Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, die Auswirkungen von Traumata, die sich aufgrund einschlagender Flucht- und Kriegserfahrungen entwickelt haben, in Bezug zu den Problematiken des Lern- und Sozialverhaltens von Flüchtlingskindern zu setzen, um einen Zusammenhang dieser beiden Komponenten herstellen zu können. Anschließend sollen die Handlungsmöglichkeiten von Lehrkräften in der Schule als Präventionsmaßnahmen aufgeführt werden, um eine Perspektive für den Umgang und ein entwicklungsförderndes Umfeld darzustellen.
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit gliedert sich in sechs Teile, in denen eine umfassende Analyse der Problemstellung erfolgt. Diese Verknüpfung traumatischer Prozesse mit den Interventionsmöglichkeiten in der schulischen Praxis fördert das Verständnis der Bedeutsamkeit von Anpassungsinterventionen des schulischen Raumes an die Bedingungen der traumatisierten Heranwachsenden. Dazu wird zunächst einleitend die aktuelle Situation geflüchteter Kinder in Deutschland dargestellt, zum weiteren Verständnis der Begriff des Flüchtlingskindes definiert, um diesen in den Kontext von Bildung, Trauma und Lernen zu setzen. Zudem werden traumaspezifische Prozesse und deren psychische und physische Auswirkungen beleuchtet, um die Traumafolgen im Hinblick auf Lern- und Verhaltensschwierigkeiten zu berücksichtigen. Diese Verknüpfung soll dem Verständnis der schulischen Defizite mit dem Hintergrund der Flucht-, Krieg-, und Vertreibungserfahrungen dienen und bettet diese in den Kontext des Traumas ein.
Um die Handlungsmöglichkeiten im schulischen Rahmen für traumatisierte Heranwachsende aufzuzeigen, gibt der Exkurs in die Traumapädagogik einen Einblick in ein mögliches pädagogisches und traumaspezifisches Konzept, welches auf die Sicherheit des Kindes abzielt. Dazu wird das Konzept der Schule als sicherer Ort in den Fokus gerückt. Abschließend werden Aspekte der pädagogischen Handlungsmöglichkeiten der Lehrkräfte und präventive Lehrerkompetenzen zur Unterstützung der Entwicklung des Kindes aufgezeigt. Dabei wird speziell auf das Prinzip der Supervision eingegangen, um die Bedeutsamkeit der Auswirkungen traumatisierter Kinder und Jugendlicher im Unterricht auf die Lehrkräftegesundheit aufzuzeigen. Die Thematik dieser Arbeit wird unter Einbezug umfassender theoretischer Ansätze und Modelle verschiedener Autoren verfasst, die integriert und weiterentwickelt werden sollen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Flüchtlingskinder in Deutschland
2.1 Begriffsdefinition „Flüchtlingskind“
2.2 Krieg, Flucht und Vertreibung
2.2.1 Politische Dimensionen
2.2.2 Krieg und Flucht im Kindesalter
2.2.3 Die Bildungssituation und deren Herausforderung für Flüchtlingskinder in Deutschland
3. Trauma & Traumatisierung
3.1 Begriffsbestimmung – Was ist ein Trauma?
3.1.1 Entstehung
3.1.2 Traumatypologie
3.1.3 Posttraumatische Belastungsstörung
3.2 Frühkindliche Traumatisierung
3.2.1 Krieg und Flucht als Ursache von Traumatisierung im Kindesalter
3.2.2 Risiko- und Schutzfaktoren – Die Bedeutung der Resilienz
3.2.3 Traumafolgestörungen und deren Bedeutung für das Kind
4. Lernen trotz Trauma – Auswirkungen auf das Lern- und Sozialverhalten
4.1 Lernen – eine Definition
4.2 Sozialverhalten – eine Definition
4.3 Traumatische Erlebnisse als Auslöser für Lernschwierigkeiten und Verhaltensstörungen
5. Traumapädagogik im Kontext Schule
5.1 Die Entstehung der Traumapädagogik und ihre Grundsätze
5.2 Die Schule als traumapädagogisches Handlungsfeld
5.2.1 Die Auswirkungen von Traumata auf Schule und Unterricht
5.2.2 Die Schule als „sicherer Ort“
5.2.3 Die Bedeutung der Kooperation zwischen Schule, Eltern und beteiligten Professionen
6. Präventive Möglichkeiten der Lehrerkompetenzen im Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen und die Bedeutung der Supervision
7. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
BAMF Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge
BMJV Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
ICD-10 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme
PTBS Posttraumatische Belastungsstörung
UNHCR Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Schultypen (in Prozent)
Abbildung 2: Sequenz potenziell traumatischer Ereignisse bei Kindern mit Kriegserlebnissen
Abbildung 3: Die Funktionen des Gehirns (nach Siebert 2020)
Abbildung 4: Die drei Lerndimensionen nach Illeris
Abbildung 5: Flowchart Trauma nach Hehmsoth
Abbildung 6: Die Pädagogik des sicheren Ortes
1. Einleitung
Krieg, Gewalt, Folter, Misshandlung und ständige Angst sind nur ein Bruchteil traumatischer Erlebnisse im Kindesalter, die geflüchtete Kinder in ihrem Heimatland erfahren mussten. Die Situation in den Kriegsgebieten zwingt tausende Menschen dazu, ihr Heimatland zu verlassen und sich auf den gefährlichen Weg der Flucht zu begeben. Geflüchtete suchen nach Schutz und Sicherheit, nach einem besseren Leben für ihre Familie und einer zukunftsorientierten Perspektive für ihre Kinder. Aus diesem Grund nehmen sie den Weg auf sich, um der Armut, dem Hunger und der Gewalt zu entkommen. Auch bei Flüchtlingskindern hinterlassen die Kriegs- und Fluchterlebnisse Spuren. Viele wurden selbst Zeuge oder sogar Opfer von Gewalt, mussten in den prägendsten Jahren ihrer Entwicklungsphase in den Kriegsgebieten um ihr Überleben kämpfen, die Verantwortung für Geschwister übernehmen, ständig in einem Angstzustand leben und jeden Tag um das Leben der Familie bangen. Ende des Jahres 2020 befanden sich 82,4 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht (vgl. UNHCR 2021: Global Trends). Die Hälfte dieser Flüchtlinge sind minderjährig und in ihrer Entwicklung aufgrund der belastenden Erlebnisse gefährdet. Die Auswirkungen von Traumata bei Flüchtlingen werden im schulischen Kontext immer noch zu wenig berücksichtigt, sodass traumatisierte Kinder im Unterricht kaum auffallen. Die Folge können Lernschwierigkeiten und andere psychosomatische Probleme sein. Auch das Verhalten der Heranwachsenden wird durch die Erlebnisse beeinträchtigt. Das innere Erleben des Kindes ist geprägt von Gewalt, Angst und den Monaten auf der Flucht.
Die Schulkonzepte in Deutschland sind trotz immer präsenter werdender Thematik nicht darauf ausgelegt, Kinder und Jugendliche mit Traumatisierungen angemessen zu fördern, sodass diese kaum eine Chance auf Bildungsteilhabe erfahren. Zudem mangelt es an Ausbildungs- und Weiterbildungsangeboten hinsichtlich der Flüchtlinge in den Schulen, sodass der Eindruck erweckt wird, Deutschland liegt im Entwicklungsprozess der Schulen zurück, trotz des hohen Bedarfs in den letzten Jahren. Da die Situationen in den Herkunftsländern sich immer weiter zuspitzen, ist mit weiteren Zuwanderern in den kommenden Jahren zu rechnen, weshalb die Bedeutung des Traumas für die Bildungsteilhabe der Flüchtlingskinder beleuchtet werden muss. Die Bedeutsamkeit dieser Thematik wird in den Schulen immer offensichtlicher, da aufgrund der anhaltenden Fluchtbewegungen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak die Flüchtlingsquote in den allgemeinbildenden Schulen steigen wird. Die geflüchteten Kinder und Jugendlichen müssen während und nach der Flucht Krisensituationen in ihrem Alltag meistern. Durch die traumatisierenden Erfahrungen wird ihr Entwicklungs- und Lernprozess beeinträchtigt. Durch die prägenden Erlebnisse der Kriegsereignisse und die Flucht in ein sicheres und geschütztes Land können sich diese Traumata entwickeln, welche sowohl Auswirkungen auf das Lern- als auch Sozialverhalten des Kindes haben. Zudem sind die Folgen solcher traumatischen Erfahrungen oftmals unscheinbar und bleiben unentdeckt, sodass die Schwierigkeiten in der Schule auf andere Gründe zurückgeführt werden. Allerdings ist es bedeutsam, den Ursprung der Lernschwierigkeiten und Verhaltensprobleme festzustellen und mögliche Interventionsmaßnahmen mithilfe der Traumapädagogik und der Schaffung eines sicheren Ortes für die Flüchtlingskinder ausfindig zu machen.
