International operierende Unternehmen sehen sich in der heutigen Zeit einer erheblich verschärften Wettbewerbsintensität ausgesetzt. Die Globalisierung führt durch gesunkene Eintrittsbarrieren in neue Märkte und dem Eintritt neuer Konkurrenten aus Schwellenländern zu einem gestiegenen Wettbewerbsdruck unter den Unternehmen. Technologischer Fortschritt und schnelle Trendwechsel bei den Konsumenten verkürzen die Produktlebenszyklen, wodurch sich Investitionen in immer kürzerer Zeit armotisieren müssen (vgl. Lucks/Meckl 2002, 6-7). Zusätzlich steigt der Druck der Kapitalmärkte auf börsennotierte Unternehmen (vgl. Wirtz 2003, 1). Externes Wachstum durch M&A stellt dabei eine immer wichtiger werdende Möglichkeit zur Anpassung an diese Entwicklungen dar. Trotz von der amerikanischen Subprime-Krise erreichte das weltweite M&A-Volumen im Jahr 2007 mit 4.830 Mrd. USD einen neuen Rekord (vgl. Kunisch 2008, 57). Eine Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen kann aber auch durch entgegengerichtete Transaktionen erfolgen. Dabei kann die Abtrennung von vormals zugekauften Unternehmenseinheiten als Maßnahme zur Rationalisierung und besseren Ressourcenverwendung dienen (vgl. Jansen 1986, 18). Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass teilweise über 50% der M&A-Transaktionen scheitern (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, 163-164). Ein Demerger stellt dann immer häufiger die letzte relevante Handlungsalternative dar (vgl. Wirtz 2003, 409).
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung dieser Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen von MA als theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Begriffsdefinition und Ausprägungsformen
2.2 Theoretische Erklärungsansätze und Motive für MA
2.2.1 Erklärungsansätze auf gesamtwirtschaftlicher Ebene
2.2.2 Erklärungsansätze auf einzelwirtschaftlicher Ebene
2.2.3 Nicht-ökonomische Gründe als Auslöser für MA
2.3 Durchführung von MA-Transaktionen
2.3.1 Prozessuale Struktur von MA Transaktionen
2.3.2 Vorfeldphase
2.3.3 Transaktionsphase
2.3.4 Integrationsphase
2.4 Erfolgsmessung bei MA
3 Theoretische Grundlagen Demerger
3.1 Begriffsdefinitionen
3.2 Theoretische Erklärungsansätze und Motive für Demerger
3.2.1 Systematisierung der Erklärungsansätze und Motive
3.2.2 Gesamtwirtschaftliche Erklärungsansätze
3.2.3 Einzelwirtschaftliche Erklärungsansätze und Motive
3.3 Konzepte zur Umsetzung von Demergern
3.4 Durchführung von Demergertransaktionen
3.4.1 Prozessuale Struktur von Demergern und Abgrenzung zu MA
3.4.2 Demerger-Analyse und Konzeption
3.4.3 Demerger-Durchführung
3.4.4 Demerger-Controlling
4 Branchenanalyse Automobilhersteller
4.1 Begriffsdefinition
4.2 Aktuelle Absatzsituation der Automobilhersteller
4.3 Analyse der Branchenstruktur
4.3.1 Porters Five Forces zur Bestimmung der Wettbewerbsintensität
4.3.2 Der Grad der Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern
4.3.3 Verhandlungsmacht der Abnehmer
4.3.4 Verhandlungsstärke der Zulieferer
4.3.5 Bedrohung durch Ersatzprodukte
4.3.6 Bedrohung durch neue Wettbewerber
4.4 Konsequenzen der Branchenstruktur auf die Situation der Automobilhersteller
5 Strategische Bedeutung und Umsetzung von Demergern bei Automobilherstellern
5.1 Konzeptionelles Vorgehen
5.2. Begründungen für Demerger bei Automobilherstellern
5.2.1 Korrektur fehlgeschlagener MA-Transaktionen
5.2.2 Demerger aufgrund neuer Herausforderungen in der Automobilindustrie
5.2.3 Demerger als Maßnahme zur Kapitalbeschaffung
5.3 Wahl des Demerger-Umsetzungskonzeptes bei Automobilherstellern
5.4 Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung von Demergern in der Automobilindustrie
5.4.1 Erfolgsfaktoren bei der Demerger-Analyse und -Konzeption
5.4.2 Erfolgsfaktoren bei der Demerger-Durchführung
5.4.3 Demerger-Controlling bei Automobilherstellern
6 Fallstudie: Merger und Demerger der ehemaligen DaimlerChrysler AG
6.1 Konzeptionelles Vorgehen
6.2 Ausgangssituation der beteiligten Unternehmen im Jahr 1998
6.2.1 Daimler-Benz AG
6.2.2 Chrysler Corporation
6.3 „Merger of equals“ zwischen der Daimler-Benz AG und der Chrysler Corporation...
6.4 Abspaltung der Chrysler Group aus der DaimlerChrysler AG
6.4.1 Analyse und Konzeptions-Phase
6.4.2 Durchführung der Transaktion
6.4.3 Konsequenzen des Demergers
6.5 Demerger der DaimlerChrysler AG als Beispiel einer gescheiterten Fusion
7 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Sonstige Quellen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gang der Untersuchung
Abbildung 2: Phasen eines MA-Projekts
Abbildung 3: Demerger-Umsetzungskonzepte
Abbildung 4: Idealtypischer Ablauf Demerger-Management
Abbildung 5: Fokussierungsmatrix
Abbildung 6: Kommunikationskanäle im Desintegrationsmanagement
Abbildung 7: Demerger-Balanced Scorecard
Abbildung 8: Problemfelder der Demerger-Erfolgsmessung
Abbildung 9: Absatzmärkte für Automobile 2000 und 2004
Abbildung 10: Konzentration der Automobilhersteller 1970-2007
Abbildung 11: Zulieferpyramide
Abbildung 12: Einflussfaktoren der Wettbewerbsintensität bei Automobilherstellern
Abbildung 13: Net Income Margin verschiedener OEMs 2006
Abbildung 14: Kostenszenario einer Plattformerweiterung
Abbildung 15: Demerger-Balanced Scorecard für Transaktionen bei OEMs
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Zielsetzung dieser Arbeit
International operierende Unternehmen sehen sich in der heutigen Zeit einer erheblich ver- schärften Wettbewerbsintensität ausgesetzt. Die Globalisierung führt durch gesunkene Ein- trittsbarrieren in neue Märkte und dem Eintritt neuer Konkurrenten aus Schwellenländern zu einem gestiegenen Wettbewerbsdruck unter den Unternehmen. Technologischer Fortschritt und schnelle Trendwechsel bei den Konsumenten verkürzen die Produktlebenszyklen, wo- durch sich Investitionen in immer kürzerer Zeit armotisieren müssen (vgl. Lucks/Meckl 2002, 6-7). Zusätzlich steigt der Druck der Kapitalmärkte auf börsennotierte Unternehmen (vgl. Wirtz 2003, 1).
