Das Land Niedersachsen weist im Bundesvergleich aktuell eine eher geringe Anzahl an Startup-Gründungen auf, weshalb verstärkt die öffentlich-politische wie private Förderung und Kombination verschiedener Aktivitäten vorangetrieben wird. Diese Masterarbeit befasst sich mit dem Zusammenhang aus Akteuren und Determinanten eines solchen Ökosystems und untersucht dabei den Status Quo der Förderungsmaßnahmen im Bundesland Niedersachsen. Ziel ist es, relevante Faktoren für die Standortwahl von Startups sowie wichtiger Akteure und deren Zusammenspiel innerhalb von Startup-Ökosystemen zu identifizieren und die Struktur des niedersächsischen Startup-Ökosystems zu untersuchen. Zudem wird eine quantitative Analyse der Ausprägung/Verfügbarkeit von Standortfaktoren für Startups in Niedersachsen zur Identifikation von Lücken im aktuellen Förderungsangebot durchgeführt. Aus diesen Untersuchungen werden Implikationen zur Erhöhung der Standortattraktivität abgeleitet.
Junge Unternehmen gelten als Innovationsmotor der Wirtschaft und Garant für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie liefern Impulse hinsichtlich neuer Geschäftsmodelle und Technologien, wodurch sie einen wichtigen Beitrag für ein stabiles und langfristiges Wirtschaftswachstum leisten sowie die Wettbewerbsfähigkeit eines Standorts stärken. Länder, Städte und Regionen sind daher bestrebt, sich durch die Bündelung von gründungsförderlichen Rahmenbedingungen als attraktive Standorte für sogenannte Startups zu etablieren. Dabei entsteht in der Bundesrepublik ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern, um ausreichende junge Unternehmen zu fördern und am eigenen Standort zu halten.
Inhaltsverzeichnis
Aufgabenstellung
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Theoretisches Fundament
2.1 Unternehmensgründung
2.1.1 Die verschiedenen Gründungstypen
2.1.2 Entwicklungsphasen von Startups
2.2 Startup-Ökosysteme
2.2.1 Entwicklungslinien des Startup-Ökosystems
2.2.2 Eigenschaften von Startup-Ökosystemen
2.2.3 Bereiche des Ökosystems nach Isenberg
2.2.4 Akteure des Ökosystems
2.2.4.1 Business Angels
2.2.4.2 Venture Capital-Gesellschaften
2.2.4.3 Company Builder
2.2.4.4 Inkubatoren
2.2.4.5 Akzeleratoren
2.2.4.6 Technologie- und Gründungszentren
2.2.4.7 Makerlabs und Coworking-Spaces
2.2.4.8 Businessplan- und Gründungswettbewerbe
2.2.4.9 Meetups und Vernetzungsplattformen
3 Untersuchungsgegenstand Niedersachsen
3.1 Wirtschaftsstandort Niedersachsen
3.2 Startup-Ökosystem Niedersachsen
3.2.1 Status Quo des Gründungsstandorts
3.2.2 Akteure des Ökosystems
4 Empirische Analyse des Startup-Ökosystems in Niedersachsen
4.1 Forschungsdesign
4.2 Datenauswertung
4.2.1 Häufigkeitsanalysen
4.2.2 Varianzanalysen und Korrelationen
4.3 Limitationen der Analyse
4.4 Ergebnisdiskussion
5 Implikationen
5.1 Für die Praxis
5.2 Für die Forschung
6 Fazit
Anhang
Literaturverzeichnis
Versicherung an Eides statt
Aufgabenstellung
Junge Unternehmen gelten als Innovationsmotor der Wirtschaft und Garant für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie liefern Impulse hinsichtlich neuer Geschäftsmodelle und Technologien, wodurch sie einen wichtigen Beitrag für ein stabiles und langfristiges Wirtschaftswachstum leisten sowie die Wettbewerbsfähigkeit eines Standorts stärken. Länder, Städte und Regionen sind daher bestrebt, sich durch die Bündelung von gründungsförderlichen Rahmenbedingungen als attraktive Standorte für sogenannte Startups zu etablieren. Dabei entsteht in der Bundesrepublik ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern, um ausreichende junge Unternehmen zu fördern und am eigenen Standort zu halten. Das Land Niedersachsen weist im Bundesvergleich aktuell eine eher geringe Anzahl an Startup-Gründungen auf, weshalb verstärkt die öffentlich-politische wie private Förderung und Kombination verschiedener Aktivitäten vorangetrieben wird.
Diese Masterarbeit soll sich mit dem Zusammenhang aus Akteuren und Determinanten eines solchen Ökosystems befassen und dabei den Status Quo der Förderungsmaßnahmen im Bundesland Niedersachsen untersuchen.
Die Forschungsziele lassen sich wie folgt formulieren:
- Identifikation relevanter Faktoren für die Standortwahl von Startups sowie wichtiger Akteure und deren Zusammenspiel innerhalb von Startup-Ökosystemen
- Untersuchung der Struktur des niedersächsischen Startup-Ökosystems
- Durchführung einer quantitativen Analyse der Ausprägung/Verfügbarkeit von Standortfaktoren für Startups in Niedersachsen zur Identifikation von Lücken im aktuellen Förderungsangebot
- Ableiten von Implikationen zur Erhöhung der Standortattraktivität für Startups in Niedersachsen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die verschiedenen Gründungstypen
Abbildung 2: Abgrenzung zwischen Existenz- und Unternehmensgründung
Abbildung 3: Startup-Entwicklungsphasen
Abbildung 4: Anzahl von Studien mit Nennung des Begriffs „Ecosystems“
Abbildung 5: Das konzeptionelle Startup-Ökosystem-Modell der Ausarbeitung ...
Abbildung 6: Isenberg-Modell der Standortfaktoren des Startup-Ökosystems
Abbildung 7: Zuordnung von Förderungsakteuren und Standortfaktoren
Abbildung 8: Zuordnung von Förderungsakteuren und Entwicklungsphasen
Abbildung 9: Jährliche Startup-Gründungen pro 100.000 EinwohnerInnen
Abbildung 10: Anzahl von Akteuren der acht relevantesten Standorte
Abbildung 11: Anzahl von Akteuren je Akteursgruppe
Abbildung 12: Anzahl von Akteuren je Akteursgruppe in Hannover
Abbildung 13: Ballungsräume von Startups in Niedersachsen
Abbildung 14: Auswahl der Branchen im Fragebogen
Abbildung 15: Frage nach der Ausprägung von Standortfaktoren
Abbildung 16: Frage nach der Ausprägung von Unterbereichen
Abbildung 17: Frage nach dem Einfluss von gründungsspezifischen Akteuren
Abbildung 18: Frage nach dem Einfluss von klassischen Akteuren
Abbildung 19: Verteilung der Startups je Branche
Abbildung 20: Anzahl Startups je Entwicklungsphase
Abbildung 21: Anzahl Startups je Startup-Ökosystem
Abbildung 22: Mittelwerte der Standortfaktoren in Niedersachsen
Abbildung 23: Mittelwerte Support-Infrastruktur in Niedersachsen
Abbildung 24: Mittelwerte Humankapital in Niedersachsen
Abbildung 25: Mittelwerte Politik in Niedersachsen
Abbildung 26: Mittelwerte klassische Akteure in Niedersachsen
Abbildung 27: Mittelwerte gründungsspezifische Akteure in Niedersachsen
Abbildung 28: Mittelwerte Kultur nach Entwicklungsphasen
Abbildung 29: Mittelwerte Humankapital nach Entwicklungsphasen
Abbildung 30: Mittelwerte Bildungseinrichtungen nach Entwicklungsphasen
Abbildung 31: Mittelwerte anderer Startups nach Entwicklungsphasen
Abbildung 32: Mittelwerte Business Angels nach Entwicklungsphasen
Abbildung 33: Mittelwerte VC-Gesellschaften nach Entwicklungsphasen
Abbildung 34: Mittelwerte Standortfaktoren in Braunschweig & Hannover
Abbildung 35: Mittelwerte klassische Akteure in Braunschweig & Hannover
Abbildung 36: Mittelwerte Akteure in Braunschweig & Hannover
Abbildung 37: Korrelation Inkubatoren und Support-Infrastruktur
Abbildung 38: Korrelation TGZ und Support-Infrastruktur
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zentrale Literatur über Startup-Ökosysteme
Tabelle 2:Unterschiede &Gemeinsamkeiten von SÖ & ähnlichen Konzepten
Tabelle 3:Wesentliche Handlungsfelder der Startup-Strategie Niedersachsen...