Das Streben der Geflüchteten nach Schutz und Sicherheit ist nicht nur für ihr soziales Umfeld von großer Bedeutung, sondern muss auch in der Institution Schule Berücksichtigung finden. Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, die Auswirkungen von Traumata, die sich aufgrund einschlagender Flucht- und Kriegserfahrungen entwickelt haben, in Bezug zu den Problematiken des Lern- und Sozialverhaltens von Flüchtlingskindern zu setzen, um einen Zusammenhang dieser beiden Komponenten herstellen zu können. Anschließend sollen die Handlungsmöglichkeiten von Lehrkräften in der Schule als Präventionsmaßnahmen aufgeführt werden, um eine Perspektive für den Umgang und ein entwicklungsförderndes Umfeld darzustellen.
Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit gliedert sich in sechs Teile, in denen eine umfassende Analyse der Problemstellung erfolgt. Diese Verknüpfung traumatischer Prozesse mit den Interventionsmöglichkeiten in der schulischen Praxis fördert das Verständnis der Bedeutsamkeit von Anpassungsinterventionen des schulischen Raumes an die Bedingungen der traumatisierten Heranwachsenden. Dazu wird zunächst einleitend die aktuelle Situation geflüchteter Kinder in Deutschland dargestellt, zum weiteren Verständnis der Begriff des Flüchtlingskindes definiert, um diesen in den Kontext von Bildung, Trauma und Lernen zu setzen. Zudem werden traumaspezifische Prozesse und deren psychische und physische Auswirkungen beleuchtet, um die Traumafolgen im Hinblick auf Lern- und Verhaltensschwierigkeiten zu berücksichtigen. Diese Verknüpfung soll dem Verständnis der schulischen Defizite mit dem Hintergrund der Flucht-, Krieg-, und Vertreibungserfahrungen dienen und bettet diese in den Kontext des Traumas ein. Um die Handlungsmöglichkeiten im schulischen Rahmen für traumatisierte Heranwachsende aufzuzeigen, gibt der Exkurs in die Traumapädagogik einen Einblick in ein mögliches pädagogisches und traumaspezifisches Konzept, welches auf die Sicherheit des Kindes abzielt. Dazu wird das Konzept der Schule als sicherer Ort in den Fokus gerückt. Abschließend werden Aspekte der pädagogischen Handlungsmöglichkeiten der Lehrkräfte und präventive Lehrerkompetenzen zur Unterstützung der Entwicklung des Kindes aufgezeigt. Dabei wird speziell auf das Prinzip der Supervision eingegangen, um die Bedeutsamkeit der Auswirkungen traumatisierter Kinder und Jugendlicher im Unterricht auf die Lehrkräftegesundheit aufzuzeigen. Die Thematik dieser Arbeit wird unter Einbezug umfassender theoretischer Ansätze und Modelle verschiedener Autoren verfasst, die integriert und weiterentwickelt werden sollen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Zudem soll die abschließende Verknüpfung der theoretischen Ansätze mit praxisorientierten Handlungskompetenzen die Forschungsthematik, ob Lernen trotz der Auswirkungen von traumatischen Kriegs- und Fluchterfahrungen auf das Kind möglich ist und welche Handlungsinterventionen dafür notwendig sind.
2. Flüchtlingskinder in Deutschland
In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine Begriffsdefinition des „Flüchtlingskindes“. Daraufhin soll auf die Themen Krieg, Flucht und Vertreibung näher eingegangen werden, indem zunächst die Situation in den Herkunftsländern aufgeführt wird, um die Gefahr und möglichen Ursachen für traumatische Erlebnisse aufzuzeigen. Hierbei ist es von Bedeutung, vor allem die Situation für die Kinder während des Krieges zu betrachten, aber auch die Hürden in ihrem Alltag während der Flucht zu erkennen und aufzuzeigen. Des Weiteren müssen die politischen Dimensionen von Flucht, das Asylverfahren und die gesetzlichen Grundlagen sowie das globale Ausmaß der Flüchtlingsbewegung Beachtung finden. Diese sind bedeutend für die Bildungsmöglichkeiten und Grundlage für die momentane Bildungssituation eines Flüchtlingskindes in Deutschland. Anschließend sollen die Herausforderungen für diese im deutschen Schulsystem dargestellt werden, insbesondere die soziale Integration und die Herausforderung des Zweitspracherwerbs.
2.1 Begriffsdefinition „Flüchtlingskind“
Flüchtlinge befinden sich durch die Veränderung in ihrem Leben in einer Extremsituation, geprägt von existentieller Angst, Verlust und Gefahrensituationen, denen sie entkommen wollen. Sie sind auf der Flucht im ständigen Kampf um ihr Überleben und kommen in ein fremdes, unbekanntes Land ohne sozialen Rückhalt, Vertrautheit oder dem Gefühl nach einem Zuhause. Sie sind auf der Suche nach ihrem Platz in dieser Welt und wagen den Weg auf die Flucht, um ihr eigenes Leben und das der Familie zu sichern (vgl. ZITO/MARTIN 2016, 13f).
Geflüchtete Kinder und Jugendliche, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten im deutschen Asylverfahren als minderjährige Flüchtlinge. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge1 kann ihr Status zusätzlich differenziert werden in unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, wenn die Kinder und Jugendlichen ohne eine für sie verantwortliche volljährige Person reisen oder zurückgelassen werden. Erfolgt die Reise in Begleitung der Familienangehörigen oder eines anderen Verantwortlichen, so sind diese Personen für die Heranwachsenden zuständig. Im Falle der unbegleiteten Flucht übernimmt das zuständige Jugendamt vor Ort die erste Inobhutnahme (vgl. BAMF 2019).
Geflüchtete Kinder und Jugendliche bilden weltweit die Hälfte aller Geflüchteten, in den Entwicklungsländern überschreiten sie sogar die 50 Prozent Marke. Nach aktuellem Stand im September 2021 wurden 54,4 Prozent der Asylerstanträge von minderjährigen Geflüchteten beantragt (vgl. BAMF 2021).
Das Bundeministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung definiert den Begriff des Flüchtlings zunächst mittels der gängigen Definition der Genfer Flüchtlingskonvention. Demnach sei ein Flüchtling „eine Person, die aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will.“ (BMZ o. J.). Die betroffenen Personen leiden unter Verfolgungsängsten und benötigen laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen internationalen Schutz, welcher von dem eigenen Heimatstaat nicht gegeben ist oder gegeben werden kann. Der Begriff der Zuwanderung stammt von dem lateinischen Wort migratio. Migration „[…] ist ein hoch komplexes Phänomen, welches Prozesse der Ab- bzw. Auswanderung (Emigration) aus einem Land und die Zu- bzw. Einwanderung (Immigration) in ein anderes Land kennzeichnet.“ (TREIBEL 2011, 19). Die Bezeichnung des Migrationshintergrundes stellt ein Ordnungskriterium zur Beschreibung der eingewanderten Bevölkerungsgruppen dar, die einen dauerhaften Wechsel in eine andere Gesellschaft oder eine andere Umgebung anstreben. Dabei handelt es sich um einen langfristig angestrebten Aufenthalt (vgl. ebd.). Menschen, die als solche betitelt werden, sind auf der Suche nach einer besseren Lebensperspektive und verlassen ihre Heimat aus eigenem Antrieb oder zum Schutz vor Verfolgungen. Dementgegen sind Geflüchtete jene, die aufgrund ihrer Notlage aus ihrem Heimatland fliehen und stellen laut der Rechtslage eine eigene Gruppierung dar. Flucht ist eine unter erschwerten und inakzeptablen Verhältnissen erzwungene Fortbewegungsbewegung. Sie kann aufgrund verschiedener Ursachen erfolgen. Beispielsweise durch Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder politische und wirtschaftliche Umstände (vgl. BRISCH 2016, 33).
