahnspaziergang zeigen wollten, dass es der Castor-Transport nicht einfach haben werde. Wenn er tatsächlich bis in das Wendland komme, sei man entschlossen, sich „querzustellen“. Gegen Gründer und Mitglieder von Sabotageaktionen an den Bahngleisen würden Ermittlungen gegen eine ,,terroristische Vereinigung“ aufgenommen werden.

Laut der ,,taz“ sei allen Beteiligten klar, dass es bei dem ersten Transport eines Castor-Behälters keineswegs um die „Entsorgung“ des AKW Philippsburg geht, sondern um symbolische Politik.

Begründet wird dies durch fehlende Grundlagen für eine Genehmigung der Halle im Wald bei Gorleben und dadurch, dass die Brennelemente, welche in Philippsburg im Sommer in den Castor verfrachtet wurden, ,,selbstverständlich im dortigen Kompaktlager mehr als genug Platz haben.“.

(Die ,,taz“ ist eine überregionale deutsche Tageszeitung mit Hauptsitz in Berlin. Sie wird beispielsweise durch den Journalisten Uwe Vorkötter, dem grün - linken Spektrum zugeordnet)11

[...]


1,,Der Tagesspiegel“ vom 22.4.2019

2Die Bundesregierung (Webseite)

3Tagesschau vom 25.4.1995

4 NDR, ,,Gorleben, ein Reizthema“ vom 24.4.2015

5Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg zum Umweltschutz, Castor- Halle“

6NDR ,,Bewegte Vorgeschichte“ vom 24.4.2015

7NDR, Geschichte und Chronologie des Castor Transports vom 24.4.2015

8NDR ,,Merkel verpflichtet Schröder“ vom 24.4.2015

9Bundesgesellschaft für Endlagerung

10Gorleben-Archiv

11,,Horizont“ am 19.9.2018

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der erste Castor – Transport nach Gorleben im Spiegel öffentlicher Medien
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
21
Katalognummer
V1185043
ISBN (eBook)
9783346613325
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Der erste Castor – Transport nach Gorleben im Spiegel öffentlicher Medien, Medien, Castor, Gorleben, Endlager, Atom, Atommüll, Atomrecycling, Demo, Demonstrationen, Zug, Züge
Arbeit zitieren
Henriette Buhlrath (Autor:in), 2020, Der erste Castor – Transport nach Gorleben im Spiegel öffentlicher Medien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185043

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