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Seit Jahrzehnten sind junge Unternehmen der Haupttreiber für Wachstum und Innovationskraft von Volkswirtschaften. Sie sichern die Beschäftigung und langfristige Wettbewerbsfähigkeit von Regionen. Die GründerInnen1 dieser sogenannten Startups nutzen innovative Technologien und Geschäftsmodelle zur Schaffung von ökonomischer wie gesellschaftlicher Wertschöpfung (Stam & Spigel, 2016, S. 2). Die Leistungsfähigkeit der Neugründungen wird dabei stark von etwas beeinflusst, das noch größer ist als die Unternehmen selbst: das umgebende Netzwerk aus verschiedenen Akteuren und Förderungsinitiativen (Fuerlinger et al., 2015, S. 4). Im Verlauf der Jahre hat sich in diesem Zusammenhang, orientiert an Vorbildern aus dem amerikanischen Silicon Valley, der Begriff der sogenannten Startup-Ökosysteme etabliert (Isenberg, 2011, S. 9). Städte, Regionen und Länder unternehmen daher den Versuch, positive Bedingungen und Standortfaktoren für die Etablierung eines solchen Ökosystems zu schaffen, um Startups am eigenen Standort zu entwickeln und zu binden (Isenberg, 2011, S. 11).
Das Bundesland Niedersachsen verfügt im deutschlandweiten Ländervergleich über eine eher geringe Anzahl an Startup-Unternehmen (Kollmann et al., 2020, S. 22), weshalb sich VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft um die Entwicklung eines solchen gründungsfreundlichen Netzwerks bemühen (WiWo Online, 2020). „ Unser Land soll für Startups so attraktiv wie möglich werden, wir wollen eine neue Gründerzeit ermöglichen. Denn Startups sind kein kurzfristiger Hype, sondern langfristige Zukunftssicherung. Dafür braucht es Gründerinnen und Gründer, die mutig, direkt und überzeugend, auch unkonventionell und originell ihre Ideen vertreten und die hier stattfindende Vernetzung als große Chance begreifen. Innovation entsteht durch Kooperation “, so der Wirtschaftsminister Niedersachsens, Bernd Althusmann (NMW a, 2021). Die im Jahr 2020 veröffentlichte Startup-Strategie Niedersachen strebt eine holistische Verbesserung der Gründungsbedingungen an, indem öffentliche und privatwirtschaftliche Förderungsakteure gemeinsam und bedarfsgerecht ausgerichtet werden (IZN, 2020, S. 4). Dies eröffnet die Möglichkeit einer Analyse zur praktischen Umsetzung des Ökosystem-Konzepts in Niedersachsen.
Die Thematik gewinnt außerdem zunehmend als Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung an Bedeutung, um die Determinanten der Standortwahl sowie fördernden Rahmenbedingungen des Wachstums von Startups zu erklären.
Ziel dieser Arbeit ist es daher, relevante Bedingungen für die Entwicklung innovativer Jungunternehmen zu identifizieren, das Zusammenspiel innerhalb der Gründungsstandorte zu beschreiben und eine Analyse des Status der Förderungsmaßnahmen in Niedersachsen vorzunehmen.
So strukturiert sich diese Ausarbeitung um fünf zentrale Forschungsfragen. Zunächst besteht die Frage nach den Eigenschaften sowie den zugehörigen Bestandteilen gründungsfreundlicher Ökosysteme: Welche Standortfaktoren und Akteure beeinflussen Startup-Ökosysteme ganz allgemein?
Die identifizierten Rahmenbedingungen von Ökosystemen sollen in Bezug auf ihre Ausprägung und Verfügbarkeit in Niedersachsen untersucht werden, woraus sich zwei weitere Forschungsfragen ergeben: Wie sind diese Standortfaktoren konkret im niedersächsischen Startup-Ökosystem aus Sicht der Startups ausgeprägt? Welche Akteure im niedersächsischen Startup-Ökosystem nehmen Einfluss auf das Handeln der Startups?
Im Hinblick auf die Schaffung gründungsfreundlicher Netzwerke dienen Vorbilder als Orientierung. Deshalb soll das Land Niedersachsen auf die Existenz von bereits entwickelten Leuchtturm-Standorten überprüft werden: Welche Region in Niedersachsen ist aus Sicht der Startups am besten entwickelt?
Um einen evidenten Zusammenhang zwischen dem Ausprägungsgrad an Standortdeterminanten und Förderungsakteuren herzustellen, sollen konkrete Beziehungen aufgedeckt werden: Welche Akteure beeinflussen derzeit die Ausprägung von Standortfaktoren?
1.2 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit werden in Kapitel 2 grundlegende Begriffe eingeführt, verwandte Fachterminologien voneinander abgegrenzt und das sprachliche sowie inhaltliche Fundament der Ausarbeitung gelegt. Dabei werden die historischen Entwicklungen des Ökosystem-Begriffs hergeleitet und der Stand der Forschung aufgezeigt. Auf Basis der relevanten Literatur erfolgt zudem die Festlegung auf ein Rahmenmodell zur Darstellung der Standortfaktoren und der von diesen Faktoren ausgehenden Wertschöpfung. Darüber hinaus werden gründungsspezifische Förderungsakteure und deren Einflussnahme auf die Ökosysteme beschrieben.
Das dritte Kapitel steckt den Untersuchungsgegenstand Niedersachsen genauer ab. Aus den identifizierten Akteuren und Netzwerkstrukturen werden regionale Zusammenhänge abgeleitet sowie auf die Existenz eines holistischen Ökosystems hin untersucht. Auf Basis einer Desktop-Recherche wird das Bundesland im Hinblick auf die Verteilung der dort ansässigen Startups und Akteursgruppen analysiert. Im vierten Kapitel, der quantitativen Analyse, wird zunächst in die gewählte Methodik und das Forschungsdesign eingeführt. Anschließend wird dargestellt, wie niedersächsische Startups mit Hilfe eines standardisierten Online-Fragebogens zur Ausprägung von relevanten Standortfaktoren und dem Einfluss von Akteuren des Ökosystems befragt werden. Nach der Auswertung der Daten werden die Limitationen der Durchführung und diein dieser Arbeit gewählte Methodik kritisch betrachtet.
Auf Basis der Ergebnisse werden in Kapitel 5die Forschungsfragen aufgegriffen und Handlungsempfehlungen für die Verbesserung des Standorts Niedersachsen abgeleitet. Im letzten Kapitel (Kapitel 6) wird schließlich ein Gesamtfazit aus den Ergebnissen der vorausgegangenen Kapitel gezogen.
