Intersektionalität und Empowerment. Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?


Thèse de Bachelor, 2021

71 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Glossar Begrifflichkeiten

2 Einleitung
2.1 Warum ist die Forschungsfrage wissenschaftlich relevant?
2.2 Ziele und Aufbau dieser Bachelor Thesis
2.3 Begründung der Methode Literaturarbeit

3 Theoretischer Teil - Begriffsdefinitionen
3.1 Sojourner Truth
3.1.1 Schwarzer Feminismus
3.1.2 Kritik am weißen Feminismus
3.1.3 Schwarzer Feminismus in Deutschland
3.1.4 Der Begriff ,afrodeutsch‘ und May Ayim
3.2 People/Women of Color - Begriffserklärung
3.2.1 Strukrurelle Gewalt welche auf Schwarze Women of Color ausgeübt wird
3.2.2 Wie Objektivierung und Stereotypisierung rassistische Narrative aufrechterhalten
3.3 Intersektionalität -Geschichtliche Entstehung des Konzeptes
3.3.1 Theorien
3.3.2 Anwendung in der Sozialen Arbeit
3.3.3 Antirassistisches Empowerment
3.3.4 Rassismuskritische Ansätze, ,White Supremacy‘und die Bedeutung des ,Wissen of Color'

4 Forschungsstand und Analyse
4.1 Methodik der „qualitativ-analytischen“ Literaturanalyse
4.2 Literaturanalyse zu „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“ von Alice Hasters
4.3 Literaturanalyse zu „Reach Everyone on the Planet...“ der Heinrich-Böll-Stiftung

5 Diskussion und Ergebnisse
5.1 Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Bachelor Thesis
5.2 Kritische Stimmen zur Identitätspolitik und Empowerment
5.3 Grenzen und Einschränkungen der Untersuchung
5.4 Empfehlung für eine zukünftige Forschung

6 Quellenverzeichnis

1 Glossar Begrifflichkeiten

Cisgender = Wenn die Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht übereinstimmt (vgl. Hasters 2021, S.213)

Class = Klassenzugehörigkeit

Black Studies = Wissenschaft zur kolonialen und Schwarzen Geschichte und deren Auswirkung auf die Gegenwart

Empowerment = entstanden aus der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, zu dt. Selbstermächtigung, welche die Selbstbestimmung von Minderheiten beschreibt, sowie Methoden, welche zu dieser führen sollen (vgl. Hasters 2021, S.213)

Gender = Geschlecht als soziales Konstrukt

Gender* = Diese Arbeit wird mit dem Gender* verfasst, da dieses jede Geschlechtsidentität einbezieht und somit keines ausschließt

Kolonialisierung = Die Vereinnahmung von Ländern, welche mit Vertreibung, Unterwerfung der ausführenden Macht, und Ermordung in den Gebieten einher geht (vgl. Hasters 2021, S.215)

Natural Hair Movement = setzt sich gegen die Diskriminierung von Afrohaaren ein und fördert das Tragen der naturbelassenen Haare entgegen europäischer Schönheitsnormen N-Wort = Rassistische Fremdbezeichnung von Schwarzen Menschen, welche nicht reproduziert werden soll und deshalb zensiert zu lesen sein wird

People of Color = Beschreibung von allen nicht-weißen Menschen, welche die Erfahrung von Diskriminierung vereint und eine Selbstbezeichnung der Betroffenen darstellt

Race = wird in dieser Thesis verwendet, da der deutsche Begriff „Rasse“ als biologische und nicht als soziale Kategorie wie in der englischen Sprache gilt und rassistische Narrative der falschen Annahme von verschiedenen „Menschenrassen“ reproduziert (vgl. Kelly 2019, S.13)

Schwarz = Sozialpolitische Kategorie, welche sich im deutschsprachigen Diskurs zu Rassismus entwickelt hat und Fremdbezeichnungen ablöst. Die Großschreibung ergibt sich aus der Selbstbezeichnung von politischen Bewegungen in Deutschland (vgl. Kelly 2019, S.14)

Struktureller Rassismus = Unterdrückung, Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten

Schwarze Community = Versch. aktivistische Gruppierungen, welche sich u.a. gegen Rassismus an Schwarzen Menschen in Deutschland einsetzen und aufgrund des Widerstandspotentials der Kollektive den englischen Begriff beibehält (vgl. Heinrich-Böll- Stiftung 2019).

weiß = Analysekategorie für unterdrückende Machtverhältnisse (Kelly 2019, S.14)

Wissen of Color = Begriff aus der Dissertation von Maryam Mohseni, welcher akademisches Wissen zu und von People of Color beschreibt