Externes Wachstum durch MA stellt dabei eine immer wichtiger werdende Möglichkeit zur Anpassung an diese Entwicklungen dar. Trotz von der amerikanischen Subprime-Krise er- reichte das weltweite MA-Volumen im Jahr 2007 mit 4.830 Mrd. USD einen neuen Rekord (vgl. Kunisch 2008, 57). Eine Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen kann aber auch durch entgegengerichtete Transaktionen erfolgen. Dabei kann die Abtrennung von vormals zugekauften Unternehmenseinheiten als Maßnahme zur Rationalisierung und besseren Res- sourcenverwendung dienen (vgl. Jansen 1986, 18). Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass teilweise über 50% der MA-Transaktionen scheitern (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, 163-164). Ein Demerger stellt dann immer häufiger die letzte relevante Handlungsalternative dar (vgl. Wirtz 2003, 409).
Automobilhersteller sind besonders stark von diesen Entwicklungen betroffen. In den vergan- genen Jahrzehnten hat sich die Anzahl der selbstständigen Original Equipment Manufacturers (OEMs) nicht zuletzt durch teilweise spektakuläre Übernahmen auf weltweit nur noch knapp über zehn wesentliche Konzerne reduziert (vgl. Hüttenrauch/Baum 2008, 48-49). In vielen Fällen hat sich dabei herausgestellt, dass die mit dem Unternehmenszusammenschluss auftre- tenden Probleme die Synergien kompensierten bzw. gar nicht erst aufkommen ließen, wo- durch auch Rentabilität und Unternehmenswert des Mutterunternehmens teilweise empfind- lich beeinträchtigt wurden (vgl. Becker 2007, 176-179).
So hatte BMW im Jahr 1994 den britischen Automobilhersteller Rover für ca. 800 Mio. GBP gekauft, um mit Volumenmodellen seine Abhängigkeit vom Premiumsegment zu verringern. Trotz weiterer Investitionen von geschätzten 3 Mrd. GBP in den folgenden Jahren ist es BMW nicht gelungen, Rover in eine profitable Konzerntochter zu verwandeln. Im Jahr 2000 wurde Rover dann für nur noch symbolische 10 GBP an eine britische Investorengruppe ab- gegeben, nachdem auch zukünftig eine profitable Entwicklung nicht absehbar war (vgl. Heil- mann 2005, 12).
Demerger bei Automobilherstellern werden aber nicht nur nach gescheiterten MA-Projekten durchgeführt, sondern auch, um sich an geänderte Branchenbedingungen anzupassen oder um Kapital zu beschaffen, wie der geplante Demerger der Marken Jaguar und Land Rover aus dem Ford Konzern zeigt (vgl. Büschemann 2008).
Insofern ist zu vermuten, dass es sich bei den in den letzten Jahren zu beobachtenden Demer- gern bei Automobilherstellern nicht um einmalige Transaktionen gehandelt hat, sondern dass die Automobilkonzerne auch in den kommenden Jahren weitere Demerger durchführen wer- den. Die Kenntnis der branchenspezifischen Gründe für diese Entwicklung, geeigneter De- merger-Umsetzungskonzepte sowie der wesentlichen Erfolgsfaktoren beim Demerger- Management erhält vor diesem Hintergrund eine besondere Relevanz und stellt das Untersu- chungsziel dieser Arbeit dar.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zur Erreichung dieses Untersuchungsziels werden in Kapitel 2 zunächst die Grundlagen des MA-Managements erläutert, um einen Bezugsrahmen zu Demergern zu schaffen. Dieses ist wichtig, da Demergern definitionsgemäß eine MA-Transaktion vorausgegangen sein muss. Dabei werden zunächst die wesentlichen Begriffe und Ausprägungen definiert (Absch. 2.1). Nachdem ein wesentlicher Grund für das Scheitern von MA-Projekten darin besteht, dass diese aus falschen Motiven durchgeführt werden, beschäftigt sich Abschnitt 2.2 mit den theo- retischen Erklärungsansätzen hierfür. Anschliessend wird die Durchführung von MA- Transaktionen (Absch. 2.3) und deren Erfolgsmessung erläutert (Absch. 2.4).
Hierauf aufbauend werden in Kapitel 3] die Grundlagen von Demergern herausgearbeitet. Nach der Begriffsklärung (Absch. 3.1) werden auch hier die relevanten theoretischen Erklä- rungsansätze beleuchtet (Absch. 3.2). Für Demerger lassen sich unterschiedliche Umset- zungskonzepte anwenden, die in Abschnitt 3.3 dargestellt werden und die Grundlage für das Management der konkreten Demerger-Abwicklung bilden (Absch. 3.4).
Um diese theoretischen Erkenntnisse auf Automobilhersteller anwenden zu können, wird in Kapitel 4 eine umfassende Branchenanalyse für Automobilhersteller vorgenommen. Nach der Begriffsklärung (Absch. 4.1) wird in Abschnitt 4.2 die weltweite Absatzentwicklung der OEMs dargestellt und dabei auch auf die unterschiedliche Bedeutung von Triade und Emer- ging Markets eingegangen. Anschliessend wird eine Branchenstrukturanalyse entsprechend Porters Modell der Five Forces durchgeführt, um Wettbewerbsintensität, Rentabilität und zu- künftige Herausforderungen in der Automobilindustrie ableiten zu können (Absch. 4.3). Die Konsequenzen hieraus werden in Abschnitt 4.4 zusammengefasst.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse der vorherigen Kapitel zu einer Synthese zusammenge- führt. Nach einer Erläuterung des methodischen Vorgehens (Absch. 5.1) beschäftigt sich Ab- schnitt 5.2 mit branchenspezifischen Begründungen für Demerger bei Automobilherstellern. Dabei werden die Korrektur fehlgeschlagener MA-Projekte (Absch. 5.2.1), Demerger auf- grund neuer strategischer Herausforderungen (Absch. 5.2.2) sowie Demerger zur Beschaffung von Kapital (Absch. 5.2.3) genauer analysiert. Abschnitt 5.3 beschäftigt sich mit der Auswahl eines geeigneten Umsetzungs-Konzepts. Anschliessend wird in Abschnitt 5.4 auf die konkrete Abwicklung von Demerger-Projekten bei Automobilherstellern eingegangen. Entsprechend der vorgestellten idealtypischen Struktur wird hier auf die Erfolgsfaktoren bei der Demerger- Analyse und -Konzeption (Absch. 5.4.1), der Demerger-Durchführung (Absch. 5.4.2) sowie dem Demerger-Controlling (Absch. 5.4.3) eingegangen. Aufgrund der Annahme, dass De- merger bei entsprechenden Herstellern auch in Zukunft auftreten werden, liegt der Schwer- punkt hier auf dem Demerger-Controlling. Dabei wird detailliert auf die Möglichkeiten der Prozess- und Ergebniskontrolle eingegangen, da hiermit die gemachten Erfahrungen bestmög- lich für zukünftige Projekte genutzt werden können.
Kapitel 6 widmet sich der Abspaltung der Chrysler Group aus der ehemaligen Daimler- Chrysler AG, um die dargestellten theoretischen Grundlagen an diesem Beispiel zu verdeutli- chen.
