Das Phänomen der Prokrastination, umgangssprachlich auch "Aufschieberitis" genannt, betrifft nur ca. 5 % der Bevölkerung nicht, respektive niemals. Alle anderen bewegen sich in einem Spektrum zwischen seltenem, häufigem und pathologischem Aufschieben unbeliebter Tätigkeiten zugunsten von angenehmeren Tätigkeiten. Leider plagt die ganze Zeit das schlechte Gewissen, sodass meist kein Genuss aufkommt. Die extremste Form der Prokrastination bedeutet für Betroffene allerdings eine starke Einschränkung ihres beruflichen Lebens und kann zu Depressionen führen. Hier werden die tieferen Gründe für ein solches Aufschiebe-Verhalten zusammengetragen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.
Die beiden anderen Einsendeaufgaben beziehen sich auf das wichtige Thema Storytelling und Argumentationstechnik in Präsentationen und darauf, was der Lebensbereich "Arbeit" für uns Menschen psychologisch und sozial bedeutet.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Aufgabe 1
1.1 Die soziale und psychische Funktion von Arbeit
1.2 Selbstmanagement
2 Aufgabe 2
2.1 Storytelling in Präsentationen
2.2 Argumentationsaufbau in Präsentationen
3 Aufgabe 3
3.1 Prokrastination - Theoretische Grundlagen und empirische Befunde..
3.2 Was können Fernstudierende tun, die an „Aufschieberitis“ leiden?
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Aufgabe 1
1.1 Die soziale und psychische Funktion von Arbeit
Wir Menschen verbringen einen Großteil unserer Zeit mit Arbeit, sowohl täglich als auch auf das gesamte Leben gerechnet. Damit ist in diesem Fall die Erwerbsarbeit gemeint, die wir zumeist mit anderen Personen zusammen, also Kollegen, für ein vorher vereinbartes Entgelt in einer Organisation leisten. Arbeit schafft soziale Beziehungen, unter den Kollegen selbst und auch mit Kunden, Patienten und Gästen (Myers & Hoppe-Graff, 2014, S. 786). Durch Arbeit sichert sich der Mensch sein Einkommen und damit seine elementaren Bedürfnisse wie Nahrung, Schutz und Kleidung. Arbeit ist darüber hinaus eine Sinn- und Werterfahrung für den Menschen, die große Befriedigung und sogar Glück ins Leben bringen kann, die aber genauso auch Belastungen beinhalten kann. Durch den Wandel der Zeit birgt Arbeit heutzutage meistens weniger körperliche und deutlich mehr kognitive Herausforderungen, vor allem durch sich ständig weiter entwickelnde Informations-, Automatisierungs- und Kommunikationstechniken, was wiederum neue Herausforderungen an den Arbeitnehmer stellt (Schaper, 2019a, S. 4).
Nach Abraham Maslows weit verbreiteter Motivationstheorie aus dem Jahr 1943 haben alle Menschen dieselben angeborenen Bedürfnisse, die aufeinander aufbauen. Diese ursprünglich allgemeine Motivationstheorie mit der Pyramidenform wird oft auf die Arbeitswelt angewandt: Zunächst müssen die grundlegenden biologischen Bedürfnisse nach Nahrung und Sicherheit erfüllt werden. Das ist der grundlegende Sinn einfacher Lohnarbeit. Wenn das Überleben dadurch gesichert ist, haben Menschen als Nächstes das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit. Die Arbeit ermöglicht einen eigenen Platz in sozialen Gefügen, im besten Fall entsteht ein Zugehörigkeitsgefühl, das soziale Sicherheit vermittelt. Der Platz im gesellschaftlichen Leben wird eingenommen, wodurch ein stabiles Selbstwertgefühl erreicht werden kann, was eine wichtige psychologische Funktion von Arbeit darstellt. Die Erfahrung von Achtung und Wertschätzung im Berufsalltag ist ein elementares psychisches Bedürfnis aller Menschen und zum allgemeinen Wohlbefinden immanent. Werden diese bisher genannten Bedürfnisse erfüllt, Maslow nannte sie Defizitbedürfnisse, so strebt der Mensch nach Selbstverwirklichung als Wachstumsbedürfnis, also nach der Entfaltung der eigenen Talente und Interessen (Myers & Hoppe-Graff, 2014, S. 786-787). Die Maslowsche Theorie ist 78 Jahre nach ihrem Erscheinen in ihrer Popularität ungebrochen und wird Erstsemester-Studenten in vielen Fächern wie Psychologie, Personalmanagement, BWL und Pädagogik unterrichtet. Obwohl sie empirisch oftmals widerlegt wurde, bildet sie die menschliche Natur für die meisten Menschen wiedererkennbar in der Bedürfnispyramide ab (Abulof, 2017).Jahoda (1981) nannte die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse nach Schutz und Nahrung die manifeste Funktion der Arbeit und die Befriedigung der psychosozialen Bedürfnisse, die oft unbewusst erheblich zum menschlichen psychischen Wohlbefinden beitragen, die latente Funktion der Arbeit. Er unterschied folgende fünf Arten der latenten Funktion, die hauptsächlich bei Arbeitslosen und Rentnern, auch von anderen Forschern wie Paul und Batinic(2009), untersucht werden konnten:
