Die Masterarbeit geht der Fragestellung nach, welchen Mehrwert die Integration systemischer Managementansätze in das Supply Chain Management liefert. Zur Beantwortung dieser Fragestellung geht sie auf die Grundlagen des Supply Chain Managements mitsamt aktueller Trends und Herausforderungen ein. Daraufhin untersucht sie die Entwicklung von Managementansätzen in Unternehmen. Eine kritische literarische Analyse reflektiert gewonnene Erkenntnisse zur Bestimmung der Rolle systemischer Managementansätze im Supply Chain Management. Der Autor validiert abschließend die Integration systemischer Methoden in das Supply Chain Management mittels systemischer Archetypen.
Die Anforderungen heutiger Managementansätze im Supply Chain Management in Unternehmen sind durch eine Vielzahl von Herausforderungen und eine erhöhte Komplexität gekennzeichnet. Insbesondere das derzeit vorherrschende dynamische Marktumfeld stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen.
Diese Herausforderungen sind in Thematiken wie der Globalisierung, der richtigen Auswahl von Organisationsformen entlang der Supply Chain, der Schaffung resilienter Lieferketten, der digitalen Transformation sowie in der Stakeholder-Integration im Supply Chain Management vorzufinden. Herkömmliche Managementmethoden erweisen sich zunehmend als wenig effektiv zur Bekämpfung dieser Herausforderungen und dem adäquaten Umgang mit komplexen Sachverhalten.
Um zukünftig weiterhin erfolgreich als Führungskraft innerhalb des Supply Chain Managements agieren zu können, sollten die dort vorherrschenden Managementansätze grundlegend überdacht werden. Ein potenzieller, mehrwertbringender Managementansatz ist in einer systemischen Denkweise vorzufinden.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
1.3 Methodik und Vorgehensweise
2 Supply Chain Management
2.1 Begriffliche Differenzierung Supply Chain Management
2.2 Aufgaben, Nutzen und Ziele des Supply Chain Managements
2.3 Supply Chain Strategie
2.4 Supply Chain Operations
2.5 Supply Chain Organisationen
2.5.1 Ziele
2.5.2 Einflussfaktoren
2.5.3 Organisationsmodelle
2.5.4 Prozessorientierter Ansatz von Supply Chains
2.5.5 Führungs- und Managementanforderungen
2.6 Trends des Supply Chain Managements
2.6.1 Veränderte Nachfrage
2.6.2 Individualisierung
2.6.3 Digitalisierung
2.6.4 Nachhaltiges Supply Chain Management
2.6.5 Transparenz durch enge Zusammenarbeit mit den Akteuren der Supply Chain
2.7 Herausforderungen des Supply Chain Managements
2.7.1 Globalisierung
2.7.2 Organisationsformen entlang der Supply Chain
2.7.3 Resiliente Lieferketten
2.7.4 Digitale Transformation
2.7.5 Stakeholder-Integration
2.8 Kritische Betrachtung
3 Managementansätze
3.1 Managementansätze des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
3.1.1 Frederick W. Taylor
3.1.2 Henri Fayol
3.1.3 Max Weber
3.2 Heutige Managementansätze
3.3 Trends zukünftiger Managementansätze
3.3.1 Agile Managementansätze
3.3.2 Systemtheoretische Managementansätze
3.4 Kritische Betrachtung
4 Bewertung der Integration systemischer Methoden in das Supply Chain Management
4.1 Zukünftige Entwicklung systemischer Managementansätze im Supply Chain Management
4.2 Chancen
4.3 Risiken
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Kurzfassung
Die vorliegende Masterarbeit geht der Fragestellung nach, welchen Mehrwert die Integration systemischer Managementansätze in das Supply Chain Management liefert. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurde auf die Grundlagen des Supply Chain Managements mitsamt aktueller Trends und Herausforderungen eingegangen. Es wurde daraufhin die Entwicklung von Managementansätzen in Unternehmen untersucht. Eine kapitelabschließende kritische literarische Analyse reflektiert gewonnene Erkenntnisse zur Bestimmung der Rolle systemischer Managementansätze im Supply Chain Management. Die Validierung der Integration systemischer Methoden in das Supply Chain Management wurde in Kapitel 4 mittels systemischer Archetypen durchgeführt. Eine abschließende Bewertung durch das Aufzeigen von Chancen und Risiken hinsichtlich einer Integration systemischer Managementansätze in das Supply Chain Management diente der fundierten Beantwortung der zu untersuchenden Forschungsfrage. Im Ergebnis überwiegt eine Vielzahl an Chancen einer deutlichen Minderheit an Risiken, woraus sich ein enormer Mehrwert für das Supply Chain Management ergibt.
Abstract
This master’s thesis deals with the additional value of integrating a systemic management approach into the Supply Chain Management. Basics of the Supply Chain Managements including currents trends and challenges were characterized. Furthermore, the evolution of management approaches was chronologically examined. A literature-based analysis of the achieved knowledge helped to determine the role of systemic management approaches in the discipline of the Supply Chain Management. Highlighting the chances and risks helped to answer the question of research. As the result there are many chances in comparison to a minority of risks. Overall, this leads to a great potential to include systemic management approaches into the Supply Chain Management.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Interne und externe Einflussfaktoren
Tabelle 2: VUCA im kriegerischen und unternehmerischen Kontext
Tabelle 3: Lineares Denken vs. Systemisches Denken
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Material- Informations- und Finanzflüsse einer Supply Chain
Abbildung 2: Wettbewerbsfaktoren
Abbildung 3: Strategien in Unternehmen
Abbildung 4: Reaktions- Effizienz- Modell
Abbildung 5: Strategic fit
Abbildung 6: Prozesshierarchien des SCOR Modells
Abbildung 7: SCOR Modell
Abbildung 8: Funktionalorganisation
Abbildung 9: Spartenorganisation
Abbildung 10: Matrixorganisation
Abbildung 11: Allgemeine Herausforderungen der Digitalisierung in Unternehmen
Abbildung 12: Der Systemtest
Abbildung 13: System-Archetypen
1 Einleitung
1.1 Motivation
Die Motivation des Autors zur Verfassung dieser Arbeit spiegelt sich in der Erlangung eines fundierten Wissens über bestehende und alternative Managementansätze im Supply Chain Management von Unternehmen wider. Die Ambitionen des Autors liegen hierbei schwerpunktmäßig in der Analyse systemischer Managementansätze innerhalb des Supply Chain Managements.
Darüber hinaus möchte der Autor die Vor- und Nachteile diverser Organisationsmodelle und Führungsstile kritisch beleuchten, um die Relevanz des systemischen Managements für aktuelle und zukunftsfähige Managementansätze innerhalb des Supply Chain Managements ermitteln zu können.