Die konzeptionellen und fallstudienbasierten Erkenntnisse werden in Kapitel 7 zusammenge- faßt und einer kritischen Würdigung unterzogen. In Abbildung 1 wird der Gang der Untersu- chung überblicksartig zusammenfasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Gang der Untersuchung
Quelle: Eigene Darstellung
2 Grundlagen von MA als theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Begriffsdefinition und Ausprägungsformen
Abgesehen von der Tatsache, dass Mergers Acquisitions im weitesten Sinne den Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen beschreiben, lässt sich in der Literatur keine vollstän- dig konsistente Begriffsdefinition finden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 23; Wirtz 2003, 10). Insbe- sondere die Abgrenzung der Begriffe „Mergers“ und „Acquisitions“ ist nicht eindeutig. Sie werden teilweise synomym verwendet (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 895). Gängig ist dage- gen die Differenzierung nach der Stärke des Eingriffs in die rechtliche Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen (vgl. Wirtz 2003, 10). Acquisitions werden dann beschrieben als der Kauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen, die nach der Übernahme als rechtlich selbständige Unternehmen im Konzernverbund weiter bestehen (vgl. Wirtz 2003, 15). Im Ge- gensatz dazu geht bei einem Merger mindestens ein beteiligtes Unternehmen in das überneh- mende Unternehmen über und verliert seine Selbständigkeit. Hierbei wird entweder eines der Unternehmen fortgeführt oder bei einer „Fusion durch Neubildung“ ein neues Unternehmen geschaffen, so dass die vorherigen Unternehmen nach der Vermögensübertragung erlöschen. Die Abwicklung kann dabei entweder als Share Deal durch die Übertragung von Gesell- schaftsanteilen, als Asset Deal durch die Veräußerung einzelner oder aller Wirtschaftsgüter oder als Kombination von beidem durchgeführt werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 24).
Im Hinblick auf die folgende Analyse von Demergern ist einerseits die Abgrenzung von MA-Transaktionen zu Finanztransaktionen aus Renditemotiven wichtig, da sich reine Fi- nanzbeteiligungen i.d.R. problemlos wieder veräußern lassen. Dementsprechend wird ange- nommen, dass MA-Transaktionen nicht nur eine Kapitalbeteiligung bedingen, sondern da- mit strategische Ziele verfolgt werden, die durch Eingriffe in das Management des übernom- menen Unternehmens umgesetzt werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 24). MA können also als Unternehmensverknüpfungen charakterisiert werden, bei denen die übernommenen Unter- nehmen ihre wirtschaftliche und fakultativ ihre rechtliche Selbständigkeit verlieren.
Die zweite wichtige Abgrenzung betrifft die Unterscheidung ggü. Unternehmenskooperatio- nen, zu denen Joint Ventures und strategische Allianzen zuzuordnen sind. Dabei arbeiten in strategischen Allianzen mehrere Unternehmen freiwillig auf Prjojektebene wirtschaftlich zu- sammen, wobei sie aber ihre rechtliche Selbständigkeit behalten (vgl. Becker, D. 2005, 54- 63). Bei einem Joint Venture gründen dagegen zwei oder mehrere Unternehmen i.d.R. eine gemeinsame aber organisatorisch losgelöste Tochterunternehmung (vgl. Lucks/Meckl 2002, 24-25). Beide Formen werden im Folgenden aber nicht näher betrachtet.
2.2 Theoretische Erklärungsansätze und Motive für MA
2.2.1 Erklärungsansätze auf gesamtwirtschaftlicher Ebene
Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene sind besonders die Transaktionskostentheorie und die dar- aus abgeleitete Internalisierungstheorie der Neuen Institutionenökonomik zur Erklärung von Mergers und Acquisitions relevant (vgl. zum Überblick Ebers/Gotsch 2006, 277-305).
Aus der Transaktionskostentheorie lassen sich Handlungsempfehlungen ableiten, wann be- stimmte Transaktionen innerhalb des Unternehmens abgewickelt werden sollten, wann sie über den Markt abgewickelt werden sollten und wann Zwischenlösungen sinnvoll sind (vgl. Erlei/Leschke/Sauerland 2007, 175). Als Transaktion wird die Aneignung und Übertragung von Verfügungsrechten zwischen Wirtschaftssubjekten definiert, die durch die Eigenschaften Transaktionsspezifität, Unsicherheit und Häufigkeit charakterisiert werden kann (vgl. Meckl 2006, 72). Transaktionskosten entstehen hierbei bei der Anbahnung und Abwicklung dieser Verfügungsrechte und lassen sich in fünf Kategorien einteilen. Zunächst enstehen (1) Such- und Informationskosten durch die Suche nach geeigneten Transaktionspartnern und Informa- tionen über Preise, Qualität und Produktionskosten anderer Anbieter. Anschliessend entstehen durch Vertragsverhandlungen und die Entscheidungsfindung im Unternehmen (2) Verhand- lungs- und Vertragskosten. Nach Vertragsabschluss fallen (3) Überwachungskosten an, um die Einhaltung der Vertragsvereinbarungen zu kontrollieren. Außerdem können (4) Konflikt- und Durchsetzungskosten entstehen, falls die Erbringung der vertraglich vereinbarten Leis- tungen erst durch die Hilfe von Sanktionen, Schlichtungsverfahren oder Gerichten durchge- setzt werden können. Anpassungskosten (5) können anfallen, wenn die Vertragsvereinbarun- gen nachträglich geändert werden müssen. Der Transaktionskostentheorie liegen insbesondere die Verhaltensannahmen der begrenzten Rationalität und des Opportunismus der Akteure zu Grunde. Verträge können so nicht vollständig geschlossen werden und ex post auftretende Lücken werden auf Kosten des Transaktionspartners ausgenutzt. Dadurch erlangen besonders die nach Vertragsschluss anfallenden Kosten eine hohe Bedeutung. Ziel ist es daher, das insti- tutionelle Arrangement mit den geringsten Transaktionskosten zu wählen (vgl. Ebers/Gotsch 2006, 277-280).
Im Rahmen der Internalisierungstheorie sollten Unternehmen Transaktionen dann innerhalb der eigenen Organisation durchführen, wenn die Faktoren „transaktionsspezifische Investitio- nen“ und „Unsicherheit“ stark ausgeprägt sind und je kleiner die Transaktionshäufigkeit ist. Die Transaktionskosten bei der Abwicklung über den Marktmechanismus sind dann beson- ders hoch (vgl. Meckl 2006, 72-76). Diese Überlegungen können auch auf MA übertragen werden, da besonders vertikale Unternehmenszusammenschlüsse auf aufeinander folgenden Wertschöpfungsstufen eine Möglichkeit darstellen, Transaktionen durch Internalisierung im eigenen Unternehmen abzuwickeln (vgl. Wirtz 2003, 28).
Lucks/Meckl beschreiben MA aus gesamtwirtschaftlicher Sicht als Reallokation von Res- sourcen auf einem Markt für Unternehmenskäufe und -verkäufe. Bei Überlegenheit des Marktmechanismus und unter der Bedingung, dass die durch die beteiligten Unternehmen bedienten Gütermärkte nicht beeinträchtigt werden, können Unternehmenszusammenschlüsse als effizienzerhöhendes Instrument bei der Verteilung von Kapital eingestuft werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 5-6).