- Zeitstruktur: Entlastung inder Zeitplanung, da sich der Tag nach der Arbeit richtet und Stabilisierung des Tagesablaufs. Bildung von Routinen
- Soziale Beziehungen außerhalb der Kernfamilie: soziale Interaktionen und Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensentwürfen, neue Eindrücke, Freundschaften, Partnerschaften, Erweiterung des Horizonts
- Sinnerfahrung in der Arbeit: Bestandteil von einem größeren Zweck sein, nützlich sein, seinen Beitrag zum Gelingen einer Unternehmung leisten
- Persönlicher Status: Zugehörigkeit zu einer Organisation, fester Platz im sozialen Gefüge
- Aktivität: Erwerbstätige sind in der Regel insgesamt aktiver als Erwerbslose, auch in der Freizeit
(Blickle, 2019, S. 211-212; Myers & Hoppe-Graff, 2014, S.789)
1.2 Selbstmanagement
Die Arbeitswelt steckt heute mehr denn je voller Herausforderungen, für die Arbeitnehmer wie auch für die Organisationen. Arbeitsweisen müssen immer wieder überdacht und angepasst, oft auch komplett geändert werden. Neue Informationsverarbeitungs-, Automatisierungs- und Kommunikationstechnologien müssen integriert werden und Change Prozesse, also massive Umstrukturierungen in vielen Unternehmen, sorgen für Verunsicherung und erhöhtes Stressempfinden (Storch, 2018, S. 192). Je nach genauer Fragestellung schätzen sich zwischen zehn und dreißig Prozent aller Arbeitnehmer als „ausgebrannt“ und überlastet ein. Vor allem loyale und karriereorientierte Arbeitnehmer sind betroffen. Durch die Zunahme befristeter und projektbezogener Arbeitsverhältnisse und dem damit verbundenen Wegfall von Sicherheit vermeiden viele Betroffene das Gespräch über ihre Überlastungssituation mit ihren Vorgesetzten aus Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes oder vor dem Aus auf der Karriereleiter. Viele schaffen es auch, die frühen Anzeichen von zu viel Stress auszublenden. Erst wenn ein Zusammenbruch erfolgt oder nahe ist, tritt das Ausmaß der Überlastung zu Tage (K. Meyer, 2021, S. 37). Das ist mittlerweile volkswirtschaftlich relevant, allein durch Burnout-Erkrankungen sind 2019 in Deutschland 4,3 Millionen Krankheitstage entstanden (M. Meyer, Wiegand & Schenkel, 2020, S. 430). Laut Meyer gibt es weder in der schulischen noch in der beruflichen Ausbildung eine Grundlage psychologischer Bildung, sodass die Betroffenen oft gar nicht in der Lage sind, ihre psychische Situation einzuschätzen und entsprechend zu reagieren bzw. gegenzusteuern. Arbeitnehmern fehlt also das Rüstzeug, sich selbst bei zu hoher Stressbelastung zu helfen, sich selbst zu führen. Eine gute Selbstführung ist aber die Voraussetzung dafür, ein Team zu führen oder eine Abteilung, also um auf der Karriereleiter hochzusteigen (K. Meyer, 2021, S. 41). Der Arbeitnehmer ist also weitgehend auf sich selbst gestellt, um Strategien für sein Selbstmanagement aufzubauen. Fündig wird er vor allem in der psychologischen Literatur. Dort gibt es verschiedene Ansätze für Selbstmanagementstrategien, die je nach Situation und persönlicher Disposition mit Erfolg einzusetzen sind. Der chronologisch gesehen erste Ansatz in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts geht auf die behavioristische Lerntheorie zurück und beinhaltet, mit sich selbst die operante Konditionierung durchzuführen. Durch Selbstbestärkung (Belohnung), Selbstbestrafung und Stimuluskontrolle (Vermeidung von Stimuli, die unerwünschtes Verhalten auslösen) wird ein unerwünschtes Verhalten wie z.B. Prokrastination abgestellt. Es wird empfohlen, sich bei erfolgreicher Arbeit selbst zu belohnen, z.B. mit einem Kinobesuch. Wurde die Prokrastination nicht überwunden, soll eine Selbstbestrafung durchgeführt werden, beispielsweise ein geplanter Kinoabend abgesagt werden. Als Stimuluskontrolle kann die Ablenkung eliminiert werden, z.B. der Netflix-Account gelöscht oder die Facebook-App entfernt werden. Das setzt umfassende Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle voraus, die erst gelernt werden müssen (Graf, 2019b, S. 37-39). Ein weiterer vielversprechender Ansatz setzt die Annahmen aus Alfred Banduras sozial-kognitiver Lerntheorie in Verbindung mit seiner späteren Theorie der Selbstregulation