Der Konsum von Suchtmitteln ist in viele soziale Abläufe eingebettet und zunehmend ein Problem sowohl von gesellschaftlicher als auch wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung. Die daraus resultierenden Suchterkrankungen sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet und machen auch vor den Türen der Betriebe nicht hat.
Unter Sucht ist allgemein eine krankhafte oder zwanghafte Abhängigkeit von Substanzen oder bestimmten Verhaltensweisen zu verstehen. Diese Abhängigkeit führt zu einem extremen Verlangen, bestimmte Substanzen einzunehmen oder Verhaltensweisen anzunehmen, um einen gewissen Grad an Befriedigung zu finden.
Grundsätzlich ist zwischen stoffgebundener (Alkohol, Medikamente, Drogen, Nikotin etc.) und stoffungebundener Sucht (Arbeitssucht, Glücksspiel, Essstörungen, Kauf- und Risikosucht etc.) zu unterscheiden. Stoffungebundene Süchte sind, auch wenn sie gesundheitliche Schäden und zwischenmenschliches Leid verursachen, anders zu beurteilen als die „klassischen“ Suchtkrankheiten. Als weiteres Abgrenzungskriterium kann die berauschende Wirkung ins Feld geführt werden. Dabei bildet die Nikotinsucht einen Sonderfall, da es hier zu keiner Beeinflussung des Denk- bzw. Wahrnehmungsvermögens kommt.
Die Thematik „Sucht am Arbeitsplatz“ umfasst demnach eine Vielzahl unterschiedlicher Verhaltensweisen von süchtigen Arbeitnehmern, die es voneinander abzugrenzen gilt. Daher beschränkt sich die vorliegende Arbeit ausschließlich auf die sehr praxisrelevante Betrachtung des Alkohol-, Medikamenten und Drogenkonsums. In Anbetracht der stetig wachsenden Bedeutung für Unternehmen sollen der betriebliche Umgang mit suchterkrankten Arbeitnehmern umfassend rechtlich gewürdigt und adäquate praktische Lösungshilfen angeführt werden.
Innerhalb der Darstellung wird aus Vereinfachungsgründen oftmals nur der Konsum von Alkohol exemplarisch herangezogen. Diese Ausführungen sind jedoch ebenso auf den Medikamenten- und Drogenkonsum übertragbar, es sei denn, es wird eine gesonderte Betrachtung gewählt.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hintergründe zu Alkohol, Medikamenten und Drogen
- I. Zahlen und Fakten
- II. Sucht, Suchtmittelmissbrauch und deren Auswirkungen
- 1. Begriffliche Abgrenzung von Missbrauch, Abhängigkeit und Sucht
- 2. Entstehungsbedingungen für Suchterkrankungen
- a) Soziokulturelle Faktoren und soziale Veranlagung
- b) Biologische und psychologische Faktoren
- 3. Phasen der Suchterkrankung
- 4. Suchtmittel und Suchtverhalten am Arbeitsplatz
- a) Alkohol
- aa) Wirkungsweise und Folgen des Alkoholkonsums
- bb) Auswirkungen des Alkohols auf den Menschen
- cc) Entwicklungsstufen
- dd) Trinkertypologien
- ee) Erkennbarkeit der Alkoholsucht
- b) Medikamente
- aa) Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens
- bb) Abhängigkeitspotenzial von Medikamenten
- cc) Erkennbarkeit der Medikamentensucht
- c) Illegale Drogen
- aa) Häufig eingenommene illegale Drogen und ihre Wirkungen
- (1) Cannabis
- (2) Amphetamine und Ecstasy
- (3) Kokain
- bb) Erkennbarkeit des illegalen Drogenkonsums
- aa) Häufig eingenommene illegale Drogen und ihre Wirkungen
- a) Alkohol
- III. Wirtschaftliche Folgen
- C. Arbeitsrechtliche Aspekte
- I. Die Sucht im Einstellungsverfahren
- 1. Fragerecht des Arbeitgebers
- a) Frage nach bestehender Suchterkrankung
- b) Frage nach überwundener Suchterkrankung
- c) Frage nach Suchtmittelkonsum
- 2. Offenbarungspflichten
- 3. Rechtsfolgen bei Verletzung der Wahrheits- oder Offenbarungspflicht
- 4. Einstellungsuntersuchung
- 5. Arbeitszeugnis
- 6. Einholung von Auskünften
- 1. Fragerecht des Arbeitgebers
- II. Alkohol-, Drogen- und Medikamentenverbote
- 1. Sucht- und Unfallverhütungsvorschriften
