Zehn Personen verbringen ein Wochenende auf einer abgelegenen Insel. Sie
kennen einander nicht und wurden von mysteriösen Einladungen hierher ge-
lockt. Drei Tage nach ihrer Ankunft sind alle zehn tot, hingerichtet nach dem
Schema eines Kinderreims...
Agatha Christies im Jahre 1939 erstmals veröffentlichter Roman
Ten
Little Niggers1
gilt heute als eines der bekanntesten und besten Werke der
,Queen of Crime′. Bargainnier spricht vom ,,ultimate in whodunits"2, Barnard
bewertet den Roman als ,,unusually suspenseful and menacing"3. Es
entstanden einige Filmfassungen,4 die sich mehr oder weniger eng an Christies
Vorlage hielten, und noch heute orientieren sich viele literarische und
filmische Werke wenn sie sich auch nicht explizit auf
Ten Little Niggers
berufen an der Grundidee des Plots, dem Serienmord am von der Außenwelt
isolierten Ort.
Der Roman ist in manch offensichtlicher Hinsicht bemerkenswert so
ereignen sich in keinem anderen Werk der Christie mehr Morde ,5
literaturwissenschaftlich interessant wird er jedoch vor allem im Hinblick auf
die Sonderrolle, die er innerhalb des Feldes der klassischen Detektivromane
einnimmt. Die Diskrepanz zwischen dem Einhalten von genretypischen
Mustern auf der einen und der Variation oder gar dem Aufbrechen dieser
Muster auf der anderen Seite soll im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen.
Genrespezifisch und unabdingbar für den klassischen Detektivroman ist
die analytische Erzählweise, die auch in
Ten Little Niggers
Verwendung
findet. Deshalb werde ich zunächst die von Dietrich Weber geprägten und für
diesen Erzählstil maßgeblichen Begriffe der Handlungs-, Darstellungs- und
Mitteilungskonstruktion am Beispiel des Romans erläutern.
Während mit dem Gebrauch des analytischen Erzählvorgangs ein not-
wendiges Kriterium für die Definition als klassischer Detektivroman eingehal-
ten wird, entfernt sich Christie bei anderen Elementen der Erzählung von kon-
ventionellen Genrestrukturen und somit auch vom Großteil ihres übrigen schriftstellerischen Werks. Diese Variationen werde ich im nachfolgenden Teil
der Arbeit untersuchen. Besonderes Augenmerk soll dabei auf der
Verwendung verschiedener Erzählperspektiven und dem Fehlen einer
zentralen Detektivfigur liegen.
Abschließend werde ich auf zwei zentrale Motive des Romans, den Kin-
derreim und das Zusammenwirken von Schuld und Bestrafung, eingehen und
zeigen, wie diese zur atmosphärischen Gestaltung der Erzählung beitragen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Ten little nigger boys went out to dine – Zum methodischen Vorgehen dieser Arbeit
- 2. Who was that speaking? – Ten Little Niggers als Beispiel einer analytischen Erzählung nach Dietrich Weber
- 2.1 Handlungskonstruktion
- 2.2 Darstellungskonstruktion
- 2.3 Mitteilungskonstruktion
- 3. The mystery of Nigger Island will remain unsolved - Aufbau und Handlungskonstruktion von Ten Little Niggers im Vergleich zum klassischen Detektivroman und anderen Werken Agatha Christies
- 3.1 Closed Circle Setting
- 3.2 Erzählperspektiven
- 3.3 Das Fehlen der zentralen Detektivfigur
- 4. Fits too damned well to be a coincidence! - Motive und Themen des Romans
- 4.1 Nursery Rhyme
- 4.2 Schuld und Bestrafung
- 5. And then there were None - Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Agatha Christies Roman „Ten Little Niggers“ als Beispiel einer analytischen Erzählweise und als Sonderfall des klassischen Detektivromans. Die Zielsetzung ist es, die Diskrepanz zwischen der Einhaltung genretypischer Muster und deren Variation oder gar Aufbrechen zu analysieren.
- Analytische Erzählweise nach Dietrich Weber
- Abweichungen von klassischen Detektivroman-Konventionen
- Erzählperspektiven und das Fehlen einer zentralen Detektivfigur
- Motive des Kinderreims und Schuld/Bestrafung
- Einordnung von "Ten Little Niggers" im Gesamtwerk Agatha Christies
Zusammenfassung der Kapitel
1. Ten little nigger boys went out to dine – Zum methodischen Vorgehen dieser Arbeit: Die Einleitung beschreibt den Roman "Ten Little Niggers" als herausragendes Werk Agatha Christies und stellt seine Besonderheit innerhalb des Genres der klassischen Detektivromane heraus. Es wird die methodische Vorgehensweise der Arbeit skizziert, die sich auf die analytische Erzählweise nach Dietrich Weber konzentriert und die Abweichungen von konventionellen Genrestrukturen untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wird den Erzählperspektiven und dem Fehlen einer zentralen Detektivfigur gewidmet, sowie den zentralen Motiven des Romans, dem Kinderreim und dem Zusammenhang von Schuld und Bestrafung.