Flüchtlinge sind Einwanderer in einem fremden Land oder Staat und gehören somit zu der Gruppe der Migrantinnen und Migranten (vgl. SCHIRILLA 2016, 26). Hierbei können vier verschiedene Migrationsformen differenziert werden: Binnenmigration, transnationale Migration, freiwillige Migration und Zwangsmigration. Die Binnenmigration bietet trotz stetigem Wechsel der Lebensmitte einen vergleichbar ähnlichen kulturellen und sozialen Rahmen und ermöglicht dem Individuum ein ihm bekanntes System. Sozialer Rahmen bedeutet in diesem Falle das gewohnte Umfeld und die Bezugspersonen. Sei es die Ähnlichkeit der Landschaft oder der Infrastruktur, dieselbe Zeitzone oder der freundliche Gemüsehändler eine Ecke weiter. Teile des gewohnten Umfeldes bleiben bestehen, sodass ein Zurechtfinden möglich erscheint. Daraus lässt sich schließen, dass die Binnenmigration eine Person nicht vollständig aus ihrer Lebenswelt holt, sondern Kontinuität prägender Umweltfaktoren bietet. Dem entgegen steht die transnationale Migration, welche von Veränderung gezeichnet ist. Die Migrantinnen und Migranten werden mit einer ihnen unbekannten sozial-kulturellen Umwelt konfrontiert, ebenso steht ihnen das Hindernis der sprachlichen Barriere gegenüber. Dabei kommt es zu einer vollständigen Veränderung durch die Abwendung von der vertrauten Umgebung, was vor allem für Kinder und Jugendliche besonders prägend ist. Die transnationale Migration kann die Entwicklung eines Heranwachsenden beeinträchtigen und die Aufrechterhaltung des Selbst gefährden (vgl. AKASHE-BÖHME 2000, 16f.). Der Begriff Migration wird häufig mit Unfreiwilligkeit durch Naturkatastrophen, unwürdige Lebensbedingungen oder Kriegssituationen assoziiert. Dabei kann auch eine freiwillige Migration stattfinden. Diese ist frei von Zwang und basiert in den meisten Fällen auf persönlichen Gründen wie der Neuorientierung im Berufsleben oder dem Beginn neuer Beziehungen. Auch ist die Einwanderung ein geplanter und bewusster Prozess, wodurch der Aufbau einer neuen Existenz durch die bewusste Entscheidung des Abschieds leichter möglich ist (vgl. ZIMMERMANN 2016, 20-23).
Betrachtet man die Fluchtgründe, fällt auf, dass durch den Druck sozialer, wirtschaftlicher oder politischer Systeme ein Zwang zum Aufbruch entsteht. Diese sogenannte Zwangsmigration entsteht durch interne oder externe Faktoren und hat zur Folge, dass die geflüchteten Familien ihren Lebensmittelpunkt unfreiwillig hinter sich lassen und den psychischen und physischen Belastungen entfliehen. Dabei können auch Hungersnöte, extreme Armut und Umweltkatastrophen eine Ursache darstellen (vgl. ebd., 21)
Diese Fluchtdynamiken stellen einen gegenwärtigen Zustand der weltlichen Gesellschaft dar, trotz dessen sie gleichzeitig als unzumutbar angesehen werden. Die Geflüchteten sehnen sich nach Veränderung und suchen Schutz in Nachbar- und Aufnahmeländern. Dabei verlassen sie ihre Heimat, ihren sozialen Bezugsort, um einen Ausweg aus der Gewalt- und Kriegssituation in den Herkunftsländern zu finden und traumatisierenden Gegebenheiten zu entfliehen.
2.2 Krieg, Flucht und Vertreibung
In diesem Kapitel soll verdeutlicht werden, welche Gründe die Betroffenen zur Flucht bewegen. Hervorzuheben ist, dass das Verlassen des Heimatlandes, ob auf längere bestimmte oder unbestimmte Zeit, möglicherweise für immer und selten grundlos geschieht. Dies gilt insbesondere für Minderjährige, auf die Bezugsperson angewiesene Personen, die zudem der Schulpflicht unterliegen und deren Entwicklung von der Sicherheit und Geborgenheit der vertrauten Umgebung abhängig ist.
2.2.1 Politische Dimensionen
Weltweit sind die Zahlen der Flüchtlinge seit 2011 um 40 Prozent gestiegen. Im Jahr 2017 wuchs die Zahl der Geflüchteten auf 68,5 Millionen Menschen, davon mehr als die Hälfte Minderjährige. Durch die Destabilisierungen in den Herkunftsländern suchen immer mehr Menschen Schutz in Europa. Diese Bewegung stellt die europäischen Nationalstaaten, aber auch Europäische Union vor eine Herausforderung, da aufgrund der expandierenden Fluchtbewegungen dringender Handlungsbedarf besteht. Die Bundesrepublik Deutschland gilt seit mehreren Jahrzenten als eines der Erstaufnahmeländer. In den Jahren 2015 und 2016 wurden insgesamt eine Millionen Geflüchtete aufgenommen, was die höchste Aufnahme Geflüchteter seit 1991 darstellte. In den Jahren darauf sanken die Zahlen rapide, sodass im vergangenen Jahr 2020 123.000 Flüchtlinge einen Antrag auf Asyl stellten. Daher erscheint unverständlich, dass bis heute keine legalen Fluchtwege zur Einreise nach Europa oder in die Deutsche Bundesrepublik existieren. Diese würden nicht nur den Menschenhändlern entgegenwirken, sondern auch die Bedingungen der Flucht für die gefährdeten Personen deutlich günstiger gestalten (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 21).
Die Grundlage für die Rechtsstellung von Flüchtlingen bietet die Genfer Flüchtlingskonvention, die als Fundament des internationalen Flüchtlingsrechtes seit dem 28. Juli 1951 besteht. Sie gilt als wichtigstes, internationales Dokument zum Schutz von Menschen auf der Flucht und befasst sich mit den zentralen Aspekten des Ausweisungs- und Zurückweisungsverbotes, der Religions- und Bewegungsfreiheit, sowie dem Recht auf Zugang zu Bildung und Arbeit. Zudem befasst sich die Flüchtlingskonvention mit dem Recht auf Asyl und Schutz (vgl. ebd.). Artikel 2 legt allgemeine Verpflichtungen für die eingewanderten Flüchtlinge fest. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, sowie die Achtung der Gesetze und Rechtsvorschriften sind von den Geflüchteten zu beachten. Zudem soll nach der Genfer Flüchtlingskonvention keine Unterscheidung in Rasse, Herkunft und Religion stattfinden, wie in Artikel 3 festgelegt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der Rasse die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und ethnische Zugehörigkeit umfasst. Zudem soll die Freiheit gewährt werden, die eigene Religion ausüben zu können und den Kindern Religionsunterricht anzubieten. Es soll in dieser Hinsicht keine Unterscheidungen zwischen Einheimischen und Geflüchteten geben (vgl. UNHCR 1967, 9ff.).
Im Jahr 1993 wurde in der Bundesrepublik das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) verabschiedet, welches durch die große Koalition unter Angela Merkel 2015 novelliert wurde (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 22). Darin sind die Leistungsberechtigungen für Flüchtlinge, die Asyl beantragt haben aufgezeigt. Die Versorgung der Minderjährigen richtet sich zudem nach dieser Ordnung. Danach ist leistungsberechtigt, wer sich im Asylverfahren befindet, über einen Flughafen einreisen will aber die Genehmigung der Einreiseerlaubnis aussteht. Geflüchtete, die eine Aufenthaltserlaubnis, aufgrund der Kriegszustände in den Herkunftsländern besitzen, sowie jene, die abschiebungspflichtig sind können Leistungen beziehen. Zudem zählen Ehepartner und Lebenspartner, sowie minderjährige Kinder leistungsberechtigter Personen zu der Gruppe hinzu. Die Voraussetzung für eine Leistungsberechtigung ist zunächst der Aufenthalt in dem zugeteilten Bundesgebiet. Die Berechtigung endet jedoch mit der Ausreise aus Deutschland. Für minderjährige Kinder hingegen wird diese beendigt, wenn die Leistungsberechtigung der Eltern, die einen Aufenthaltsstatus besitzen endet (vgl. BMJV 2021, 1). Zu den Grundleistungen zählen zunächst die Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen, wo der notwendige Bedarf durch Sachleistungen gedeckt wird. Zudem kommt es zu Leistungen, die die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens ermöglichen. In Krankheitsfällen, bei Schwangerschaft oder medizinischer Notfallversorgung steht den Asylsuchenden ein eingeschränkter Anspruch auf Krankenschutz zu. Bei Unterbringung außerhalb der Aufnahmeeinrichtungen werden vorrangig Geldleistungen zur Deckung des täglich notwendigen Bedarfs erbracht. Für Kinder und Jugendliche wird die Möglichkeit der Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft berücksichtigt. Für leistungsberechtigte volljährige Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und somit nicht mehr schulpflichtig sind steht ein Integrationsangebot in Form eines Integrationskurses zu Verfügung, um ihnen die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Diejenigen, die arbeitsfähig sind, jedoch keine Arbeitsstelle besuchen, ist die Teilnahme verpflichtend (vgl. ebd., 6f.). Mit der Novellierung 2015 wurde der Bildungszugang für Geflüchtete erleichtert. Danach können Personen mit einer Aufenthaltsgenehmigung bereits nach drei Monaten eine betriebliche Ausbildung ohne Zustimmung der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) beginnen. Für eine schulische Ausbildung ist ebenfalls keinerlei Zustimmung erforderlich. (vgl. ebd., 6).
Die EU-Richtlinie sieht zudem ein Clearingverfahren für die Aufnahme und Integration von Menschen mit Fluchterfahrungen vor, um besonders schutzbedürftige Menschen zu identifizieren. Dieses Verfahren wird in der Praxis vor allem bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen angewendet, die auf die Hilfeleistungen und Obhut des Jugendamtes angewiesen sind (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 23).