2.2.2 Erklärungsansätze auf einzelwirtschaftlicher Ebene
In der Literatur lässt sich eine Vielzahl einzelwirtschaftlicher Motive für die Durchführung von Mergers Acqisitions finden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 5-11; Kummer 2005, 30-47). Wirtz unterscheidet hierbei strategische und portfoliotheoretische Erklärungsansätze. MA werden als eine Möglichkeit gesehen, schnell in einen attraktiven Markt einzutreten und durch Größenvorteile die Strategie der Kostenführerschaft umzusetzen bzw. durch Akquisition eines differenzierten Unternehmens selbst zum Qualitätsführer zu werden. Außerdem können durch MA Unternehmen mit einer attraktiven Ressourcenbasis erworben und so Wettbewerbsvor- teile generiert werden (vgl. Wirtz 2003, 35-43). Im Rahmen der Portfoliotheorie bieten MA die Möglichkeit zur Risikodiversifikation und damit zur Reduzierung des unsystematischen Risikos (vgl. Wirtz 2003, 50-53; zur Portfoliotheorie: Brealy/Myers/Allen 2006, 155-167).
Kummer konkretisiert die Erklärungsansätze für MA und unterscheidet dabei zwischen effi- zienz- und managementorientierten Ansätzen. Dabei sind managementorientierte Ansätze zu den nicht-ökonomischen Auslösern zuzuordnen. Als effizienzorientierte Ansätze beschreibt er neben der Einsparung von Transaktionskosten: (1) operative und finanzielle Synergiepoten- ziale, (2) mangelnde Managementeffizienz des Zielunternehmens, (3) Überbewertung des akquirierenden Unternehmens bzw. Unterbewertung des akquirierten Unternehmens, (4) Risi- kodiversifikation, (5) Wettbewerb und Marktmacht sowie (6) die Ausnutzung von Steuervor- teilen als Gründe für die Durchführung von MA (vgl. Kummer 2005, 30-36).
2.2.3 Nicht-ökonomische Gründe als Auslöser für MA
Neben den genannten ökonomischen Motiven werden in der Literatur auch die Eigeninteres- sen des Managements als Auslöser für MA diskutiert, die entsprechend der Prinzipal-Agent- Theorie auf Interessengegensätzen von Management und Anteilseignern beruhen (vgl. Wirtz 2005, 69; zur Prinzipal-Agent-Problematik Erlei/Leschke/Sauerland 2007, 103-188). Ziel der MA-Transaktionen ist dann nicht mehr die Steigerung des Unternehmenswertes sondern die Steigerung des Nutzens für das Management. In diesem Zusammenhang werden (1) die Impe- riumstheorie, (2) die Wettspieltheorie, (3) die Free-Cashflow-Theorie, (4) die Hybris-Theorie sowie (5) die Risikotheorie diskutiert (vgl. El-Aridi 2007, 37-40).
Nach der Empire-Building-Theorie ist das Management vorrangig an der Steigerung der Un- ternehmensgröße interessiert, da diese auch maßgeblich für die Höhe der Entlohnung ist. Da- her kann das Management auch daran interessiert sein, unrentable MA-Transaktionen durchzuführen (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 304-305).
Im Rahmen der Wettspieltheorie sind MA mit Wetten vergleichbar, die das Management mit dem Eigenkapital der Aktionäre durchführen. Die Manager seien daher risikofreudiger als die Eigentümer und würden auch Transaktionen mit nur geringen Erfolgschancen durchführen (El Aridi 2007, 38).
Der Risikotheorie liegt dagegen die Annahme zu Grunde, dass Manager risikoaverser seien als die Eigentümer. Sie entspricht der oben angesprochenen Portfoliotheorie (vgl. Absch. 2.3.2). Demnach sinkt durch die durch MA bewirkte Risikostreuung auch das persönliche Risiko des Managements, beispielsweise bei schlechter Konjunkturlage den Arbeitsplatz zu verlieren. Generell bietet die Risikodiversifizierung auf Unternehmensebene aber keine Vor- teile für die Aktionäre des Unternehmens, da diese unter der Annahme funktionierender Kapi- talmärkte selber in der Lage sind, das unsystematische Risiko transaktionskostenminimal durch die Zusammenstellung eines diversifizierten Aktienportfolios zu eliminieren (vgl. Ach- leitner/Wahl 2003, 78-84). Nach El-Aridi werden diversifizierte Unternehmen deshalb an Kapitalmärkten häufig mit einem sogenannten „conglomerate discount“ belegt, da diese Stra- tegie als wenig erfolgreich gilt (2007, 40).
Die Free-Cash-Flow-Theorie geht davon aus, dass Manager freie Cash-Flows lieber selber reinvestieren als sie im Rahmen von Aktienrückkäufen oder Dividendenzahlungen den Eigen- tümern zukommen zu lassen und dabei auch MA durchführen, deren Rendite unterhalb der Kapitalkosten liegt. Hierbei liegt ebenfalls die Annahme zu Grunde, dass Manager durch die Vergrößerung des Unternehmens sowohl ihre Macht- als auch ihre Einkommenssituation ver- bessern (vgl. Jansen 2001, 83).
Laut der Hybris-Theorie von Roll müssen Akquisitionspreise, die oberhalb des an der Börse gehandelten Marktwertes des übernommenen Unternehmens liegen, durch eine Selbstüber- schätzung des Managements begründet sein. Unter der Prämisse der strengen Kapitalmarktef- fizienz muss eine korrekte Bewertung des Zielunternehmens zum gleichen Ergebnis kommen wie der Kapitalmarkt, da alle bewertungsrelevanten Informationen bereits im Kurs berück- sichtigt sind (vgl. Roll 1986, 197). Wirtz weist hierbei auf Problematik dieser Theorie auf- grund der umstrittenen Annahme der strengen Kapitalmarkteffizienz hin (vgl. 2003, 70). Oh- ne Kontext zur Theorie effizienter Märkte wird Hybris allerdings auch als Grund für Unter- nehmensübernahmen diskutiert. So ist es denkbar, dass das Management Synergiepotenziale und seine Integrationsfähigkeiten überschätzt und deshalb einen überhöhten Kaufpreis für das Zielunternehmen bezahlt (vgl. Vogel 2002, 41-42).
Vogel nennt weitere persönliche Motive des Managements. So können MA-Transaktionen bei schlechter Geschäftslage als Überlebensmaßnahme fungieren, um die stillen Reserven des Zielunternehmens zu realisieren. MA können außerdem zu bilanzpolitischen Zwecken ver- wendet werden, um zu einem günstigeren Ergebnisausweis zu gelangen. Weiterhin nennt er den „Point-of-no-return“-Effekt. Hierbei wird ein Unternehmenszusammenschluss durchge- führt, obwohl er sich während der Transaktionsabwicklung als nicht vorteilhaft herausstellt, um einen möglichen Gesichtsverlust der beteiligten Personen zu vermeiden (vgl. Vogel 2002, 41-43).
