Die Beschäftigung mit Propaganda und speziell mit der Filmpropaganda einer sich
im Krieg befindlichen Nation, ist deshalb für den Historiker interessant, weil sich
in ihr eine zeitgeschichtliche Momentaufnahme verbirgt und darüber hinaus
heutiges Filmmaterial besser einordnen und analysieren lässt. In der Zeit von 1939
bis 1945 treten in der britischen Filmpropaganda besonders die Werke Regisseurs
Humphrey Jennings hervor, der von David Millar 1969 als „[…] the greatest filmmaker
that this country has produced.“1 bezeichnet wurde. Trotzdem gerieten
Jennings und das gesamte documentary film movement in den siebziger und
achtziger Jahren beinahe in Vergessenheit, wie man anhand der erschienenen
Literatur zu britischen Propagandafilmen im Zweiten Weltkrieg resümieren kann.
So stammen die meisten Quellen vor der Öffnung der Archive über die
Propagandaaktivitäten der britischen Regierung im Jahr 1975 von damaligen
Mitarbeitern der Filmprojekte. Auch nach dieser erheblichen Verbesserung der
Quellenlage halten sich die Veröffentlichungen in Grenzen. Ian Aitkens the
documentary film movement – an anthology aus dem Jahr 1998 und
Aldgate/Richards’ Britain Can Take It (2007) behandeln eine vielzahl von Filmen,
deren Entstehungsgeschichte und Wirkung. Als sehr Hilfreich erwiesen sich auch
Brian Winstons Fires Were Started, dass sich mit dem gleichnamigen Film
beschäftigt und James Chapmans The British at War, welches ein sehr breites
Spektrum an Filmen abdeckt.
Um Jennings’ Filme, von denen mit London Can Take it (1940), Listen to Britain
(1942) und Fires Were Started (1943), exemplarisch drei für diese Arbeit
ausgewählt wurden, in ihrer Entstehungsgeschichte und Wirkung zu
durchleuchten, muss zunächst kurz auf den Begriff der Home Front eingegangen
werden. Wann und wie kam es zu dem Begriff? Welchen Einfluss hatte der Krieg
auf die Gesellschaft und die Selbstwahrnehmung Großbritanniens? Diese Fragen
sollen im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit behandelt werden, um sie dann im
dritten Teil mit der filmischen Realität in Jennings’ Werken zu vergleichen. Dabei
soll auch die Frage eingegangen werden wie es Jennings gelang sowohl dem
propagandistischen Anspruch des Ministry of Information, als auch dem
künstlerischen und unterhaltenden Anspruch des Publikums gerecht zu werden.
[...]
Inhalt
Einleitung
I. Propaganda
II. Der Begriff „Home Front“
Auswirkungen auf die Gesellschaft
III. London Can Take It!
Listen To Britain
I Was A Fireman / Fires Were Started
Schlussbetrachtung
Literaturliste:
Einleitung
Die Beschäftigung mit Propaganda und speziell mit der Filmpropaganda einer sich im Krieg befindlichen Nation, ist deshalb für den Historiker interessant, weil sich in ihr eine zeitgeschichtliche Momentaufnahme verbirgt und darüber hinaus heutiges Filmmaterial besser einordnen und analysieren lässt. In der Zeit von 1939 bis 1945 treten in der britischen Filmpropaganda besonders die Werke Regisseurs Humphrey Jennings hervor, der von David Millar 1969 als „[…] the greatest film-maker that this country has produced.“[1] bezeichnet wurde. Trotzdem gerieten Jennings und das gesamte documentary film movement in den siebziger und achtziger Jahren beinahe in Vergessenheit, wie man anhand der erschienenen Literatur zu britischen Propagandafilmen im Zweiten Weltkrieg resümieren kann. So stammen die meisten Quellen vor der Öffnung der Archive über die Propagandaaktivitäten der britischen Regierung im Jahr 1975 von damaligen Mitarbeitern der Filmprojekte. Auch nach dieser erheblichen Verbesserung der Quellenlage halten sich die Veröffentlichungen in Grenzen. Ian Aitkens the documentary film movement – an anthology aus dem Jahr 1998 und Aldgate/Richards’ Britain Can Take It (2007) behandeln eine vielzahl von Filmen, deren Entstehungsgeschichte und Wirkung. Als sehr Hilfreich erwiesen sich auch Brian Winstons Fires Were Started, dass sich mit dem gleichnamigen Film beschäftigt und James Chapmans The British at War, welches ein sehr breites Spektrum an Filmen abdeckt.
