In der vorliegenden Stunde finden zwar Kämpfe im Stand statt, allerdings ohne das Ziel, den Partner zu Fall zu bringen. Dafür sind Vorkenntnisse bezüglich spezieller Falltechniken nötig, die die Schüler erst zu einem späteren Zeitpunkt (ca. Klasse 4) erlernen werden. Das „Kämp-fen“ soll nur angebahnt werden und nicht spezielle Techniken, wie sie für Judo oder Ringen nötig wären, erlernt werden.
Eine Differenzierung besteht in der Einteilung der Gruppen. Es werden etwa homogene Grup-pen gebildet, so dass in jeder Gruppe zwar durchaus Schülerinnen und Schüler beider Ge-schlechter zusammen sein können, sie jedoch in Hinsicht auf das Leistungsniveau, die koordi-nativen und konditionellen Fähigkeiten etwa ähnlich sind. Somit soll allen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit gegeben sein, einen Partner innerhalb der gesamten Klasse zu finden, der etwa ihrem Leistungsstand, ihrem Können und ihrer Kraft entspricht.
Eine didaktische Reduktion und zugleich Differenzierung liegt im Umfang der zu bearbeitenden Aufgaben. Zu Beginn der Arbeitsphase erhalten alle Gruppen die gleichen Ausgangsaufgaben (siehe Verlaufsplanung). Erst wenn sie diese Aufgaben erarbeitet haben, bekommen sie eine weitere Aufgabenstellung ausgehändigt. Sie sollen eigenverantwortlich entscheiden, welche Aufgabe sie zuerst bearbeitet und in welchem Umfang. Im Hinblick auf das Ziel sollen zwar vielfältige Bewegungssituationen erprobt werden, um die Wahl des Partners zu überprüfen, doch soll dies ausführlich geschehen und nicht, um möglichst viele der Aufgaben zu lösen.
Auch die gewählte Sozialform ist eine didaktische Reduktion. Die Schülerinnen und Schüler können innerhalb ihrer Gruppe die Aufgabenstellungen in einem selbst gewählten Lerntempo und einer selbst gewählten Reihenfolge bearbeiten.
Stellung der Stunde im Rahmen der Unterrichtseinheit:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Literatur:
- Anders, Wolfgang: „Ich habe mehr Kraft als ich dachte…“. In: Sportpädagogik 3 (2003). S. 24-29
- Anders, Wolfgang und Beudels, Wolfgang: Ringen und Raufen. In: Sportpädagogik 3 (2003). S. 4-9
- Bergedorfer Grundschulpraxis. Sport. 1./ 2. Klasse. Begleit- CD zu den Unterrichtshilfen der Bergedorfer Grundschulpraxis. Sport. 1./ 2. Klasse. Band 1 und 2. Horneburg: Persen Verlag GmbH, 2003
- Beudels, Wolfgang und Anders, Wolfgang: Wo rohe Kräfte sinnvoll walten. Handbuch zum Ringen, Rangeln und Raufen in Pädagogik und Therapie. (3. unveränderte Aufl.). Dortmund: Borgmann, 2001. S. 25-52, S. 91-277
- Büngers, Beate u.a.: Bergedorfer Grundschulpraxis. Sport 1./ 2. Klasse. Band 2. (3. Auflage). Horneburg: Persen Verlag GmbH, 2006. S. 133-156
- Busch, Felix: Ringen und Kämpfen. Ideen, Hintergründe und Praxisbeispiele für den Sportunterricht in der Grundschule. (1. Auflage). Donauwörth: Auer Verlag GmbH, 2002. S. 5-15, S. 18-27, S. 42-68
- Frey, Karl und Frey- Eiling, Angela: Gruppenpuzzle. In: Zwölf Unterrichtsmethoden. Vielfalt für die Praxis. (3. Aufl.). Hrsg. Von Jürgen Wiechmann. Weinheim und Basel: Beltz, 2002. S. 50-57
- Funke, Jürgen: Ringen und Raufen. In: Sportpädagogik 4 (1988). S. 13-21
- Funke, Jürgen: Unterricht öffnen – offener unterrichten. In: Sportpädagogik 2 (1991). S. 12-18
- Happ, Sigrid: Zweikämpfen mit Kontakt. In: Sportpädagogik 5 (1988), S. 13-23
- Hoof, Dieter (Hrsg.):Didaktisches Denken und Handeln. Eine Einführung in die Theorie des Unterrichts. (5. neu überarbeitete Aufl.). Braunschweig: Institut für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik der Technischen Universität Braunschweig, 2001. S. 169-178
- Lange, Harald und Sinning, Silke: Kämpfen, Ringen und Raufen im Sportunterricht. (1. Aufl.). Wiebelsheim: Limpert Verlag GmbH, 2007. S. 9-24, S. 27-114, S. 159-174
- Meier, Anja: Wie wollen wir miteinander umgehen. In: Sportpädagogik 2 (1991). S. 28-30
- Texier, A.: Kampfspiele. In: Sportpädagogik 4 (1988). S. 22-25
- Frank, Wolfgang: Rücksichtsvoll kämpfen lernen. In: Sportpädagogik 4 (1988). S. 39-46