2.3 Durchführung von MA-Transaktionen
2.3.1 Prozessuale Struktur von MA Transaktionen
Die Durchführung von MA lässt sich entlang eines Prozesses beschreiben. Dabei kann eine Unterteilung in Vorfeld, Transaktion und Integration vorgenommen werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 53-54). Die Inhalte der einzelnen Phasen sind dabei integrativ und iterativ und daher nicht als chronologische Abfolge zu sehen (vgl. Jansen 2001, 164; Vogel 2002, 113). Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, dass die inhaltliche Abgrenzung der einzelnen Phasen in der Literatur uneitheitlich ist (vgl. u.a. Achleitner 2001, 153; Wirtz 2003, 107). Im Folgenden wird die Einteilung von Lucks/Meckl zur Beschreibung des MA-Prozesses ver- wendet (vgl. 2002, 54). Sie machen aber darauf aufmerksam, dass diese Einteilung für eine detaillierte Ableitung von Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen nicht ausreichend ist. Hierfür ist einerseits die Verwendung eines niedrigeren Aggregationsniveaus notwendig. An- dererseits müssen die Bestandteile der MA Transaktion in Kern- und Unterstützungsprozes- se hierarchisiert werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 51-60). Ziel ist es hierbei, wesentliche Auf- gaben und Stellhebel für den Gesamterfolg der Transaktion zu identifizieren und in den Mit- telpunkt der Betrachtung zu rücken. Da die Darstellung des MA Prozesses aber im Rahmen dieser Arbeit nur als theoretischer Bezugsrahmen zur Einordnung in den Kontext von Demer- gern dient, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die wichtigsten Inhalte der drei genannten Phasen. Abbildung 2 zeigt den idealtypischen Ablauf eines MA-Projekts.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Phasen eines MA-Projekts
Quelle: Lucks/Meckl 2002, 54
2.3.2 Vorfeldphase
Das Ziel der Vorfeldphase ist zunächst die Ableitung einer Basisstrategie. Hierbei werden geplante MA daraufhin bewertet, ob sie einen Beitrag zum Erreichen der strategischen Un- ternehmensziele liefern und welche konkreten Ziele mit einer Akquisition verfolgt werden. Im Anschluss daran wird beim Screening das Wettbewerbs- und Akquisitionsumfeld analysiert, um geeignete Zielunternehmen zu ermitteln (vgl. Lucks/Meckl 2002, 76; El-Aridi 2007, 96). Im Rahmen der Vorfeldphase wird auch die Analyse der geplanten Synergien und Restruktu- rierungspotenziale durchgeführt sowie eine vorläufige Unternehmensbewertung vorgenom- men (vgl. Liebler 2006, 526). Den Abschluss der Vorfeldphase bildet die Unterzeichnung von Vorverträgen mit dem Zielunternehmen (vgl. Lucks/Meckl 2002, 91).
2.3.3 Transaktionsphase
Die Transaktionsphase bezeichnet die eigentliche Abwicklung des MA-Projektes. Hierbei sollte zunächst eine umfassende Due Diligence durchgeführt werden, um entscheidungsrele- vante Tatbestände und eventuelle Risiken zu identifizieren (vgl. Achleitner 2001, 177). Falls hier keine Tatbestände auftreten, die den Abbruch der Transaktion erforderlich machen, er- folgt dann die Erstellung eines Pre-Closing-Integration-Plans, der die zukünftige Organisati- onsstruktur festlegt (vgl. Lucks/Meckl 2002, 111) und die Detailbewertung des Zielunterneh- mens (vgl. Lucks/Meckl 2002, 175-193). Die Detailbewertung liefert hierbei die Grundlage für die Kaufpreisverhandlungen und den Vertragsschluss beider Parteien unter Berücksichti- gung eventueller kartellrechtlicher Auflagen. Das Closing bezeichnet den Übergang von Leis- tungsgewalt und unternehmerischer Verantwortung auf das Käuferunternehmen und schließt die Transaktionsphase ab (vgl. Wirtz 2003, 109-110).
2.3.4 Integrationsphase
In der Integrationsphase werden die strukturelle Verbindung der beteiligten Unternehmen sowie die Ausrichtung des Personals auf das veränderte Unternehmensumfeld durchgeführt (vgl. Seidenschwarz 2006, 33). Die Realisierung von externem Wachstum und Synergien er- folgt erst in dieser Phase (vgl. Jansen 2001, 227). Dabei haben Gerds/Schewe in einer Studie über Erfolgsfaktoren bei der Post-Merger-Integration eine Misserfolgsquote von 62% bei der Integration nach MA ermittelt (vgl. 2001, 25). Voraussetzung für eine erfolgreiche Integra- tion ist die Interaktion zwischen den Mitarbeiterstämmen der beteiligten Unternehmen (vgl. Lucks/Meckl 2002, 140). Daher bilden der Post-Closing-Integration-Plan mit der Festlegung der personalwirtschaftlichen Einzelmaßnahmen, deren Umsetzung sowie das Management des kulturellen Wandels den Schwerpunkt der Integrationsphase (vgl. Lucks/Meckl 2002, 141- 154). Zusätzlich sollte die organisatorische und rechtliche Umsetzung möglichst schnell durchgeführt werden, um Synergien in den Funktionalbereichen zügig zu realisieren, bzw. die Opportunitätskosten der unveränderten Ressourcennutzung gering zu halten (vgl. Lucks/Meckl, 120-130). Bei der Zielverfolgung müssen die realisierten Ist-Werte mit den Zielen der Unternehmensbewertung und Restrukturierungs- und Synergieanalyse abgeglichen werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 193). Falls die strategischen Vorgaben der Integration nicht erreicht werden, kann eine Folgerestrukturierung notwendig werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, 130-131). Hierbei werden die wesentlichen Aspekte des MA-Projekts nochmals analysiert und die vor der Transaktion gesetzten Prämissen kontrolliert, um anhand aktueller Informa- tionen und Erfahrungen neue Pläne zu formulieren. Dies kann auch bedeuten, die Integrati- onsbemühungen für gescheitert zu erklären und den übernommenen Unternehmensteil durch einen Demerger wieder abzuspalten.
2.4 Erfolgsmessung bei MA
Bei der Entscheidung, ob eine durchgeführte MA-Transaktion im Rahmen eines Demergers wieder rückgängig gemacht werden soll, kommt der Erfolgsbeurteilung von Unternehmenszu- sammenschlüssen eine entscheidende Bedeutung zu. Erfolg kann hierbei definiert werden als „Grad der Zielerreichung […], der mit der gewählten Handlungsalternative […] während ei- nes bestimmten Zeitraums erreicht wurde“ (Wirtz 2003, 273). Die Erfolgsmessung von MA-Projekten ist dabei insbesondere aufgrund von Zielkonflikten zwischen den verschie- denen Anspruchsgruppen der Unternehmen und des zu wählenden Zeithorizontes problema- tisch (vgl. Boeh/Beamish 2007, 47-48). Zusätzlich ist es schwierig, eine geeignete Ver- gleichsgrundlage für die Messung zu finden, da nicht beobachtet werden kann, wie sich die entsprechenden Unternehmen ohne MA entwickelt hätten (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 897). Generell identifiziert Gerpott diesbezüglich vier Hauptproblemfelder (1) Dimensionali- tät des MA-Erfolgs, (2) Wahl eines geeigneten Erfolgskonzeptes, (3) Zeitpunkt und Zeit- raum der Erfassung des Erfolgs und (4) Bezugspunkt und Maßstäbe der Erfolgsmessung (vgl. 1993, 189). Da diese Problemfelder in ähnlicher Form bei der Messung des Demerger-Erfolgs auftreten, erfolgt eine detaillierte Beschreibung an dieser Stelle (vgl. Absch. 3.4.4).
