Gegenstand der vorliegenden Arbeit stellt die Frage nach dem Kunstcharakter des Tristan- Romans Gottfrieds dar, insbesondere, inwieweit dessen Prolog eine Klassifizierung respektive Rezeption als Kunstwerk nahe legt und welchen (literaturtheoretischen) Status der Prolog selbst einnimmt. Die Fragestellung in dieser allgemeinen Form erscheint zunächst nichts sagend; erst eine Klärung der Begrifflichkeiten Kunst(werk) und Literatur, sowie die literaturtheoretische Einordnung des Phänomens “Prolog“ werden das Anliegen der Arbeit verdeutlichen. Die nachfolgenden Erörterungen sollen dabei keine normativen Festlegungen hervorbringen, was nun der Begriff Kunst/ Literatur im intensionalen und extensionalen Sinne bedeute oder „moderne“ Begrifflichkeiten über einen Text des Mittelalters stülpen, sondern einige Kategorien ergeben, mit deren Hilfe die (literaturtheoretischen) Aussagen des Tristan- Prologs zur Rezeption des (gesamten) Textes theoretisch gefasst werden können. Dabei soll reflektiert werden, wie sich der Prolog bezüglich seines literaturtheoretischen/ aussagentheoretischen Status respektive seiner Funktion hinsichtlich der Textrezeption mit Haugs Klassifizierung des Romans als fiktionalem Text verträgt.
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Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung: Ziel und Gang der Arbeit
2. Zu den Begriffen Literatur/ literarisch und Kunst
2. 1 Allgemeine Überlegungen: Form oder Rezeptionsmodus als Definiens
2. 2 Ergebnisse der sprachanalytischen Ästhetik
2. 3 Zusammenfassung
3. Der Prolog des Tristan- Romans als poetischer 10 und metapoetischer Text
3. 1 Zum literaturtheoretischen Status des Prologs
3. 2 Literaturtheoretisch relevante Aspekte des Tristan- Prologs
3.3 Zusammenfassung
4. Schlussbemerkung: Gottfrieds Tristan als Kunstwerk
Literaturverzeichnis
1. Vorbemerkung: Ziel und Gang der Arbeit
Gegenstand der vorliegenden Arbeit stelle die Frage nach dem Kunst charakter des Tristan - Romans Gottfrieds[1] dar, insbesondere, inwieweit dessen Prolog eine Klassifizierung respektive Rezeption als Kunstwerk nahe legt und welchen ( literaturtheoretischen ) Status der Prolog selbst einnimmt. Die Fragestellung in dieser allgemeinen Form erscheint zunächst nichts sagend; erst eine Klärung der Begrifflichkeiten Kunst(werk) und Literatur, sowie die literaturtheoretische Einordnung des Phänomens “Prolog“ werden das Anliegen der Arbeit verdeutlichen. Die nachfolgenden Erörterungen sollen dabei keine normativen Festlegungen hervorbringen, was nun der Begriff Kunst / Literatur im intensionalen und extensionalen Sinne bedeute oder „ moderne“ Begrifflichkeiten über einen Text des Mittelalters stülpen, sondern einige Kategorien ergeben, mit deren Hilfe die ( literaturtheoretischen ) Aussagen des Tristan - Prologs zur Rezeption des
( gesamten ) Textes theoretisch gefasst werden können. Dabei soll reflektiert werden, wie sich der Prolog bezüglich seines literaturtheoretischen/ aussagentheoretischen Status respektive seiner Funktion hinsichtlich der Textrezeption mit Haugs Klassifizierung des Romans als fiktionalem Text verträgt[2].
Zu diesem Zweck werde ich im anschließenden Kapitel einige allgemeine Überlegungen zu den Begriffen „ Kunst“ und „ Literatur“ anstellen, um die notwendigen Kategorien für die nachfolgenden Betrachtungen zu gewinnen.
In einem dritten Kapitel kann nun näher auf den Prolog des Romans Gottfrieds eingegangen und hinsichtlich seiner literaturtheoretisch relevanten Aussagen besehen werden.
Den Schluss bildet ein die im Zuge der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse resümierendes Kapitel.