Women of Color = Feminine Form des Begriffes People of Color

2 Einleitung

Die Forschungsfrage Jntersektionalität und Empowerment - Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?‘ wird in dieser Bachelor Thesis, verfasst von mir, Kerstin Ehrenreich, im Rahmen einer Literaturarbeit analysiert. Das Studienfach der Sozialen Arbeit, in dessen Rahmen diese Thesis verfasst wird und der Bezug dazu, nimmt dabei keine primäre Stellung ein. Da es sich bei der Studienrichtung um ein interdisziplinäres Hochschulfach handelt, werden in folgender Arbeit Themen behandelt, welche Teil des Studiums waren. Dazu gehören Gendertheorien, intersektionale Theorien, rassismuskritische Ansätze, Empowerment- Konzepte, Erziehungswissenschaften sowie die politische Bildung. Die Forschungsfrage visiert die Erläuterung der Marginalisierung insbesondere von Schwarzen Women of Color in Deutschland an und wie sie zu politischem Handeln befähigt werden können. Dabei liegt der Fokus auf Cisgender-Frauen, deren Geschlechtsidentität mit der bei der Geburt zugewiesenem Geschlecht übereinstimmt (vgl. Hasters 2021, S.213). Soziale Arbeit kann Teil von diesen partizipativen Prozessen werden, z.B. durch pädagogisches, politisches oder forschendes Handeln, was im Schlussteil näher beleuchtet wird. Welche Methoden, Konzepte und Ansätze diesbezüglich angewandt werden, wird Teil dieser Bachelor Thesis sein. Welche Bevölkerungsgruppe mit der Begrifflichkeit „Women of Color“ gemeint ist und wie die Selbstzuschreibung entstand, wird in Kapitel 3.2 erläutert. Die Thesis wird somit zusammenfassend die Lebenswelt von Schwarzen Women of Color in Deutschland untersuchen, ihre Betroffenheit durch Diskriminierung, sowie deren Möglichkeiten der Partizipation an politischen Veränderungen.

Im Folgenden wird zunächst verdeutlicht, weshalb die Forschungsfrage wissenschaftlich relevant ist, daraufhin welche Ziele in der Arbeit verfolgt werden, wie sie aufgebaut ist und zuletzt welche Methoden zur Beantwortung der These eingesetzt wurden.

2.1 Warum ist die Forschungsfrage wissenschaftlich relevant?

Zu Beginn möchte ich auf die wissenschaftliche Relevanz der Intersektionalitätstheorien und folgend auf die des Empowerments eingehen. Zum Schluss dieses Teilkapitels werde ich auf den Aspekt der politischen Partizipation eingehen, sodass dargestellt werden kann, inwiefern diese Themenschwerpunkte mit meiner Thesis zusammenhängen und warum sie insgesamt eine Bedeutung für wissenschaftliche Diskurse einnehmen.

Intersektionalität nimmt als Theorie oder Konzept nach den Herausgeber*innen der Grundlagenliteratur „Fokus Intersektionalität“ in Deutschland eine immer größer werdende 5

Bedeutung ein (vgl. Lutz; Vivar; Supik, 2010, S.9). Zur Gründung der Theorie beschreiben die Autor*innen, dass die Suche nach einer angemessenen Theoretisierung der Wechselwirkung und Verschränkungen von Diskriminierungsformen, schon vor dem aktuellen Diskurs des Intersektionalitätskonzepts in Deutschland wahrgenommen wurde. Dazu gehört beispielsweise der Zusammenhang zwischen kapitalistischen Strukturen und Geschlechterverhältnissen (vgl. ebd.).

Die Betrachtung der spezifischen Intersektionen von Schwarzen Frauen und die damit einhergehende Theoretisierung, wurde jedoch vorrangig aufgrund der Schwarzen Frauenrechtsbewegung in den USA begründet (vgl. Lutz; Vivar; Supik, 2010, S.10). Hervorgehoben wurden dabei die spezifische sozio-ökonomische Situation Schwarzer Women of Color, im Hinblick auf die sich wechselseitig bedingten sozialen Differenzkategorien (vgl. ebd.). Demnach wurden im feministischen Diskurs die vormals alleinstehende Kategorie Geschlecht mit einem kritischen Blick erweitert:

„Intersektionalität thematisiert das zentrale theoretische normative Problem in der feministischen Wissenschaft - die Anerkennung von Differenzen zwischen Frauen. Es berührt das drängendste Problem, dem sich der Feminismus aktuell gegenübersieht - die lange und schmerzliche Geschichte seiner Exklusionsprozesse“ (Davis 2010, S.58 zitiert nach Lutz; Vivar; Supik, 2010, S.2010).

Wissenschaftlich relevant ist demnach ein feministischer Diskurs, welcher nicht nur die Erfahrungen der Unterdrückung von weißen, bürgerlichen Frauen bezieht, sondern ebenfalls auf die von Schwarzen Women of Color, welche auf der Ebene von anderen Lebensrealitäten sowie Ungleichheiten stattfindet (vgl. ebd.). Für diese Thesis ist vor allem relevant, inwiefern der wissenschaftliche Diskurs zur Intersektionalität als Theorie zum Konzept wird, welches Wirkung auf die politische Partizipation von Schwarzen Women of Color einnimmt.