Asyl gilt in Deutschland als ein von der Verfassung geschütztes Recht für geflüchtete Menschen und soll als eine Schutzmaßnahme für die Menschen mit Gewalt-, Kriegs- oder Terrorerlebnissen gelten. Deutschland ist für die Geflüchteten ein sicheres Territorium, welches sie oft nach Jahren der Flucht und Schutzlosigkeit erreichen. Das BAMF bearbeitet jährlich tausende Asylanträge von vielen verzweifelten, schutzlosen und traumatisierten Flüchtlingen, die für ihre Sicherheit kämpfen. Für die Kinder und Jugendlichen, ob unbegleitet oder begleitet, gibt es Unterstützungsmöglichkeiten für die Integration in die neue Gesellschaft. Die bundesdeutsche Gesetzgebung des Kinder- und Jugendhilfegesetztes und die UN-Kinderrechtskonvention stellen das Wohl des Kindes und dessen Berücksichtigung zur Sicherstellung des Schutzes in den Vordergrund für Verfahrensanwendungen der Ausländerbehörden. Diese müssen, ob durch das Aufenthaltsgesetz, Asylverfahrensgesetz oder Asylbewerberleistungsgesetz ihr praktisches Handeln im Interesse des Kindes handeln (vgl. BERTHOLD 2014, 12; BMVJ 2021).
Die United Nations Children’s Fund (UNICEF) haben im Jahr 2016 erstmalig Mindeststandards zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften aufgesetzt, diese jedoch in den Jahren 2018 und 2021 überholt. Sie haben das Ziel, den Schutz Geflüchteter in den Flüchtlingsunterkünften sicherzustellen, da diese einen Anspruch auf Schutz des Lebens, der Gesundheit, freier Entfaltung der Persönlichkeit sowie der Menschenwürde besitzen. Zu den gefährdeten Personengruppen zählen unter anderem Frauen, Kinder, Jugendliche, Menschen mit Behinderungen, religiöse Minderheiten, sowie Menschen „die Folter, Vergewaltigung oder sonstige Formen psychischer, physischer oder sexualisierter Gewalt erlitten haben“ (UNICEF 2021, 9). Zur Gewährleistung des Schutzes in den Unterkünften wurde ein einrichtungsinternes Konzept erstellt, welches in den Einrichtungen durch die dort tätigen Personen eingehalten werden muss. Die Mindeststandards implizieren zudem eine Einhaltung des Verhaltenskodex zur Gewährleistung eines Ortes der Sicherheit, indem die Leitprinzipien Inklusion, Barrierefreiheit, Teilhabe und Nichtdiskriminierung beachtet werden. Diese gelten auch für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses und werden in einer Hausordnung mittels eines Gewalt- und Diskriminierungsverbotes festgehalten. Des Weiteren soll das Personal hinsichtlich Prävention, sowie dem Umgang mit Gewalt- und Gefährdungssituationen geschult werden. Auch die Wahrnehmung einer erhöhten Gewaltgefährdung zählt dazu. Die Mindeststandards ermöglichen den Flüchtlingen eine menschenwürdige, schützende Unterbringung, die fördernde Rahmenbedingungen einhält und ermöglicht so das Gefühl eines schützenden Raumes. (vgl. ebd., 39-44).
Das politische System hat sich in den letzten Jahrzenten auf die Fluchtbewegungen eingestellt und überholt die vorgesehenen rechtlichen Grundlagen regelmäßig, passt diese den situativen Bedingungen, sowie den Erkenntnissen aus der Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre an. Für die geflüchteten Menschen besteht durch die Beantragung des Asylrechtes zunächst die Möglichkeit, für einen bestimmten Zeitraum in Sicherheit zu sein. Trotz dessen müssen sie sich mit dem Gefühl der Ungewissheit bezüglich ihres Aufenthaltsstatus zunächst anfreunden, was für viele eine hohe psychische Belastung darstellt. Nicht zu wissen, wie die Zukunft aussehen kann, eine Perspektivlosigkeit wirkt sich auf die familiären Strukturen aus und beeinträchtigt die Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung.
2.2.2 Krieg und Flucht im Kindesalter
Die Zahl der minderjährigen Geflüchteten stellt weltweit ungefähr die Hälfte aller Flüchtlinge dar. Die aktuellen Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge von September 2021 zeigen einen Zuwachs der Asylerstantragssteller von 35,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon 52,4 Prozent, mehr als die Hälfte für Kinder und Jugendliche im minderjährigen Alter. Die Geflüchteten sind signifikant am meisten vertreten aus den Ländern Syrien, Afghanistan und dem Irak. Von Januar bis September im Jahr 2021 wurden 40,4 Prozent der Asylanträge durch syrische Flüchtlinge gestellt. Gerade einmal 15 Prozent sind afghanischen Ursprungs. Verhältnismäßig gering fällt die Antragsquote irakischer Bürgerinnen und Bürger aus. 8,5 Prozent haben in den vergangenen neun Monaten dieses Jahres einen Antrag auf Asyl gestellt. Länder wie die Türkei, Somalia, Georgien, Eritrea, Nigeria und der Iran überschreiten die fünf Prozent Marke nicht (vgl. BAMF 2021).
Die Gründe für das Verlassen der Heimat für minderjährige Geflüchtete sind sehr vielfältig und lässt sich bereits anhand der in Kapitel 2.1 genannten Definition des Begriffes Flüchtling erschließen. Zunächst lassen sich Fluchtursachen auf die Kriegserlebnisse und Situationen in den Herkunftsländern zurückführen. Da syrische Flüchtlinge die meistvertretene Gruppe der Zuwanderer in Deutschland darstellen, wird im Folgenden das Augenmerk auf die Situation syrischer geflüchteter Kinder und Jugendlicher gelegt. Weltweit lagen die Zahlen der syrischen Asylsuchenden und Flüchtlinge zu Beginn diesen Jahres im sechsstelligen Bereich. Die COVID-19 Pandemie Situation erschwerte die grenzüberschreitenden Fluchtbewegungen, indem Bewegungseinschränkungen und Grenzsperrungen durchgeführt wurden. Die Geflüchteten verfügen über wenig Ressourcen für die Bekämpfung und Schutz gegen das Virus, sodass diese besonders auf Unterstützung angewiesen sind. Trotz der Pandemie kam es zu Vertreibungen und Bürgerkriegen in den Herkunftsländern, sodass die Zahl der Geflüchteten im Jahr 2021 sich bisher kaum von der des Vorjahres unterscheidet.
Der vorherrschende Bürgerkrieg in Syrien und die Krisensituation führt dazu, dass über 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger unterhalb der Armutsgrenze leben. 11 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, davon leben knapp fünf Millionen sind in akuter Notlage. Die Kinder und Jugendlichen wachsen als eine Generation in Not, Zerstörung und Vertreibung auf. 2,5 Millionen von ihnen haben nicht die Möglichkeit, einen Bildungsweg einzuschlagen. Die Zukunft dieser Generation ist laut der UNO-Flüchtlingshilfe zunehmend in Gefahr. 1,6 Millionen syrische Flüchtlingskinder sind in einem Alter bis zu zehn Jahren und wurden nach dem Beginn des Krieges geboren. Sie kennen keine andere Situation und werden von den Auswirkungen der Hungersnot, Armut und den schweren Gewalttaten täglich geprägt. Der Krieg in Syrien ist für die Menschen dort ein ausschlaggebender Grund, ihre Heimat zu verlassen und mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft für ihre Kinder zu flüchten (vgl. UNICEF 2017). Oftmals müssen Kinder und Jugendliche ihre Heimat allein zurücklassen, getrennt von der Familie, wodurch sie besonders verletzbar werden. Sie fliehen nicht nur vor Bürgerkrieg und aus Angst, sondern auch um nicht für den Krieg als Kindersoldaten rekrutiert zu werden. Auch körperliche und sexuelle Gewalt nimmt den Betroffenen das Gefühl von Schutz und Sicherheit, sodass diese vor dieser Art Sklaverei flüchten (vgl. RIEGER 2010, 21). Seit dem 15. März 2011 ist das Herkunftsland der syrischen Flüchtlinge ein Ort der Gewalt geworden. Über die Hälfte der Bevölkerung hat ihr Zuhause bereits zu Beginn der Krise verlassen müssen. Kinder, die flüchten müssen, haben entweder ihre eigenen Gründe zu gehen oder werden von ihren Eltern dazu gezwungen zu ihrem eigenen Schutz. Die politischen Aktivitäten der Eltern kann zudem ein Aspekt sein, weshalb Kinder in Syrien zur Verantwortung gezogen werden und gefoltert und festgehalten werden. Zudem kann die Religionszugehörigkeit eine Gefahr für das Leben im Bürgerkrieg bedeuten, da Verfolgung droht. Andere Kinder und Jugendliche haben ihre Familie bereits verloren oder sind auf der Suche nach ihnen und verlassen deshalb ihr Heimatland. Manche der Flüchtlingskinder sind zukunftsorientiert, sehnen sich nach einem würdevollen Leben und Chance auf Bildung. Sie können ihren Bedürfnissen und Wünschen in ihrem Land nicht mehr nachgehen aufgrund der kritischen Kriegssituation und begeben sich in ein anderes Land. Für Mädchen in arabischen Staaten ist die nicht unübliche, jedoch immer seltener vollzogene Zwangsheirat oft ein Grund zur Flucht. Auch familiäre Gewalt und Genitalverstümmelung kann ausschlaggebend zum Verlassen der vertrauten Umgebung sein (vgl. ebd.).