- 2. Innerbetriebliche Alkoholverbote
- a) Verbot im Individualarbeitsvertrag
- b) Verbot laut Weisungsrecht
- c) Verbot laut Betriebsvereinbarung
- 3. Drogen- und Medikamentenverbote
- 4. Verstöße gegen ein wirksam bestehendes Verbot
- 5. Kritik
- III. Alkoholtests und Drogenscreening
- 1. Rechtliche Beurteilung
- 2. Praktische Vorgehensweise
- 3. Rechte des Betriebsrates
- IV. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- 1. Entgeltfragen bei Suchtmittelmissbrauch
- a) Entgeltminderung
- b) Ausschluss der Entgeltfortzahlung
- 2. Entgeltfortzahlung bei Suchterkrankung
- 3. Entgeltfortzahlung bei Entziehungskur und Rückfall
- 1. Entgeltfragen bei Suchtmittelmissbrauch
- V. Abmahnung
- 1. Begriff und Funktion
- 2. Fehlverhalten durch Suchtmittelkonsum
- 3. Inhalt und Gleichartigkeit der Abmahnung
- 4. Suchterkrankung
- VI. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
- 1. Kündigungsmöglichkeiten
- a) Allgemeine Grundlagen
- aa) Kündigungserklärung und Erklärungsfrist
- bb) Kündigungsfristen
- cc) Anhörung des Betriebsrates
- b) Außerbetrieblicher Suchtmittelkonsum
- aa) Rein privater Konsum
- bb) Das Arbeitsverhältnis berührender Suchtmittelkonsum
- c) Verhaltensbedingte Kündigung bei Suchtmittelmissbrauch
- aa) Allgemeine Grundsätze
- bb) Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung
- (1) Verhalten
- (2) Vertragsbezug
- (3) Verschulden
- (4) Zukunftsprognose
- (5) Abmahnung
- (6) Ultima-ratio-Prinzip
- (7) Interessenabwägung
- cc) Darlegungs- und Beweislast
- dd) Außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung bei Suchtmittelmissbrauch
- d) Personenbedingte Kündigung bei Suchtmittelmissbrauch
- e) Personenbedingte Kündigung bei bestehender Suchterkrankung
- aa) Allgemeine Grundsätze
- bb) Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung
- (1) Zukunftsprognose
- (2) Beeinträchtigung betrieblicher Interessen
- (3) Interessenabwägung
- cc) Ultima-ratio-Prinzip
- f) Darlegungs- und Beweislast
- g) Verhaltensbedingte Kündigung bei bestehender Suchterkrankung
- h) Außerordentliche Kündigung bei Suchterkrankung
- i) Konkurrenz zwischen personen- und verhaltensbedingter Kündigung
- j) Kündigung bei Rückfallerkrankungen
- k) Suchtmittelbedingte Druckkündigung
- a) Allgemeine Grundlagen
- 2. Aufhebungsvertrag
- 3. Befristung und auflösende Bedingung
- 1. Kündigungsmöglichkeiten
- VII. Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers
- VIII. Haftungsfragen
- 1. Allgemeine Grundlagen zur Arbeitnehmerhaftung
- 2. Haftung des Arbeitnehmers
- a) Gegenüber dem Arbeitgeber
- aa) Sach- und Vermögensschäden des Arbeitgebers
- bb) Personenschäden des Arbeitgebers
- b) Gegenüber Mitarbeitern
- aa) Sachschäden bei Arbeitskollegen
- bb) Personenschäden bei Arbeitskollegen
- c) Gegenüber betriebsfremden Dritten
- a) Gegenüber dem Arbeitgeber
- 3. Haftung des Arbeitgebers
- a) Gegenüber dem unter Suchtmitteln stehenden Arbeitnehmer
- b) Gegenüber Mitarbeitern
- c) Gegenüber Dritten
- I. Die Sucht im Einstellungsverfahren
- D. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
- I. Unfallversicherung
- 1. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung
- a) Allgemeines zum Arbeitsunfall
- b) Arbeitsunfall unter Suchtmitteleinfluss
- c) Wegeunfall und Suchtmitteleinnahme
- 2. Wegfall des Versicherungsschutzes und Regress
- 1. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung
- II. Arbeitslosenversicherung
- III. Kranken- und Rentenversicherung
- IV. Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft
- I. Unfallversicherung
- E. Lösungshilfen
- I. Vorbeugen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes
- 1. Arbeitsbedingungen und -organisation