2 Theoretisches Fundament
Dieses Kapitel führt die Begriffe ein, anhand derer die verschiedenen Eigenschaften von Startups und Arten von Gründungsförderungen voneinander abgegrenzt werden und bildet damit die theoretische Basis für die Abhandlungen in den nachfolgenden Kapiteln dieser Arbeit. Zunächst wird auf Formen der Unternehmensgründung (2.1) eingegangen, bevor das Konzept der Startup-Ökosysteme (2.2.) beschrieben wird.
2.1 Unternehmensgründung
Es soll zunächst eine einheitliche Perspektive auf den Terminus der Unternehmensgründung aufgezeigt werden.
Die Bezeichnung Unternehmensgründung steht in der relevanten Literatur zumeist in Verbindung mit den Begriffen Entrepreneurship, Selbständigkeit oder auch Existenzgründung. Diese Terminologie erfährt im deutschen wie englischen wissenschaftlichen Sprachgebrauch keine einheitliche Definition, weshalb sie oft synonym verwendet wird (Fallgatter, 2002, S.11 ff.).
Der Ökonom Joseph Schumpeter (1911) prägte den Begriff Entrepreneurship entscheidend. Demzufolge sind UnternehmerInnen, von ihm als Entrepreneure betitelt, in erster Linie InnovatorInnen, welche durch die Bündelung von Ressourcen neue Produkte oder innovative Produktionsmethoden erschaffen, auf den Markt bringen und durch die Etablierung neuer wirtschaftlicher Strukturen das Marktgleichgewicht bestehender, weniger innovativer Firmen stören. Entrepreneurship wird daher eine wichtige Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung einer Volkswirtschaft zugewiesen. Sie tritt als Agentin des Wandels der Marktwirtschaft auf. Außerdem weist Schumpeter darauf hin, dass das Unternehmertum in dem genannten Sinne kein Beruf oder dauerhafter Zustand einer Person ist. Wenn sie sich nämlich niederlässt, um das Geschäft zu führen, verliert sie die Eigenschaft als EntrepreneurIn und nimmt eine Tätigkeit auf, die eher dem Management als dem Unternehmertum zuzuordnen ist (S. 78).
2.1.1 Die verschiedenen Gründungstypen
Die Autoren Szyperski & Nathusis (1999) klassifizieren vier grundlegende Arten von Gründungen, die sich nach selbständigen und unselbständigen sowie derivativen und originären Gründungen einteilen lassen (S. 27) (s. Abb. 1). Eine Unternehmensgründung im engeren Sinne muss nach dieser Klassifikation originär und selbständig sein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die verschiedenen Gründungstypen
Quelle: Eigene Darstellung nach Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27 4
Die andere originäre, im Gegensatz zur Unternehmensgründung aber unselbständige, Gründungsform ist nach dieser Typisierung die Betriebsgründung , auch Spin-off genannt (s. Abb. 1). Dies beschreibt die Situation, in der eine abgegrenzte neue Unternehmung aus einer bereits existierenden Organisation heraus entsteht (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Diese neue Wirtschaftseinheit ist mit Autonomie und unternehmerischen Freiheiten ausgestattet, steht jedoch weiterhin in Verbindung zur ursprünglichen Organisation und kann deshalb nicht als gänzlich selbständige Geschäftseinheit klassifiziert werden. Die Verbindung kann etwa durch Vereinbarungen über die Gewinnabfuhr oder die Eigentumsstrukturen gewahrt werden. Ebenso wird das Management dieser neugeschaffenen Einheiten oftmals durch die ursprüngliche Unternehmung eingesetzt, weshalb diese originäre Gründungsform nicht der unternehmerischen Selbständigkeit zuzuordnen ist und sich insofern von der Unternehmensgründung unterscheidet. Mögliche Gründe für die Entstehung solcher Spin-offs sind z.B. die Entwicklung und Vermarktung eines neuen innovativen Produkts (Kollmann, 2019, S. 2). In diesem Zusammenhang entsteht in Unternehmen auch die Rolle sogenannter Intrapreneure, die Spin-offs auf Basis von originellen Ideen in Verbindung mit bestehenden Unternehmensteilen in eine neue Organisationsform übertragen (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27).
Eine Transformationsgründung ist im -Gegensatz zur Unternehmensgründung- eine derivative Gründungsform (s. Abb. 1), zu der auch Übernahmen, Umgründungen oder Fusionen gehören (Kollmann, 2019, S. 2). Zuvor existierende Unternehmenseinheiten werden dabei bloß mit einer neuen Eigentumsstruktur versehen, ohne dass eine neue Form unternehmerischer Identität entstehen würde. Es handelt sich also nicht um Selbständigkeit im eigentlichen Sinne und zumeist wird das Unternehmenskonzept als solches auch nicht geändert (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27).
Eine weitere Kategorie der derivativen Gründung ist die Existenzgründung , die im Gegensatz zur Transformationsgründung selbständig stattfindet (s. Abb. 1) (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Im Zentrum steht dabei weniger die Bildung einer neuen Wirtschaftseinheit, sondern vielmehr, dass sich eine unabhängige Person beruflich verändern möchte. Diese tritt als Gewerbetreibende auf, um eine eigene unternehmerische Existenz zu kreieren (Kollmann, 2019, S. 3). Hierbei wird sich vor allem an bereits existierenden sowie tradierten Geschäftspraktiken orien- tiert und ein unmittelbarer Verdrängungswettbewerb im Hinblick auf Preis und Qualität eingegangen (Fueglistaller et al., 2016, S. 4). Die unternehmerischen Tätigkeiten sind i.d.R. auf die omnipräsenten ExistenzgründerInnen zugeschnitten und unterliegen keinen klaren Produktlebenszyklen (Fallgatter, 2002, S. 22). Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Weiterführung eines Handwerksbetriebs ohne große Veränderungen an Geschäftsmodellen oder der Betriebsausstattung (Kollmann, 2019, S. 3). Im Gegensatz dazu steht der Innovationswettbewerb von neuartigen Unternehmensgründungen zur „ Schaffung neuer wirtschaftlichen Strukturen “ (Fueglistaller et al., 2016, S. 4).
Auch Isenberg (2011) verweist darauf, dass Selbständigkeit für sich genommen kein Entrepreneurship darstelle. Erst Selbständigkeit in Verbindung mit Innovationspotenzial und Risikobereitschaft mache den Kern des Unternehmertums aus. Die Bereitschaft der Unternehmerin oder des Unternehmers zu riskanten Investitionen während der Gründung liege darin begründet, dass er oder sie die damit verbundene Risiken aufgrund von vorhandenen Ideen, Fähigkeiten oder Vermögenswerten, wie z.B. geistiges Eigentum, im Vergleich zu anderen Marktteilnehmenden als geringer einschätzt (S. 2).