1.2 Problemstellung und Zielsetzung
Die Anforderungen heutiger Managementansätze im Supply Chain Management in Unternehmen sind durch eine Vielzahl von Herausforderungen und eine erhöhte Komplexität gekennzeichnet. Insbesondere das derzeit vorherrschende dynamische Marktumfeld stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind in Thematiken wie der Globalisierung, der richtigen Auswahl von Organisationsformen entlang der Supply Chain, der Schaffung resilienter Lieferketten, der digitalen Transformation sowie in der Stakeholder-Integration im Supply Chain Management vorzufinden. Herkömmliche Managementmethoden erweisen sich zunehmend als wenig effektiv zur Bekämpfung dieser Herausforderungen und dem adäquaten Umgang mit komplexen Sachverhalten.
Um zukünftig weiterhin erfolgreich als Führungskraft innerhalb des Supply Chain Managements agieren zu können sollten die dort vorherrschenden Managementansätze grundlegend überdacht werden. Ein potenzieller, mehrwertbringender Managementansatz ist in einer systemischen Denkweise vorzufinden.
Das systemische Denken wird als Paradigma verstanden, welches unmittelbar das Konstrukt Komplexität fokussiert. Es ist durch ein hohes Maß an Autonomität und durch kognitive sowie kommunikative und wertfreie Aspekte gekennzeichnet (vgl. Warda 2013). Dieses Paradigma findet bisher überwiegend in den Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften Anwendung. Eine Anwendung in einem unternehmerischen Kontext ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht besonders stark ausgeprägt. Dabei fungieren Unternehmen bzw. Organisationen selbst als ein System (vgl. Meadows 2008, S. 11). Es ist zu hinterfragen, weshalb konventionelle Managementansätze wie Management by Techniken wesentlich ausgeprägter vertreten sind als systemische Managementansätze, obwohl systemische Managementansätze mittels eines ganzheitlichen Ansatzes eine Vielzahl von internen und externen Aspekten zur Lösung einer Problematik in die Betrachtung einfließen lassen.
Es erfordert ein strukturiertes Umdenken hinsichtlich bestehender Managementansätze in Unternehmen und der Überprüfung von alternativen Managementansätzen wie dem systemischen Managementansatz.
Daher gilt es zu evaluieren, ob und inwiefern systemische Managementansätze zu einer Vermeidung von Störungen bzw. Disruption zur Schaffung resilienter Lieferketten innerhalb des Supply Chain Managements beitragen können. Der Fokus liegt hierbei in dem Aufzeigen eines potenziellen Mehrwertes des systemischen Managements. Es ist daher an der Zeit das Supply Chain Management in Verbindung mit dem systemischen Management zu bringen.
Die Zielsetzung dieser Arbeit liegt infolgedessen in dem Aufzeigen eines potenziellen Mehrwertes, welcher aus der Integration systemischer Managementansätze in das Supply Chain Management resultiert.
In Anlehnung an die Motivation und die Zielsetzung, auf welche diese Arbeit basiert, resultiert die folgende Forschungsfrage:
Welchen möglichen Mehrwert schafft die Integration des systemischen Managements in das Supply Chain Management?
1.3 Methodik und Vorgehensweise
Zu Beginn der Arbeit wurde eine umfassende und der Gliederung zugrunde liegende Literaturrecherche betrieben. Eine Vorabselektion der relevanten Literatur sowie der textlichen Kennzeichnung von Inhalten ermöglichte eine systematische und strukturierte Ausarbeitung dieser Arbeit. Die Grundlage der Literaturrecherche boten neben Online-Datenbanken wie Google Scholar oder OPAC auch vermehrt physische Quellen, welche mittels (Fern)Ausleihe beschafft wurden. Im Rahmen der Online-Suche wurden primär Schlagwörter wie „Supply Chain“, „Supply Chain Management“, „Managementansätze“, „systemisches Management“, „systemische Archetypen“ oder „Organisation“ fokussiert. Neben einschlägiger deutscher- und englischsprachiger Literatur wurden darüber hinaus auch aktuelle Paper und Studien verwendet. Zudem wurden auch in einem geringem Umfang Zeitungsartikel und Internetquellen herangezogen, um eine möglichst heterogene Quellenlandschaft für die zugrundeliegende Argumentation zu ermöglichen. Auf dessen Basis wurden referenzierte Literaturverzeichnisse nach potenziell relevanten Inhalten durchforstet (Schneeballsystem). Die Verwendung von Internetquellen unterlag einer zweifachen Prüfung (mittels weiterer Quelle), welche die Aufgabe der Validierung der ursprünglichen Internetquelle vorsah. Vereinzelt musste der Zugang zu (privatwirtschaftlichen) Studien explizit angefragt werden, da diese ein eigenes wirtschaftliches Interesse in der Studienanfertigung verfolgten. In der Regel bezog sich dies auf Studien von global agierenden Beratungsunternehmen.
Grundsätzlich wurde primär nach zeitgemäßen Quellen recherchiert, bei welchen das Publikationsjahr auf das Jahr 2015 oder neuer datiert war. Ein weiteres Selektionskriterium war der Quellenursprung. Die Werke namenhafte Verlage wie „Springer“, „Elsevier“ oder „JSTOR“ wurden demnach vermehrt für die Ausarbeitung herangezogen. Definitorische Inhalte wurden mitunter dem Gedankengut aus einem wirtschaftswissenschaftlichen Lexikon oder noch Supply Chain spezifischer den Texten der nicht gewinnbringenden Organisation „Supply-Chain Council“ entnommen. Darüber hinaus lag der Fokus auf der Verwendung von Primärliteratur. So wurden beispielsweise bei der Thematik des systemischen Managements wegweisende und prägende Werke der Autoren Meadows (2008) oder Richmond (1994) mit einbezogen.
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit gliedert sich in drei große Bestandteile. Im ersten Teil wird im Rahmen der Vorstellung der „Supply Chain“ und der Begrifflichkeit „Management“ auf die konkrete Bedeutung des „Supply Chain Managements“ eingegangen. In diesem Zusammenhang werden die Aufgaben, der Nutzen sowie die Ziele erläutert. Es folgt eine Vorstellung und Einordnung der Supply Chain Strategie in den Unternehmenskontext sowie ein konkretes Vorgehen zur Erreichung des entsprechenden „strategic fit“. Das Unterkapitel 2.4 Supply Chain Operations mitsamt des „SCOR-Modells“ knüpft an die Supply Chain Strategie an. Darin werden vier unterschiedliche Prozessebenen behandelt.
Das Unterkapitel 2.5 Supply Chain Organisationen rundet die Grundlagen ab, indem die Ziele, Einflussfaktoren und grundlegende Organisationsmodelle des Supply Chain Managements vorstellt werden. In dem Unterpunkt 2.5.5 Führungs- und Managementanforderungen werden Kriterien aufgeführt, welche Führungskräfte derzeitig und zukünftig bewältigen müssen.