Nicht immer gelingt es den Familien als Einheit zu fliehen, sondern die Flucht erfolgt getrennt voneinander. Eltern oder andere Bezugspersonen schicken ihre Kinder auf den Weg, um ihnen Hunger und Armut zu ersparen mit der Hoffnung auf ein perspektivreiches Leben. Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge sind dann auf andere angewiesen, um Grenzen überwinden zu können. Die Flucht bietet keinen Schutz, sondern stellt eher einen weiteren Ort der Gewalt dar. Die Minderjährigen müssen an Menschenhändlern und Schleusern vorbei, sind über Monate oder sogar Jahre unterwegs. Sie sind in diesem Abschnitt ihres Lebens besonders schutzlos. Aufgrund dessen hat die UNHCR Richtlinien zum Schutz geflüchteter Kinder festgelegt, die das Ziel verfolgen, „Standards beim Umgang mit Flüchtlingskindern zu setzen.“ (ebd., 23). Die Grundlage für den Schutz des Kindes bietet die UN-Kinderrechtskonvention. Sie fasst vier Prinzipien zum Umgang und Schutz zusammen. Das Kindeswohl hat oberste Priorität, da dem Kind das Recht auf die Entwicklung und das Leben zusteht. Zudem wird in Artikel zwei festgehalten, dass das Prinzip der Nichtdiskriminierung im Umgang mit Geflüchteten gilt, ebenso wie deren recht auf freie Meinungsäußerung, sowie Beteiligung (vgl. UNICEF 1992, 9-19).
Krieg und Flucht im Kindesalter können erhebliche Auswirkungen auf die geflüchteten Kinder und Jugendlichen haben. Neben der äußeren Situation der Lebenslage spielen innere Faktoren eine große Rolle, da das Erlebte zu Entwicklungsdefiziten und Traumatisierung führen kann. Die Fluchterfahrungen hinterlassen in ihrer Seele tiefe Verletzungen, die kaum zu überwinden sind. Zudem bilden sich Angstzustände, Depressionen, Schlafstörungen und psychosomatisches Leiden aus, die sich auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Kinder und Jugendliche sind von den Folgen der Kriegs- und Fluchterlebnisse besonders betroffen, da diese ein sich in der Entwicklung befindendes Nerven- und Immunsystem besitzen. Umwelteinflüsse wirken schon im Mutterleib auf sie ein und können die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen. Erschreckend ist, dass die Suizidgefahr der Betroffenen, die im frühen Entwicklungsstadium traumatisiert wurden, 20-mal höher als bei Gleichaltrigen ist. Die häufigsten Folgen, unter denen die traumatisierten Heranwachsenden leiden sind Depressionen und Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Auch die Gewalt durch die Eltern oder Bezugsperson, die selbst durch Fluchterfahrungen traumatisiert sind, wirkt sich entwicklungshemmend aus. Kinder sind also durch die Flucht und die damit einhergehenden vielfältigen Belastungen besonders gefährdet. Kognitive und sozialemotionale Störungen können entwickelt werden und die Entwicklung nachhaltig beeinträchtigen. Die Risikofaktoren steigen, wenn die Eltern oder Bezugspersonen selbst traumatisiert sind. Dann sind diese nicht in der Lage, ihren elterlichen Pflichten nachzukommen und für die Kinder eine sichere Umwelt zu schaffen (vgl. BMFSFJ 2017, 5f.).
Kriegs- und Fluchterlebnisse im Kindesalter wirken sich auf die Entwicklungsprozesse aus und gefährden die physische und psychische Gesundheit der Heranwachsenden. Angstzustände, Depressionen und Posttraumatische Belastungsstörungen können bei Nichtbehandlung einen chronischen Verlauf nehmen, so dass die Betroffenen noch jahrelang mit den Folgen der negativen Erlebnisse zu kämpfen haben. Kinder, die in den Kriegsgebieten aufgewachsen und geflüchtet sind gelten als besonders vulnerabel. Besonders unbegleitete minderjährige Flüchtlinge benötigen ausreichende Unterstützungsangebote, da sie Gefühlen der Angst und Hilflosigkeit ausgesetzt sind und die Prävalenz für suizidale Gedanken und selbstverletzendes Verhalten erhöht ist (vgl. ebd., 6).
2.2.3 Die Bildungssituation und deren Herausforderung für Flüchtlingskinder in Deutschland
Für geflüchtete Kinder und Jugendliche ist die Bildung eine Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe. Das Bildungssystem ist für eine dauerhafte Integration in Deutschland bedeutsam.
Cristina de Paiva Lareiro hat mit Hilfe des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Kurzanalyse zu der Bildungsbeteiligung geflüchteter Kinder und Jugendlicher im deutschen Bildungssystem im Jahr 2019 durchgeführt. Die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass ein Großteil geflüchteter Kinder und Jugendlicher eine allgemeinbildende Schule besucht, jedes dritte Kind eine Vorklasse. Dabei wurden Faktoren, die die Chancen des höheren Bildungsabschlusses verbesserten, analysiert. Ein mittleres bis hohes Bildungsniveau der Eltern trug signifikant dazu bei. Auch die Unterbringung in einer privaten, familiären Unterkunft, nicht in einer Massenunterbringung wirkten sich positiv auf den Bildungsweg der Heranwachsenden aus. Zudem stellt der Besuch einer Vorklasse eine Möglichkeit dar, den Bildungsweg der Kinder positiv zu beeinflussen, ebenso wie ein höheres Einreisealter (vgl. DE PAIVA LAREIRO 2019, 12f.). Die folgende Abbildung zeigt die Schulbesuchsquote der Kinder ohne Zuwanderungshintergrund, mit Migrationshintergrund und der Geflüchteten.
Abbildung 1: Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Schultypen (in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: DE PAIVA LAREIRO 2019, 7
Deutlich wird, dass der Anteil geflüchteter Kinder in der Schule bis zum 16. Lebensjahr sich nur leicht von den Zahlen derjenigen ohne Zuwanderungshintergrund oder mit Migrationshintergrund unterscheidet. In der Primarstufe zwischen sechs und zehn Jahren besuchen 88 Prozent der geflüchteten Kinder in Deutschland eine Grundschule. Nur sieben Prozent aller Geflüchteten Heranwachsenden in diesem Alter besuchen keine Schulform. In der Altersstufe zwischen 11 und 14 Jahren besucht der Großteil dieser die weiterführende Schule, 20 Prozent die Grundschule, was auf ein Wiederholungsjahr oder eine spätere Einschulung zurückzuführen ist. Acht Prozent aller Kinder in dieser Altersklasse mit Fluchthintergrund gehen nicht zur Schule. Zwischen 15 und 16 Jahren steigt der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die keine Schule besuchen auf 13 Prozent. Ab einem Alter von 17 Jahren steigt die Quote dieser Heranwachsenden rasant an. 33 Prozent aller 17-Jährigen haben noch nie eine Schule besucht oder wurden in diesem Alter an keiner weiterführenden Schule aufgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Alter eine entscheidende Rolle für die Möglichkeiten der Bildungsteilhabe spielt. So haben jüngere Kinder höhere Chancen auf einen schulischen Werdegang als ältere (vgl. ebd.).
Das Recht auf Bildung für Geflüchtete und Asylsuchende, wird vom deutschen Grundgesetz, sowie der UN-Kinderrechtskonvention garantiert. Diese stellt eine globale Orientierung für die Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen dar. Sie orientiert sich zunächst an der psychosozialen Versorgung. Der Begriff Integration spielt schwerpunktmäßig für das Bildungssystem, als auch den Arbeitsmarkt eine entscheidende Rolle. Er hat Auswirkungen auf die sozialen Handlungsfelder Erziehung und Bildung (vgl. BAADER u. a. 2019, VII). „In politischen und pädagogischen Kontexten zu Flucht und dem Umgang mit Geflüchteten wird oft die Gleichung angeboten „Bildung schafft Integration“ (ebd. 153). Diese wurde von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aufgesetzt und oftmals leichtfertig zitiert, ohne die Schwierigkeiten und Herausforderungen zu berücksichtigen. Diese Dilemmata zwischen bildungspolitischen und pädagogischen Herausforderungen von Fluchtverhältnissen müssen Beachtung finden bei der Flüchtlingsintegration (ebd.).