- Niedersächsisches Kultusministerium (Hrsg.): Kerncurriculum für die Grundschule. Schuljahrgänge 1-4. Sport. Hannover, 2006
Einordnung in die fachliche Perspektive gemäß Kerncurriculum:
Angestrebte Kompetenzen der Unterrichtsstunde:
Die Schülerinnen und Schüler sollen …
1) ... in den vorgegebenen Übungsformen ihre Kräfte innerhalb der Gruppe miteinander messen (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, S. 19).[1]
2) … das selbstständige Organisieren innerhalb einer Gruppe üben.[2]
Schwerpunktziel der Stunde:
Die Schülerinnen und Schüler sollen durch die Ausübung verschiedener Übungen, einen etwa gleich starken Partner finden. Dieser wird ein gleichwertiger Gegner in den weiterführenden Übungen zum Ringen und Raufen sein.[3]
1. Anmerkungen zu den Lernvoraussetzungen und zum Lernstand
In der Klasse 2 sind insgesamt 21 Schülerinnen und Schüler, 13 Mädchen und acht Jungen. Die Klasse 2 kenne ich bereits seit Beginn meiner Ausbildungszeit im Mai 2007, da ich die Klasse auch im betreuten Unterricht schon im Fach Sport unterrichtet habe. Mit Beginn des zweiten Quartals im August 2007 habe ich die Klasse mit zwei Wochenstunden Sport eigenverantwortlich übernommen. Zwischen mir und den Schülerinnen und Schülern besteht ein sehr gutes Verhältnis, das sowohl durch gegenseitigen Respekt und Anerkennung als auch durch Vertrauen geprägt ist. Ebenso positiv ist auch die allgemeine Arbeitsatmosphäre zu bewerten, die durch gegenseitige Wertschätzung und einander zugewandtes Verhalten bestimmt wird.
Dem förderlichen Arbeitsklima entspricht gleichermaßen die hohe Motivation der Schülerinnen und Schüler. Sie nehmen am Sportunterricht mit Spaß teil und zeigen dies durch ein hohes Maß an Aktivität, ihr Verhalten und auch durch ihre Äußerungen während der regelmäßigen Gesprächsphasen.
Hinsichtlich der Aufmerksamkeit und der Leistungsbereitschaft schätze ich das Arbeitsverhalten der Klasse im Fach Sport als gut ein. Jedoch gibt es einige besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler wieBastian, Christoph, David, Jeremias, Jette, Sebastian und Victoriadie auch komplexere Bewegungsaufgaben und hohe Anforderungen erfolgreich und vor allem eigenständig meistern können. Diese Kinder zeichnen sich außerdem durch eine überdurchschnittliche Beteiligung an den Unterrichtsgesprächen aus, indem sie sinnstiftende und motivierende Gesprächsteile beitragen. Im Gegensatz dazu habenCelina, Fenja, Michel, Robin und Saschaoft größere Schwierigkeiten, Bewegungsaufgaben (selbstständig) zu erschließen und neue Unterrichtsinhalte nachvollziehen zu können. Sie benötigen deshalb oft zusätzliche Hilfe und Unterstützung, sowie zusätzliche Erklärungen oder Anstöße.
Bezüglich des Sozialverhaltens lässt sich sagen, dass es überwiegend positiv ist und die Schülerinnen und Schüler sehr freundlich miteinander umgehen, hilfsbereit und aufgeschlossen sind. Jedoch kommt es mitChristoph, Robin, SaschaundWiebkeimmer wieder zu Konfliktsituationen. RobinundSaschasind miteinander befreundet, können es aber nicht ertragen gegen den jeweils anderen zu verlieren und es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen. Dies hat sich nach einem gemeinsamen Gespräch bereits etwas gebessert. Wiebkekann allgemein nicht verlieren und ist schnell beleidigt. Sie verliert dann schnell die Lust am Unterricht, wird bockig und verweigert die weitere Mitarbeit. Besonderes Augenmerk muss aufChristophgelegt werden, der häufig den Unterricht stört, indem er zum einen unaufmerksam ist und andere Schüler durch sein erhöhtes Konversationsbedürfnis ablenkt und zum anderen eine sehr geringe Regelakzeptanz aufweist. Er muss sich mehr um Einhaltung der vereinbarten Regeln bemühen und lernen mehr Rücksicht auf seine Mitschüler zu nehmen, da er nicht selten auch Klassenkameraden angreift oder unbeabsichtigt verletzt. Leider haben bisher weder die Einzelgespräche mit ihm, noch ein Gespräch zwischen Klassenlehrer, ihm und seinen Eltern eine Veränderung gebracht.