Eine Unternehmensgründung im engeren Sinne setzt nach der Typisierung dann voraus, dass eine selbständig gründende Person eine gänzlich neue, originäre und unabhängige Unternehmung schafft (Szyperski & Nathusis, 1999, S. 27). Die Gründung geht entsprechend nicht von einer bestehenden Wirtschaftseinheit aus. Stattdessen sind GründerInnen diesbezüglich isoliert und können auf keine vorhandenen Verbindungen oder betriebliche Strukturen zurückgreifen, weshalb innovative Konzepte und die eigenständige Organisation erst entwickelt werden müssen (Kollmann, 2019, S. 3). Kollmann (2019) sieht insbesondere in diesem ungebundenen Gestaltungsaspekt den wesentlichen Unterschied zu anderen Gründungstypen (S. 3). Originäre Unternehmensgründungen sind im Gegensatz zu den derivativen Existenzgründungen nicht um omnipräsente GründerInnen strukturiert und unterliegen keinen begrenzten Wachstums- oder Beschäftigungspotenzialen. Die langfristige Wachstumsorientierung und die betriebliche Prägung durch Markt- und Entwicklungsphasen sind bezeichnende Charakteristika dieser Gründungsart (s. Abb. 2). Entsprechend sehen sich Unternehmensgründungen einem Innovationswettbewerb am Markt gegenüber (Fallgatter, 2002, S. 22 f.).
Szyperski & Nathusis (1999) benennen diese Art des Gründungvorgangs auch als „echte Unternehmensgründung“ (S. 27).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Abgrenzung zwischen Existenz- und Unternehmensgründung
Quelle: Eigene Darstellung nach Fallgatter, 2002, S. 22
Als Beschreibung für „echte“ Unternehmensgründungen im beschriebenen Sinne findet der Begriff des Startups vor allem seit den 1990er Jahren vermehrte Verwendung in der Managementliteratur, um damit junge Wachstumsfirmen explizit von bestehenden kleinen bzw. mittleren sowie neu gegründeten nicht-wachstums- orientierten Unternehmen abzugrenzen (Castrogiovanni, 1996, S. 801 ff.). Die starke Wachstumsorientierung steht dabei im Zusammenhang mit besonders hohem Innovations- und Renditepotenzial (Hahn, 2014, S. 4). Unter der Verwendung innovativer Technologien, Produkte und Dienstleistungen sowie neuer, skalierbarer Geschäftsmodelle (Hahn, 2014, S. 4) wird signifikantes Unternehmensoder Beschäftigungswachstum angestrebt (Kollmann, 2019, S. 4). Außerdem definieren sich die Jungunternehmen nach Kollmann et al. (2020) durch ein Unternehmensalter von weniger als zehn Jahren (S. 18).
Zusammenfassend lassen sich also folgende Merkmale zur Bezeichnung von Startups für diese Arbeit konstatieren:
- Die Orientierung an Unternehmens-, Umsatz- und Beschäftigungswachstum
- Der Aufbau neuartiger Geschäftsmodelle unter Verwendung innovativer Produkte, Dienstleistungen und Technologien
- Ein Unternehmensalter von maximal zehn Jahren
In der vorliegenden Ausarbeitung wird der Fokus auf diese Art der Unternehmensgründung gesetzt und hinsichtlich ihrer Entwicklungszyklen sowie der davon ausgehenden Ressourcenbedürfnisse analysiert.
2.1.2 Entwicklungsphasen von Startups
Dieses Unterkapitel soll den unternehmerischen Lebenszyklus von Startups im Zusammenhang mit den davon ausgehenden Bedarfen an Ressourcen beschreiben.
Ausgehend von der Annahme, dass Dienstleistungen und Produkte einen Lebenszyklus durchlaufen, durchlaufen auch Unternehmen einen Entwicklungsprozess. Der betriebliche Zweck strukturiert sich dabei um die Aus- und Weiterbildung dieser Produkte, sodass auch die Organisation an sich einen Zyklus durchläuft (Brettel et al., 2005, S. 7). Dieser Entwicklungsprozess soll im Folgenden in Bezug auf Startups in seinen einzelnen Schritten beschrieben werden, wobei ein Fokus auf den jeweils erforderlichen Bedarf an Ressourcen gelegt wird. Dabei soll von Startups ausgegangen werden, die entsprechend der Definition aus dem vorherigen Kapitel innovative Produkte und Dienstleistungen in den Vordergrund stellen. In welchem Stadium der Unternehmensentwicklung sich diese befinden, wird nach Kollmann (2019) an dem zeitlichen Ablauf der Geschäftsideen gemessen (S. 134). Ebenso kann der Unternehmenszyklus anhand des Kapitalbedarfs der jeweiligen Gründungsphase abgeleitet werden (Brettel et al., 2005, S. 37 ff.). Dieser Zyklus besteht aus drei zentralen Entwicklungsphasen: der Frühphase, der Wachstumsphase und der Spätphase (s. Abb. 3) (Braun, 2013, S. 9; Hahn, 2014, S. 27).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Startup-Entwicklungsphasen
Quelle: Eigene Darstellung nach Braun, 2013, S. 9; Hahn, 2014, S. 27
Der Beginn jeder Unternehmensgründung zeichnet sich durch die Ideenfindung aus. Im nächsten Schritt müssen die Geschäftsideen auf ihre Erfolgswahrscheinlichkeit überprüft und im Anschluss auf Basis eines Businessplans konkret umgesetzt werden. In der Unternehmensfinanzierung sind diese drei Schritte als sogenannte Early Stage, also als Frühphase , benannt und wiederum in (Pre- )Seed- sowie Startup-Phase unterteilt (Hahn, 2014, S. 28; Kollmann, 2019, S. 134). Zum Zeitpunkt der (Pre-)Seed-Phase hat für gewöhnlich noch keine Unternehmungsgründung stattgefunden. Stattdessen ist diese erste Entwicklungsphase geprägt von der Ideensuche, Ideenformulierung und Planung des jeweiligen Geschäftsmodells sowie der davon ausgehenden ersten Forschungsarbeiten (Koll- mann, 2019, S. 134).
Zunächst rückt dabei die Ausgestaltung eines inhaltlich belastbaren Businessplans in den Fokus. Dies sollte nicht als losgelöster, den eigentlichen Gründungsphasen vorausgeschalteter, Akt angesehen werden, sondern als elementarer Bestandteil der Frühphase des Unternehmens (Hahn, 2014, S. 28). In diesem Zusammenhang steht die Suche nach der passenden Rechtsform sowie die Auswahl des Standorts der Unternehmung (Hahn, 2014, S. 83; Kollmann, 2019, S. 135). Auf Basis eines vorläufigen Konzepts beginnt nachfolgend die Erstellung der ersten Produktprototypen (Braun, 2013, S. 9).
Diese Frühphase ist auch eine Frühfinanzierungphase, weil das Startup vor Aufnahme der operativen Tätigkeiten bereits Kapital benötigt, da es weder Gewinne, Verluste noch Umsätze erzielt. Dieser finanzielle Rückhalt soll ermöglichen, dass sich GründerInnen auf die Erstellung des Businessplans konzentrieren können. Üblicherweise ist Venture Capital2 (VC) in diesem frühen Stadium nur von außergewöhnlich risikobreiten von InvestorInnen verfügbar, sodass GründerInnen besonders häufig auf private Rücklagen oder Finanzen ihres sozialen Umfelds zurückgreifen. Dies ist auch als Friends and Family-Finanzierung bekannt (Hahn, 2014, S. 84). Zudem werden in der (Pre-)Seed-Phase häufig öffentliche Fördermittel genutzt, um die geringen initialen Betriebskosten zur Vorbereitung zu decken. Zu diesen Kosten zählen Aufwendungen im Rahmen der Ideenfindung, wie etwa die Recherche- oder Reisekosten der Gründenden.
Üblicherweise benötigen Startups in diesem Stadium vor allem Know-how im Bereich der Technik und IT (Hahn, 2014, S. 28). Die Suche nach Förderprogrammen und hilfreichen Netzwerken ist ebenfalls Teil der Frühphase (Kollmann, 2019, S. 135).