Aus den im Kapitel 2.6 aufgeführten Trends im Supply Chain Management leiten sich die in Kapitel 2.7 betrachteten Herausforderungen ab. Das Kapitel 2 und somit der erste große Bestandteil dieser Arbeit schließt mit einer kritischen Reflexion ab.
Die in Kapitel 3 erwähnten Managementansätze sind nach einem chronologischen Aufbau strukturiert. Bedeutende historische Managementansätze wie das „Scientific Management“ sowie deren Entwicklung werden in diesem Kapitel beschrieben. Zudem wird auf heutige Managementansätze wie die wichtigsten Management by Techniken eingegangen. Darüber hinaus werden in Anlehnung an derzeitige Trends und limitiert verfügbare wissenschaftliche Literatur zukünftige Managementansätze vorgestellt. Dieses Kapitel schließt ebenfalls wie das Kapitel zuvor mit einer kritischen Betrachtung ab.
Im letzten Kapitel 4 wird untersucht, inwiefern systemische Methoden auf die Disziplin des Supply Chain Managements anwendbar sind. Als Untersuchungswerkzeuge sollen sowohl der Systemtest nach Arnold und Wade (2015) sowie die wichtigsten systemischen Archetypen die Anwendbarkeit des systemischen Managements in das Supply Chain Management untersuchen. Zudem verhilft die jeweilige kritische Reflexion des Kapitels zwei und drei bei der Beantwortung der Forschungsfrage.
In Anlehnung an die zuvor beschriebenen Trends und Herausforderungen des Supply Chain Managements sowie der Verwendung limitierter Literatur werden im Kapitel 4.1 erste Tendenzen der zukünftigen Entwicklung systemischer Managementansätze im Supply Chain Management beschrieben. Abgeleitete Chancen und Risiken der Integration des systemischen Managements in das Supply Chain Management stellen die Grundlage für eine fundierte und abschließende Handlungsempfehlung am Ende dieser Arbeit dar.
2 Supply Chain Management
2.1 Begriffliche Differenzierung Supply Chain Management
Bevor auf den Anglizismus „Supply Chain Management“ eingegangen wird, werden die Begrifflichkeiten „Supply Chain“ und „Management“ vorerst gesondert betrachtet.
Supply Chain
Die Supply Chain, auf Deutsch Lieferkette, besteht aus einer Verknüpfung von mehr als einem unternehmerisch tätigen Akteur (vgl. Freiwald 2005, S. 6).
Hierbei liegt der Fokus der Akteure auf der Wertschöpfung. Rohstoffe werden auf operativer Ebene in diversen Prozessschritten im Rahmen der Supply Chain veredelt, weiterverarbeitet und zu einem vollständigen Produkt transformiert. In jedem dieser Prozessschritte gewinnt das verarbeitende Material an Mehrwert und liefert einen zusätzlichen Nutzen für den anknüpfenden Akteur in der Supply Chain, für welchen dieser bereit ist zu bezahlen (vgl. Ivanov 2021, S. 7 ff.).
Abhängig von dem Geschäftsmodell und den Produkten des Unternehmens sowie dessen Komplexität kann es unterschiedlich viele beteiligte Akteure innerhalb der Supply Chain geben. Der Computer- und Elektronikhersteller Dell bietet beispielsweise ein umfangreiches Produktportfolio an mit unterschiedlichen Supply Chains. Einerseits werden Server direkt ohne zwischengeschaltete Einzelhändler an den Kunden vertrieben. Andererseits wird die SC von Dell beim Computerverkauf durch Einzelhändler ergänzt. Es ist demnach essenziell, sich vorab intensiv mit der Supply Chain Strategie (sieheKapitel 2.3) zur Maximierung des Mehrwertes auseinanderzusetzen (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 3).
Der Supply Chain Prozess startet bei der akuten Nachfrage des Kunden nach einem Gut. In dessen Folge wird der operative Prozess angestoßen (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 1). Die in die Supply Chain eingebundenen Akteure bilden dann durch den Austausch von materiellen-, informellen- sowie finanziellen Strömen (Abbildung. 1) die entsprechende Lieferkette (vgl. Freiwald 2005, S. 6). Eine Supply Chain im Maschinen- und Anlagebau umfasst die Rohstoffgewinnung, die Produkterzeugung sowie den Endabnehmer.
Der Ausgangspunkt des materiellen Stroms beginnt hierbei in der Regel bei der Rohstoffgewinnung und endet bei dem Endabnehmer. Dieser Strom kann sich jedoch auch in entgegengesetzte Richtung erstrecken. Der rückläufige Materialfluss hingegen umfasst Reklamationen und Verpackungsentsorgungen. Bei diesem Prozess hängt der Grad der Ausprägung stets von der Branche und dem Produkt ab. Der Informationsfluss fungiert als unterstützende Funktion zum materiellen Fluss. Dieser übermittelt in Richtung der Wertschöpfung wesentliche Daten bezüglich der Materiallieferung und ermöglicht dadurch eine gezielte Planungs- und Steuerungsanpassung in der Supply Chain. Die unterstützende Funktion erfüllt der Informationsfluss ebenfalls bei Warenrücksendungen und Entsorgungen. Im herkömmlichen Sinne bildet der Finanzstrom sämtliche monetäre Transaktionen zwischen den einzelnen Akteuren ab. An dieser Stelle verläuft der Strom in erster Linie entgegengesetzt zu dem Materialstrom, da die Kaufpreiszahlung der Warenlieferung entgegensteht. Warenrücksendungen werden finanziell nach dem gleichen Schema, also entgegengesetzt des Materialstroms, abgewickelt (vgl. Freiwald 2005, S. 6 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Material- Informations- und Finanzflüsse einer Supply Chain
Quelle: in Anlehnung an (Skapinyecz et al. 2018, S. 5).
Das vordergründige Ziel dieser drei Flüsse, also Informations-, Material- und Finanzfluss ist eine möglichst hohe Produktverfügbarkeit bei einer möglichst niedrigen Kostenstruktur (vgl. Chopra und Meindl 2007, S. 267).
Der Begriff Logistik wird von der Supply Chain dahingehend abgegrenzt, als dass bei ersterem lediglich die Materialströme ohne Informations- und Finanzströme berücksichtigt werden (vgl. Voigt 2018).
Management
Das Management unterscheidet im klassischen Sinne nach institutioneller und funktionaler Ausrichtung. Die institutionelle Ausrichtung umschreibt grundsätzlich Personen, welche einem Führungs- und Verantwortungsbereich angehören (vgl. Breisig 2008, S. 15). Hierbei können die Strukturen einzelner Unternehmen abhängig von deren Größe und Komplexität unterschiedliche hierarchische Stufen mit entsprechenden Managementfunktionen aufweisen.
