Die erste und bisher einzige durchgehende euroasiatische Schienenverbindung, welche beide Küsten des euroasiatischen Großkontinents verbindet, entstand 1901 und wurde 1916 endgültig in Betrieb genommen. Mit der bolschewistischen Revolution ein Jahr später kam allerdings die Isolation Sowjetrusslands und mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 die Teilung von Europa und Asien in rivalisierende Blöcke zustande, weiter verstärkt durch den Kalten Krieg. Dadurch wurde der freie Warenaustausch Jahrzehnte lang behindert und der Transit durch das sozialistische Kernland Eurasiens besonders schwierig.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und des sozialistischen Blocks, verbunden mit der Hinwendung der meisten dieser Länder zur Marktwirtschaft, bietet sich wieder die Möglichkeit der Integration des euroasiatischen Schienenverkehrs in das globale Verkehrssystem. Der Handel zwischen Europa und Nordostasien, insbesondere mit China, nahm in den letzten zwei Jahrzehnten stark zu. Dabei beherrscht der Seetransport über 90% des Güterverkehrs. Tatsächliche oder perspektivische Probleme der Hochseeschifffahrt, wie Kapazitätsengpässe in Hochseehäfen, technische Grenzen des Schiffsgrößenwachstums oder ökologische Auswirkungen des Seetransports fördern das Interesse der Verkehrswirtschaft und -wissenschaft an einer Schienenlandbrücke als Alternative zum Seegüterverkehr.
Die vorliegende Arbeit unternimmt einen Versuch der Analyse der aktuellen Situation und des Potentials des Schienengüterverkehrs zwischen Europa und Nordostasien (weiter im Text: NOA). Die Transsibirische Eisenbahn ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die einzige durchgehende und funktionierende Schienenroute zwischen den beiden Küsten Eurasiens. In den letzten Jahren fanden auch schon Landbrückentransporte auf ihr statt, wenn auch in geringem Umfang. Deshalb fokussiert sich diese Arbeit auf die Transsibirische Route (weiter im Text: TSR) und beleuchtet die Vor- und Nachteile der Strecke sowie ihre Perspektiven und Herausforderungen. Alternative Brückenvarianten werden ebenfalls vorgestellt und nach ihrem Konkurrenzpotential gegenüber der TSR
und dem Seeweg untersucht.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Problemstellung und Gang der Untersuchung
- 2. Handel und Güterverkehr zwischen Europa und Nordostasien
- 3. Seeschifffahrt über den Suezkanal als dominierender Transportweg für Güterverkehr zwischen Europa und Nordostasien
- 3.1. Systemeigenschaften der Seeschifffahrt
- 3.2. Entwicklungstendenzen der Containerschifffahrt auf der Relation Europa - Ostasien
- 3.3. Kosten und Qualität der Containerschifffahrt auf der Relation Europa - Ostasien
- 3.4. Problematik des Schiffsgrößenwachstums
- 3.5. Engpässe in Hafenfazilitäten und Hinterlandinfrastruktur als Bedrohung für Leistungsfähigkeit der Seeschifffahrt
- 3.6. Zusammenfassung
- 4. Landtransport als Alternative für Güterverkehr zwischen Europa und Nordostasien
- 4.1. Systemeigenschaften des Straßengüterverkehrs und seine Position im Verkehr zwischen Europa und Nordostasien
- 4.2. Verkehrsträgerspezifische Vorteile und Nachteile des Schienengüterverkehrs
- 5. Transsibirische Eisenbahn als Kernstück der euroasiatischen Landbrücke
- 5.1. Historische Entwicklung der Transsibirischen Route
- 5.2. Situation im russischen Bahnsektor und auf der TSR vor der Reform des Eisenbahnsektors
- 5.3. Reform des Eisenbahnsektors in der Russischen Föderation
- 5.3.1. Hintergrund der Reform und einzelne Reformetappen
- 5.3.2. Bewertung und Aussichten der Reform
- 5.4. Wettbewerbsrelevante Aspekte
- 5.4.1. Wettbewerbsvorteile der TSR
- 5.4.1.1. Geografische Lage und Etablierungsgrad
- 5.4.1.2. Zeitfaktor
- 5.4.1.3. Durchlasskapazität
- 5.4.2. Aktuelle Probleme und Herausforderungen der TSR
- 5.4.2.1. Technische Voraussetzungen
- 5.4.2.1.1. Infrastruktur
- 5.4.2.1.1.1. Schienenweg und Bahnhöfe
- 5.4.2.1.1.2. Informationstechnologien und Telematik