Inwiefern Empowerment-Konzepte wissenschaftlich relevant sind, wird im Folgenden erläutert. Nach Herriger, Professor für Soziologie der Sozialen Arbeit, Fachbereich Sozial­und Kulturwissenschaften, besteht das Konzept und dessen Integrierung in sozialwissenschaftliche sowie berufspraktische Diskurse, seit zwei Jahrzehnten (vgl. Herriger 2010, S.11). Die Konzepte würden in keiner Grundlagenliteratur der Sozialen Arbeit fehlen und in verschiedenste Projekte oder Konzeptionen dieser Disziplin unter ressourcenorientierten Blickwickeln, einbezogen (vgl. ebd.). Empowerment sei demnach hauptsächlich als Teil Sozialarbeiterischer Theorie und Praxis anzusehen. Herriger beschreibt außerdem, dass das Konzept in die aktuelle wissenschaftliche Debatte zur Professionalisierung der Sozialen Arbeit, als Grundlage für die Praxis der Profession anzusehen ist (vgl. ebd.). Diese psychosoziale Praxis der Sozialen Arbeit fördert die eigens entwickelten Ressourcen der Adressat*innen, ihr Partizipationsrecht sowie die Eigenverantwortung für sich und ihre Umwelt (vgl. ebd.). Empowerment wird nach Grundlage von wissenschaftstheoretischen Diskursen in verschiedensten psychosozialen Praxisfeldern angewandt (vgl. ebd.). Wie genau dies in Bezug auf antirassistische Empowerment-Ansätze geschieht, wird in Kapitel 3.3.3 näher beleuchtet.

Kritisch zu betrachten ist die neoliberale Ausrichtung der aktuellen Sozialpolitik, welche Bürger*innen zu einer Wettbewerbsfähigkeit veranlassen sollen („Fördern und Fordern“ nach der Agenda 2010) (vgl. ebd.). Im Hinblick darauf ist das Empowerment-Konzept, nach meiner Hypothese, nicht dazu auszurichten Menschen arbeitsfähiger werden zu lassen. Es gilt Soziale Chancengerechtigkeit, die Autonomie des Einzelnen sowie die Befähigung zur selbstbestimmten Gestaltung der Lebensrealität, fernab von einem Leistungsgedanken des Arbeitsmarktes anzuvisieren (vgl. ebd.). Weitere Hürden und kritische Betrachtungsweisen bezüglich des Empowerments, werden in Kapitel 5. Diskussion und Ergebnisse diskutiert.

Politische Partizipation hingegen wird in dieser Bachelor Thesis unter der Prämisse behandelt, inwiefern diese Art der Beteiligung bei Schwarzen Women of Color stattfindet und welche Handlungsoptionen ihnen zur Verfügung stehen, um sich gegen rassistische Strukturen zur Wehr zu setzen. Im Zuge dessen ist das Stichwort .Identitätspolitik' zu nennen. Diese Begrifflichkeit wird zum Ende dieser Thesis untersucht, da sie in Bezug auf die politische Partizipation von Schwarzen Women of Color, das Grundprinzip darstellt, unter der diese stattfindet. Außerdem setze ich mich in der Diskussion und den Ergebnissen mit der kritischen Betrachtung von identitätspolitischen Ansätzen auseinander.

Der nächste Abschnitt handelt von der Vorgehensweise von Schwarzen Women of Color im Zusammenhang mit aktivistischer und wissenschaftlicher Arbeit:

Diese Arbeit wird von Schwarzen Women of Color wie Natasha A. Kelly ausgeführt, welche promovierte Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin mit den Forschungsschwerpunkten Kolonialismus und Feminismus ist und u.a. die Grundlagenliteratur .Schwarzer Feminismus' herausgab. Außerdem von einer Alice Hasters, welche als Journalistin mit ihrem Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ Aufklärungsarbeit leistet und May Ayim welche als prominenteste Vertreterin der Schwarzen Community in Deutschland gilt und ebenfalls mit ihren literarischen Werken zum wissenschaftlichen Diskurs zur Schwarzen Geschichte in Deutschland beitrug. Einfluss im Diskurs zu der Lebensrealität von Schwarzen Women of Color nimmt außerdem die Juraprofessorin Kimberlé Crenshaw, welche Intersektionalität als Konzept in den USA etablierte und somit neue Debatten in Deutschland eröffnete (vgl. Kelly 2021; ASH Berlin 2020). Dazu zu erwähnen ist auch die Generation Aderfa e.v. - Schwarze Frauen in Deutschland ein kulturpolitisches Forum von und für Schwarze Frauen, welches seit 1980 von der karibisch-amerikanischen Lyrikerin Audre Lorde zusammengeführt sowie von ihr inspiriert wurde und in dieser Thesis in Kapitel

3.1.3 Schwarzer Feminismus in Deutschland behandelt wird (Generation Aderfa 2021).

Linke Indentitätspolitik, wie sie von genannten Schwarzen Women of Color auf verschiedenste Art und Weise ausgeübt wird, ist nach der Bundeszentrale für politische Bildung eine Reaktion auf Diskriminierung (vgl. Kastner; Susemichel 2019). Einer bestimmten Gruppe werden fast ausschließlich negativ konnotierte Eigenschaften zugeschrieben, was dazu führt, dass diese ein kollektives Bewusstsein für ihre Benachteiligungen entwickeln, da die Benachteiligungen ebenfalls kollektiv in der Gesellschaft ausgeführt werden (vgl. ebd.).

Es gilt die Voraussetzung, um eine positiv besetzte Identität seitens Betroffener herzustellen, dass diese von jenen Menschen erzeugt wird, welchen gemeinsame Merkmale zugeschrieben werden, ähnliche Vorstellungen teilen, sowie bestimmte Situationen auf vergleichbare Weise erleben (vgl. ebd.). Weshalb diese Form der politischen Partizipation wissenschaftlich relevant ist und welche Schwierigkeiten dabei entstehen, politische Teilhabe adäquat in der Wissenschaft einzuordnen, wird im nächsten Abschnitt verdeutlicht.