In der Startup-Phase erfolgt nun die eigentliche Unternehmensgründung. Die zuvor ausgearbeiteten Ideen erfahren eine Umsetzung (Kollmann, 2019, S. 135). Dieser Abschnitt im Lebenszyklus „ dient somit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens [...] für die Aufnahme der operativen Tätigkeit“ (Hahn, 2014, S. 29).
Auf Basis von Wettbewerbs-, Kunden- und Marktanalysen sowie des zuvor erstellten Businessplans gilt es, die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen voran zu treiben und auf ein marktreifes Niveau zu bringen (Kollmann, 2019, S. 135). Außerdem werden in dieser Entwicklungsphase dieProduktionsplanung und dasVertriebskonzeptes ausgearbeitet. Beim Vertriebskonzept isteine Kooperation mit Partnern außerhalb des Betriebs oder der Aufbau eines eigenen Netzwerks üblich. Eigene Strukturen erfordern einen höheren Ressourcenbedarf im Hinblick auf kundengruppenspezifisches Marketing. Ziel der Startup-Phase ist der Marktstart eines konkurrenzfähigenProdukts (Hahn, 2014, S. 129).
Um diedabei entstehenden hohen Anlaufkosten zu decken, müssen InvestorInnen gefunden werden, deren Suche somit eine bedeutende Rolle einnimmt.In der Startup-Phase generiert das Unternehmen erste Umsatzerlöse, allerdings entstehen kaum Gewinne, sondern vor allem Verluste (Hahn,2014, S. 127).Aufgrund des steigenden Kapitalbedarfs ist es förderlich, wenn Inkubatoren, Business Angels3 und ganz besonders VC zur Finanzierung beitragen (Hahn, 2014, S. 29). Die besagten Institutionen erwerben im Gegenzug für ihre finanzielle Förderung Anteile an der Unternehmung. Ein entsprechender Beteiligungsvertrag regelt die daraus resultierenden Rechte sowie die Neuordnung der Eigentumsstrukturen (Hahn, 2014, S. 29).
Oftmals besteht für Gründende weiterhin der Bedarf an IT-und Technik-Know-how sowie Unterstützung im Bereich der Unternehmensorganisation, etwa im Hinblick auf rechtliche Gründungsformalien wie dem Aufsetzen eines Gesellschaftsvertrags oder der Eintragung in dasHandelsregister (Hahn, 2014, S. 129).
Die Wachstums- bzw. Expansionsphase wird mit dem Ende der Startup-Phase, also dem Marktstart des Produktes, erreicht. Nach Kollmann (2019) besteht dabei das oberste Ziel der Jungunternehmen in der Ideenintensivierung und weiteren Markteroberung (S. 136).
Diese Mission ist geprägt von der Ausweitung der vorhandenen Produktionskapazitäten und weiteren Spezifikation des eigenen Produkts, um eine Differenzierung gegenüber MitbewerberInnen zu erreichen. Ein rentabler Markt zieht den Markteintritt von Konkurrenzunternehmen nach sich, die ebenso an der Profitabilität eines Produktsegmentes partizipieren wollen. Diesem Wettbewerb begegnen Startups neben der Differenzierung durch die Erweiterung des eigenen Wirkungsbereiches in Form eines starken (internationalen) Vertriebsapparats (Hahn, 2014, S. 201). Durch Vergrößerung der Kapazitäten soll eine kritische Masse zur hohen Marktdurchdringung erreicht werden (Fueglistaller et al., 2016, S. 220). Die Marktpositionierung ist Bestandteil dieses Prozesses (Braun, 2013, S. 9). Die Erschließung neuer Kundenpotenziale und Umsatzvolumina birgt nach Hahn (2014) jedoch auch die Gefahr, dass sich die Prozessinnovationen reduzieren (S. 199).
Das Gründungsteam sieht sich mit der Herausforderung konfrontiert, die neuen Aktivitäten der betrieblichen Expansion mit geeigneten Prozessen zu steuern und die Aufgaben in die Verantwortung von qualifiziertem Personal zu geben (Kollmann, 2019, S. 136). Häufig geht dies mit Anpassungen der Organisationsstruktur einher (Hahn, 2014, S. 200). In Abgrenzung zu den vorherigen Zeiträumen steigt in der Wachtumsphase auch der Bedarf nach erfahrenen nationalen wie internationalen Managementkräften, die oftmals extern beschafft werden müssen (Kollmann, 2019, S. 137).
Im Zuge dieses Wachstums werden weitere Umsatzerlöse realisiert und der Kapitalbedarf steigt sukzessive. Die Erzeugung kontinuierlicher Cash-Flows soll als Sicherheit für neue Finanzierungsquellen dienen oder sogar für Wachstumsinvestitionen zur Verfügung stehen (Hahn, 2014, S. 29). Das Erreichen des Break-Even-Points und die Amortisierung der anfänglichen Verluste sind dezidierte Ziele dieser Entwicklungsphase. Dabei sollen erste Gewinne gesichert werden (Hahn, 2014, S. 30). Des Weiteren lassen sich zu diesem Zeitpunkt die Erfolgschancen der Unternehmung besser als in den vorausgegangenen Abschnitten des Lebenszyklus beurteilen. Entsprechend lässt sich die Investitionsrentabilität der KapitalgeberInnen eindeutiger einschätzen, was den investierten Personen und Institutionen größere Sicherheit verschafft (Hahn, 2014, S. 202). Für die zusätzliche Versorgung mit Wagniskapital ist in der Expansionsphase auch die Umwandlung der Rechtsform mit Erhöhungen des entsprechenden Stammkapitals vorzufinden (Hahn,2014, S. 201). Hierbei sindstrategische InvestorInnen und VC-Gesellschaften die primären Finanzierungsinstrumente (Kollmann, 2019, S. 135).
In der letzten Phase des Gründungszyklus, der Spätphase ,steht die Vorbereitung eines Börsengangs, bzw. die Unternehmensübernahme durch externes oder internes Management, im Mittelpunkt der Aktivität der Startups mit überdurchschnittlichem Wachstumspotenzial (Braun,2013, S. 9).
Die Fortführung der Ideen des ursprünglichen Marktkonzepts bzw. die Diversifikation treten nun in den Vordergrundund zielen darauf ab, im Wettbewerb langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Basierend auf einer großen Marktdurchdringung und validierten Alleinstellungsmerkmalender Produkte und Dienstleistungen ist die zukünftige Entwicklung der Wirtschaftseinheit vorhersehbarer und Risiken können besser als zuvor kalkuliert werden (Kohlmann, 2019, S. 137).
Diese Reifephase ist gekennzeichnet von einem sehr starken Umsatzanstieg und entsprechend hohem Kapitalbedarf, der durch einen Initial Public Offering (IPO) finanziert werden kann. Der Börsengang ermöglicht Raum für weitere Investitionen des Unternehmens und eröffnet sowohl den GründerInnen als auch InvestorInnen einen finanziell besonders lukrativen Verkauf der jeweiligen Geschäftsanteile (Hahn,2014, S. 29).In diesem Fall müssen Nachfolgeregelungen arrangiert werden (Fueglistaller et al., 2016, S. 220). Das Startup tritt somit in eine Phase ein, in der es sich neuformiert. Dies erfordert, die Unternehmensprozesse umzustrukturieren und auch die Ziele des Unternehmens neu zu definieren(Kohlmann, 2019, S. 137). Im Zuge dessen stellen sich in dieser Spätphaseauch einige Fragen. Es muss geklärt werden, welche Strategien zur zukünftigen Unternehmensentwicklunggewählt werden,welche die richtigen Instrumentesind, um den Unternehmenswertzu steigern, wie Mitarbeitendenbeteiligt werden können,wie eine geeignete Kommunikation mit Stakeholdern gefunden werden kann wie das Controlling von betrieblichen Prozessen optimal ausgestaltet werden können (Kohlmann, 2019, S. 137).