- 5.4.2.1.2. Rollendes Material
- 5.4.2.1.3. Interoperabilität
- 5.4.2.1.3.1. Grundsätzliche Probleme
- 5.4.2.1.3.2. Lösungsansätze für Umspurungsproblematik
- 5.4.2.1.1. Infrastruktur
- 5.4.2.2. Qualität der Transitverkehre
- 5.4.2.2.1. Zuverlässigkeit und Sicherheit
- 5.4.2.2.2. Logistik
- 5.4.2.2.2.1. Logistikentwicklung
- 5.4.2.2.2.2. Leercontainerproblematik auf der TSR
- 5.4.2.3. Tarife
- 5.4.2.3.1. Besonderheiten des russischen Tarifsystems
- 5.4.2.3.2. Tarifentwicklung der letzten Jahre
- 5.4.2.3.3. Aktuelle Tarife und Kostenproblematik
- 5.4.2.4. Markt- und Wettbewerbssituation
- 5.4.2.4.1. Akteure auf der TSR
- 5.4.2.4.2. Engagement der Deutschen Bahn AG auf der TSR-Landbrücke
- 5.4.2.4.3. Diskriminierungsproblematik
- 5.4.2.4.4. Mängel der Gesetzgebung
- 5.4.2.5. Schnittstellen der TSR-Landbrücke
- 5.4.2.5.1. Zoll
- 5.4.2.5.2. Häfen
- 5.4.2.5.2.1. Organisationsstruktur und rechtliche Situation
- 5.4.2.5.2.2. Kosten
- 5.4.2.5.2.3. Kapazitäten
- 5.4.2.5.3. Seeverbindungen im Vor- und Nachlauf zur TSR
- 5.4.2.1. Technische Voraussetzungen
- 6. Perspektiven der Verlängerung der Transsibirischen Route
- 6.1. Verbindung mit der Transkoreanischen Eisenbahn
- 6.2. Verbindung mit Sachalin und von Sachalin mit Hokkaido
- 6.3. Verbindung über Tschukotka-Halbinsel mit Alaska und Errichtung eines Verkehrs-Gitternetzes im asiatischen Teil Russlands
- 6.4. Verlängerung der Breitspurverbindungen nach Zentraleuropa
- 7. Alternative Schienen- und Seewegprojekte und ihr Konkurrenzpotenzial gegenüber der Transsibirischen Route
- 7.1. Transport Corridor Europe Caucasus Central Asia
- 7.2. Trans-Chinesische Route
- 7.3. Nordostpassage
- 8. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die Perspektiven und Herausforderungen des Schienengüterverkehrs auf der eurasischen Landbrücke, insbesondere die Transsibirische Eisenbahn (TSR). Dabei werden die Entwicklung des Handels zwischen Europa und Nordostasien, die Bedeutung der Seeschifffahrt und die Rolle der TSR als alternative Transportroute betrachtet.
- Entwicklung des Handels zwischen Europa und Nordostasien
- Bewertung der Seeschifffahrt als dominierender Transportweg
- Analyse der Transsibirischen Eisenbahn als alternative Transportroute
- Wettbewerbsvorteile und Herausforderungen der TSR
- Perspektiven der Verlängerung und Entwicklung der TSR
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 stellt die Problemstellung und den Gang der Untersuchung vor. Kapitel 2 beleuchtet den Handel und Güterverkehr zwischen Europa und Nordostasien und analysiert die Entwicklung des Handelsvolumens. Kapitel 3 untersucht die Seeschifffahrt über den Suezkanal als dominierenden Transportweg und beleuchtet dessen Systemeigenschaften, Entwicklungstendenzen, Kosten und Qualität sowie die Problematik des Schiffsgrößenwachstums und Engpässe in der Infrastruktur. Kapitel 4 widmet sich dem Landtransport als Alternative zum Seeverkehr und analysiert die Systemeigenschaften des Straßengüterverkehrs und die spezifischen Vorteile und Nachteile des Schienengüterverkehrs. Kapitel 5 behandelt die Transsibirische Eisenbahn als Kernstück der eurasischen Landbrücke, wobei die historische Entwicklung, die Situation im russischen Bahnsektor, die Reform des Eisenbahnsektors, die Wettbewerbsrelevante Aspekte, die aktuellen Probleme und Herausforderungen sowie die Schnittstellen der TSR-Landbrücke beleuchtet werden.
Schlüsselwörter
Eurasische Landbrücke, Transsibirische Eisenbahn, Schienengüterverkehr, Güterverkehr, Handel, Europa, Nordostasien, Seeschifffahrt, Suezkanal, Straßengüterverkehr, Wettbewerbsvorteile, Herausforderungen, Infrastruktur, Logistik, Tarife, Markt, Wettbewerb.
- 5.4.1. Wettbewerbsvorteile der TSR
- Quote paper
- Dipl.-Vw. Paul Amann (Author), 2007, Eurasische Landbrücke. Perspektiven und Herausforderungen des Schienengüterverkehrs zwischen Europa und Nordostasien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117573