3 Theoretische Grundlagen Demerger
3.1 Begriffsdefinitionen
Der Begriff „Demerger“ nimmt unmittelbar Bezug auf die Bezeichnung „Merger“. Cascorbi definiert Demerger dabei nicht als gegenläufigen Prozess eines vorausgegangenen Unterneh- menszusammeschlusses. Stattdessen stellt sie die Spaltung eines Unternehmens in mehrere selbständige Unternehmensteile als wesentliches Merkmal hervor und stellt auf die Desinteg- ration der einzelnen Teile ab. Dieser Begriff sei bzgl. der Unternehmenshistorie und -zukunft neutral. Er setze daher weder eine vorangegangene Integration voraus noch schließe er zu- künftige erneute Integrationen aus (vgl. Cascorbi 2003, 8-9). Wirtz weist dagegen ausdrück- lich auf vorangegangene MA-Aktivitäten als konstituierendes Kriterium des Demergers hin. Er kritisiert hier allerdings einerseits die mangelnde praktische Umsetzbarkeit. Im Unterneh- mensalltag finden sich demnach kaum Transaktionen, bei denen der ursprüngliche Zustand exakt wieder hergestellt werden kann. Andererseits stellt er bei der Definition des Demerger- begriffes auch auf strategische oder finanzielle Ziele der Ausgliederung oder Abspaltung ab und nimmt damit eine Abgrenzung ggü. Definitionen als rein reaktive Maßnahmen ohne Ziel- bezug vor. Gleichzeitig weist er auf die inhaltliche Nähe zu Desinvestitionen hin (vgl. Wirtz 2003, 410-411). Diese werden nach Jansen definiert als „… vollständige oder bedeutende Reduzierung des wirtschaftlichen Eigentumsanteils einer Unternehmung an einem aktiven Betrieb oder einer aktiven Tochtergesellschaft, die sich im Mehrheitsbesitz der Unternehmung befindet und keine Finanzinvestition darstellt, durch den Verkauf an eine nicht verbundene Unternehmung“ (1986, 32). Unter einem Demerger ist demnach die Desinvestition eines vor- her im Rahmen einer MA-Transaktion in das Unternehmen integrierten Unternehmensteils zu verstehen. Diese Definition ist gerade im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand die- ser Arbeit sinnvoll, da die hier untersuchten Transaktionen bei Automobilherstellern sowohl auf vorangegangen MA-Aktivitäten beruhen als auch auf der Verfolgung strategischer und finanzieller Ziele basieren.
Im Folgenden werden zunächst theoretische Erklärungsansätze für die Durchführung von Demergern erläutert und mögliche Umsetzungskonzepte von Demergern charakterisiert. Dar- auf aufbauend wird ein idealtypischer Ablauf für die Durchführung von Demerger- Transaktionen dargestellt und kritische Erfolgsfaktoren für die Demerger-Analyse und -Konzeption, die Demerger-Durchführung und das notwendige Prozess- und Ergebniscontrol- ling dargestellt.
3.2 Theoretische Erklärungsansätze und Motive für Demerger
3.2.1 Systematisierung der Erklärungsansätze und Motive
In der Literatur finden sich heterogene theoretische Erklärungsansätze und Motive für den Verkauf oder die Spaltung von Unternehmen, die nach unterschiedlichen Kriterien systemati- siert sind (vgl. u.a. Achleitner/Wahl 2003, 47-114; Brüggerhoff 1992, 65-78). So unterschei- den Böllhoff/Brast/Grüger zunächst zwischen internen und externen Motiven. Interne Motive gliedern sich dabei in mutter- und objektspezifische Gründe. Bei externen Motiven werden konkurrenz-/marktbedingte sowie umweltbedingt/unfreiwillige Motive unterschieden (vgl. Böllhoff/Brast/Grüger 2007, 25-26).
Da es sich bei MA-Transaktionen und Demergern um „zwei Seiten derselben Medaille“ (Cascorbi 2003, 2) handelt, lassen sich Demerger spiegelbildlich betrachtet auch auf theoreti- sche Erklärungsansätze und Motive im gesamt- und einzelwirtschaftlichen Bereich zurückfüh- ren. Dagegen sind nicht-ökonomische Motive eher Untenrnehmensübernahmen zuzuordnen und wirken sich auf der Verkäuferseite vor allem durch die Erzielung eines überhöhten Kauf- preises aus (vgl. Abschn. 2.3.3). Die gesamt- und einzelwirtschaftlichen Erklärungsansätze werden daher im Folgenden unter Rückgriff auf die Struktur aus Abschnitt 2.3 erläutert.
3.2.2 Gesamtwirtschaftliche Erklärungsansätze
Aus institutionenökonomischer Sicht ist es möglich, dass sich die Transaktionskosten für den Bezug eines Gutes bzw. einer Dienstleistung im Zeitablauf ändern. Dabei kann jede Verände- rung der Transaktionsunsicherheit, -spezifität und -häufigkeit Auswirkungen auf die Vorteil- haftigkeit der jeweils gewählten Alternative aus Markt oder Hierarchie haben (vgl. Abschn. 2.3.1). Wenn beispielsweise die Informationskosten für den Bezug eines bisher unterneh- mensintern hergestellten Gutes durch die zunehmende Verbreitung des Internet oder globaler Zertifizierungsstandards sinken, kann es ökonomisch sinnvoll sein, dieses Gut zukünftig über den Markt zu beziehen. Der betreffende Unternehmensbereich kann dann durch einen Demer- ger ausgegliedert werden.
3.2.3 Einzelwirtschaftliche Erklärungsansätze und Motive
Wie bei Mergers and Acquistions liegen auch bei Demergern die wesentlichen Gründe im einzelwirtschaftlichen Bereich. Während die Steigerung der Unternehmensgröße – und damit auch externes Wachstum durch MA – normalerweise zu den permanenten strategischen Zielen eines Unternehmens gehört, werden Desinvestitionen normalerweise nur bei Vorliegen bestimmter Auslösefaktoren durchgeführt (vgl. Brüggerhoff 1992, 79-83). Dies dürfte u.a. darauf zurückzuführen sein, dass Demerger in der Unternehmenspraxis als Eingeständnis ei- nes Misserfolgs gelten (vgl. Eckert 2005, 106). Cascorbi analysierte elf empirische Studien über die Gründe von Unternehmensspaltungen und Desinvestitionen aus dem Zeitraum von 1974 bis 1997. Daraus leitet sie sechs Desintegrationsmotive ab (vgl. Cascorbi 2003, 30-51):
(1) Fokussierung, (2) schlechte Leistung von Mutterunternehmen bzw. Teileinheit, (3) Kapi- talbedarf der Teileinheit, (4) Wettbewerb, (5) regulative Gründe sowie (6) Abwehr feindli- cher Übernahmen und höhere Bewertung.