Peter Massing beschreibt in seinem Text ,Politisches Handeln - Versuch einer Begriffserklärung‘, dass normative Klarheit geschaffen werden soll, sodass unterschiedliche Wissenschaften, welche das Thema der politischen Beteiligung analysieren (z.B. Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Wirtschaftswissenschaften oder Politikwissenschaften) Handlungstheorien entwickeln können (vgl. Massing Jahr, S.257). Sozialwissenschaften werden als Handlungswissenschaften begriffen, da sie erst durch soziale Handlungen entstehen, welche von hoher Komplexität geprägt sind und sich demnach nicht einfach auf allgemeine Theorien konstruieren lassen (vgl. ebd.). Die verschiedenen Wissenschaften arbeiten laut Massing nebeneinander und beziehen sich auf unterschiedliche Fragestellungen und Positionierungen (vgl. ebd.). Nach den Sozialwissenschaften, welche in dieser Thesis vorrangig rezitiert werden, wird innerhalb der psychologischen Verhaltenstheorie der Zusammenhang zwischen Reizen und einem bestimmten Verhalten hergestellt (vgl. Meesing Jahr, S.259.) Dieses Verhalten soll nach der Philosophin Hannah Arendt eines sein, welches der Mensch von innen heraus entfaltet und Handeln wird von ihr als eine darauffolgende Wirkung eingeordnet (vgl. Arendt 1994, S.13 zitiert nach Massing Jahr, S.259). Die vorerst inneren Prozesse und die darauffolgende Wirkung werden mit dem Fokus auf Empowerment, Intersektionalitätstheorien, sowie der daraus resultierenden politischen Handlung, spezifisch von Schwarzen Women of Color, näher betrachtet und eingeordnet. Welche Auswirkungen politische Bildung auf Schwarze Frauen in Deutschland einnimmt, wird in Kapitel 4 Forschungsstand und Analyse verdeutlicht.

Wie genau Theorien zur Intersektionalität zu aktivistischem Handeln führen können, welche Empowerment-Methoden wirksam sind oder wie Identifikationsfiguren zu einem Prozess der Selbstwirksamkeit sowie Handlungsfähigkeit führen können, sind ebenfalls zentrale Fragestellungen dieser Bachelor Thesis.

2.2 Ziele und Aufbau dieser Bachelor Thesis

Ziel dieser Arbeit ist es mit der Forschungsfrage Intersektionalität und Empowerment - Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?, g esellschaftliche und soziale Ungleichheiten aufgrund der Strukturkategorien Race sowie Gender und deren wechselseitig bedingten Diskriminierungen aufzuzeigen, dabei betrachte ich besonders die Lage in Deutschland. Außerdem soll sie unter anderem eine Kritik an den vorhandenen wissenschaftlichen Strukturen in Deutschland sein, welche aktuell noch nicht genügend Diversität und somit kaum Schwarze Women of Color repräsentieren oder deren Lebensrealitäten mitdenken. Nach der Professorin für Kindheit und Differenz Maisha-Maureen Auma, werden post­koloniale Theorien zwar in den letzten Jahrzehnten immer sichtbarer, jedoch nehmen Black Studies in akademischen Diskursen keine bedeutende Position ein (vgl. Auma zitiert nach Prado 2020).

Meiner Ansicht nach ist die Begebenheit, dass kein eigenständiger Studiengang zu Schwarzem Leben in Deutschland existiert, eine immense Forschungslücke. Auma kritisiert ebenfalls, dass kein Wissenschaftsansatz zur Thematik an einem anderen Lehrstuhl vorhanden ist, welches Schwarze Lebensrealitäten gezielt in den Fokus setzt (vgl. ebd.). Aufgrund dessen fehlen nach Auma Perspektiven, welche rassistisch marginalisierte Menschen erleben und dies würde einer diversen Gesellschaft nicht gerecht werden (vgl. ebd.)

Ein weiteres Ziel ist es, Emanzipationsbewegungen in Deutschland sowie deren gesellschaftlichen Einfluss abzubilden und ihre Wege, Schwarze Women of Color, welche von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind, zu empowern. In Deutschland bildete sich seit den 1980er Jahren die „Schwarze Community“, welche von hierzulande lebenden

Schwarzen Menschen initiiert wurde und deren Arbeit die Benennung von Rassismus beinhaltet (vgl. Eggers 2021). Die Bewegung fordert Anerkennung und Partizipation (vgl. ebd.). Da es in Deutschland Realität ist, dass Schwarze Menschen aufgrund von rassistisch motivierten Straftaten Diskriminierungen erleiden müssen, welche bis hin zu Überfällen, Morden oder anderen Gewalttaten reichen, ist es essenziell für einen neuen wissenschaftlichen Diskurs, diese Phänomene einzuordnen (vgl. ebd.). Die Lebensrealität einer Minderheit in Deutschland darf meiner Ansicht nach nicht weiter negiert und nur am Rande behandelt werden. Da Teile der deutschen Historie, welche die koloniale Vergangenheit betreffen nicht ausreichend aufgeklärt wurden, wirkt Rassismus gegen Schwarze Menschen gegenwärtig aufgrund von Ideologien, Konstruktionen oder Mythen aus der Vergangenheit (vgl. ebd.). Die Erziehungswissenschaftlerin Maureen Maisha Eggers fordert:

„. Diesen im historischen Langfristgedächtnis tief verankerten Rassismus gilt es offensiv aufzudecken und zu bekämpfen.“ (Eggers 2021)

Wie genau sich diese rassistischen Mechanismen auf Schwarze Women of Color auswirken, wird folgend weiter behandelt. Ziel ist es auf der Basis von Literatur zu erörtern, wie diese Unterdrückungsmechanismen zustande kamen, wie sie gegenwärtig wirken und auf welche Weise sie bekämpft werden können. Dabei ist der wissenschaftliche Diskurs zu Intersektionalität zu betrachten und inwiefern die Bewusstwerdung ihrer Mehrfachdiskriminierung zum Teil des persönlichen Empowerment-Prozesses für Schwarze Women of Color wird. Abschließend liegt der Fokus auf der Beantwortung der Forschungsfrage, wie das erworbene Wissen sowie die persönliche oder kollektive Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus eingesetzt werden kann.

2.3 Begründung der Methode Literaturarbeit

Ich habe mich dazu entschieden die Forschungsfrage meiner Thesis mit einer Literaturarbeit zu behandeln. Diese wissenschaftliche Methode ist aufgrund der Komplexität der Themenbereiche der Intersektionalität, Empowerment und der politischen Partizipation am geeignetsten, um einen Querschnitt der Theorien herzustellen. Eine empirische Arbeit, beispielweise mit quantitativen Befragungen oder qualitativen Interviews, könnte die Forschungsfrage nur teilweise beantworten und keinen umfassenden Überblick zum aktuellen Forschungsstand bieten. Die angewandte Forschungsmethodik der Literaturarbeit in der Thesis, verschafft zunächst im theoretischen Teil eine Übersicht zu Begriffen, welche die Grundlage zur weiteren Analyse darstellten. Wissenschaftliche Arbeiten bestehen aus mehreren Schritten und Phasen, dazu gehört es den Blick auf die 10

Themen zunächst zu weiten, sodass anschließend der Fokus auf ein oder zwei Themengebiete gesetzt werden kann (vgl. Wenger 2013, S.102).

Die Literaturanalyse, welche nach dem theoretischen Teil der Begriffserklärung folgt, beinhaltet drei verschiedene Stufen: Erstens, wurde nach relevanten Büchern und Texten recherchiert, welche den Themengebieten „Empowerment“ und „Intersektionalität“ zuzuordnen sind (vgl. Wenger 2013, S.102). Die Recherche wurde mit den Datenbanken der Bibliothek der Technischen Hochschule Köln und der frei zugänglichen Google Scholar durchgeführt. Zweitens ist der Inhalt der Literatur mit einer Inhaltsangabe aufbereitet worden, zu welcher anschließend eine Analyse erfolgte. Der dritte Punkt untersucht die ausgewählte Literatur mit den genannten Schwerpunkten im Hinblick auf veröffentlichte wissenschaftliche sowie aktivistische Literatur. Außerdem wurden empirische Studien dargestellt, welche die Argumentationen belegen sollten. Die Auswahl der Studien konnte jedoch nicht direkt auf Schwarze Women of Color in Deutschland angewandt werden, da keine relevante Empirie zu dieser Bevölkerungsgruppe hierzulande existieren.

Demnach wurden wissenschaftliche Ergebnisse herangezogen, welche die Thesen indirekt bekräftigen. Abschließend wurden die Ergebnisse der Literaturanalyse zusammengefasst, diskutiert und kritische Meinungen zu den Thesen herangezogen, sodass ein umfassender Blick auf die Themengebiete geschaffen wurden. Der Ausblick auf neue Forschungen, welche sich aus meiner Thesis ergeben, rundet die wissenschaftliche Abschlussarbeit ab.

3 Theoretischer Teil - Begriffsdefinitionen

3.1 Sojourner Truth

„..Bin ich etwa keine Frau? Sehen Sie mich an! Sehen Sie sich meinen Arm an! Ich habe gepflügt, gepflanzt und die Ernte eingebracht und kein Mann hat mir gesagt was zu tun war! Bin ich etwa keine Frau? Ich konnte so viel arbeiten und so viel essen, wie ein Mann - wenn ich genug bekam - und die Peitsche konnte ich genauso gut ertragen! Bin ich etwa keine Frau?“ (Truth 1851 zitiert nach Rameil 2019, S.63).