Die funktionale Ausrichtung (auch Managementfunktion genannt) befasst sich im Gegensatz zur institutionellen Ausrichtung nicht mit den zu einem Führungs- und Verantwortungsbereichen angehörigen Personen in Unternehmen, sondern verfolgt den Ansatz von planerischen-, organisatorischen und kontrollierenden Mechanismen in Unternehmen zur Erreichung von vorab definierten Zielen. Diese Mechanismen bilden Querschnittsfunktionen zu den Sachfunktionen (Einkauf, Produktion, Verkauf) eines Unternehmens und wirken sich simultan auf den Erfolg eines Unternehmens je nach Ausprägungsgrad aus. Für die Erfüllung des obersten Zieles eines Unternehmens (Gewinnmaximierung) ist eine enge Koordination und Zusammenarbeit zwischen der Sachfunktion und der Managementfunktion maßgeblich. Um eine adäquate Umsetzung dieser Mechanismen unter Berücksichtigung von hierarchischen Führungs- und Verantwortungsbereichen zu erreichen, wird die institutionelle und die funktionelle Ausrichtung nicht gesondert, sondern zusammen betrachtet (vgl. Schreyögg und Koch 2020, S. 4 ff.).
Supply Chain Management
Erstmalig wurde der Begriff Supply Chain Management in den USA im Jahre 1985 aufgegriffen. An der Etablierung des Anglizismus waren maßgeblich Berater aus dem angloamerikanischen Raum involviert. Etwa zehn Jahre später wurde das Supply Chain Management in Deutschland eingeführt (vgl. Werner 2020, S. 3 ff.).
Dies ist unter anderem auf die damals aufgetretenen Faktoren Kundenorientierung, dem weltweiten Handel sowie dem Anstieg der Informationstechnologien zurückzuführen. Verknüpft man nun die Material- Informations- und Finanzströme aus der Supply Chain mit der funktionalen sowie institutionellen Ausrichtung des Managements, so lässt sich darauf schließen, dass sämtliche umschriebene Ströme in planerische-, organisatorische und kontrollierende Mechanismen ineinandergreifen. Dieser Ansatz erstreckt sich durch die gesamte Lieferkette. Das Supply Chain Management bildet somit eine essenzielle Rolle in Unternehmen. Die Steuerung von Angebot und Nachfrage (vgl. Kap. 2.2) ist maßgeblich auf das Supply Chain Management zurückzuführen. Hierbei sind einzelne Funktionen wie die Beschaffung oder die Produktion eng mit der Supply Chain verzahnt (vgl. Ivanov 2021, S. 7 ff.).
Die enge Zusammenarbeit sowie die Überwachung der Akteure der Supply Chain wird in weiterführender Fachliteratur hervorgehoben. Dieses Spektrum erstreckt sich von geschäftlichen Beziehungen mit Lieferanten bis hin zu Endkunden. Das Supply Chain Management bildet in diesem Zusammenhang nicht nur die externe Planung, Steuerung, und Kontrolle der Lieferkette ab, sondern ist auch maßgeblich für interne Prozesse verantwortlich. Es stellt daher eine bereichs- und unternehmensübergreifende Funktion dar. Im internen Kontext entstehen weitere unzählige Schnittstellen zu benachbarten oder vorgelagerten Bereichen wie beispielsweise dem Marketing und Vertrieb oder dem Rechnungswesen (vgl. SCM Definitions and Glossary of Terms 2013, S. 187).
Für ein effizientes Management der Material-, Informations- und Finanzströme wird das Supply Chain Management in drei unterschiedliche Zeithorizonte unterteilt. Es wird unterschieden in strategisches, taktisches sowie operatives Management in der Supply Chain. Das strategische Management (vgl. Kap. 2.3) einer Supply Chain verfolgt langfristige Ziele, wohingegen der operative Teil (vgl. Kap. 2.4) primär den Anforderungen im Tagesgeschäft gerecht werden muss (vgl. Chopra und Meindl 2007, S. 267).
2.2 Aufgaben, Nutzen und Ziele des Supply Chain Managements
Aufgaben
Die Aufgaben im Supply Chain Managements sind an externe Fragestellungen angelehnt, welche gesellschaftliche Belange abdecken. Diese werden in wirtschaftliche Fragestellungen übersetzt. In aller Regel sind sie qualitativer-, performance- und ausgabenseitiger Natur. Um die Qualität, die Performance und die Ausgaben zielgerecht zu steuern muss eine adäquate Materialversorgung stattfinden (vgl. Werner 2020, S. 27). Daraus ergeben sich eine Vielzahl an Aufgaben im Supply Chain Management. Diese knüpfen häufig an angrenzenden Unternehmensbereichen wie der Produktion an (vgl. Khan und Yu 2019, S. 6 ff.).
-Materialeinkauf:Im Vordergrund des Materialeinkaufs steht die Materialbeschaffung. Der Materialeinkauf hat zudem das Ziel Kosten einzusparen (vgl. Schiele 2019, S. 59). Insbesondere kommt es hierbei auf die entsprechende Verhandlungsposition an, um von günstigen Einkaufskonditionen profitieren zu können (vgl. Khan und Yu 2019, S. 6 ff.).
-Anlieferungstransport:Nicht weniger kostenunerheblich als der Materialeinkauf kann sich der Anlieferungstransport erweisen. Große Konzerne haben längst Stabstellen eingerichtet, um einen reibungslosen Transportablauf zwischen den einzelnen Akteuren zu gewährleisten (vgl. Khan und Yu 2019, S. 7).
-Qualitätskontrolle:Die Qualitätskontrolle geht der Aufgabe der Überprüfung von hergestellten Gütern nach. Hierbei werden sämtliche vorgeschriebene Produktmerkmale des Gutes genauer inspiziert (vgl. SCM Definitions and Glossary of Terms 2013, S. 160).
-Angebots- und Nachfrageplanung:Die Angebots- und Nachfrageplanung erstreckt sich funktionsübergreifend über sämtliche Abteilungen wie über das Marketing hinweg. Hierbei sollte die Waage zwischen Effektivität und Effizienz gefunden werden, um die Nachfrage bei einem angemessenen Servicegrad kostengünstig bedienen zu können (vgl. Crandall et al. 2009, S. 147).
-Einlagerung:Der Wareneinlagerungsprozess muss zwangsläufig dann erfolgen, wenn die Ware von einem Akteur zum nachfolgenden physisch bewegt wird. Es wird je nach Steuerungsart (push/pull) unterschieden. Bei der Steuerungsart Pull, welches nach dem Just-in-time Prinzip abläuft, findet lediglich eine Zwischenlagerung des Materials und keine Einlagerung statt (vgl. Khan und Yu 2019, S. 7).