- 2. Stressprävention
- 3. Gesundheitsförderung
- 4. Veränderung des Führungsverhaltens
- II. Betriebliche Suchtprävention und Hilfesystem
- III. Verantwortung und Vorgehen des Vorgesetzten
- 1. Vorgehensweise
- 2. Rehabilitation und Wiedereingliederung in den Betrieb
- IV. Das soziale Umfeld
- I. Vorbeugen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes
- F. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht den Umgang mit suchtkranken Arbeitnehmern in Betrieben. Ziel ist die umfassende juristische Würdigung des betrieblichen Umgangs und die Aufzeigen adäquater praktischer Lösungsansätze. Der Fokus liegt dabei auf Alkohol-, Medikamenten- und Drogenkonsum.
- Rechtliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit Sucht am Arbeitsplatz
- Wirtschaftliche Folgen von Suchtproblemen für Betriebe
- Präventive Maßnahmen und betriebliche Hilfesysteme
- Arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung)
- Sozialversicherungsrechtliche Aspekte
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einleitung: Die Arbeit führt in das Thema Sucht am Arbeitsplatz ein und grenzt den Fokus auf den Konsum von Alkohol, Medikamenten und Drogen ein. Sie begründet die Notwendigkeit einer umfassenden rechtlichen und praktischen Betrachtung des Themas für Unternehmen.
B. Hintergründe zu Alkohol, Medikamenten und Drogen: Dieses Kapitel liefert statistische Daten zum Konsum von Alkohol, Medikamenten und illegalen Drogen in Deutschland und der EU. Es definiert die Begriffe Sucht, Missbrauch und Abhängigkeit und analysiert die Entstehung und Phasen von Suchterkrankungen, unter Berücksichtigung von soziokulturellen, biologischen und psychischen Faktoren. Es beleuchtet die Wirkungsweisen und Folgen der einzelnen Suchtmittel sowie deren Erkennbarkeit am Arbeitsplatz. Abschließend werden die volkswirtschaftlichen und betrieblichen Kosten alkoholbedingter Probleme geschildert.
C. Arbeitsrechtliche Aspekte: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Arbeitsrecht im Kontext von Sucht. Es analysiert das Fragerecht des Arbeitgebers im Einstellungsverfahren unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), die Offenbarungspflichten des Bewerbers, und die Rechtsfolgen bei Falschangaben. Es behandelt Einstellungsuntersuchungen, die Aussagekraft von Arbeitszeugnissen und die Einholung von Auskünften bei früheren Arbeitgebern. Ein Schwerpunkt liegt auf der Rechtmäßigkeit von Alkohol-, Drogen- und Medikamentenverboten im Betrieb, der Zulässigkeit von Alkoholtests und Drogenscreening, sowie auf den arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie Abmahnung und Kündigung (ordentlich und außerordentlich, verhaltens- und personenbedingt).
D. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte: Dieses Kapitel behandelt die Auswirkungen von Sucht auf die Unfall-, Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung sowie die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Es analysiert die Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere im Zusammenhang mit Suchtmitteleinfluss und Wegeunfällen, und die damit verbundenen Rechtsfolgen wie den Wegfall des Versicherungsschutzes und mögliche Regressansprüche.
E. Lösungshilfen: Dieses Kapitel präsentiert verschiedene Lösungsansätze zur Prävention und zum Umgang mit Sucht am Arbeitsplatz. Es betont die Bedeutung vorbeugender Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes (Arbeitsbedingungen, Stressprävention, Gesundheitsförderung, Führungsverhalten), die Einführung betrieblicher Suchtpräventionsprogramme und Hilfesysteme, die Verantwortung und das Vorgehen des Vorgesetzten, inklusive des Phasenkonzepts, sowie die Rolle des sozialen Umfelds (Co-Abhängigkeit).