Die berühmte Rede von sojou Truth, welche sie 1851 in Akron, Ohio gehalten hat, war prägend für den Schwarzen Feminismus (vgl. Rameil 2019, S.62). Sojourner Truth war eine ehemalige Sklavin, welche bei der Jahresversammlung der Frauenrechtsbewegung, welche damals von weißen Frauen dominiert wurde, ihre Erfahrungen als Schwarze Frau in Herrschafts- und Machtverhältnissen im Kontext der Sklaverei kundtat (ebd). Dies geschah unter Protest der weißen Feminist*innen vor Ort, da diese es für unpassend hielten, wenn eine Schwarze Frau auf ihrer Bühne steht und riefen „Dont let her speak!“ (ebd.). Truth ließ sich davon nicht abhalten und sprach nach der Rede eines weißen Mannes, welcher gegen die Gleichberechtigung argumentierte, indem er behauptete, dass Frauen Männern naturgemäß körperlich unterlegen seien (ebd.). Daraufhin entgegnete Sojourner Truth in ihrer Rede, dass Sie die gleiche Arbeit wie ein Mann verrichtete und ebenfalls Peitschenhiebe ausgehalten hatte, womit sie auf die Lebensrealität unterdrückter Schwarzer Frauen, welche damals nur als Objekt und Mittel zum Zweck betrachten wurden, aufmerksam machte (vgl. Rameil 2019 S.63).

„Der Mann sagt, dass Frauen beim Einsteigen in eine Kutsche geholfen werden müsse und auch beim Überqueren von Gräben und das Ihnen überall der beste Platz zustehe... Bin ich etwa keine Frau?“ (Rameil 2019, S. 63). Sojourner Truth entblößte ihre Brüste, um zu beweisen, dass sie auch eine Frau sei und somit die gleichen Rechte wie weiße Frauen verdient hätte, woraufhin ein weißer Mann ihr Geringschätzung entgegnete und sie anbrüllte: „Ich glaube nicht, dass du wirklich eine Frau bist!“ (vgl. Rameil 2019, S.62). Die Zuschreibungen zum minderwertigen Objekt, einem Tier, zu welchem Schwarze Frauen aufgrund der kolonialen sowie rassistischen Zustände im 19. Jahrhundert herabgewürdigt wurden, war damals die Realität von Schwarzen Women of Color (ebd.). Davon ließ sich Truth nicht beeindrucken und hielt ihre bedeutende Rede, sodass ein Perspektivwechsel in der damaligen feministischen Debatte entstand. Sie verdeutlichte, dass es als Frau möglich ist Kinder zu bekommen, gleichwertige Arbeit wie Männer zu verrichten, sowie psychischen und körperlichen Missbrauch auszuhalten und dennoch stark daraus hervorzugehen (vgl. Rameil 2019, S.63). Truth ebnete mit ihrer Rede den Weg für andere Schwarze Frauen, vorrangig in den USA, sich öffentlich für ihre Rechte einzusetzen (vgl. Rameil 2019, S.63). Politisch aktive Schwarze Frauen, konnten aufgrund Sojourner Truths Mut ein Vorbild finden, welches trotz aller Ablehnung Widerstand leistete (ebd).

Dieser Einstieg zu der Arbeit, welcher die Diskriminierung von Schwarzen Women of Color untersucht, wurde gewählt, um den Diskurs in seinem Ursprung darzustellen.

3.1.1 Schwarzer Feminismus

Schwarzer Feminismus im heutigem Sinne, entstand aus den Freiheitskämpfen in den USA, welcher von Schwarzen Women of Color aus der versklavten Community entstand (vgl. Ledwon 2019, S.48-49). Das männliche, weiße Herrschaftssystem unterdrückte sie aufgrund von zwei Kategorien: Gender und Race (vgl. Ledwon 2019, S.48). Daraus entstand ein Widerstand, welcher von Schwarzen Aktivist*innen wie Sojourner Truth, Harriet Tubman, Frances E.W. Harper, Ida B. Wells-Barnett und Mary Church Terrell sowie vielen unbekannten Frauen, welche die Erkenntnis erlangten, dass ihre Lebensrealität aufgrund der Mehrfachdiskriminierung zu einer politischen Besonderheit wurde (vgl. Ledwon 2019, S.49).

Ende der 60er Jahre entstand im Zusammenhang mit der zweiten Welle der US- amerikanischen Frauenbewegung zum ersten Mal eine sichtbare Schwarze feministische Bewegung (vgl. Ledwon 2019, S.49). Schwarze Frauen waren schon von Beginn an der Frauenbewegung beteiligt, jedoch wurden sie aufgrund von Rassismus und Elitismus unsichtbar in den vorwiegend weißen feministischen Gruppierungen (ebd.). Daraus entstand 1973 eine von Women of Color gegründete Gruppe, welche zur späteren National Black Feminist Organization (NBFO) wurde (ebd.). Besonders in den 1960er und 1970er Jahren gab es von Schwarzer feministischer Seite Verbindungen zu Schwarzen Befreiungsbewegungen, da sich Schwarze Frauen ebenfalls bei den Black Panthers engagierten, welche die Ideologie des Schwarzen Nationalismus verfolgten (ebd.). Ziel war es sich aufgrund der aussichtslosen Erfahrungen in den von weißen dominierten Bewegungen zu emanzipieren und eine politische Haltung zu entwickeln, welche „.im Gegensatz zu der weißer Frauen, antirassistisch und im Gegensatz zu Schwarzen und Weißen Männern antisexistisch war“ (Ledwon 2019, S49).

Das Combahee River Collective, welches sich seit 1974 als Kollektiv Schwarzer Feminist*innen zusammenschloss, beschreibten ihre Organisation und Philosophie als progressiv, antirassistisch sowie antisexistisch (vgl. Ledwon 2019, S.48). Ihre Haltungen und politischen Motive entwickelten sich aus der Annahme, dass Schwarze Frauen ohne jedweden Widerspruch wertvoll seien (vgl. Ledwon, S.51). Sie sahen es als notwendig an sich selbst und andere Women of Color zu befreien und sich das menschliche Bedürfnis nach Autonomie zu erfüllen (ebd.).