Die durch die Flucht verursachten gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnisse wirken sich auf das Einkommen, Vermögen und die Lebenschancen aus (vgl. URBAN 2018, 103). Das gesamtgesellschaftliche Ziel sollte daher eine Verbesserung der Bildungschancen und Bildungsteilhabe sein, um Ungleichheit zu vermeiden. Diese Bedingungen sind der Schlüssel für eine gelingende Integration (vgl. BAADER u. a. 2019, 155). Die Bedeutung für die geflüchteten Kinder und Jugendlichen in bildungsfernen Milieus ist hoch, da der Erwerb schulischer, sowie beruflicher Bildungsqualifikationen für den sozialen Integrationsprozess unerlässlich sind. Ein Bildungsabschluss ermöglicht ihnen die Teilhabe an der Gesellschaft. Die Problematik in der Schule besteht darin, dass die Leistungsorientierung die Benachteiligungsstrukturen nicht berücksichtigt und somit unterstützende Maßnahmen erforderlich sind, um die Geflüchteten in das Bildungssystem zu integrieren. Um Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten, bräuchte es demnach ein individualisiertes Förderkonzept, das die Kinder und Jugendlichen so unterstützt, dass ihnen der Anschluss ermöglicht wird (vgl. ebd., 156).
Nach Esser (2000) lässt sich Integration in die Teilbereiche der Kultur, Struktur, Sozialität und Emotionalität unterteilen. Sie stellt einen langwierigen Prozess für die zu integrierenden Menschen dar, ermöglicht jedoch bei Erfolg gesellschaftliche Teilhabe. Die kulturelle Integration umfasst die sozialen Werte und Sprachkompetenzen. Letztere sind häufig eingeschränkt, sodass das Erlernen der deutschen Sprache schwerfällt. Vor allem für Kinder in einem fortgeschrittenen Alter wird der Spracherwerb zunehmend schwieriger. Den jüngeren hingegen fällt der Erwerb deutlich leichter. Die Ursachen hierfür liegen bei dem früheren Erlernen der Muttersprache. Wird diese gut beherrscht, so sind die Heranwachsenden in der Lage, eine neue Sprache deutlich schneller zu erwerben. In Deutschland leben Geflüchtete jedoch oft in Wohneinheiten mit gleichgesinnten, sodass es zu einer Segregation in bestimmten Stadtteilen kommt. Dadurch wird der Zweitspracherwerb erschwert, sodass sich Defizite bilden. Zudem ist die Spracherwerbsmotivation oftmals nicht vorhanden, da sich die Flüchtlinge in ihren segregierten Unterkünften im Alltag mit Herkunftsgesellen verständigen können. Demnach fehlt ihnen die Notwendigkeit, die deutsche Sprache zu erlernen. Die Sammelunterkünfte bieten zudem keine idealen Voraussetzungen. Die Problematik ergibt sich dann in der Schule, da Kinder mit sprachlichen Defiziten nicht in der Lage sind, sich auszudrücken und somit ihr Befinden unklar bleibt. Dadurch sind Unterstützungsmaßnahmen erschwert. Nicht umsonst wird von einer Art Parallelgesellschaft in den Flüchtlingsunterkünften gesprochen aufgrund der Ausgrenzung durch den Nichterwerb der Sprache (vgl. TOPRAK/WEITZEL 2017, 17ff.).
Die strukturelle Integration beschäftigt sich mit dem Arbeitsmarkt und Bildungssystem. Demnach ist die Erwerbsarbeit „eine der wichtigsten Dimensionen im Leben eines Menschen.“ (ebd., 18). Das ökonomische Kapital, dessen Begriff auf die Theorie von Bourdieu zurückzuführen ist, stellt die materiellen Möglichkeiten dar und ermöglicht Selbstbestimmtheit. Dieses kann nur durch die Erwerbsarbeit erlangt werden, welcher auch als Grundlage der Sozialintegration gilt. Die Ausübung eines Berufes ermöglicht Anerkennung und die Entwicklung des Selbstwertgefühls und spielt eine entscheidende Rolle für das Knüpfen sozialer Kontakte. Der Wunsch nach Normalität schlummert in jedem der Geflüchteten. Jedoch ist die Scham bezüglich des eigenen Lebens groß und führt zu einem Gefühl der Fremdheit durch Stigmatisierung der eigenen Lebenssituation (vgl. ZIMMERMANN 2016, 211). Die Bedeutsamkeit der emotionalen Teilhabe an der Situation der Kinder und Jugendlichen, sowie deren Familien zeigt sich in deren Wohlbefinden. Daher muss eine gelingende Integration gestaltet werden, um das Fremde zu dem Eigenen zu machen (vgl. ebd., 215). Der hohe Bildungswunsch der geflüchteten Kinder und Jugendlichen äußert sich nicht in der Bildungsbeteiligung, da die unterstützenden Maßnahmen fehlen. Er wird daher eher als ein funktionaler Bildungsbegriff angesehen, da nur wenige wirklich nach Bildung streben. Der Fokus wird nicht auf das Bildungssystem Schule gesetzt, da Bildung nicht immer im Sinne gesellschaftlicher Verantwortung gesehen wird. Daher fehlt die Einsicht und Akzeptanz für den Schulbesuch (vgl. TOPRAK/WEITZEL 2017, 17/ADAM/INAL 2013, 39). Der Aspekt der sozialen Integration bezeichnet soziale Netzwerke, sowie Freund- und Partnerschaften der Zuwanderer. Dabei wird das Augenmerk auf die soziale Durchmischung innerhalb oder außerhalb der ethnischen oder religiösen Gruppe betrachtet. In der Flüchtlingsunterkunft ergeben sich kaum Möglichkeiten, andersethnische kennenzulernen. Das soziale Kapital, welches zur Unterstützung in vielen Bereichen des Lebens dient, kann nicht entfaltet werden aufgrund der Lebenssituation. Die kulturelle, strukturelle und soziale Dimension der Integration treffen sich in der letzten Ebene, der emotionalen Integration. Diese ist abhängig von der Identität des Individuums, inwieweit sich eine Person mit ihrem Wohnort und neuem Umfeld identifizieren kann. Dabei hängt die Möglichkeit der Identifizierung mit Deutschland eindeutig mit der Mehrheitsgesellschaft zusammen. Das Zugehörigkeitsgefühl für Muslime in Deutschland ist unabhängig von deren Aufenthaltslänge schwer zu erreichen, da dieses mit dem Spracherwerb, der sozialen Integration und einem befriedigenden Arbeitsplatz zusammenhängt. Auch ehemals Geflüchtete, die seit mehreren Jahren in Deutschland leben, befinden sich in einem Schwebezustand. Sie fühlen sich „weder zu der einen noch zu der anderen nationalen bzw. kulturellen Identität zugehörig“ (TOPRAK/WEITZEL 2017, 22).
Die aufgezeigten Ebenen der Integration verdeutlichen, dass Bildung und Sprache durch die Bildungsinstitutionen als zentrale Instanz der Schlüssel für eine dauerhafte Integration sind. Der Mensch strebt nach Anerkennung, die er durch kulturelles, ökonomisches und soziales Kapital erreichen kann. Dies Integration der Kinder und Jugendlichen ist demnach abhängig von deren individuellen Sprachkompetenzen, sowie dem individuellen Bildungsniveau. Das Flüchtlingsheim als Wohnort schränkt die Entwicklungsmöglichkeiten enorm ein und verhindert eine gesellschaftliche Teilhabe. Diese massenhafte Unterbringung stellt ein besonderes Gefährdungspotenzial für Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrungen dar, da keine Schutz- und Rückzugsmöglichkeiten geboten werden. Deshalb ist Partizipation interkulturell und traumasensibel zu verstehen und mit dem Hintergrund der belasteten jungen Menschen, die kaum Erfahrungen mit Beteiligungsstrukturen bis dato gemacht haben (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 25). Der Erwerb der deutschen Sprache erleichtert die Integration in die Gesellschaft und ruft schulische Leistungserfolge hervor, weshalb die Förderung der sprachlichen Kompetenzen berücksichtigt werden sollte. Auch die Schaffung eines Ortes, an dem die Entwicklung der Kinder gefördert wird. Ein möglicher Bildungserfolg hat für die Kinder und Jugendlichen zudem positive Auswirkungen auf das Bleiberechtsverfahren, bei Härtefallkommissionen und bietet die Möglichkeit, sowohl den Aufenthalt der Eltern als auch den eigenen zu sichern. Problematiken bezüglich des Bildungsprozesses können jedoch bereits vor Beginn der Schulzeit auftreten, da nur eine begrenzte Anzahl der Schulplätze vorhanden ist und die notwendigen Sprachlernangebote fehlen. Zudem sind die Familien auf Unterstützung angewiesen, um einen Schulplatz zu erhalten, was den Prozess erheblich beeinträchtigt und verzögert. Nicht selten werden Flüchtlingskinder deutlich später eingeschult. Für Schülerinnen und Schüler ab dem 16. Lebensjahr bleibt der Bildungswunsch oftmals unerfüllt, da kaum Schulen sich zu einer Aufnahme bereit erklären. Dadurch werden ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe minimiert (vgl. BERTHOLD 2014, 50-52).