voraus. Die entscheidenden Konstrukte sind dabei die Selbstwirksamkeit („self-efficacy“), also die subjektive Überzeugung, eine Leistung vollbringen und die eigenen Ziele erreichen zu können und die Erwartung der Handlungsfolgen, die natürlich positiv sein müssen, also beispielsweise eine Beförderung in Aussicht. Wichtig ist hierbei, dass möglichst viele erfolgreiche Erfahrungen gemacht oder auch bei anderen (Kollegen) beobachtet werden können. Belohnung und Bestrafung können dabei unterstützend eingesetzt werden, entscheidend für den Erfolg ist aber allein die kognitive Steuerung der Selbstmanagementhandlungen, wie z.B. ein gutes Zeitmanagement handzuhaben. Auf der Basis dieser Annahmen sind zahlreiche Trainingsmodelle zum Selbstmanagement entstanden (Graf, 2019b, S. 39-42). Auch das Selbstregulations-Modell von Kanfer (2005), das auf der Basis von Banduras Lerntheorien entwickelt wurde, fließt heute in Selbstmanagement-Trainings ein. Kanfer postuliert, dass menschliches Verhalten von drei großen Lebensbereichen abhängt, nämlich von den Umweltfaktoren, den inneren Faktoren wie Kognition und Volition und den biologischen Faktoren wie genetische Disposition und körperliche Besonderheiten. Nur der zweite Bereich ist für uns beeinflussbar, darauf muss das Training fußen. Darum sind die entscheidenden Kompetenzen im Selbstmanagement das Setzen von Zielen, die Selbstregulationsfähigkeiten (Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstkonsequenz), das Bestehen von Herausforderungen, das Treffen von Entscheidungen sowie das Bewältigen von Stress-Situationen (Saborowski & Muellerbuchhof, 2010, S. 84). Ein besonders elaboriertes Selbstmanagementmodell ist das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM). Das ZRM ist konzipiert als eigenständiges, markengeschütztes Gruppentraining, das ständig nach den neuesten motivationspsychologischen und neurowissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst und evaluiert wird. Ursprünglich 1990 an der Universität Zürich als Training gegen Burnout- Erkrankungen bei Lehrkräften von Dr. Maja Storch und Dr. Frank Krause entwickelt, unterstützt es die Teilnehmer dabei, ihre eigenen Ziele und Motivationen zu entdecken und zu verstehen. Dafür wird die Fähigkeit geschult, die dafür notwendigen, eigenen Ressourcen zu aktivieren (Graf, 2019b, S. 4650).
Seit den frühen neunziger Jahren finden in vielen Unternehmen Stressmanagementtrainings statt, deren positive Wirkung auf die psychische Gesundheit empirisch gut belegt ist. Diese Trainings basieren meist auf einer Kombination von Verhaltens- und Kognitionsveränderung, wie z.B. das Stressimpfungstraining von Meichenbaum (1991), das in drei Phasen gegliedert ist: 1. Informationsphase, die Hintergrundwissen über die Methode an sich und psychologische und physiologische Vorgänge im Körper bei Stressbelastung vermittelt. 2. Lern- und Übungsphase, die erfolgreiche Frühwarn-, Bewältigungsund Entspannungsstrategien vorstellt und 3. Anwendungs- und Posttrainingsphase, in der diese Strategien in Übungssituationen und Rollenspielen eingeübt werden (Schaper, 2019b, S. 593).
Die Notwendigkeit eines umfassenden Selbstmanagements , das befähigt, alle Lebensbereiche untereinander auszubalancieren („Work-Life-Balance“) und damit leistungsfähig und gesund zu bleiben, sollte stärker in den Organisationen beachtet und gefördert werden. Eine Umfrage von Hays im Jahr 2018 unter Entscheidern in deutschsprachigen Unternehmen hat ergeben, dass 29% die Selbstmanagementkompetenz ihrer AN für notwendig zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit erachten (Hays, 2019). Hierzu können organisationale Rahmenbedingungen geschaffen werden, die ein produktives Umfeld genau wie Platz für Fehler, Ausprobieren, Gesundheitsförderung und Eigenständigkeit der Arbeitnehmer fördern. Am Ende jeden Arbeitsprozesses soll der Erfolg stehen, der die Mitarbeiter motiviert. Vorhandene Belastungsfaktoren innerhalb der einzelnen Organisationen müssen identifiziert und soweit möglich beseitigt werden, vorhandene organisationale Ressourcen unbedingt gestärkt und ausgebaut werden (Graf, 2019a, S. 3–4).
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- Quote paper
- Monika Miller (Author), 2021, Prokrastination. Ursachen, Folgen und Bewältigungsstrategien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1175755
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