2. Who was that speaking? – Ten Little Niggers als Beispiel einer analytischen Erzählung nach Dietrich Weber: Dieses Kapitel untersucht "Ten Little Niggers" anhand des von Dietrich Weber entwickelten Modells der analytischen Erzählung. Es werden die Handlungs-, Darstellungs- und Mitteilungskonstruktion erläutert und am Beispiel des Romans analysiert. Der Fokus liegt auf der Rekonstruktion des Geschehens durch die Figuren und den Leser, der sukzessiven Preisgabe von Informationen und dem Wechsel der Perspektive zwischen den noch lebenden Gästen, was einen Unterschied zum klassischen Detektivroman darstellt.
3. The mystery of Nigger Island will remain unsolved - Aufbau und Handlungskonstruktion von Ten Little Niggers im Vergleich zum klassischen Detektivroman und anderen Werken Agatha Christies: Dieses Kapitel vergleicht den Aufbau und die Handlungskonstruktion von "Ten Little Niggers" mit dem klassischen Detektivroman und anderen Werken Agatha Christies. Es analysiert das "Closed Circle Setting", die verschiedenen Erzählperspektiven und das Fehlen einer zentralen Detektivfigur als wesentliche Abweichungen von der klassischen Detektivroman-Struktur. Diese Besonderheiten werden im Kontext des Gesamtwerks der Autorin diskutiert und erläutert.
4. Fits too damned well to be a coincidence! - Motive und Themen des Romans: Dieses Kapitel befasst sich mit den zentralen Motiven des Romans, dem Kinderreim als zentrales Element der Handlung und dem Motiv von Schuld und Bestrafung. Es wird untersucht, wie diese Motive zur atmosphärischen Gestaltung des Romans beitragen und die Spannung aufbauen. Die Analyse verdeutlicht die enge Verknüpfung dieser Motive mit der Handlung und den Figuren.
Schlüsselwörter
Ten Little Niggers, Agatha Christie, analytische Erzählweise, klassischer Detektivroman, Handlungskonstruktion, Darstellungskonstruktion, Mitteilungskonstruktion, Erzählperspektiven, Closed Circle Setting, Schuld, Bestrafung, Kinderreim, Dietrich Weber.
Häufig gestellte Fragen zu "Ten Little Niggers" - Analyse
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert Agatha Christies Roman "Ten Little Niggers" unter verschiedenen Aspekten. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der analytischen Erzählweise nach Dietrich Weber, dem Vergleich mit klassischen Detektivromanen und der Analyse der zentralen Motive des Romans.
Welche methodischen Ansätze werden verwendet?
Die Analyse basiert auf dem Modell der analytischen Erzählung nach Dietrich Weber, welches die Handlungs-, Darstellungs- und Mitteilungskonstruktion untersucht. Es werden Vergleiche mit dem klassischen Detektivroman und anderen Werken Agatha Christies gezogen, um die Besonderheiten von "Ten Little Niggers" herauszustellen.
Welche Aspekte von "Ten Little Niggers" werden im Detail untersucht?
Die Arbeit untersucht detailliert die Handlungsstruktur, die Erzählperspektiven (inkl. das Fehlen einer zentralen Detektivfigur), das "Closed Circle Setting", die Motive des Kinderreims und den Zusammenhang von Schuld und Bestrafung. Die Einordnung des Romans im Gesamtwerk Agatha Christies wird ebenfalls betrachtet.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Kapitel 1 beschreibt die methodische Vorgehensweise. Kapitel 2 analysiert den Roman anhand des Modells der analytischen Erzählung. Kapitel 3 vergleicht den Roman mit klassischen Detektivromanen. Kapitel 4 untersucht die zentralen Motive (Kinderreim, Schuld und Bestrafung). Kapitel 5 fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche zentralen Motive werden in "Ten Little Niggers" behandelt?
Zentrale Motive sind der Kinderreim als Handlungselement und der Zusammenhang von Schuld und Bestrafung. Die Arbeit analysiert, wie diese Motive die Atmosphäre und die Spannung des Romans prägen und mit der Handlung und den Figuren verknüpft sind.
Wie unterscheidet sich "Ten Little Niggers" vom klassischen Detektivroman?
Der Roman weicht in mehreren Punkten vom klassischen Detektivroman ab: Das "Closed Circle Setting", die multiplen Erzählperspektiven und das Fehlen einer zentralen Detektivfigur sind wesentliche Unterschiede. Die Arbeit untersucht diese Abweichungen und ihre Bedeutung.
Welche Rolle spielt die analytische Erzählweise nach Dietrich Weber?
Das Modell der analytischen Erzählung nach Dietrich Weber dient als analytisches Instrument, um die Handlungs-, Darstellungs- und Mitteilungskonstruktion in "Ten Little Niggers" zu untersuchen und die Informationsvermittlung an den Leser zu analysieren.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Ten Little Niggers, Agatha Christie, analytische Erzählweise, klassischer Detektivroman, Handlungskonstruktion, Darstellungskonstruktion, Mitteilungskonstruktion, Erzählperspektiven, Closed Circle Setting, Schuld, Bestrafung, Kinderreim, Dietrich Weber.
- Quote paper
- Florian Steinacker (Author), 2006, Agatha Christies "Ten Little Niggers" als Beispiel analytischer Erzählweise und Sonderfall des klassischen Detektivromans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117497