Im Deutschen Startup Monitor (DSM) stellen Kollmann et al. (2020) nach den hier beschriebenen Entwicklungsphasen zusätzlich eine weitere Phase an, die sogenannte Steady Stage, welche durch Stagnation und Abschwächung des starken Nutzungs- bzw. Umsatzwachstums des Startups charakterisiert wird (S. 21).
2.2 Startup-Ökosysteme
In diesem Unterkapitel soll die Terminologie des Startup-Ökosystems (SÖ) Beschreibung erfahren, welche den Kern dieser Ausarbeitung darstellt. Daher werden zunächst die wissenschaftliche Historie (2.2.1) sowie der aktuelle Forschungsstand (2.2.2) aufgezeigt. Anschließend werden Bereiche (2.2.3) und Akteure (2.2.4) innerhalb des Konzepts erläutert, damit in Kapitel 3 die Startup-Landschaft in Niedersachsen im Hinblick der beschriebenen Kategorien eingeordnet werden kann.
2.2.1 Entwicklungslinien des Startup-Ökosystems
Es gibt verschiedene Erklärungsansätze für die Beschreibung von industriepolitischen Maßnahmen. Die zentralen Theorien sollen, auch in ihrer historischen Entwicklung, im Folgenden aufgezeigt werden.
Das Konzept der Industriedistrikte , geprägt durch Alfred Marshall (1890 und 1920), beschreibt Bezirke, in denen Arbeitskräfte und Unternehmen in intraregionaler Interaktion existieren. In dieser sozio-territorialen Einheit herrscht eine Spezialisierung zwischen Haupt- und Hilfsindustrien, um als Produktionsnetzwerk erfolgreich auf gemeinsamen internationalen Absatzmärkten zu agieren. Dies führt zu regionaler wirtschaftlicher Entwicklung, insbesondere in Bezug auf Produktivität und Beschäftigung (Handlbauer et al., 1998, S 312).
Porter (1990) baut dieses Konzept weiter aus. In seiner Cluster-Theorie spezifiziert er „ geographic concentrations of interconnected companies, specialized suppliers, service providers, firms in related industries, and associated institutions [...] in particular fields that compete but also cooperate “ (Porter, 1998, S.197). Beispiele für diese assoziierten Institutionen sind etwa Universitäten oder Wirtschaftsverbände. Neben der gemeinsamen Ressourcennutzung sowie Kooperation ist es nach Porter (1998) vor allem auch der Wettbewerb, der sich motivierend auf UnternehmensgründerInnen auswirkt, die Stakeholder zur Entwicklung zwingt und somit im Ergebnis Innovationen vorantreibt. Unternehmen, die Teil eines solchen Clusters sind, haben demnach durch das entstandene Netzwerk einen verbesserten Zugang zu Mitarbeitenden, LieferantInnen sowie spezialisierten Informationen (S. 84 f.).
Ein weiterer Ansatz der 1990er Jahre stellt Wissen und intraregionales Lernen in sogenannten regionalen Innovationssystemen (RIS) in den Vordergrund. Ursprünglich untersuchte das durch Freeman (1987), Lundvall (1992) und Nelson (1993) ausgearbeitete Konzept diese Austauschbeziehungen auf nationaler Ebene. Alsbald wurde die Bezeichnung auch verwendet, um Wachstum und Leistung in 13 (High-Tech-)Agglomerationen auf lokaler Ebene zu betrachten. Unter RIS werden Netzwerke innerhalb einer Region verstanden, die wissenszentrierte Organisationen, wie etwa Universitäten oder öffentliche Forschungsinstitute, mit innovativen Unternehmen verknüpfen. Diese Verbindung erzeugt sukzessiven Wissenstransfer (Cooke et al., 1997, S. 475 f.). Ein Innovationssystem beinhaltet alle Determinanten des Innovationsprozesses, etwa die relevanten sozialen, wirtschaftlichen, institutionellen und organisatorischen Faktoren, welche die Ausbildung und Nutzung von Innovation beeinflussen. Die zentralen Komponenten eines RIS bilden Akteure (mit formalen Strukturen sowie dezidierter Zielsetzung) und Institutionen. Letztere setzen sich etwa aus Gesetzen, etablierten Praktiken oder gemeinsamen kulturellen Traditionen zusammen, die Interaktionen zwischen Organisationen und Individuen innerhalb der Systeme beeinflussen. Das Zusammenspiel dieser Komponente ermöglicht kollektive Lernprozesse des RIS, bspw. in Bezug auf zusammenhängende technologische Bereiche (Sternberg, 2007, S. 653). Asheim & Gertler (2005, S. 299) definieren RIS als „ the institutional infrastructure supporting innovation within the production structure of a region “.
Allen drei Konzepten, dem der Industriedistrikte, der Cluster-Theorie und der RIS, ist der Fokus auf wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemein, etwa im Hinblick auf die Auswirkungen auf regionale Produktivität, Beschäftigung oder Innovationsfähigkeit (Acs et al., 2017, S. 2). Des Weiteren liegt der Schwerpunkt der Konzepte auf der Betrachtung des externen Unternehmensumfelds, also auf der Betrachtung von Faktoren jenseits der Grenzen einer betrieblichen Organisation und dennoch innerhalb der Grenzen einer geografischen Region, welche sich auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen auswirkt. Keine der Theorien stellt Wachstumsunternehmen explizit in den Vordergrund. Vielmehr werden Jungunternehmen lediglich als kleinere Variante von etablierten, internationalen Firmen verstanden (Stam & Spigel, 2016, S. 3).
Moore (1993) führte den Untersuchungsgegenstand des Entrepreneurship Ecosystems in die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion ein, welcher jedoch erst ein Jahrzehnt später an Bedeutung gewinnen sollte. Der Begriff des Ökosystems stammt aus der Ökologie und beschreibt nach Jaax (2016, S. 40) „ Organismen in einem bestimmten Raumausschnitt zusammen mit ihrer unbelebten Umwelt, ihrem 14
Lebensraum [und wird] meist als ein komplexes Netzwerk zwischen belebten und unbelebten Elementen verstanden “. Diese natürlichen Ökosysteme können von beliebiger Größe sein, bestehen aber für gewöhnlich in einem begrenzten geografischen Raum. Im Sinne der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung umfasst ein Ökosystem exogen gegebene Bestandteile, endogen handelnde Akteure und die Umwelt dieser Komponenten. Gemeinsam ergeben sie ein System, in dem sie in Wechselbeziehungen zu einander stehen und Nutzen aus eben diesen gegenseitigen Verbindungen ziehen. Diese Akteure, etwa Unternehmen, Universitäten oder öffentliche Institutionen, entwickeln sich in ihrer Koexistenz im System gemeinsam weiter, analog zu Lebenswesen in einem Ökosystem (Audretsch et al., 2019, S. 314).