Innerhalb des zweiten Schuljahres haben die Schülerinnen und Schüler immer wieder die Möglichkeit bekommen, in verschiedenen Spielen und Übungen ihren Körper vielfältig zu erfahren und das Einschätzen ihrer eigenen Kräfte zu üben. Die Lerngruppe ist ebenfalls mit dem Unterschied des Miteinanders und Gegeneinanders vertraut, da aus gegebenem Anlass bereits zu Beginn des Schuljahres darüber gesprochen wurde.
Die Klasse 2 zeichnet sich überdies durch ein hohes Niveau koordinativer und konditioneller Fähigkeiten aus. NurCelina, WiebkeundRobinhaben teilweise Schwierigkeiten Aufgaben mit hohen koordinativen Anforderungen auszuführen. Jedoch bemühen sie sich immer um eine erfolgreiche Bewältigung.
Das selbstständige Aufbauen von Stationen wurde bereits eingeführt und in mehreren Stunden immer wieder geübt und besprochen. Die Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie zum Beispiel die Matten tragen müssen und wo sie welche Materialien finden können. Ihnen ist auch bekannt, dass jede Gruppe dafür verantwortlich ist, ihr Arbeitsmaterial wieder an den vereinbarten Ort zurück zu bringen.
Das Arbeiten in einer Gruppe als Form des kooperativen Lernens wurde bereits in vorherigen Stunden eingeführt und in regelmäßigen Abständen geübt. Diese Form der Arbeit ist also bekannt. Allerdings ist es nach meinem Wissen die erste Stunde, in der die Gruppenarbeit von Beginn an selbstständig organisiert werden muss und sich die Gruppenmitglieder gemeinsam auf Vorgehensweise und Zusammenarbeit einigen müssen. Diese Erkenntnis hat sowohl Einfluss auf die methodischen Überlegungen als auch auf das Arbeitsverhalten der Schülerinnen und Schüler während dieser Phase der Zusammenarbeit.
2. Sachanalyse
Der Begriff Kampf (von lat. campus, „Feld“, auch im Sinne von Schlachtfeld) bezeichnet eine Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Parteien, die jeweils einen eigenen Vorteil und/oder einen Nachteil für ihr Gegenüber erreichen möchten.
Um sich über die Einordnung des Themas bewusst zu werden, ist es nötig eine Unterscheidung zu treffen. Zum einen gibt es bei den Zweikampfsportarten die Distanzkampfsportarten, „bei denen sich beide Kämpfer im wesentlichen nicht berühren“ (Happ 1998, S. 14) (z.B. Boxen, Karate, Kung-Fu). In diesen Disziplinen wird Kontakt gemieden und als nicht gewollt angesehen. Es wird gegeneinander gekämpft und versucht, den anderen bewusst zu treffen. Zum anderen gibt es die Kontaktkampfsportarten (z.B. Judo, Ringen), denen auch das Erfahrungs- und Bewegungsfeld „Ringen und Raufen“ zugeordnet wird. Hier geht es von Anfang an um den ständigen Kontakt zum Partner, da dieser „die Voraussetzung für das gemeinsame Kämpfen“ (Happ 1998, S. 14) ist.[4] Trotz des Kampfcharakters entsteht wegen des engen körperlichen Kontaktes eine Partnerschaftlichkeit, die sich im fairen und respektvollen Umgang miteinander und dem Aufeinander einlassen zeigt. Dazu gehört auch, nur innerhalb der erlaubten Bewegungsabläufe zu handeln und das eingeschränkte Bewegungsrepertoire zu akzeptieren, selbst wenn dies die eigene Unterlegenheit zur Folge hat.
Eine allgemeingültige Definition des „Ringen und Raufens“ (auch als Miteinander kämpfen/ Ringeln, Rangeln und Raufen / … bezeichnet) im Sportunterricht gibt es in der Literatur nicht, da es sich um keine Sportart mit definiertem Ziel und vereinbartem Regelwerk handelt.