2. Zu den Begriffen Literatur/ literarisch und Kunst
2. 1 Allgemeine Überlegungen: Form oder Rezeptionsmodus als Definiens
Exemplarischer Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen soll ein Literaturbegriff sein, der in typischer Weise Form oder Rezeptionsmodus als Kriterium der Identifikation von Literatur ansetzt[3]. Es muss berücksichtigt werden, dass v. Heydebrand/ Winko keine Definition des Literaturbegriffs aufstellen, sondern die Form des Explikats/ der Explikation wählen, für das weniger strenge Bedingungen gelten. Ein Explikat zeichne sich folgendermaßen aus:
„Eine Explikation geht vor wie eine regulierende Definition, d. h sie stellt die gegebenen Verwendungsweisen eines Begriffs fest und führt dann festsetzend eine neue und präzisere Verwendungsweise ein. Dieser Ausdruck heißt , Explikat’. [ ... ] So wird zum Beispiel nicht beansprucht, daß es mit dem Explikandum, also mit dem ungeklärten Begriff, in vollem Umfang übereinstimmen müsse. Forschungspraktische Kriterien werden ausschlaggebend für die Rechtfertigung eines angemessenen Explikats. Dazu gehören Nützlichkeit für bestimmte Forschungszwecke, Präzision, Ähnlichkeit mit dem Explikandum und Einfachheit.“[4]
V. Heydebrand/ Winko versuchen den zu explizierenden Objektbereich durch immer „ engere“ Extensionen des Literaturbegriffs zu fassen. Ein ganz allgemeiner Begriff von Literatur umfasse „ die Gesamtheit des Geschriebenen bzw. Gedruckten“[5] überhaupt. Nun wird innerhalb dieses Bereichs interessanterweise zwischen „ , literarischer’ Literatur“ und
„ , nicht- literarischer’ Literatur“ unterschieden[6]. Abgesehen von dieser sprachlichen Kuriosität soll jene Differenzierung inhaltlich als unhaltbar, respektive nicht durchführbar im Sinne v. Heydebrands/ Winkos, erwiesen werden.
Letztendlich konstituiere sich der Objektbereich „ literarischer Literatur“ folgendermaßen, „Explikat 5: , Literarisch’ heißen Texte, die autonom- ästhetisch rezipiert werden oder die formal- ästhetische Eigenschaften aufweisen.“[7], wobei die beiden Kriterien durch ein logisches „ oder“, also ein „ entweder das eine oder das andere oder beides“ verbunden sind.
Fragt man nun, ob mit Hilfe eines solchen Explikats überhaupt irgendeine bestimmte Art von Texten aus „ allem Geschriebenen und Gedruckten“ identifiziert werden kann, ergeben sich folgende Probleme.
Dem Kriterium der „ autonom- ästhetischen“ Rezeption eines Textes kann man eine gewisse Beliebigkeit vorwerfen, da sich - aus Sicht des Lesers/ Rezipienten - grundsätzlich jeder Text ( im Übrigen sogar jeder
Gegenstand ) „ autonom- ästhetisch“ rezipieren lässt. So kann die Bibel eben nicht nur als religiöser, sondern genauso als literarischer Text, sprich autonom- ästhetisch rezipiert werden. Auch ein Gebrauchsgegenstand kann, aus seinem ursprünglichen Kontext gelöst, ästhetisch betrachtet werden: Eine unverständliche Gebrauchsanweisung für den Videorecorder könnte autonom- ästhetisch rezipiert werden und als Symbol für die Entfremdung des Menschen durch die Technisierung des Welt o. ä. interpretiert werden.
Auf diesem Prinzip der „ semantischen Richtungsänderung“ beruht der „ Wert“ vieler Museumsgegenstände.
Jenes Kriterium der Rezeption stellt im Übrigen auch den Knackpunkt für Fiktionstheorien dar. Dieser Ansatz wird später bei der Diskussion von Haugs These eine Rolle spielen. Jene Theorien fassen - in aller Kürze - literarische Rede als fiktionale und somit nicht- behauptende Rede auf und machen damit Freges Bedeutungstheorie für die Literaturtheorie fruchtbar[8].