-Auftragsabwicklung:Bei der Auftragsabwicklung geht es vordergründig um die Bereitstellung der Ware am vom Kunden gewünschten Ort zum gewünschten Zeitpunkt. Die Auftragsabwicklung führt Hersteller und Kunden zusammen (vgl. Khan und Yu 2019, S. 8).
-Produktionsplanung- und Kontrolle:Um eine möglichst effiziente Produktionsplanung aufzustellen, müssen neben den benötigten Ressourcen auch die Bedürfnisse des Kunden berücksichtigt werden. Es gilt abteilungsübergreifende Informationen einzuholen, um den Prozess so zielgerichtet wie möglich durchzuführen (vgl. Crandall et al. 2009, S. 155).
-Materialversandt:Der Materialversand beschäftigt sich mit der Verbringung von Material von Ort A zu Ort B. Hierzu zählen sämtliche damit in Verbindung stehende Tätigkeiten wie die Vorbereitung bzw. das Verpacken der Ware für den Versand (vgl. SCM Definitions and Glossary of Terms 2013, S. 176).
-Kundenservice:In einem immer stärker umkämpften Markt nimmt die Bedeutung des Kundenservices immer weiter zu. Jede Unternehmung ist in gewisser Weise abhängig von deren Kunden. Man spricht von der Voice of the Customer. Es gilt die Kundenanforderungen nicht nur gegenwärtig, sondern auch nachhaltig zu erfüllen, um im Wettbewerb bestehen zu können (vgl. Gibson 2011, S. 5).
Nutzen des Supply Chain Managements
Nachdem zuvor auf die Aufgaben des Supply Chain Managements eingegangen wurde, stellt sich nun die Frage, worin der Nutzen des Supply Chain Managements liegt.
Nutzen stiftet das Supply Chain Management nicht nur unternehmensseitig, sondern auch marktseitig. Es wird in innerbetrieblichen-, lieferantenseitigen- und marktseitigen Nutzen unterschieden (vgl. Beckmann 2012, S. 28).
Marktseitiger Nutzen
Der marktseitige Nutzen resultiert aus der Mehrwertgenerierung für den Kunden. Die Maximierung des Mehrwertes wird durch einen kundenorientierten Ansatz in der Supply Chain sichergestellt. Auch Risiken am Markt gilt es zu minimieren bzw. zu eliminieren (vgl. Werner 2020, S. 31).
Darüber hinaus sollte der Fokus auf die Kernkompetenz entlang sämtlicher beteiligter Akteure der Supply Chain gerichtet sein. Wichtige Kennzahlen sind außerdem die Durchlauf- und Lieferzeiten, sowie die Termintreue. Diese können die Zufriedenheit des Kunden steigern, vorausgesetzt eine informationsseitige Transparenz in der Supply Chain ist gegeben. Jede dieser aufgeführten Kriterien verhilft Unternehmen zur Steigerung langfristiger Wettbewerbsvorteile (vgl. Beckmann 2012, S. 28).
Innerbetrieblicher Nutzen
Anhand abgestimmter Prozesse entlang der Supply Chain wird die Effizienz in diversen Funktionen gesteigert. So können beispielsweise Entwicklungs- und Transaktionskosten in der Produktentwicklung verringert werden oder mittels Skaleneffekte in der Beschaffungsfunktion eine Kostenreduktion herbeigeführt werden. Abgestimmte Prozesse sind die Folge einer engen Zusammenarbeit aller Akteure einer Supply Chain (vgl. Beckmann 2012, S. 29). Die Steigerung der Effizienz führt ebenfalls zu einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit.
Lieferantenseitiger Nutzen
Der lieferantenseitige Nutzen kommt in erster Linie dadurch zustande, indem Verantwortlichkeiten im Unternehmen auf vorgeschaltete Akteure der Supply Chain (Lieferanten, Hersteller) verlagert werden. Dies führt zu einer engeren Zusammenarbeit der beteiligten Akteure (vgl. Werner 2020, S. 32).
Das Vendor Managed Inventory Prinzip verfolgt genau diesen Ansatz. Der Lieferant ist in diesem Fall für die gesamte Abwicklung des Einkaufsprozesses des Kunden verantwortlich. Dies umfasst den zeitlichen sowie quantitativen Hintergrund von Lieferungen gleichermaßen wie die Bestandsverwaltung des Kunden. Dadurch ergibt sich Planungssicherheit und eine starke Kundenbeziehung auf Lieferantenseite. Der Kunde profitiert von einem geringeren Bestellaufwand und auch die Versorgungssicherheit steigt kundenseitig durch die verlässlichere lieferantenseitige Produktionsplanung. Dadurch reduziert sich das Risiko, nicht mehr liefern zu können (Out-of-stock-Risiko). Insbesondere wird die Praktik des Vendor Managed Inventory im Einzelhandel angewendet. Aktuelle Warenbestände werden durch an das Internet angebundene Scannerkassen an die Lieferanten übermittelt, sodass bei Erreichen des Meldebestands Folgelieferungen einleitet werden (vgl. Arndt 2021, S. 162 ff.).
Ziele
Nachdem im vorherigen Abschnitt auf den definitorischen, aufgaben- und nutzenseitigen Hintergrund des Supply Chain Management eingegangen wurde, werden im Folgenden die wesentlichen Einflussgrößen der Werte-These einer Supply Chain zur Zieldefinition vorgestellt.
Der historische Ansatz verfolgte einen manifesten Ablauf. Das Ziel bestand darin, eine Leistung zu möglichst geringen Kosten bereitzustellen (vgl. Bowersox et al. 2019, S. 14 ff.).
Auch in der heutigen Zeit ist dieses Ziel weitgehend unverändert. Der Unterschied zwischen der historischen und heutigen Betrachtungsweise besteht in der Vielzahl hinzugekommener Kriterien, welche die Komplexität erhöhen.
Gegenwärtig spricht man von dem Ziel der Supply Chain Management Excellence, welches durch die Schaffung des größtmöglichen Kundennutzen und andererseits der Sicherstellung einer minimalen Lieferkostenstruktur im Unternehmen erreicht werden kann. Hierfür ist es notwendig, dass die Qualität des Produktes sowie der Service den Kundenanforderungen entspricht. Der Fokus verschiebt sich demnach von der reinen kostengünstigen Produktlieferung hin zur Schaffung eines hohen Kundenutzen (vgl. Kelly 2019, S. 20).