Die Verwendung der Metapher Ökosystem in diesem Zusammenhang erfährt in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung in der Management-, Wirtschafts- und Politikliteratur. Die steigenden Publikationszahlen, die diesen Begriff verwenden, werden durch die Auswertung von Audretsch et al. (2019) in der folgenden Abbildung 4 verdeutlicht. So betiteln politische EntscheidungsträgerInnen auf lokaler wie nationaler Ebene ihre Agglomerationen als dynamische Ökosysteme, während aus Managementsicht vermehrt die Steuerung von Inkubatoren oder Akzeleratoren in den Vordergrund gestellt wird (S. 315).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Anzahl von Studien mit Nennung des Begriffs „Ecosystems“
Quelle: Eigene Darstellung nach Audretsch et al., 2019, S. 315
Darüber hinaus erlangte das Konzept des Entrepreneurship Ecosystems verstärkt Popularität durch kommerziell erfolgreiche Management-Sachbücher wie Felds Startup Communities: Building an Entrepreneurial Ecosystem in Your City (2012)
oder Isenbergs vielzitierten Artikel The Big Idea: How to Start an Entrepreneurial Revolution (2010) in der Harvard Business Review (Stam & Spigel, 2016, S. 2).
Den zahlreichen Publikationen liegt keine einheitliche Definition zu Grunde, da Ökosysteme mit verschiedenen Bewertungsskalen, Forschungsdesigns und Datengrundlagen untersucht werden (Stam, 2015, S. 1761). Doch die meisten Definitionen unterstreichen die Verbindung und Interaktion von Akteuren in einem Netzwerk, das unternehmerische Aktivitäten und kulturelle Werte fördert (Malecki, 2017, S. 5). Für die folgenden Kapitel dieser Ausarbeitung wird die Definition nach Stam & Spigel (2016, S. 1) verwendet: „H/e define entrepreneurial ecosystems as a set of interdependent actors and factors coordinated in such a way that they enable productive entrepreneurship within a particular territory“. Außerdem wird der Begriff „Entrepreneurship Ecosystem“ als „Startup-Ökosystem“ ins Deutsche übersetzt und entsprechend konsequent in den nachfolgenden Kapiteln dieser Arbeit verwendet.
Zu den prägendsten Autorinnen in diesem Gebiet zählen Van de Ven (1993), Neck et al., (2004), Isenberg (2010 und 2011), Feld (2012), Mason & Brown (2014), Stam (2015) und Spigel (2017) (Malecki, 2017, S. 3f.) (s. Tabelle 1). Diese Untersuchungen lassen sich vor allem den wissenschaftlichen Forschungsbereichen der Regionalentwicklung und Strategieliteratur zuordnen (Acts et al., 2017, S. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Zentrale Literatur zu Startup-Ökosystemen
Quelle: Eigene Darstellung nach Malecki, 2017, S. 3f.; Nicotra et al., 2017, S. 5f
Die wichtigsten Veröffentlichungen beschreiben eine Reihe an Eigenschaften, die im nachfolgenden Abschnitt behandelt werden.
2.2.2 Eigenschaften von Startup-Ökosystemen
Die Literatur zeigt vielzählige Gründe für die Etablierung von nachhaltigen SÖ auf.
Auf der einen Seite ist der Anstieg von Wohlstand und standortbezogenem Kapital zu nennen, der mit der Ausprägung wirtschaftlicher Strukturen entsteht. Die konstante Erhaltung der Netzwerkstrukturen zahlt in die langfristige Lebensfähigkeit und Lebendigkeit einer Region ein. Auf der anderen Seite bildet eine Agglomeration spezifische Standortfaktoren und Ressourcen aus, wodurch gegenseitige Übertragungseffekte und unternehmerischer Nutzen entstehen. Wachstumsunternehmen absorbieren notwendige Ressourcen aus dem Ökosystem und produzieren gleichzeitig ebenfalls kritische Ressourcen für andere Startups innerhalb des Netzwerks. Diese führen im Idealfall zur Entstehung oder Verbesserung von Wettbewerbsvorteilen für einzelne Branchen und Unternehmen (Audretsch et al., 2019, S. 317). In Summe steigert dies die regionale Innovationskraft (Cunningham et al., 2018, S. 136 f.), den Technologietransfer sowie die überregionale Reputation, wodurch für die Region wiederum ein erleichterter Zugang zu relevanten Ressourcen wie Human- und Finanzkapital entsteht (Audretsch et al., 2019, S. 317).
Die Metapher des Ökosystems wird in der Literatur häufig als alternativer Zugang zu dem klassischen Begriff der Märkte verwendet. Die Ausprägung des Wettbewerbs und der gegenseitigen Rivalität unterscheiden sich in Ökosystemen gegenüber traditionellen Märkten. Ökosysteme sind vor allem durch Kooperation geprägt. Die Koexistenz von Startups, tradierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen sowie Universitäten muss innerhalb der Systeme gesteuert und organisiert werden (Audretsch et al., 2019, S. 317). Nur so können effiziente
Wertschöpfungsprozesse und Wissenstransfer gewährleistet werden. Die neu entstehenden Produkte und Dienstleistungen der Startups können für die Gesellschaft von Nutzen sein und somit die kollektive gesellschaftliche Wertschöpfung positiv beeinflussen (Cunningham et al., 2018, S. 136 f.). Außerdem fördern SÖ den Abbau von sozialen Grenzen zwischen den Akteuren des unternehmerischen Ökosystems (Audretsch et al., 2019, S. 318). Sie führen somit zu einer gesteigerten Lebensqualität und einer Wahrnehmung des Standorts als attraktiv und lebenswert (Pechlaner et al., 2018, S. 485).
SÖ spiegeln regionale Kulturen des Entrepreneurships wider, welche von Ort zu Ort variieren. Diese Kulturen sind nicht statisch und werden durch das Einwirken von institutionellen Akteuren wie Unternehmen und Politik geebnet. Sie sind sowohl das Ergebnis als auch die Voraussetzung für Standort- und Regionalentwicklung (Isenberg, 2011, S.1). Diese Form der Public-Private-Governance ist ein typisches Merkmal der Ökosysteme (Acs et al., 2017, S. 7). Nach Feld (2012) sind SÖ außerdem durch ein Gefühl der regionalen Zugehörigkeit sowie Mentoring und Unterstützung gekennzeichnet (S. 25). Diese Zugehörigkeit kann auf städtischer, regionaler oder sogar nationaler Ebene vorliegen und ermöglicht die Existenz von mehreren SubÖkosystemen innerhalb eines übergeordneten Systems, etwa mehrerer regionaler SÖ in einem übergeordneten nationalen Ökosystem. Ein solches Subsystem kann Interaktionen zu anderen räumlichen Ebenen aufweisen (Brown & Mason, 2017, S. 15f.). Darüber hinaus kann eine Unterscheidung in Sub-Ökosysteme auch auf Basis von unterschiedlichen Branchen oder Technologien vorgenommen werden (Ma- lecki, 2018, S. 13). Die Regionen, Länder bzw. Städte verfolgen das Ziel des Aufbaus eines dynamischen Ökosystems für Startups, in dem sie Initiativen wie z.B. Gründungsfonds oder Co-Working-Spaces aktiv politisch fördern. Daher können SÖ vor allem als regionale Netzwerke begriffen werden (Pechlaner et al., 2018, S. 484). Diese „ bedienen sich aus einem latenten Netzwerkpool, also einem aufgrund räumlicher Nähe vorhandenen Beziehungspotenzial unterschiedlicher Stakeholder und bringen diese zielgerichtet zum Einsatz “ (Pechlaner et al., 2018, S. 484).