(1) Fokussierung wird in der Literatur als einer der Hauptgründe für Demerger-Aktivitäten genannt (vgl. u.a. Achleitner/Wahl 2003, 58-64; Jansen 1986, 107-115). Wesentlich ist hier- bei die Auflösung von Konglomeraten, die hauptsächlich in den 1970er und 1980er-Jahren entstanden sind. Hauptmotiv der Unternehmen war die Risikoreduktion durch Diversifikation sowie ineffeziente Kapitalmärkte in den 1960er und 1970er-Jahren, die es kleineren Unter- nehmen schwer machten, ihre Finanzbedarfe zu decken. Aktuell werden stark diversifizierte Unternehmen dagegen mit Abschlägen auf den Kapitalmärkten bestraft. Blumers stellt fest, dass dieser sogenannte „conglomerate discount“ bis zu 15% des Unternehmenswertes betra- gen kann (vgl. 2000, 589). Gleichzeitig spielen hier auch die Kosten für die Verwaltung von Konglomeraten eine Rolle. Diese Kosten entstehen vor allem, wenn verschiedene Bereiche im Unternehmen unterschiedliche Strategien und Geschäftsmodelle verfolgen (vgl. Kirchmaier 2006, 1268-1269). Haupttreiber dieser Kosten sind aufwändige Koordinationsstrukturen und lange Entscheidungswege. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Qualität der Entschei- dungen der Tochteruntenehmen aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit des Konzernmanage- ments leidet (vgl. Böllhoff/Brast/Grüger 2007, 25-26). Cascorbi weist darauf hin, dass sich die Strategie der Rückbildung von Konglomeraten weniger in der Herauslösung von nicht zum Stammgeschäft passender Einheiten niederschlägt als in der Rückgängigmachung vorhe- riger Fehlakquisitionen, bei denen die geplanten Synergien nicht realisiert werden konnten. Dabei ist aus empirischer Sicht die Wertgenerierung bei Demergern von Unternehmensteilen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, höher als bei der Desinvestition von Kerngeschäftsfel- dern (vgl. Cascorbi 2003, 33-39). Außerdem ist es möglich, dass Demerger im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung stattfinden. Dabei werden Unternehmensteile ausgegliedert, die aufgrund geänderter Unternehmensziele nicht mehr zu den Kernaktivitäten zählen, um sich auf Bereiche mit höheren Erfolgspotenzialen konzentrieren zu können (vgl. Achleitner/Wahl 2003, 94-96).
(2) Während Demerger aufgrund einer Fokussierung als strategische, also proaktiv getroffene Entscheidung des Unternehmens klassifiziert werden können, sind Unternehmensspaltungen aufgrund schlechter Ergebnisse der Mutter- oder Tochtergesellschaft i.d.R. reaktive Maßnah- men (vgl. Cascorbi 2003, 40-41). Dabei zählen nach Cascorbi schlechte Ergebnisse des Tran- saktionsobjekts zu den am häufigsten genannten Transaktionsgründen (vgl. 2003, 40-41). Ziel ist hierbei einerseits die Trennung von Unternehmensteilen, deren schlechte operative Ergeb- nisse zu einer nachhaltigen Belastung von Ergebnis und Eigenkapital des Gesamtunterneh- mens führen. Bei Krisenunternehmen geht es andererseits darum, durch den Verkauf eines Unternehmensteils schnell Liquidität zu erzeugen und damit die Bilanz zu stärken (vgl. Eckert 2005, 107-108).
(3) Auch der hohe Ressourcenbedarf des auszugliedernden Unternehmensteils kann Auslöser für die Desinvestition sein. Dabei ist es denkbar, dass auch Bereiche mit positiven Zukunfts- aussichten ausgegliedert werden, weil die Gesamtunternehmung nicht in der Lage ist, ausrei- chend Kapital und Managementressourcen für alle Teilbereiche zur Verfügung zu stellen (vgl. Cascorbi 2003, 41-44). Beispielsweise ist es durch einen Spin-Off in dieser Situation möglich, dem Tochterunternehmen die notwendigen finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und seine Kapitalstruktur zu verbessern. Falls der Demerger dagegen durch einen Sell-Off durchgeführt wird, kann das Mutterunternehmen den Verkauferlös zur Schuldentilgung ein- setzen oder aber damit weiteres Wachstum finanzieren. Cascorbi stellt eine Verbesserung der Kapitalstruktur des Mutterunternehmens aber auch fest, wenn eine Demergervariante gewählt wird, bei der dem Ursprungsunternehmen keine Liquidität zufließt. Sie begründet dies durch die Übertragung von Verbindlichkeiten auf das Desinvestitionsobjekt bzw. das Belassen von Kapital beim Ursprungsunternehmen sowie durch Kapitalerhöhungen, die zur Finanzierung der Restrukturierungskosten durchgeführt werden (vgl. Cascorbi 2003, 42-43; zu den Demer- ger-Umsetzungskonzepten vgl. den folgenden Absch. 3.3).
(4) Neben den genannten Motiven, die auf unternehmensinterne Faktoren bei der Mutterge- sellschaft, bzw. der auszugliedernden Einheit zu finden sind, können auch Umwelteinflüsse Demerger auslösen. So kann es für das Gesamtunternehmen sinnvoll sein, Unternehmensbe- reiche auszugliedern, deren Kernkompetenz in Bereichen mit geringen Wachstumsaussichten liegen. Diese können einerseits vorliegen, wenn der Teilbereich in reifen Branchen mit hohen strukturellen Überkapazitäten angesiedelt ist. Außerdem können sich die Wettbewerbsbedin- gungen durch die gesamtwirtschaftliche Lage ändern und so zu Restrukturierungs- und Ab- spaltungsmaßnahmen führen (vgl. Cascorbi 2003, 44-45).
(5) Die Abspaltung nicht zum Kerngeschäft gehörender Unternehmensteile und die damit verbundene Fokussierung kann auch eine Maßnahme zur Erhöhung der Börsenbewertung und zur Abwehr feindlicher Übernahmen darstellen. Die oben erwähnten Bewertungsabschläge bei stark diversifizierten Unternehmen können dazu führen, dass diese für fremde Investoren attraktiv werden. Durch die Aufspaltung des Unternehmens in seine operativen Teilbereiche soll diese Bewertungslücke realisiert und damit das Interesse sogenannter „Raiders“ an einer feindlichen Übernahme verringert werden (vgl. Cascorbi 2003, 46-47).
(6) Regulative Einflüsse können Demerger sowohl erzwingen als auch durch bestimmte An- reize zu einer freiwilligen Unternehmensteilung führen. Erzwungene Unternehmensspaltun- gen entstehen i.d.R. aufgrund staatlicher Auflagen durch die Wettbewerbsbehörden, um mark- tbeherrschende Positionen aufzulösen oder bei der Überführung von Staatsunternehmen in die Privatwirtschaft. Zusätzlich können sich aus Änderungen des Bilanz- und Steuerrechts Ein- fluss auf Demerger-Entscheidungen ergeben. Als weitere regulative Gründe für Demerger nennt Cascorbi die Tarifvertrags- und Verbandsflucht, bei der tarifvertragliche Regelungen durch die Unterschreitung von Mindestbetriebsgrößen umgangen werden, sowie die Verlage- rung von Risiken, beispielsweise um das Produkthaftungsrisiko zu senken (vgl. Cascorbi 2003, 48-51).