Ein hoher Kundenutzen trägt zu einer starken Supply Chain-Mehrwertgenerierung bei. Der Mehrwert des Kunden ist der Preis für ein Gut, welcher dieser bereit ist zu bezahlen. Dieser Mehrwert kann durch Subtraktion sämtlicher Supply Chain Kosten ermittelt werden. Eine realistische Bestimmung des Supply Chain-Mehrwertes erweist sich jedoch häufig als komplex. Subjektive Einschätzungen können zu einem verzerrten Bild führen. So treten Szenarien auf, in welchen eine Person bereit wäre, ein Vielfaches an Geld für eine Leistung zu bezahlen, wenn sie keine andere Möglichkeit hat. Exemplarisch ist hier eine Person in der Wüste zu nennen, welche das dringende Verlangen nach Trinkwasser verspürt und einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt ist (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 5).
Wie erreicht man nun den maximalen Mehrwert des Kunden? In diesem Kontext können fünf Stellschrauben justiert werden.
Werner (2020) führt die Qualität, Flexibilität, Kosten und Zeit an. Es gilt, eine möglichst hohe Qualität sowie die bestmögliche Flexibilität anzubieten und andererseits sowohl Kosten als auch Zeit zu reduzieren (vgl. Werner 2020, S. 30). Darüber hinaus fügt Bowersox (2019) die Nachhaltigkeit an (vgl. Bowersox et al. 2019, S. 15). Diese Faktoren werden inAbbildung 2veranschaulicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Wettbewerbsfaktoren
Quelle: in Anlehnung an (Werner 2020, S. 30) (Bowersox et al. 2019, S. 14 ff.).
Qualität
Die Qualität der Produkte kann ein Leitbild im Unternehmen als strategisches Ziel darstellen. Eine wichtige Messgröße bzw. Key-Performance-Indicator zur Messung der Qualität ist die Ausschuss- oder Nacharbeitsquote. Eine niedrige Ausschuss-/Nacharbeitsquote impliziert eine hohe Produktqualität. Es geht im Kern darum die Kundenwünsche passgenau zu erfüllen. Dies geschieht dann, wenn Abläufe in Unternehmen auf den Kunden ausgerichtet sind. Wenn selbst eine Bewertung der Mitarbeiter hinsichtlich des Qualitätsergebnisses stattgefunden hat, ist die Rede von Total Quality Management (vgl. Werner 2020, S. 107).
Flexibilität
Der Flexibilitäts- beziehungsweise Servicegrad wird zum einen anhand dem Key-Performance-Indicator bemessen, welcher die Nachfrageprognose in Relation zu der realen Produktion setzt. Ist demnach die Nachfrage größer als die produzierte Menge, so ist die Rede von entgangenen Umsätzen bzw. Gewinnen. Auch im Rahmen der Flexibilität eines jenes Unternehmens spielt die Qualität eine entscheidende Rolle. Treten Servicedefizite wie verspätete Lieferungen, Fehlteile oder Retouren auf, so wirkt sich dies negativ auf das Unternehmensergebnis aus (vgl. Camman et al. 2017, S. 89).
An zentraler Stelle stehen demnach produktionsnahe Prozesse, welche möglichst flexibel ausgestaltet sein sollen. Auch personelle Strukturen haben Einfluss auf die Flexibilität in der Supply Chain. Das Know- How der Mitarbeiter ist hierbei nicht zu vernachlässigen (vgl. Schönsleben 2016, S. 33).
Kosten
Da der Fokus einer Supply Chain auf der Wertschöpfung bzw. der Generierung von Mehrwert liegt, beschäftigt sich das Supply Chain Management mit der Identifizierung und Eliminierung von nicht wertschöpfenden Prozessen, welche alternativ als Verschwendung betitelt werden (vgl. Schroeder und Goldstein 2017, S. 25). Diese in Summe sieben Verschwendungsarten befassen sich mit unternehmensinternen, also intralogistischen Prozessen (vgl. Schönsleben 2016, S. 283). Nach Kelly (2019) sind diese wie folgt definiert (vgl. Kelly 2019, S. 17 ff.):
1.Überproduktion:Unstimmigkeiten hinsichtlich der Angebots- und Nachfrageplanung führen häufig zu einer Überproduktion. Die Folge sind hohe Bestände. Fehlplanerische Handlungen lassen nicht nur eine Überproduktion resultieren, sondern münden häufig in weiteren Verschwendungsarten wie Transport- oder Wartezeiten.
2.Transportzeiten:Nicht abgestimmte Transportprozesse sowie ein ineffizientes Produktionsdesign sind Gründe dieser Verschwendungsart.
3.Wartezeiten:Hierunter fallen jegliche Tätigkeiten, bei welchen auf die Vollendung eines Prozesses gewartet wird. Diese Wartezeiten sind nicht wertschöpfend, sondern äußern sich durch ineffiziente Prozesse.
4. Bestände:Übermäßige Bestände (in Folge von Überproduktion) führen zu übermäßigen Vorlaufzeiten. Darüber hinaus entstehen vermeidbare Lagerhaltungskosten.
5. Bewegung:Unverhältnismäßig ausgeprägte Bewegungen zur Erledigung eines notwendigen Prozesses umschreiben diese Verschwendungsart. Die Ursache dieser Verschwendung ist ähnlich wie bei den Transportzeiten in vielen Fällen eine unausgereifte Gestaltung des Produktionsdesigns.
6. Ausschuss:Ausschuss kann u.a. durch Teilebeschädigungen entstehen, sofern diese nicht mehr durch Nacharbeit zu erhalten sind. In vielen Fällen ist Ausschuss jedoch auf Produktionsfehler zurückzuführen. Gründe hierfür können beispielsweise falsch justierte Anlagen sein.
7. Nacharbeit:Die Folge von nicht gründlich ausgeführter Arbeit wird als Nacharbeit bezeichnet.
Die zuvor aufgeführten Verschwendungsarten korrelieren mit der Supply Chain- Effizienz. Es werden sämtliche Kosten wie beispielsweise Lagerkosten und Transportkosten mit einbezogen (vgl. Bowersox et al. 2019, S. 15).
Alternativ wird davon gesprochen, ein Gut durch den Einsatz von möglichst wenig Ressourcen herzustellen, um eine maximale Effizienz zu erreichen. Neben materiellen Ressourcen wie Rohstoffen, allgemeinen Produktionswerken- sowie deren Ausstattung werden auch immaterielle Ressourcen wie die Arbeitskraft als wichtige Variable herangezogen (vgl. Jacobs und CHASE 2019, S. 9).
Beispielhaft lässt sich hier aus der Praxis das Unternehmen Southwest Airlines nennen. Obwohl die Airline ein starkes Portfolio an Kurzstreckenflügen anbietet, verfolgt sie die Strategie, möglichst wenig Zeit an den Flughäfen zu verbringen. Southwest Airlines verfügt über 700 Flugzeuge. Im Durchschnitt können fünf Flüge pro Flugzeug am Tag realisiert werden. Dementsprechend können die Kosten nicht unerheblich stark reduziert werden, wenn die Zeit zwischen Landung und Start des Flugzeuges auf ein Minimum beschränkt wird. Die Logik dahinter bringt einen weiteren wichtigen Effekt mit sich. Wenn die Passagiere schneller an Board kommen, kann die eingesparte Zeit für weitere, zusätzliche Flüge genutzt werden, was zu einer höheren Auslastung und höheren Umsätzen führt (vgl. Jacobs und CHASE 2019, S. 12).