Jene Definition von Literatur als fiktionale Rede hängt allerdings genauso wie die autonom- ästhetische Rezeption von Texten ( falls sie sich nicht sowieso gegenseitig bedingen ) von dem Rezeptionsmodus des Lesers ab, der von keinen objektiven Merkmalen eines Textes abhängt. Jener Modus kann ihm höchstens nahe gelegt werde, wenn klar ist, dass der Autor des Textes eines solche Rezeptionsweise intendiert hat.
Zwingend ist dieser „ Kontrakt“[9] zwischen Leser und Autor aber nicht, auch wenn eine „ andere“ Rezeption eines als fiktional/ literarisch intendierten Textes nicht unbedingt sinnvoll erscheint.
Die Angabe von Bedingungen, unter denen nur eine autonom- ästhetische Rezeption eines Textes als korrekt zu bezeichnen ist, erweist sich allerdings als unmöglich. Außerdem kann derselbe Text sowohl autonom- ästhetisch/ als fiktionale Rede, als auch heteronom/ nichtfiktional rezipiert werden, ohne dass sich der Leser „ inkonsistent“ verhält.
Das Kriterium dient insgesamt betrachtet also nicht einer Einschränkung des Gegenstandsbereichs, sondern beschreibt einen speziellen Rezeptionsmodus, der dann festzustellen ist, wenn ein Text im Vorfeld vom Leser schon als so rezipierbar erkannt oder für so rezipierbar wert befunden wurde. Inwieweit nun im Falle des Tristan - Prologs eine „ Steuerung“ des Rezeptionsverhaltens der Leser vorliegt und inwieweit diese mit dem literarischen ( noch näher zu charakterisierenden ) Charakter des Textes zusammenhängt, soll im Rahmen des dritten Kapitels erhellt werden.
Das zweite Kriterium legt den Literaturbegriff mit Hilfe formaler Texteigenschaften fest, scheint also deskriptiv zu sein. Genauer besehen stellt sich aber heraus, dass sich einerseits sehr viele Texte formal überstrukturiert zeigen, die üblicherweise nicht Gegenstand einer Rezeption als Kunstobjekt oder der Literaturwissenschaft sind, andererseits, dass der Begriff der formalen Strukturiertheit ein normativer sein muss, der z. B. mit bestimmten Vorstellungen von Rhetorik usw. gefüllt wird, will unter ihm überhaupt etwas verstanden werden.
Auch Computerprogramme, Gesetzesparagrafen, Werbeslogans oder ein Wörterbuch weisen hohe Grade an formaler Strukturierung auf. Das Merkmal der formalen Strukturiertheit löst sich also bei genauerem Hinsehen in Luft auf, es sei denn, man führt über dieses Kriterium wieder die normative Regelpoetik ein.
[...]
[1] Nach der Ausgabe: Gottfried von Straßburg: Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke. Neu herausgegeben, ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn. Bd. I- III, Stuttgart 1990.
[2] Haug, Walter: Ethik und Ästhetik in Gottfrieds von Straßburg Literaturtheorie. In: Ders.: Literaturtheorie im deutschen Mittelalter von den Anfängen bis zum Ende des 13. Jh. Darmstadt 1992. S. 197- 227.
[3] V. Heydebrand, Renate/ Winko, Simone: Einführung in die Wertung von Literatur: Systematik- Geschichte- Legitimation. Paderborn, München, Wien, Zürich 1996.
[4] V. Heydebrand/ Winko ( 1996 ), S.20f.
[5] Ebenda, S. 22.
[6] Ebenda.
[7] Ebenda, S. 29.
[8] z. B.: Gabriel, Gottfried: Wahrheit und Fiktion. Eine semantische Theorie der Literatur. Stuttgart 1975.
[9] Warning, Rainer: Der inszenierte Diskurs. Bemerkungen zur pragmatischen Relation der Fiktion. In: Henrich, Dieter/ Iser, Wolfgang ( Hg. ): Funktionen des Fiktiven. München 1983. S. 183- 206.
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