3.3 Konzepte zur Umsetzung von Demergern
Die Teilung von Unternehmen findet in der unternehmerischen Praxis in unterschiedlichen Formen statt (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 910-915). Grundlegend ist hierbei, ob der Ge- schäftsbetrieb der entsprechenden Unternehmenseinheiten nach dem Demerger aufgegeben oder beibehalten wird (vgl. Böllhoff/Brast/Grüger 2007, 23). Im Falle der Fortführung werden in der Literatur unterschiedliche Umsetzungskonzepte anhand verschiedener Charakteristika abgegrenzt. Zum Beispiel beschreibt DePamphilis in diesem Zusammenhang die Ausprägun- gen „Divestitures“, „Equity Carve-Outs/IPOs“, „Spin-Offs“, „Split-Ups“, „Split-Offs“ und „Tracking Stocks“ (vgl. 2005, 528). In der deutschsprachigen Literatur werden i.d.R. die glei- chen Begriffe verwendet, wobei anstelle des Begriffs “Divestiture” normalerweise der Begriff “Sell-Off” synomym verwendet wird (vgl. u.a. Bartsch 2005, 33-34; Sievers 2006, 133). Die- se Konzepte werden im Folgenden genauer erläutert. Abbildung 3 zeigt die verschiedenen Demerger-Instrumente in Abhängigkeit vom Käufer.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Demerger-Umsetzungskonzepte
Quelle: In Anlehnung an Weiher (1996), S.28
Bei einem Sell-Off wird der entsprechende Unternehmensteil an unternehmensexterne Käufer wie andere Unternehmen oder institutionelle Investoren verkauft (vgl. Bartsch 2005, 33). Da- bei erfolgt die Veräußerung nicht an der Börse, sondern wird zwischen den Parteien ausge- handelt (vgl. Cascorbi 2003, 17). Analog zur Akquisition können hierbei entweder Vermö- gensgegenstände oder Anteile an einer Tochtergesellschaft übertragen werden (vgl. Sievers 2006, 133). Abhängig davon, wie hoch der Anteil der veräußerten Anteile oder Vermögens- gegenstände ist, können nach dem Sell-Off noch juristische und wirtschaftliche Verbindungen zwischen verkaufter Einheit und ursprünglichem Unternehmen bestehen (Bartsch 2005, 34- 35). Wirtz geht aber davon aus, dass dieser Anteil regelmäßig 100 Prozent beträgt und damit auch keine Verflechtungen mehr bestehen (vgl. 2003, 416). Falls die Begleichung des Kauf- preises durch Bargeld erfolgt, kommt es zu einem Liquiditätszufluss an das ursprüngliche Unternehmen (vgl. Wirtz 2003, 434). Der Verkauf kann aber auch gegen Wertschriften, Ak- tien oder die Übernahme bestehender Schulden erfolgen (vgl. Sievers 2006, 133).
Der entscheidende Unterschied des Management Buy-Out (MBO) gegenüber dem Sell-Off ist, dass der betroffene Unternehmensteil an verantwortliche leitende Angestellte verkauft wird (vgl. Wirtz 2003, 415). Um das notwendige Finanzierungsvolumen aufzubringen, kön- nen Aktiva und zukünftige Cash-Flows des Akquisitionsobjektes beliehen werden (vgl. Cas- corbi 2003, 18-19). Bei der Klassifikation als MBO wird nicht auf die tatsächliche Beteili- gungsquote des Managements abgestellt, solange das Management die Anteilsmehrheit oder wesentliche Teile der Betriebsgrundlage übernimmt, bzw. der Demerger von einer Investo- rengruppe unter maßgeblicher Beteiligung des Managements erfolgt (vgl. Thissen 2000, 18- 19). Wichtiger ist die faktische Vereinheitlichung von Unternehmensleitung und Kontrolle (vgl. Sievers 2006, 136). Dieses stellt auch eine Begründung für die Wahl des MBOs als De- mergervariante dar. Die eigene Beteiligung des Managements am Unternehmen soll Agency- Probleme auflösen und die Motivation des Managements erhöhen. Hierdurch sollen Effi- zienzgewinne erzielt werden (vgl. Jacoby 2000, 2).
Der Begriff Spin-Off bezeichnet die Neugründung eines selbständigen Unternehmens, in dem bestimmte Geschäftseinheiten und Vermögensgegenstände aus dem Mutterunternehmen he- rausgelöst werden. Die Anteile des neuen Unternehmens werden hierbei an die Eigentümer des Mutterunternehmens übertragen (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 910). Die Verfügungs- rechte am neuen Unternehmen wechseln damit vom Mutterunternehmen selbst auf deren An- teilseigner. Dabei fließt weder dem Mutterunternehmen noch dem neuen Unternehmen Kapi- tal zu (vgl. Weiher 1996, 26). Brealy/Myers/Allen merken aber an, dass Spin-Offs i.d.R. den Shareholder Value erhöhen. Sie begründen dies einerseits mit der dadurch erhöhten Wahl- möglichkeit der Aktionäre. Außerdem können Wert und Leistung der Einheit besser über- wacht werden, Manager einfacher leistungsabhängig bezahlt und überschüssige Finanzmittel nicht dazu verwendet werden, um unprofitable Unternehmensteile zu subventionieren (vgl. Brealy/Myers/Allen 2006, 911-912).
Im Gegensatz dazu ist ein Split-Off die Abspaltung eines Unternehmensteils, bei dem die An- teile am neuen Unternehmen nicht als Sonderdividende an die bisherigen Anteilseigner ausge- schüttet, sondern von ihnen gegen Aktien der Muttergesellschaft getauscht werden können, wodurch sich die Anzahl ausstehender Aktien des Mutterunternehmens reduziert (vgl. De- Pamphilis 2005, 526).
Ein Split-Up bezeichnet die Aufspaltung des Mutterunternehmens in seine Tochtergesell- schaften (vgl. DePamphilis 2005, 519). Im Gegensatz zum Split-Off wird hierbei allerdings das Mutterunternehmen liquidiert und ist als solches nicht mehr am Markt präsent (vgl. Wirtz 2003, 425-427). Cascorbi stellt allerdings fest, dass Split-Ups in der Praxis aufgrund hoher Übertragungs- und Liquididationskosten nur selten vorkommen (vgl. 2003, 20).
Tracking Stocks werden auch als „Geschäftsbereichsaktien“ bezeichnet (vgl. Sievers 2006, 142). Durch sie können sich Investoren an Teilbereichen oder Tochtergesellschaften eines Unternehmens beteiligen, ohne dass sich das Unternehmen aufspalten muss. Dies erfolgt durch die Gewährung von Vermögensrechten an Gewinn und Liquidationserlös für bestimmte Geschäftsbereiche (vgl. Perridon/Steiner 2007, 370-373).
Der Equity Carve-Out hat Ähnlichkeiten zum Spin-Off. Auch hier wird ein Teil des Unter- nehmens aus der bestehenden Einheit herausgelöst und daraus ein neues Unternehmen ge- gründet (vgl. Broyd/Storch 2006, 1223-1224). Die Anteile dieses Unternehmens werden aber nicht an die bisherigen Eigentümer ausgegeben, sondern im Rahmen eines IPOs der Öffent- lichkeit zugänglich gemacht (Brealy/Myers/Allen 2006, 912-913). Dadurch erhält die Mutter- gesellschaft liquide Mittel aus dieser Transaktion, die zu einem positiven Ertragseffekt führen, wenn der Verkaufserlös höher als der Buchwert der abgespalteten Einheit ist (vgl. Sievers 2006, 140-141). Bei dieser Form des Demergers ist es üblich, dass die Muttergesellschaft ei- nen Teil des Eigenkapitals des neuen Unternehmens behält, um die unternehmerische Füh- rung zu behalten oder die restlichen Anteile sukzessive am Markt zu verkaufen (vgl. Brea- ly/Myers/Allen 2006, 912-913).
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- Quote paper
- Sebastian Schmidt (Author), 2008, Demerger bei Automobilherstellern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117960
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