Nach Aussage des Kollektivs hat sich keine andere progressive Bewegung mit den spezifischen Unterdrückungsformen Schwarzer Frauen auseinandergesetzt und somit wollten sie sich gegen Stereotypisierungen, welche zu „grausamen, oft mörderischen“ (Ledwon 2019, S.51) Umgangsweisen führten, einsetzen (ebd.).

Vier Jahrhunderte Versklavung führten dazu, dass Schwarzen Women of Color in weißen Mehrheitsgesellschaften, vor allem im Westen, keine respektvolle Behandlung entgegengebracht wurde (ebd.). Demnach entwickelte das Combahee River Collective eine politische Haltung und Praxis, welche eine gesunde Liebe zu sich selbst und ihren ,Schwestern', der Community, in den Vordergrund stellte, sodass ein gemeinschaftlicher Kampf der Befreiung aus dem unterdrückenden System entstehen konnte (ebd.).

Das nächste Unterkapitel erörtert die Kritik an weißen feministischen Strukturen, da die Schwierigkeit von Schwarzen Women of Color in der wissenschaftlichen und politischen Debatte anerkannt zu werden einen Teil der strukturellen Diskriminierung darstellt.

3.1.2 Kritik am weißen Feminismus

„Wenn weiße Feministinnen sich nicht mit diesen Unterschieden beschäftigen, wie geht ihr dann mit der Tatsache um, dass Frauen, die eure Wohnungen putzen und auf eure Kinder achtgeben, während ihr an Konferenzen über feministische Theorie teilnehmt, vorwiegend mittellose Frauen und ,women of color' sind?“ (Lorde 1991, S.200 zitiert nach Meyer 2017, S.33).

Katrin Meyer zitiert in der Grundlagenliteratur „Theorien der Intersektionalität“ Audre Lorde, eine US-amerikanische Schwarze Aktivistin und Schriftstellerin, welche mit der Aussage verdeutlichen wollte, dass die Unterschiede zwischen Schwarzen und weißen Frauen nicht in den Differenzlinien der Hautfarbe, Alter, Herkunft oder Sexualität liegen, sondern darin, dass die daraus entstehenden Diskriminierungen und Lebensrealitäten nicht genügend anerkannt werden (vgl. Meyer 2017, S.34). Laut Lorde sei es wichtig die jeweiligen Unterschiede zu nutzen, um „gemeinsame Visionen und Kämpfe zu bereichern“, indem man alle Frauen gleichberechtigt an der Debatte teilhaben lässt (vgl. Lorde 1991, S.201 zitiert nach Meyer 2017, S.34).

In angloamerikanischen Zusammenhängen formierte sich in den 1970er und 1980er Jahren durch Aktivistinnen ein kritisches Denken, welches sich gegen den normierten, bürgerlichen sowie heterosexuellen Feminismus auflehnte, sodass sich der Blickwinkel auf die Benachteiligungen von Schwarzen Women of Color in der feministischen Debatte öffnete (vgl. Meyer 2017, S.35). Dabei wurde vor allem die Kategorie Race in den Blick genommen, indem Rassismus, Kolonialismus, Imperialismus und Nationalismus im gesellschaftlichen Kontext der USA und in der feministischen Theorie näher beleuchtet wurden (vgl. Meyer 2017, S.35).

Wie in den Anfängen in Deutschland die Kategorien Race, Class, Sex und Gender kritisch hinterfragt und kontextualisiert wurden, wird im Folgenden dargelegt. „Wir, die Seiltänzerinnen“, ein Text des Autor*innen-Kollektivs FeMigra, beanstandete 1994, dass feministische und linke Bewegungen eine ignorante Haltung gegenüber den Themen Rassismus einnahmen und Schwarze Personen, Migrant*innen sowie geflüchtete Menschen auf den Titel der „Fachfrauen und -männer in Sachen Rassismus“ (FeMigra 1994) reduzierten (vgl. FeMigra 1994 zitiert nach Meyer 2017, S.40). Der Text weist außerdem darauf hin, dass es wichtig sei, dass deutsche Frauen ihre Privilegien hinterfragen (vgl. FeMigra 1994 zitiert nach Meyer 2017, S.40). Diese Betrachtungsweise fassten die Autor*innen mit dem Begriff „mehrheitsdeutsch“ zusammen, welcher Begriffe wie weiß, deutsch, christlich etc. nicht separiert, um die Verbindung von Priviligierungsstrukturen zu verdeutlichen (vgl. Meyer 2017, S.40). Dabei wurde präzisiert, dass es nicht möglich sei, die verschiedenen Ungleichheiten getrennt voneinander zu betrachten (vgl. Meyer 2017, S.40).