Bachinger (2014) verwendet den Begriff des aktivierten Netzwerks für einen Kooperationszusammenschluss von Stakeholdern, welche sich eine einheitliche Zielsetzung auferlegen. Teil dieses Ziels ist das Definieren der Aufgabenverteilung sowie gemeinsamer Regeln der Zusammenarbeit (S. 36 f.). Sowohl die Bereitschaft zur Kooperation als auch die räumliche Nähe sowie die Integration verschiedener
Akteure sind kritische Erfolgsfaktoren für die Etablierung eines regionalen SÖ (Pechlaner et al., 2018, S. 484).
Motoyama & Knowlton (2016) zeigen in ihrer Fallstudie des Ökosystems in St. Louis zudem die Wichtigkeit von Interaktionen zwischen den Akteuren und deren ganzheitlicher Ausrichtung über das SÖ hinweg auf. Den Autoren zufolge wird die Art und Weise, wie Startups interagieren und gegenseitige Beziehungen aufbauen, die zu Unterstützung, Lerneffekten und Wachstum führen, wesentlich von der Art und Weise beeinflusst wird, wie Förderungsakteure interagieren und wie deren angebotene Unterstützung strukturiert ist. Dies gilt sowohl für sich genommen als auch im Verhältnis zu anderen Förderungsangeboten in der Region (S. 27). Die Schaffung einer geeigneten Struktur kann durch öffentliche Institutionen und Initiativen ausgelöst werden, welche in steuernder Funktion tätig sind (Pechlaner et al., 2018, S. 485). Auch der Netzwerkkommunikation wird eine tragende Rolle zugeschrieben (Müller et al., 2002, S. 19 f.). Oftmals existieren bereits Institutionen für die Kooperationsbestrebungen innerhalb einer Region. Besonderer Fokus des SÖ-An- satzes ist es daher, die Perspektive des Ökosystems in ein vorhandenes Netzwerk aus Kompetenzen und Zuständigkeiten einzufügen (Pechlaner et al., 2018, S. 485).
Wie zuvor beschrieben, durchlaufen Startups verschiedene Entwicklungsphasen, von der initialen Idee über die Wachstumsphase bis zur fortgeschrittenen Spätphase und benötigen entsprechend der Phase ein sich ebenso verändertes Unterstützungsangebot. Daher ist ein SÖ auch als eine dynamische, sich im Laufe der Zeit entwickelnde Struktur anzusehen. “ Entrepreneurial ecosystems focus on the cultures, institutions, and networks that build up within a region over time ” (Stam & Spigel, 2016, S. 2). Ein substanzielles Ziel eines unternehmerischen Ökosystems ist die stetige eigene Erneuerung. Elementar sind daher die Bereitschaft und Befähigung, kontinuierlich neue Akteure zu involvieren und die Gründung neuer Startups durch die Förderung bestehender wie früherer Unternehmen voranzutreiben. Auf diese Weise können Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit der Netzwerkstrukturen sichergestellt werden. Andererseits liegt der Erfolg und die Existenz bereits erfolgreicher Unternehmen außerhalb des adressierten Geltungsbereichs eines SÖ (Malecki, 2017, S. 11).
Zusammenfassend verdeutlicht Tabelle 2 auf Basis dieser Abhandlung die gravierenden Unterschiede zwischen SÖ und den drei wichtigsten Theorien des 19 vorausgegangenen Kapitels (s. 2.2.1). Das Konzept des SO bedient sich vieler Erkenntnisse der elementaren drei Theorien, stellt jedoch explizit die Startups in den Mittelpunkt des Konzepts (Stam & Spigel, 2016, S. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Unterschiede & Gemeinsamkeiten von SÖ & ähnlichen Konzepten
Eigene Darstellung nach Stam & Spigel, 2016, S. 5
Das Fundament für die Ökosysteme setzen eine Reihe von standortbasierten Rahmenbedingungen bzw. Faktoren. Stam (2015) synthetisiert in seinem vielzitierten Rahmenmodell die hier benannten Eigenschaften von SÖ und zeigt basierend darauf die Austauschbeziehungen zwischen den fundamentalen Elementen von Ökosystemen, unternehmerischen Aktivitäten und der daraus entstehenden Wertschöpfung auf (S. 1765). Die hier vorliegende Ausarbeitung und Analyse nutzt dieses Modell der Entstehung von (regionaler) Wertschöpfung und verknüpft es mit rahmengebenden Standortfaktoren nach Isenberg (2011, S. 5), um die SÖ-Ele- mente des Modells genauer zu spezifizieren, als es das Modell von Stam vorsieht.
Inhaltlich sind die Faktoren bzw. Elemente in beiden Modellen identisch, die Zuordnung und Aggregationsebene der Elemente unterscheidet sich jedoch geringfügig. Aufgrund der detaillierteren Zuordnung von SÖ-Akteuren zu den von Isenberg kategorisierten Bereichen, verwendet diese Arbeit jene sechs Bereiche. Eine genaue Betrachtung dieser sechs Faktoren nach Isenberg erfolgt im nächsten Kapitel. Durch die Ausprägung der relevanten Standortfaktoren wird ein Output an Gründungsaktivität innerhalb desSÖ erzeugt. Diese Aktivität mündet in aggregierter (regionalwirtschaftlicher) Wertschöpfung und Innovationskraft. Sowohl diese Wertschöpfung als auch die Entrepreneurship-Aktivität wirken sich zudem reflexiv auf die Steigerung der Standortfaktoren aus, wodurch erneut Aufwärtskausalität der Wertschöpfung beeinflusst wird (s. Abb. 5).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Basierend auf der Entwicklungshistorie sowie den Eigenschaften von SÖ stellt sich die Frage nach geeigneten Mechanismen zur Steuerung, Koordination und strategischen Ausgestaltung der regionalen Netzwerke. Der nächste Abschnitt setzt daher eine Rahmenstruktur und Zuordnungslogik von Akteuren des SÖ für die wissenschaftliche Analyse der Annäherung an die Forschungsfragen dieser Arbeit fest.
2.2.3 Bereiche des Ökosystems nach Isenberg
Jedes erfolgreiche SÖ setzt sich aus einer Reihe an Faktoren zusammen, deren Ausprägung für die Etablierung und den Ausbau eines beständigen Systems essenziell sind. “The systemic conditions are the heart of the ecosystem [...]. The presence of these elements and the interaction between them predominantly determine the success of the ecosystem ” (Stam, 2015, S. 1766). Für die Darstellung
[...]
1 Diese Arbeit verwendet bei personenbezogenen Beschreibungen die gendergerechten Wortendungen „In/Innen“. Ausnahmen bilden Institutionen, welche keinem Geschlecht zuzuordnen sind, bspw. „Akteure der Wirtschaft“.
2 Venture Capital (dt. Risiko- oder Wagniskapital) beschreibt nicht zurückzahlungsfälliges, risikotragendes Beteiligungskapital, von dem sich InvestorInnen langfristige Kapitalrendite erhoffen (Brettel et al., 2005, S. 79 f.). Wagniskapital wird als Finanzierungsinstrument zahlreicher Akteure der Startup-Förderung eingesetzt. Diese werden in Kapital 2.2.4 detailliert erläutert.
3 Finanzierung- und Förderungseigenschaften von Inkubatoren und Business Angels erfahren in Kapitel 2.2.2 eine detaillierte Betrachtung.
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- Anonymous,, 2021, Das Startup-Ökosystem in Niedersachsen. Eine empirische Analyse zur Ausprägung von Determinanten der Standortwahl, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1182181
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