Zeit
Pünktliche Lieferungen stehen vor dem zeitlichen Aspekt im Rahmen einer Supply Chain an oberster Stelle. In den vergangenen Jahren wurde der Gedanke verfolgt, dass Pünktlichkeit hauptsächlich in unmittelbarer Verbindung mit einer großen Handlungsfähigkeit, gewährleistet durch große Bestände, sichergestellt werden kann. Dies birgt jedoch das Risiko, den Cash-Flow eines Unternehmens enorm zu limitieren und eine Überproduktion zu verursachen (vgl. Zijm et al. 2019, S. 36).
In diesem Zusammenhang wird häufig auf den Bullwhip Effect eingegangen. Dieser bezieht sich auf das Demand-Planning (Nachfrageplanung) und ist auf die Erkenntnisse von Führungskräften des Unternehmens Procter & Gamble zurückzuführen. Im Kern beschreibt der Bullwhip-Effect eine Verzerrung von Informationen. Die produzierenden Akteure vermuten fälschlicherweise eine gestiegene Nachfrage, indem sie ihre Prognosen an den Informationen des nachgelagerten Akteurs ausrichten. Im Ergebnis sind hohe Bestände vorzufinden, obwohl der Endkunde lediglich einen Bruchteil dessen in der Realität nachgefragt hat (vgl. Lee et al. 2015, S. 93).
Eine Möglichkeit dieser Verzerrung entgegenzuwirken, besteht in einer soliden Koordination. Enge Abstimmungen mit den Prozesseignern auf sämtlichen Stufen der betroffenen Supply Chain verhindert Unregelmäßigkeiten durch auftretenden Kontrollverlust und eine fehlende Informationsbasis (vgl. Chopra und Meindl 2007, S. 275).
Eine wirksame Methode zur Steigerung der Effektivität im Demand Planning innerhalb der internen Supply Chain repräsentieren kurze Vorlaufzeiten. Sobald ein Unternehmen in der Lage ist, kundenorientiert binnen kürzester Zeit seine Produktion dynamisch anzupassen, verfügt es über einen klaren Wettbewerbsvorteil (vgl. Zijm et al. 2019, S. 36).
Es besteht ähnlich wie bei der Effizienz und den Kosten ein direkter Zusammenhang zwischen der Effektivität und der Zeit. Das Ziel ist es den größten Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Dies kann gelingen, indem die Bedürfnisse des Kunden im Vordergrund stehen. Das nachfolgende Beispiel eines Bezahl-Prozesses im Einzelhandel soll diese Theorie veranschaulichen. Um Wartezeiten und ein potenzielles, damit verbundenes Ärgernis des Kunden an der Kasse eines Supermarktes zu vermeiden, kann eine effektive Lösung die Bereitstellung zahlreicher Kassen sein. Diese können abhängig vom Kundenandrang geöffnet bzw. geschlossen werden. Trotz jeglicher Bestrebungen sowohl Effizienz- als auch Effektivitätsziele zu einer spezifischen Thematik zu erreichen, bleibt es häufig nur bei Bemühungen. Der Mehrwert des Kunden im Sinne der Effektivität (in diesem Fall die Zeitersparnis durch kurze Warteschlagen an der Supermarktkasse) schließt sich zwangsläufig mit dem Effizienzziel (möglichst wenige Mitarbeiter an den Kassen zu beschäftigen, um die Kosten zu senken) aus. Es tritt demnach ein klassisches Dilemma auf (vgl. Jacobs und CHASE 2019, S. 9).
Nachhaltigkeit
Eine weitere Einflussgröße im Supply Chain Management ist die Nachhaltigkeit.
Ist ein Unternehmen in der Lage seine Prozesse nachhaltiger zu gestalten, wirkt sich dies nicht nur positiv auf dieses Unternehmen, sondern auch auf die Umwelt aus. Emissionen zu reduzieren, kann ein entsprechender Ansatz sein. Verbesserte, nachhaltige Supply Chain-Strukturen ebnen den Weg für politische und personelle Ressourcen (vgl. Bowersox et al. 2019, S. 15).
Unternehmerische Prozesse werden hinsichtlich der Nachhaltigkeit aus einer sozialen, ökonomischen- und ökologischen Perspektive beleuchtet. Es werden sämtliche Prozessfacetten betrachtet. Die Spanne erstreckt sich vom Materialeinkauf bis hin zum Vertrieb. Gleichermaßen erstreckt sich die Spanne von der Produktentstehung bis hin zu dessen Verschwinden vom Markt im Rahmen des Produktlebenszyklus. Die Relevanz dieses Themas für den Kunden wird zunehmend präsenter. Demnach kann es hilfreich sein, wenn Nachhaltigkeits-Key-Performance-Indicator in die Prozesse integriert werden (vgl. Kelly 2019, S. 16 ff.).
2.3 Supply Chain Strategie
Die Supply Chain Strategie befasst sich mit diversen Unternehmensvorgaben (policies) und einer planerischen, zielgerichteten Ressourcenallokation. Dieser planerische Prozess hat die Aufgabe, operative Ziele zu fokussieren. Im Zentrum der Supply Chain Strategie befindet sich die operative Leistungsfähigkeit. Diese setzt sich mit unternehmensnotwendigen Kernprozessen auseinander, um den Geschäftsbetrieb fortlaufend aufrecht zu erhalten. Hierunter fällt unter anderem der Prozess der Bestellannahme, aber auch der Technologieverbesserungen (vgl. Jacobs und CHASE 2019, S. 27).
Unternehmensstrategien und Strategic fit
In einem Unternehmen treten mehrere Strategien auf. Diese stehen in einem gewissen Kontext zueinander(siehe Abb. 3).Die Unternehmensstrategie bildet die oberste Ebene und definiert jene Geschäftsfelder, in welchen das Unternehmen aktiv sein soll. Auf dieser Ebene findet die unternehmerische Ressourcenallokation statt. Die darauffolgende Geschäftsstrategie entscheidet über das Geschäftsfeld, in welchem agiert und wie welche Wettbewerbsvorteile realisiert werden sollen (vgl. Dr. Sennheiser und Dr. Schnetzler 2008, S. 288).