3.1.3 Schwarzer Feminismus in Deutschland

Der Text „Schwarzes feministisches Denken und Handeln in Deutschland“, verfasst von Maureen Maisha Eggers und Sabine Mohamed behandelt, wie Schwarzer feministischer Aktivismus in Deutschland zustande kam. Dieser entstand im Zuge der Schwarzen Bewegung, welche in den 1980er Jahren vorrangig von Schwarzen, lesbischen Aktivistinnen initiiert wurde und zentral für das Voranschreiten der Bewegungen verantwortlich war (vgl. Eggers; Mohamed Jahr, S.57). Diese Relevanz von Schwarzen Frauen innerhalb der Bewegung wird im Nachhinein häufig in Bewegungstheorien marginalisiert, weshalb betroffene Akteurinnen sich für ihre Sichtbarkeit einsetzen (vgl. Generation Aderfa e.v. 2021) Diese waren nach Eggers und Mohamed „Strukurgeberinnen für die Entstehung einer organisierten Schwarzen Gemeinschaft“ (Eggers; Mohamed Jahr, S.57).

Mitte der 1980er Jahre formierte sich die Generation Aderfa, welche von der karibisch­amerikanischen feministischen Theoretikerin Audre Lorde inspiriert wurden (vgl. Eggers; Mohamed Jahr, S.57). Neben Lorde war Katharina Oguntoye ebenfalls prägend für den Schwarzen Feminismus in Deutschland (ebd.). Als Gründerin der Initiative Aderfa wies sie auf die Vielschichtigkeit der Aufgabe hin, bis dahin isolierte Schwarze Women of Color in Deutschland mit komplexen Lebensrealitäten sowie Interessen zu vereinen und dauerhaft zu verbinden (ebd.). Bedeutend für den Schwarzen Feminismus in Deutschland war auch die Schriftstellerin, Logopädin, Pädagogin, Aktivistin und Wissenschaftlerin May Ayim, welche ihre ,Doppelidentität' als afrodeutsche Frau auf verschiedenste Weise publizierte und den bekanntesten Vetreter*innen der Schwarzen deutschen Community zuzuordnen ist (vgl. Kelly 2018).

Ziel der Schwarzen und feministischen Bewegung Aderfa i st es, Gestaltungsräume für eine Betrachtung Schwarzer Lebensrealitäten, insbesondere der von Women of Color, zu erschaffen (vgl. Eggers; Mohamed Jahr, S.58). Laut Eggers und Mohamed sollen diese, „als Ort einer kollektiven Auseinandersetzung, als Ort der Wissens- und Gesellschaftskritik und als Ort einer zugewandten, solidarischen Teilhabe an der Lebensgestaltung zu Zugehörigen“, dienen (vgl. Eggers; Mohamed Jahr S.58). Außerdem finden Vernetzungen zu anderen Schwarzen Frauengruppen in Amsterdam und London statt (ebd.). Dabei werden Methoden der Körperarbeit, Theaterworkshops, Selbstverteidigungskurse, Kreatives Schreiben oder Biographiearbeit angewandt und sollen dazu führen, dass die Aktivistinnen sich persönlich annähern sowie gemeinsame Themen reflektieren können (ebd.). Wichtige Themen der Anfangsaktivist*innen waren die allgemeine Schwarze Geschichte in Deutschland sowie der Widerstand von Schwarzen Gemeinschaften (z.B. die Civil Rights- Bewegung in den USA).

Eggers und Mohamed weisen in ihrem Text ebenfalls darauf hin, dass Schwarze Menschen und ihre Themen aufgrund ihrer Marginalisierung unsichtbar gemacht werden, was dazu führt, dass ihre gesellschaftlichen Beiträge wenig Beachtung erhalten (ebd.). Patricia Hill Collins, eine Schwarze feministische Theoretikerin, bezeichnet diesen Vorgang des systematischen Ausschlusses als Suppression, welcher Wissensbestände von marginalisierten Gruppen nicht wahrnimmt (ebd.). Daher seien Dokumentationen und Analysen z.B. geschichtlicher Vorgänge, aus der Schwarzen Perspektive notwendig (ebd.). An diesen Positionen der Schwarzen feministischen Tradition orientiert sich der deutsche Verein Aderfa (vgl. Egger; Mohamed Jahr, S.59). Feministische Arbeiten des Vereins zeigen auf, wie Unterdrückungssysteme Ungleichheiten reproduzieren und wie sich diese auf das gesellschaftliche Leben von Schwarzen Women of Color auswirken (ebd.). Daraus resultiert eine alternative Bildungsarbeit, welche aktivistisch, sowie gesellschaftskritisch einzuordnen ist (ebd.). Nach Eggers und Mohamed entsteht somit ein „Zentrum für die Artikulation des Schwarzen Feminismus in Deutschland“ (Eggers; Mohamed Jahr, S.59).

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Fin de l'extrait de 71 pages

Résumé des informations

Titre
Intersektionalität und Empowerment. Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?
Université
Cologne University of Applied Sciences
Note
2,0
Auteur
Année
2021
Pages
71
N° de catalogue
V1183589
ISBN (ebook)
9783346611413
ISBN (Livre)
9783346611420
Langue
allemand
Mots clés
intersektionalität, empowerment, women, color, deutschland, selbstermächtigung, rassismus
Citation du texte
Kerstin Ehrenreich (Auteur), 2021, Intersektionalität und Empowerment. Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1183589

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Titre: Intersektionalität und Empowerment. Wie können Women of Color in Deutschland ihre politische Selbstermächtigung gegen strukturellen Rassismus einsetzen?



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