Die Bildungssituation für geflüchtete Kinder und Jugendliche in Deutschland wird durch die Sprachbarrieren und Unterbringungen in den Flüchtlingsheimen erschwert. Durch die Segregation der Geflüchteten zur einheimischen Gesellschaft ist die Integration ein herausfordernder Prozess. Die Unterstützungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland sind bei weitem nicht an die Flüchtlingsbewegungen der letzten Jahre angepasst und müssen noch an die individuellen Bedürfnisse des geflüchteten und traumatisierten Kindes angepasst werden.
3. Trauma & Traumatisierung
Um die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen auf das Individuum zu verstehen, ist das Verständnis des Begriffs Trauma und dessen Entstehung von Bedeutung. Auch die Ursachen und Folgen haben Einfluss auf die weitere Entwicklung des Heranwachsenden und müssen im Zuge dessen aufgezeigt werden. Frühkindliche Traumatisierung darf nicht unterschätzt werden und hat Einfluss auf die Entwicklung des Menschen. Sowohl körperliche als auch psychische Probleme können daraus hervorgehen.
3.1 Begriffsbestimmung – Was ist ein Trauma?
Ein traumatisches Erlebnis hat Einfluss auf das Leben eines Menschen und wirkt sich auf innere Steuerungsprozesse aus. Aber was ist ein Trauma? Diese Frage muss für das Verständnis der Einflussfaktoren auf die Entwicklungsprozesse des Kindes geklärt werden.
Das Wort Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet Wunde. Es ist eine „seelische Verletzung, die durch extremes psychisches Stresserleben verursacht wird.“ (WEMBER/STEIN/HEIMLICH 2014, 77). Dabei stehen die Traumatisierten unter anhaltendem Stress, der sich durch die spezifische Symptomatik und Körperreaktion äußert. Dieser beeinflusst die schulischen Leistungen und nimmt Einfluss auf das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler (vgl. ebd.).
Ein Trauma ist ein Erlebnis, welches sich nicht in unser Weltbild integrieren lässt und sich von allen bisherigen Erfahrungen abhebt. Dabei wird das eigene Weltverständnis, sowie Selbstbild zerstört, einhergehend mit dem Verlust des Vertrauens in andere und die Welt. Damit schwindet das Gefühl der Zugehörigkeit zu dem sozialen System (vgl. MLODOCH 2017, 25f.). Ebenso ist es geprägt durch die Beziehung und Wechselwirkung zwischen einem äußeren Ereignis und einer individuellen Reaktion darauf (FISCHER/RIEDESSER 2020, 67). Ein Trauma geht demnach immer einher mit äußeren Faktoren, die auf unser System einwirken. Der Mensch als Individuum ist nicht in der Lage ohne externes Eingreifen ein Trauma zu entwickeln. Dieses gilt nicht nur als überwältigendes Gewalt- oder Schockerlebnis, sondern gräbt sich tief in die Lebensmitte des Betroffenen. Dabei lässt sich der Begriff sowohl in der Medizin als auch der Psychologie wiederfinden (vgl. ebd.).
Medizinisch wird ein Trauma anhand eines schwerwiegenden Schocks definiert, die Psychologie hingegen meint die seelischen Wunden, die durch einschneidende Erlebnisse entstehen können. Tyson und Tyson (1990) haben folgende drei Merkmals eines psychischen Traumas erarbeitet: Ein Trauma sei eine existentiell bedrohliche und überwältigende Lebenssituation, es führe zur Überforderung der Ich-Regulation und Ich-Organisation. Daraus lässt sich schließen, dass ein traumatisches Erlebnis eine Art der Reizüberflutung auslöst. Der daraus resultierende Schockzustand führt zu Gefühlen der Ohnmacht und lässt die Betroffenen eine innere Leere spüren (vgl. LANDOLT 2012, 15).
Eine einheitliche Definition für ein seelisches Trauma gibt es jedoch aufgrund der Individualität des Menschen nicht, da das Empfinden sich stark unterscheidet. Wie beim körperlichen Trauma wird auch beim seelischen von einer Verletzung gesprochen. Diese findet im Inneren statt und führt zu einer Verwundung der menschlichen Seele. Dies kann sowohl durch das Erleben auswegloser, plötzlicher Ereignisse geschehen, als auch durch die Befürchtung, dass Lebensgefahr für eine andere Person besteht. Es kommt zu körperlichen, emotionalen und kognitiven Reaktionen und dem sich immer wiederholenden Todesgedanken. Jedoch ist die Festlegung auf eine bestimmte Reaktion unmöglich, da die Betroffenen in den Extremsituationen ihren Möglichkeiten und Erfahrungen entsprechend reagieren, wodurch die Individualität, Vorerfahrungen, Einstellungen und Ängste eines jeden beachtet werden müssen (vgl. PAUSCH/MATTEN 2018, S.4f.).
Zudem lässt sich ein Trauma auch wissenschaftlich klassifizieren. Hierbei dient die International Statistical Classification of Diseases ans Related Health Problems 2 (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Instrument zur internationalen Klassifizierung von Krankheiten. Demnach ist ein Trauma ein belastendes, unbekanntes und bedrohliches Ereignis. Dieses ruft bei jedem Menschen einen Schockzustand hervor (vgl. ICD, F 43.1). Dabei sind die Betroffenen über einen kurz- oder langfristigen Zeitraum katastrophalen oder lebensbedrohlichen Geschehnissen ausgesetzt. Die International Classification of Functioning, Disability and Health3 (ICF) und International Classification of Health Interventions4 (ICHI) decken gemeinsam mit der ICD Klassifikation die Gesundheitsbereiche Gesundheitsstörungen- und Probleme (ICD), Funktionsfähigkeit und Behinderung (ICF) und Gesundheitsinterventionen (ICHI) ab. Dieses Trio bildet die WHO Family of International Classifications (WHO-FIC) (vgl. HEDDERICH u. a. 2016, 161f.).
Eine weitere klassifikationsbasierte Traumadefinition des Diagnostic and Statistical Classification of Diseases and Related Health5 (DSM-IV-TR) besagt, dass ein traumatisches Ereignis dann stattgefunden hat, wenn eine Person mit einer oder mehreren Gefahrensituationen, Todeserfahrungen oder körperlicher Gewalt persönlich konfrontiert wurde. Außerdem kann die Entstehung eines Traumas auch durch die Beobachtung oder das Miterleben eines solchen Ereignisses bei einer anderen Person begünstigt werden. Es kommt zu ausgeprägten Angstzuständen, Hilflosigkeit und Macht- und Kontrollverlust des Selbst (vgl. LANDOLT 2012, 15f). Zu unterscheiden sind die zwei Klassifikationen ICD-10 und DSM-IV-TR aufgrund ihrer Bezeichnungen. Die Reaktion auf ein belastendes Ereignis wird demnach nach der ICD-10 als akute Belastungsreaktion und DSM-IV-TR als akute Belastungsstörung bezeichnet (vgl. ebd., 32). Dabei wird unterschieden, ob ein Trauma durch eine direkte Erfahrung, eine persönliche Zeugenschaft, ein Ereignis in der nahen Verwandtschaft oder durch wiederholte Konfrontation ausgelöst wird (vgl. PAUSCH/MATTEN 2018, 4). Der DSM-IV wurde im Mai 2013 von der Neuauflage DSM-5 abgelöst. Diese differenziert Trauma- und belastungsbezogene Störungen in reaktive Bindungsstörungen, Beziehungsstörung mit Enthemmung, Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), akute Belastungsstörung und die Anpassungsstörung (vgl. FALKAI/WITTCHEN 2015, 361).
Der Begriff des Traumas kann breit gefächert definiert werden, wodurch das Problem einer „inflationären Verwendung des Traumabegriffs für alle möglichen belastenden Situationen“ (LANDOLT 2012, 16) auftreten kann. Daraus ergibt sich die Gefahr, dass alle einschneidende Erlebnisse, welche beispielsweise zu Trauer führen als Traumata betitelt werden. Wichtig ist die Differenzierung zwischen Ereignissen, die Trauer, Wut und Erschütterung auslösen, aber weder eine körperliche noch seelische Verletzung hervorrufen und jene, die außergewöhnlich belastend sind und die persönliche, psychische und körperliche Existenz bedrohen. Beispielsweise führt eine Abweisung im beruflichen Leben oder eine Trennung der Eltern im Gegensatz zu einem schwerwiegenden Unfall oder jahrelanger Misshandlung nicht zu der Ausbildung von Traumata. Hier ist die Unterscheidung von der Bedrohung des eigenen Selbst, der eigenen Existenz und dem gegenüber der Enttäuschung, Zurückweisung, Ablehnung im Alltag zu beachten (vgl. ebd.).
