Die vorliegende Arbeit befasst sich mit einem genauso "klassischen" wie "großen" Thema der IB-Theoriediskussion – den Wurzeln der (modernen) "realistischen" Theorie der Internationalen Beziehungen. Sebastian Grünberg will zwei gekoppelte Fragen beantworten: Einerseits, inwieweit das Menschenbild von Morgenthau sich im Laufe seines Lebens verändert hat und welche Gründe gegebenenfalls dafür verantwortlich waren. Andererseits aber auch die damit zusammenhängende Frage, inwieweit bezüglich der beiden "Realismen" der erwiesenermaßen in einem sehr engen Austausch stehenden Realisten Morgenthau und Niebuhr von einem "einheitlichen Menschenbild" gesprochen werden kann.
Der Aufbau der Arbeit folgt einer klaren Systematik. Nach einer kurzen Einleitung, in der die Relevanz des Themas überzeugend dargelegt wird, widmet sich das zweite Kapitel dem Leben und einer überblicksartigen Einschätzung Morgenthaus in der Fachliteratur. Kapitel 3 zeichnet detailliert die Entwicklung des Morgenthau’schen Menschenbildes mit Blick auf seine Schriften wie auch die Fachdiskussion nach bevor Kapitel 4 zunächst die Quintessenz des Morgenthau’schen Menschenbilds destilliert und sodann die vermutete „Einheitlichkeit“ des Menschenbildes von Morgenthau und Niebuhr analysiert. Das 5. Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen.
Die detaillierte Auseinandersetzung mit Morgenthaus Schriften wie auch der Fachliteratur führt u.a. zu dem überzeugenden Ergebnis, dass sich Morgenthaus Menschenbild nicht nur aus einer reichen und umfangreichen Tradition speist und er sich diese Tradition eigenständig angeeignet hat, d.h. in diesem Sinne vergleichsweise konsistent gewachsen und trotz einer Janusköpfigkeit seines Menschenbildes durch starke Kontinuitätslinien geprägt war, die Übersetzung dieses Menschenbildes in die Analyse (konkreter) Außen- und internationaler Politik aber auch spezifischen Wandlungsprozessen unterworfen war (wie etwa im Blick auf den dramatischen Wandel und die historisch einzigartigen Vernichtungsausmaße des nuklearen Zeitalters).
Die Untersuchung zum zweiten Teil der Fragestellung fällt weniger detailliert aus, ist allerdings nicht weniger solide abgestützt: dass nämlich trotz unterschiedlicher anthropologischer Konzeptionen beide als allseitige Warner im Hinblick auf die Janusköpfigkeit der menschlichen Natur auftreten und in der „Wiedererrichtung einer auf transzendentalen Werten beruhenden normativen Ordnung ("Wiederverzauberung der Welt") einen angemessenen Lösungsweg sehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung.
- 2. Hans J. Morgenthau und das „Realismus-Idealismus-Puzzle“
- 2.1 Morgenthaus Schweigen
- 2.2 Ein Leben - viele Facetten
- 3. Von der Entwicklung eines Menschenbildes.
- 3.1 Kindheit und Jugend (1904-1922)..
- 3.1.1 Zwischen,,Hoffen und Bangen“.
- 3.1.2 Ein Skript fürs Leben...
- 3.2 Studienjahre (1922-1927).
- 3.2.1 Strohhalme eines Ertrinkenden
- 3.2.2 „Denkursprünge eines Realisten“
- 3.3 Referendariat, Promotion, Staatsexamen (1927 - 1932).....
- 3.3.1 Ein Ende und ein Anfang.
- 3.3.2 Der, Tod Gottes' und die Folgen ..
- 3.4 Genf und Spanien (1932 – 1937)..
- 3.4.1 Vom Regen in die Traufe..
- 3.4.2 Über das Wesen des Politischen
- 3.5 Vom Ende einer Odyssee
- 4. Über Gott und die Welt:,Reinie' and,Hans‘.
- 4.1 Synthese zwischen Altem und Neuem
- 4.1.1 Die tragische Qualität menschlicher Existenz.
- 4.1.2 Von der Übersetzung des Denkens.
- 4.1.3 Hans J. Morgenthau:,synthetic thinker'.
- 4.2 Reinhold Niebuhr und der Weg, Beyond Tragedy'
- 4.2.1 Von Freiheit, Angst und Sünde...
- 4.2.2 Über das Tragische hinaus.
- 5. Conclusio: Die Wiederverzauberung der Welt.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert das Menschenbild des klassischen Realismus und stellt in diesem Kontext die Überlegungen von Reinhold Niebuhr und Hans J. Morgenthau gegenüber. Der Fokus liegt auf der Klärung der Einheitlichkeit des Menschenbildes in den Werken beider Denker, sowohl in Bezug auf die zeitliche Entwicklung des Denkens bei Morgenthau als auch auf die vergleichende Analyse beider Perspektiven.
- Definition des klassischen Realismus und Abgrenzung zu anderen Realismus-Strömungen.
- Entwicklung des Menschenbildes von Hans J. Morgenthau im Laufe seines Lebens.
- Vergleich des Menschenbildes von Hans J. Morgenthau und Reinhold Niebuhr.
- Untersuchung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem klassischen Realismus und dem christlichen Realismus.
- Bedeutung der tragischen Qualität menschlicher Existenz im klassischen Realismus.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die Fragestellung der Arbeit und führt den Leser in die Thematik des klassischen Realismus ein. Kapitel 2 beleuchtet das „Realismus-Idealismus-Puzzle“ und fokussiert auf die intellektuelle Entwicklung von Hans J. Morgenthau. Im Fokus von Kapitel 3 steht die Entwicklung des Menschenbildes von Hans J. Morgenthau im Verlauf seines Lebens. Es werden zentrale Stationen seiner Biographie analysiert, die maßgeblich seine Denkweise prägten.
Kapitel 4 widmet sich dem Vergleich der Menschenbilder von Hans J. Morgenthau und Reinhold Niebuhr. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen beiden Denkern in Bezug auf ihre Sicht auf den Menschen und seine Rolle in der Politik herausgearbeitet. Dabei werden die jeweiligen Ansätze von Morgenthau und Niebuhr auf ihre spezifischen Merkmale hin untersucht.
Schlüsselwörter
Klassischer Realismus, Menschenbild, Hans J. Morgenthau, Reinhold Niebuhr, Christlicher Realismus, Internationale Beziehungen, Macht, Politik, Tragische Qualität, Synoptischer Realismus, Entwicklung, Vergleich, Biographie.
- Quote paper
- Sebastian Grünberg (Author), 2021, Die Einheitlichkeit des Menschenbildes im klassischen Realismus. Eine vergleichende Analyse von Reinhold Niebuhr und Hans J. Morgenthau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1175541