Beim „Ringen und Raufen“ im Sportunterricht geht es nicht um aggressive und gewalttätige Auseinandersetzungen. Es unterscheidet sich wesentlich von dem was Kinder im alltäglichen Leben unter diesem Thema verstehen. Es geht hierbei um spielerische und regelgeleitete Übungsformen, die zum einen das friedliche Gegeneinander und zum anderen das kämpferische Miteinander betreffen. Es geht dabei nicht um Gewalttraining/ -prävention oder Selbstverteidigung, sondern darum die Kinder zu lustvollen Bewegungen zu animieren, die körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern und die sozialen Kompetenzen zu fördern.[5]
Die Eigenart und der Charakter des Kämpfens beinhalten alle Bewegungsformen und –arten, die den gesamten Bewegungsapparat beanspruchen. Zum Teil werden spielerische Zweikämpfe durchgeführt, aber auch Gruppenkämpfe bzw. Gruppenkampfspiele können Inhalt des Unterrichts sein. Im Sportunterricht sind Regeln (z.B. „Stopp-Regel“) und Rituale (z.B. An- und Abgrüßen vor und nach jedem Kampf) von großer Bedeutung und Voraussetzung für faires Miteinander Kämpfen. Die wichtigste Regel lautet: Wir tun unserem Partner nicht weh!
Das Thema „Kräfte messen“ ist nur ein Bestandteil des ganzen Bereichs „Ringen und Raufen“. Hier beginnt die erste Auseinandersetzung mit dem eigenen und dem fremden Körper. Es geht dabei um einfache Zieh- und Schiebewettkämpfe zwischen Partnern, bei denen die Schülerinnen und Schüler ihre Kräfte spüren sollen und lernen, sie geschickt einzusetzen. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kann aufgebaut und gestärkt werden.[6]
Der Gruppenunterricht bzw. die Gruppenarbeit bezeichnet ein arbeitsteiliges Verfahren, welches sich in Phasen der Arbeitsplanung (und –verteilung), Arbeitsdurchführung und Arbeitsvereinigung untergliedert. Es verlangt von den beteiligten Schülern eine sowohl kooperative als auch produktive Selbsttätigkeit innerhalb eines vorgegebenen Themas. Dabei unterscheidet man die themengleiche von themenverschiedener Gruppenarbeit. Unter themengleicher Gruppenarbeit ist das parallele Arbeiten mehrerer Gruppen zu dem gleichen Thema/ der gleichen Aufgabe zu verstehen. Die Schülergruppen sollen anhand bereitgestellter Materialien und mit Hilfe von Arbeitsanweisungen möglichst eigenständig die Aufgaben bewältigen und anschließend ihre Ergebnisse der Klasse vorstellen.[7]
[...]
[1]Prozessbezogene Kompetenz – Bewegungskönnen entwickeln - Erkenntnisse gewinnen (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, S. 9)
[2]Prozessbezogene Kompetenz – Lernen lernen (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium, S. 9-10)
[3]Inhaltsbezogene Kompetenz – erfahren, dass Spaß und Erfolg beim Miteinander Kämpfen von einem gleich starken Partner abhängig sind (vgl. ebd., S. 19)
[4]Vgl. Beudels, Wolfgang und Anders, Wolfgang: Wo rohe Kräfte sinnvoll walten. Handbuch zum Ringen, Rangeln und Raufen in Pädagogik und Therapie. (3. unveränderte Aufl.). Dortmund: Borgmann, 2001. S. 16
[5]Vgl. Busch, Felix: Ringen und Kämpfen. Ideen, Hintergründe und Praxisbeispiele für den Sportunterricht in der Grundschule. (1. Auflage). Donauwörth: Auer Verlag GmbH, 2002. S. 5
[6]Vgl. Busch, Felix: Ringen und Kämpfen. Ideen, Hintergründe und Praxisbeispiele für den Sportunterricht in der Grundschule. (1. Auflage). Donauwörth: Auer Verlag GmbH, 2002. S. 5
[7]Vgl. Hoof, Dieter (Hrsg.):Didaktisches Denken und Handeln. Eine Einführung in die Theorie des Unterrichts. (5. neu überarbeitete Aufl.). Braunschweig: Institut für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik der Technischen Universität Braunschweig, 2001. S. 173-174
- Quote paper
- Sabrina Engelke (Author), 2008, Unterrichtsstunde: Ringen und Raufen im Sportunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118073
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