Symptomatik traumatisierter Kinder und Jugendlicher
Die Symptome eines Traumas sind schwer erkennbar und leicht zu verwechseln mit anderen Krankheitsbildern. Trotz dessen gibt es einige Anzeichen einer Traumatisierung, wodurch diese erkennbar wird. Dabei sind kaum bemerkbare Differenzen zwischen der Symptomatik bei Kindern und Jugendlichen und der von Erwachsenen erkennbar.
Traumata lösen bei Kindern und Jugendlichen eine starke psychische Reaktion aus und zeigen sich durch Überregtheit, Vermeidungsverhalten, Dissoziationen und Intrusionen. Die Heranwachsenden agieren ihrem Entwicklungsstadium entsprechend mit individuellen Verhaltensweisen. Dabei können manche glücklich, unbekümmert und lebensfroh sein, andere hingegegen eher abweisend, zurückhaltend und traurig. Gabriele Siebert definiert in ihrem Handbuch für Pädagoginnen und Pädagogen zum Thema Flucht und Trauma im Kontext Schule vier Symptomgruppen für Kinder und Jugendliche mit traumatischen Erfahrungen (vgl. SIEBERT 2020). Zum einen kennzeichnet sich ein unverarbeitetes Trauma durch wiederkehrende, unhaltbare Erinnerungen (Intrusionen), die durch die Sinne aktiviert werden. Dabei können Bilder, Gerüche, Geräusche, Personen oder auch ein bestimmter Ort der Auslöser für diese Erinnerungen sein. Dieser Auslösereiz, sogenannte Trigger, kann die einschneidenden Erinnerungen der erlebten Situation hervorrufen und das Gefühl des wieder Erlebens auslösen.
Des Weiteren kommt es bei traumatisierten Kindern und Jugendlichen zu repetitiven Verhaltensweisen, die der Verarbeitung des erlebten dienen. Dabei kann es zur Reinszenierung eines oder mehrerer Aspekte des Ereignisses kommen, welche sich je nach Entwicklungsstand unterschiedlich äußert. Bei Kleinkindern kommt es zum sogenannten posttraumatischen Spielen, indem diese wiederholt mit Spielsachen oder Puppen versuchen das traumatische Erlebnis nachzustellen. Dies kann auch durch das Zeichnen und Malen von einer erlebten Situation erfolgen. Zudem versuchen traumatisierte Kinder und Jugendliche durch die abwechselnde Rollenübernahme von Opfer und Täter sich wiederholt von den belastenden Erfahrungen zu lösen und eine Art der Selbstwirksamkeit herzustellen (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 35).
Außerdem können generalisierte Ängste auf ein Trauma hindeuten. Beispielsweise zeigen Kinder im Schulalter ein wiederholtes Klammerverhalten auf und wollen die Bezugspersonen nicht gehen lassen. Sie haben Angst verlassen zu werden, da dies schon einmal vorgekommen ist. Auch Ängste vor Dunkelheit, Verfolgung oder fremden Personen äußern sich in dem Verhalten des Heranwachsenden. Dabei sind alle Ängste an die belastende Situation gebunden und rufen traumatische Erinnerungen hervor. Das Erleben eines traumatischen Ereignisses verändert die Einstellungen zu anderen Menschen, zu seinem eigenen Leben und zu der Bedeutsamkeit der Zukunft. Die Symptomatik hängt ab von der Ausprägung der Traumatisierung, kann aber ebenfalls einen Vertrauensverlust in andere Menschen als „Ausdruck der Erschütterung des kindlichen Selbstverständnisses“ (SIEBERT 2020, 26) hervorrufen. Vor allem Menschen mit Fluchterfahrungen erleben diese Veränderung ihres Selbst häufig. Hinzu kommt das Herabsetzen der Erwartungshaltung gegenüber anderer, ebenso nehmen diese Menschen eine negative Haltung ein. Diese soll sie vor weiterer Enttäuschung bewahren (vgl. ebd., 23f.).
Als wesentliche Symptome im Falle einer Traumatisierung können folgende auftreten: Vermeidung, Dissoziation, Hypervigilanz, regressives Verhalten, Schuldgefühle und körperliche Beschwerden. Im Falle des Vermeidungsverhaltens versuchen traumatisierte Kinder Situationen, die als Trigger in Frage kommen zu vermeiden und somit der Konfrontation zu entfliehen. Das folgende Beispiel dient der Verdeutlichung des Vermeidungsverhaltens.
Jean kam mit acht Jahren nach Deutschland und verlor auf der Flucht seine Mutter. Sie wurden auf einem Schiff voneinander getrennt und er hat sie danach nicht mehr lebendig gesehen. Jean lebt seitdem bei einer Pflegefamilie ohne weitere Kinder. In der Schule ist er sehr zurückhaltend, abweisend und wird schnell aggressiv, wenn man ihn anspricht. Es scheint so, als würde ihn weder der Unterricht noch die anderen Schüler wirklich interessieren. Spricht man ihn an, dreht er sich weg. Auch auf dem Pausenhof vermeidet er den Kontakt zu Mitschülern und sitzt gerne unter der Treppe. Es scheint ihm alles egal zu sein.6
Im Falle von Jean lässt sich vermuten, dass er Misstrauen und Ängste gegenüber der Welt und anderer Personen aufgebaut hat und sich selbst vor einer Enttäuschung schützen will. Er vermeidet jeglichen Aufbau sozialer Kontakte aus Angst vor Verletzung oder Verlust. Des Weiteren kommt es bei ihm zur Dissoziation, welche sich durch seine Abwesenheit und gedankenverlorene Blicke äußert. Die Betroffenen versuchen bei anhaltender Belastung mittels Unaufmerksamkeit und Derealisation die Erinnerung an das Erlebte zu bewältigen. Auch das Gefühl der Depersonalisation kann mit einer Dissoziation einhergehen. Dem entgegen führen traumatische Ereignisse in einigen Fällen zu einer Hypervigilanz, einem erhöhten Erregungsniveau. Dieses zeichnet sich durch Wachsamkeit, Schreckhaftigkeit sowie Schlafstörungen aus. Der Organismus befindet sich in dieser Phase in höchster Alarmbereitschaft, woraus eine erhöhte Sensibilität resultiert, ebenso kommt es zu Regulationsstörungen der Emotionen (vgl. KÜHN/BIALEK 2017, 35). Betroffene zeichnen sich durch motorische Unruhe und Nervosität aus. Folglich kommt es zu einer verminderten Aufmerksamkeitsfähigkeit sowie Aufnahmefähigkeit und die Heranwachsenden haben Schwierigkeiten dem Unterricht oder einer Situation zu folgen. Hinzu kommt die erhöhte Risikobereitschaft, sowie ein aggressives Verhalten zur Sicherung des Gefühls der Machtübernahme und Kontrolle der Situation (vgl. SIEBERT 2020, 26f).
Das regressive Verhalten lässt das traumatisierte Kind in ein früheres Entwicklungsstadium zurückfallen, sodass es zu altersuntypischen Verhaltensweisen kommt, wie Bettnässen oder Daumen lutschen. Außerdem kann es wie im Falle von Jean bei dem Verlust eines oder mehrerer Familienmitglieder zu einer sogenannten Überlebensschuld kommen. Dabei gibt sich der oder die Betroffene die Schuld für den Tod oder das Verschwinden anderer und entwickelt Schuldgefühle für das persönliche Überleben und in Sicherheit befinden. Mit den psychischen Symptomen einhergehend kann es zu physischen Beschwerden wie Herzrasen, Schwindel, Bauchschmerzen und Übelkeit kommen. Auch Magenschmerzen und Appetitlosigkeit können die Folge einer belastenden, stressreichen Situation sein (vgl. ebd.).
3.1.1 Entstehung
Um die Entstehung eines Traumas zu reproduzieren, muss nach dem Geschehen in einer traumatischen Situation gefragt werden. Was passiert also in einer traumatischen Situation?
Der Mensch hat einen natürlichen Überlebensinstinkt und strebt danach, dieses Überleben stets zu sichern. Demnach reagiert der Körper auf Situationen, welche der Einzelne als Bedrohung für sein persönliches Überleben oder das eines anderen einstuft. Kommt es zu einer bedrohlichen Situation, folgt eine Stressreaktion des Körpers, welche die Hormone Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet, ebenso wie das Stresshormon Cortisol. Die Freigabe versorgt den Organismus mit Glukose und Sauerstoff und stellt Energie bereit. Des Weiteren sorgt die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol dafür, dass sich die Herzfrequenz erhöht. Zudem kommt es zur Muskelanspannung. Dabei reagiert der Körper instinktiv, wie der Mensch schon vor hunderten von Jahren bei physischen Bedrohungen das Überleben gesichert hat (vgl. ZITO/MARTIN 2016, 20).
[...]
1 Nachfolgend durch die Abkürzung BAMF gekennzeichnet
2 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD)
3 Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF)
4 Die in Entwicklung befindliche Internationale Klassifikation der Gesundheitsinterventionen (ICHI) (vgl. BfArM)
5 Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen
6 Beispiel aus eigener Erfahrung. Der Name wurde zum Schutz des Kindes geändert.
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