Schlüsselwörter
Sucht am Arbeitsplatz, Alkoholismus, Medikamentenabhängigkeit, Drogenkonsum, Arbeitsrecht, Kündigungsschutz, Prävention, betriebliche Gesundheitsförderung, Sozialversicherung, Haftung, AGG, Entgeltfortzahlung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Umgang mit suchtkranken Arbeitnehmern in Betrieben"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Diplomarbeit befasst sich umfassend mit dem Umgang von Betrieben mit suchtkranken Arbeitnehmern, insbesondere im Bezug auf Alkohol-, Medikamenten- und Drogenkonsum. Sie analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen, die wirtschaftlichen Folgen, präventive Maßnahmen und arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung). Sozialversicherungsrechtliche Aspekte werden ebenfalls behandelt.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit deckt folgende Schwerpunkte ab: Rechtliche Rahmenbedingungen für den Umgang mit Sucht am Arbeitsplatz, wirtschaftliche Folgen von Suchtproblemen, präventive Maßnahmen und betriebliche Hilfesysteme, arbeitsrechtliche Konsequenzen (Abmahnung, Kündigung), und sozialversicherungsrechtliche Aspekte.
Wie definiert die Arbeit Sucht, Missbrauch und Abhängigkeit?
Die Arbeit liefert eine klare Begriffsbestimmung von Sucht, Missbrauch und Abhängigkeit, differenziert diese voneinander und erläutert die Entstehung und Phasen von Suchterkrankungen unter Berücksichtigung soziokultureller, biologischer und psychischer Faktoren.
Welche Suchtmittel werden im Detail betrachtet?
Der Fokus liegt auf Alkohol, Medikamenten und illegalen Drogen (Cannabis, Amphetamine/Ecstasy, Kokain). Die Arbeit beschreibt deren Wirkungsweisen, Folgen und Erkennbarkeit am Arbeitsplatz.
Welche arbeitsrechtlichen Aspekte werden behandelt?
Der arbeitsrechtliche Teil analysiert das Fragerecht des Arbeitgebers im Einstellungsverfahren, Offenbarungspflichten, Rechtsfolgen bei Falschangaben, Alkohol-/Drogen-/Medikamentenverbote, Zulässigkeit von Tests, Abmahnung, ordentliche und außerordentliche Kündigung (verhaltens- und personenbedingt) und den Wiedereinstellungsanspruch.
Wie werden Sozialversicherungsrechtliche Aspekte behandelt?
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen von Sucht auf die Unfall-, Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung sowie die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft. Insbesondere wird der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Suchtmitteleinfluss und Wegeunfällen beleuchtet.
Welche Lösungsansätze zur Prävention und zum Umgang mit Sucht werden vorgestellt?
Die Arbeit präsentiert präventive Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsschutzes (Arbeitsbedingungen, Stressprävention, Gesundheitsförderung, Führungsverhalten), betriebliche Suchtpräventionsprogramme, das Vorgehen des Vorgesetzten und die Rolle des sozialen Umfelds.
Welche wirtschaftlichen Folgen werden betrachtet?
Die Arbeit beleuchtet die volkswirtschaftlichen und betrieblichen Kosten alkoholbedingter Probleme und die wirtschaftlichen Folgen von Suchtproblemen für Betriebe im Allgemeinen.
Welche Rolle spielt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?
Das AGG spielt eine Rolle im Kontext des Fragerechts des Arbeitgebers im Einstellungsverfahren und schränkt dieses ein, um Diskriminierung zu vermeiden.
Gibt es einen Ausblick oder ein Fazit?
Ja, die Arbeit schließt mit einem Fazit, das die zentralen Ergebnisse zusammenfasst.
- Quote paper
- Dipl. Wirtschaftsjuristin (FH) Christiane Uri (Author), 2008, Die Sucht am Arbeitsplatz - Juristische und praktische Lösungsansätze für den betrieblichen Umgang mit suchtkranken Arbeitnehmern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117596