Um Jennings’ Filme, von denen mit London Can Take it (1940), Listen to Britain (1942) und Fires Were Started (1943), exemplarisch drei für diese Arbeit ausgewählt wurden, in ihrer Entstehungsgeschichte und Wirkung zu durchleuchten, muss zunächst kurz auf den Begriff der Home Front eingegangen werden. Wann und wie kam es zu dem Begriff? Welchen Einfluss hatte der Krieg auf die Gesellschaft und die Selbstwahrnehmung Großbritanniens? Diese Fragen sollen im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit behandelt werden, um sie dann im dritten Teil mit der filmischen Realität in Jennings’ Werken zu vergleichen. Dabei soll auch die Frage eingegangen werden wie es Jennings gelang sowohl dem propagandistischen Anspruch des Ministry of Information, als auch dem künstlerischen und unterhaltenden Anspruch des Publikums gerecht zu werden. Wann ein Film als Propagandafilm einzustufen ist, lässt sich je nach Definition des Propagandabegriffs anders deuten. Dabei stellt sich auch die Frage auf welcher Grundlage und mit welchen Konsequenzen Propaganda im Vereinten Königreich eingesetzt wurde. Deshalb folgen nun im ersten Teil der Arbeit zunächst Propagandadefinitionen, die aufzeigen, wie die „Home Front“ Filme eingeordnet werden können.
I. Propaganda
Bei der Definition von Propaganda muss zunächst geklärt werden, wie sich dieser Kommunikationsprozess von Publik Relations und Werbung abgrenzt. In Lasswells Propagandamodell aus dem Jahr 1934 sind PR und Werbung ein Teil der Propaganda. Lügen, Kampagnen, Utopien und Mythen sind Mittel des so genannten skilled manipulators um das Ziele der Stabilisierung von Zielgruppen und der Machtbildung zu erreichen.[2] Lasswell definiert Propaganda als „… technique of influencing human action by the manipulation of representations. These representations may take spoken, written, pictoral or musical form […]. Both advertising and publicity fall within the field of propaganda […]. Modern revolutionaries use propaganda to mean the spreading of doctrine; incitement is agitation.[3] Klaus Merten ordnet jedem Typus von Kommunikation eine Funktion zu. So ist Werbung für ihn Überredung, Propaganda ist Manipulation und Öffentlichkeitsarbeit (PR) ist Überzeugung. Ausgehend von dieser Klassifikation und unter Einbezug des Alleinvertretungsanspruchs und der Sanktionierung bei Nichtakzeptanz, kommt Merten zu folgender Definition von Propaganda: „Propaganda ist eine Technik zur Akzeptanz angesonnener Verhaltensprämissen, bei der die kommunizierte Botschaft durch Reflexivisierung generalisierte Wahrheitsansprüche erzeugt, deren Akzeptanz durch Kommunikation latenter Sanktionspotenziale sichergestellt wird.[4] Im Folgenden soll nun untersucht werden ob im Fall von Jennings’ Filmen eine ethische Bedenklichkeit durch einen von Merten genannten Gründe vorliegt.
1. Nicht durch Wahrheit gedeckte Idealisierung des Objektes
2. Perfekt generalisierter Alleinvertretungsanspruch
3. Täuschung über die Wahrheit des vertretenen Anspruchs
4. Drohung mit Sanktionen
5. Täuschung über nicht vorhandene Sanktionen oder nicht aktualisierbare Sanktionen[5]
Durch diese Analyse kann dann eine Abschließende Einordnung der Filme, in den Bereich der Propaganda oder der Public Relations, vorgenommen werden.
Auf eine Besonderheit Großbritanniens muss dabei hingewiesen werden. Propaganda galt im liberalen politischen Umfeld als „undemokratisch“ und allgemein als „unbritisch“. Dies hatte eine vorsichtige Handhabung von jeglicher Meinungsbildung durch die Regierung zur Folge, obwohl die Notwendigkeit einer Kontrolle der „public opinion“ außer Frage stand.[6] Denn um den Durchhaltewillen zu stärken, hatte Propaganda seine Berechtigung, auch wenn Michael Balfour konstatiert: „The British Goverment made mistakes in handling ist own public“ und der Propaganda keine kriegsentscheinde Bedeutung beimisst.[7]
[...]
[1] Winston, Brian: Fires Were Started, London 1999 S. 10
[2] Merten, Klaus: Struktur und Funktion von Propaganda, in: Publizistik 45 (2000), S.149
[3] Lasswell, Harold D. : Propaganda, in: Encyclopedia of the Social Science, Vol. 12
[4] Merten, S. 161
[5] vgl.: Merten, S. 161
[6] vgl. Beger S. 79/80
[7] Balfour, Michael: Propaganda in war 1939-1945, London 1979, S. 437/438
- Arbeit zitieren
- Jerome Zackell (Autor:in), 2008, Humphrey Jennings und die britische „Home Front“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117615
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