Im Sinne der Wettbewerbsstrategie wird nach Kostenführerschaft, Differenzierung und Nischenanbieter unterschieden. Die Kostenführerschaft zielt darauf ab, möglichst effizient und zu minimalen Kosten ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung für den Kunden bereitzustellen. Diese Form der Wettbewerbsstrategie ist am stärksten ausgeprägt. Die Differenzierung fokussiert nicht die Kosten, sondern produktspezifische Merkmale, welche das produzierte Gut von denen der Konkurrenz abgrenzt. Dies kann sowohl materiell durch abgrenzbare Technologie als auch immateriell durch das Image oder auch den Kundenservice erreicht werden. Nischenanbieter operieren in einem hoch spezialisierten Markt. Maßgeschneiderte Produkte müssen auf die Kundenbedürfnisse exakt angepasst werden. Nischen können nicht nur produktspezifisch, sondern auch geografisch bedingt sein. Potenziale der Nischenanbieter können am besten entfaltet werden, wenn sowohl eine Niedrigkostenpolitik als auch eine Differenzierungspolitik gelebt wird (vgl. Porter 1997, S. 16 ff.).
Funktionale Strategien ergeben sich aus der Geschäftsfeldstrategie wie beispielsweise die Supply Chain Strategie. Die Besonderheit ist ihre Querschnittfunktion im Gegensatz zu der Beschaffungs-, Produktions- und Vertriebsfunktion. Die oberste Prämisse der Supply Chain Strategie ist die Sicherstellung der Übereinstimmung der Unternehmensstrategien. Ist dies gewährleistet, spricht man von einem „strategic fit“ (vgl. Dr. Sennheiser und Dr. Schnetzler 2008, S. 288).
Insbesondere im Supply Chain Management müssen die Ziele mit denen der Wettbewerbsstrategie abgesteckt sein. Zudem sollten die folgenden drei Aspekte beachtet werden, um ein „strategic fit“ sicherzustellen (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 27):
- Die Wettbewerbsstrategie muss zu den funktionalen Strategien passen. Funktionale Strategien müssen gegenseitig einen unterstützenden Charakter aufweisen, um letztlich Ziele der Wettbewerbsstrategie zu decken.
- Eine adäquate Zuordnung der Unternehmensprozesse sowie Unternehmensressourcen zu den entsprechenden Unternehmensfunktionen ist für eine funktionierende Strategieverfolgung essenziell.
- Das Supply Chain Design muss auf jeder Stufe den Anforderungen der Supply Chain Strategie entsprechen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Strategien in Unternehmen
Quelle: in Anlehnung an (Dr. Sennheiser und Dr. Schnetzler 2008, S. 289).
Wie kann nun ein „strategic fit“ im Detail erreicht werden? Das Vorgehen beschränkt sich auf drei essenzielle Schritte.
1. Den Kunden und die Unsicherheiten der Supply Chain verstehen:
Um die Kundennachfrage zu verstehen, ist es wichtig, die verschiedenen Variablen, welche direkten Einfluss auf die Nachfrage haben, zu kennen (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 28 ff.):
-Die Menge der benötigten Produkte:Hierbei lässt sich in Notfallsituationen unterscheiden, in welchen lediglich geringe Mengen eines Produktes (beispielsweise für eine Reparatur) sehr zeitnah benötigt werden und in reguläre Materialbedarfe einer Produktionslinie, für welche in der Regel größere Mengen bestellt wird.
-Die vom Kunden akzeptierte Reaktionszeit:Bezogen auf die Notfallsituation wird der Kunde hier eine sehr kurze Dauer dulden, wohingegen die Reaktionszeit bei regulären Materialbedarf auch einmal länger ausfällt.
-Vielfalt an benötigten Produkten:Stellvertretend für die Notfallsituation verlangt der Kunde im Gegensatz zu einem gewöhnlichen, nicht notfallbedingten Materialbedarf eine hohe Materialverfügbarkeit, welche von einem einzigen Lieferanten bereitgestellt wird.
-Der gewünschte Servicegrad:Es wird ein hoher Servicegrad in Notfallsituationen vorausgesetzt. Ist dieser nicht zu erfüllen, verliert das Unternehmen den Kunden an die unternehmerische Konkurrenz. Anders sieht es bei regulären Bedarfen aus, welche häufig durch eine lange Vorlaufzeit geprägt sind. In diesem Fall herrscht ein höherer Treuegrad des Kunden vor.
-Produktpreis:In der Notfallsituation spielt der Preis eine untergeordnete Rolle. Um die Wirtschaftlichkeit bei regulären Prozessen zu wahren, steht dieses Kriterium hier jedoch an oberster Stelle.
-Gewünschter Innovationsgrad des Produktes:Abhängig von der Marktsegmentierung und Produktart variieren die Anforderungen der Kunden hinsichtlich des Innovationsgrades der Produkte. So legen Kunden von Discountern eher weniger Wert auf innovative Produkte als Kunden eines Premium-Stores.
Die Nachfrageunsicherheit lässt sich in zwei Rubriken, Nachfrageunsicherheit und indirekte Nachfrageunsicherheit, untergliedern. Einerseits umfasst die Nachfrageunsicherheit eine fehlende Informationsbasis der Nachfrage nach einem Produkt eines Kunden. Die indirekte Nachfrageunsicherheit zielt hingegen lediglich auf einen Bruchteil des regulären Produktsortiments ab. Ein Unternehmen, welches sich auf die Notfallversorgung einiger weniger Teile spezialisiert hat, muss sich mit einer höheren indirekten Nachfrageunsicherheit auseinandersetzen als jenes, welches dasselbe Teil mit einer längeren Vorlaufzeit produziert. An dieser Stelle sei angemerkt, dass eine Erhöhung des Servicegrades zudem zu einer erhöhten indirekten Nachfrageunsicherheit führt (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 29).
2. Die Möglichkeiten der Supply Chain verstehen:Um das „Strategic fit“ zu erreichen, muss geklärt werden, wie die Nachfrage auf einem unsicheren Markt bestimmt werden kann. Es gilt, die Supply Chain an den Kundenbedürfnissen auszurichten und die Reaktionsfähigkeit der Supply Chain mit den Unsicherheiten zu homogenisieren. Es werden drei verschiedene Angebots- und Nachfrageszenarien hinsichtlich der Unsicherheiten abgegrenzt (vgl. Chopra und Meindl 2016, S. 31 ff.):
-Vorhersehbares Angebot und Nachfragefür Branchen wie dem Einzelhandel in Bezug auf Lebensmittel.
-Vorhersehbares Angebot und Nachfrage, oder unklares Angebot gepaart mit einer vorhersehbaren Nachfrage, oder Unklarheiten sowohl beim Angebot als auch bei der Nachfrage.Dieser Fall trifft exemplarisch auf die Automobilindustrie hinsichtlich eines bestehenden Automodells zu.
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- Quote paper
- Janik Holzbach (Author), 2021, Systemisches Management im Supply Chain Management. Integration zur Unterstützung resilienter Supply Chains, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1176329
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